von Hans-Hermann Hertle

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1. Juli 2006

Die von der Beauftragten für Kultur und Medien im April 2005 berufene Expertenkommission hat am 15. Mai 2006 ihre Empfehlungen zur Schaffung eines Geschichtsverbundes "Aufarbeitung der SED-Diktatur" präsentiert.
 
Die Empfehlungen der Kommission versuchen, die gewachsene Vielfalt der öffentlichen Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte durch Strukturierung, Straffung und gezielte Ergänzung für die Zukunft zu sichern und unter Beachtung des Gebots umsichtiger Mittelnutzung in der Konkurrenz um öffentliche Aufmerksamkeit sowie wachsender Professionalitätsansprüche zu stärken. Parallel zu einer gleitenden Umstrukturierung der Behörde der BStU und einer verbesserten institutionellen Abstimmung im Bereich der politischen Bildung sprechen sie sich für die zukünftige Ausrichtung der DDR-Aufarbeitung im Zusammenwirken von Musealisierung, Gedenkstättenarbeit und politischer Bildung auf drei übergeordnete Themenbereiche aus. Ihnen sollte jeweils eine bestehende oder neu zu schaffende Aufarbeitungseinrichtung als impulsgebende und kompetenzsichernde Kerninstitution zugeordnet werden. Als die drei aufeinander bezogenen Schwerpunkte einer zukunftstauglichen Befassung mit der DDR-Geschichte definiert das Votum die Themenbereiche „Herrschaft – Gesellschaft – Widerstand “, „Überwachung und Verfolgung“ sowie „Teilung und Grenze“. In wechselseitiger Verschränkung und Ergänzung erlaubt es diese Strukturierung, ein differenziertes und vielschichtiges Bild der SED-Diktatur und ihrer Gesellschaft im Kontext des 20. Jahrhunderts als öffentliches Vermittlungsangebot zu entwerfen. Als Kerninstitutionen schlägt die Kommission für den ersten Themenbereich „Herrschaft – Gesellschaft – Widerstand “ ein organisatorisch von der Stiftung Aufarbeitung getragenes „Forum Aufarbeitung“ vor, für den zweiten Themenbereich „Überwachung und Verfolgung“ ein aus der BStU und den Gedenkstätten Hohenschönhausen und Normannenstraße mittelfristig zu entwickelndes Forschungs- und Dokumentationszentrum „Diktatur und Geheimpolizei“ und für den dritten Themenbereich „Teilung und Grenze“ die bereits bestehende und weiter auszubauende Gedenkstätte Berliner Mauer. Die Kommission spricht sich dafür aus, alle drei Kerninstitutionen als Stiftung zu führen.
 
Der Expertenkommission gehörten folgende Mitglieder an: Prof. Dr. Rainer Eckert (Leipzig), Dr. Monika Flacke (Berlin), Prof. Dr. Klaus-Dietmar Henke (Dresden), Roland Jahn (Berlin), Freya Klier (Berlin), Tina Krone (Berlin), Prof. Dr. Peter Maser (Münster), Ulrike Poppe (Berlin), Dr. Hermann Rudolph (Berlin) und Prof. Dr. Martin Sabrow (Potsdam) (Vorsitzender).
 

Nachtrag:

Die Auseinandersetzung um das Votum der Expertenkommission wurde ausführlich dokumentiert in dem 2007 bei Vandenhoeck & Ruprecht erschienenen Buch:

Martin Sabrow/Rainer Eckert/Monika Flacke u.a. (Hg.), Wohin treibt die DDR-Erinnerung? Dokumentation einer Debatte, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007.


Das Bundeskabinett hat im Juni 2008 die Fortschreibung des Gedenkstättenkonzeptes von 1999 verabschiedet. Das neue Konzept mit dem Titel »Verantwortung wahrnehmen, Aufarbeitung verstärken, Gedenken vertiefen« hat das Ziel, Gedenkstätten von nationaler Bedeutung, die an die nationalsozialistische Terrorherrschaft und ihre Opfer erinnern, intensiv zu fördern. Zudem steht auch die Aufarbeitung der Diktatur in der Sowjetischen Besatzungszone und in der ehemaligen DDR im Fokus der künftigen Gedenkstättenförderung des Bundes. Auch ihrer Opfer soll verstärkt gedacht werden.