Eine knappe Woche vor der Bundestagswahl veranstaltete die Willy-Brandt-Stiftung unter dem Titel Wir wollen mehr Demokratie wagen eine wissenschaftliche Konferenz (19./20. September) in Berlin.
In thematisch recht unterschiedlichen Panels und Vorträgen widmeten sich insgesamt zweiundzwanzig WissenschaftlerInnen der Geschichte einer Reformphase bundesdeutscher Politik im Verlauf der Kanzlerschaft Willy Brandts. Mit seiner ersten Regierungserklärung im Jahr 1969 und seinem politischem Bekenntnis zu mehr Demokratie setzte Willy Brandt die heute so genannte Fundamentalliberalisierung der Bundesrepublik in Gang.
Das Eröffnungspanel am ersten Konferenztag nahm jene Kräfte in den Blick, die bereits vor 1968/69 eine Modernisierung, Liberalisierung und Demokratisierung von Staat und Gesellschaft forderten. Das folgende Panel setzte sich mit den Problemen der Umsetzung der politischen Forderungen der sozial-liberalen Regierung auseinander und beschäftigte sich schließlich auch mit den realpolitischen Grenzen des Regierungshandelns.
Die innenpolitischen Reformen in der Bundesrepublik wurden zu Beginn des zweiten Konferenztages in einen globalen Kontext eingeordnet. Dabei war von besonderem Interesse, wie der Vergleich mit politischen Strategien anderer westlicher Staaten ausfiel und inwieweit andere Staaten als Referenzgesellschaften wahrgenommen wurden. Zu den wichtigsten Fragen des Panels gehörten nicht zuletzt jene nach den Auswirkungen bundesdeutscher Demokratisierungsbemühungen auf die Länder Ostmitteleuropas. Und schließlich sollte an diesem zweiten Konferenztag die Rezeptionsgeschichte der sozialliberalen Koalition der Jahre 1969 bis 1974 analysiert werden.
Im Rahmen der öffentlichen Podiumsdiskussion am letzten Konferenztag wurde danach gefragt, welche Bedeutung Brandts vielzitierter Satz in der Gegenwart hat.
Ist Wir wollen mehr Demokratie wagen schließlich zum unkalkulierbaren Risiko für die Demokratie geworden? Und wie kann der offene politische Diskurs im digitalen Zeitalter geführt und verteidigt werden?
Für eine Dokumentation der Tagung baten wir TeilnehmerInnen um Videointerviews.
Die Konferenz wurde von der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung veranstaltet.
Zu den KooperationspartnerInnen dieser Veranstaltung gehören:
- Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
- Arbeitsbereich Zeitgeschichte am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin
- Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg
- LabEx EHNE (Écrire une Histoire Nouvelle de l'Europe), Université Paris Sorbonne (Paris 4)