von Helge Jonas Pösche, Martin Wagner

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1. April 2017

Die Bedeutung der Atombombe für die internationalen Staatenbeziehungen wurde bislang kaum aus globalhistorischer Perspektive analysiert. Zwar hat die politikwissenschaftliche International Relations-Forschung mittels theoretischer Modellierungen versucht, die Atombombe als Faktor internationaler Staatenbeziehungen zu analysieren. Dabei konnte sich diese politikwissenschaftliche Subdisziplin jedoch nicht von ihren ahistorischen Akteursbegriffen lösen, die durch die verschiedenen Theorieschulen informiert sind. Die Geschichtswissenschaft wiederum hat die Atombombe intensiv als Element jeweils nationaler Außenpolitiken untersucht, jedoch gerade erst damit begonnen, den Zusammenhang zwischen Globalisierung, Atomwaffen und internationalen Beziehungen zu diskutieren.[1] Wie aber lassen sich Existenz und Verbreitung atomarer Waffen innerhalb der Globalisierungsprozesse internationaler Beziehungen im 20. Jahrhundert verorten? Wie lässt sich die Wirkung der Atombombenabwürfe auf zwischenstaatliche Interdependenzen, Netzwerke internationaler Institutionen und den Erwartungshorizont politischer wie gesellschaftlicher Akteure historisieren? Inwieweit fügt sich die Globalgeschichte der Atombombe in den internationalen Beziehungen in bestehende historiographische Narrative ein: Ließe sich mit dem Historiker Peter Fäßler etwa von einer „Zweiteilung des ‚Globalisierungsfeldes‘“ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sprechen, welche entlang der Blockgrenzen zwischen Ost und West, aber nicht über dieses hinweg verlief?[2]Oder blieb auch die Atombombe ein Phänomen der „halben Globalisierung“, die nach Jürgen Osterhammel und Niels Petersson lediglich auf das westliche Bündnis beschränkt war?[3] Im Folgenden wird diskutiert, inwieweit die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki in den internationalen Beziehungen global rezipiert und in globalen Bezügen bewertet wurden. Dabei entsteht das Bild einer globalen Dynamik, die ihre transformierende Wirkung jedoch nicht unmittelbar, sondern in Wellen und Konjunkturen entfaltete. In den Blick genommen wird im folgenden Text die Phase von 1945 bis zum Abschluss des Atomwaffensperrvertrages im Jahr 1968.

Politische Rhetorik nach Hiroshima und Nagasaki

Ein atomarer Verantwortungsimperativ und verschiedene globale Ordnungsvorstellungen

Wie in Kapitel 1 dargelegt, hatten sich die Sicht auf das internationale Staatensystem und die darin geltenden militärischen Spielregeln für die TeilnehmerInnen am akademischen Diskurs der Internationalen Beziehungen in den USA durch die Atombombenabwürfe radikal verändert. Denn der erwartete Verlust des eigenen nuklearen Monopols in Verbindung mit einer angenommenen weltweiten Verbreitung der Atombombe würde, so die Kommentatoren, die konventionelle militärische Überlegenheit großer Staaten beenden. Die eigene Zivilbevölkerung könne dann nicht mehr vor der Vernichtung geschützt werden. Um eine nukleare Anarchie zu verhindern, wurde schnell der Ruf nach internationaler Kooperation und Rüstungskontrolle durch die Vereinten Nationen laut. Nur eine internationale Übereinkunft über die Zukunft von Atomwaffen könne ein nukleares Inferno verhindern.

Eine ganz ähnliche Kombination aus Optimismus und global verstandener Verantwortungsethik zeigt sich in der politischen Rhetorik dieser Zeit. Offenbar führte die schiere Zerstörungskraft der Atombombe gerade Politikern vor Augen, dass „man für die (voraussehbaren) Folgen seines Handelns aufzukommen hat“.[4] So stellte Präsident Truman in einer „special message to the congress on atomic energy“ schon am 3. Oktober 1945 dringenden globalen Handlungsbedarf fest:

“In international relations as in domestic affairs, the release of atomic energy constitutes a new force too revolutionary to consider in the framework of old ideas. We can no longer rely on the slow progress of time to develop a program of control among nations.”[5]

Dieser Sprache bediente sich auch Bernard Baruch, US-Vertreter bei der im Januar 1946 eingesetzten United Nations Atomic Energy Commission (UNAEC), beim Verhandlungsauftakt am 14. Juni 1946: „We must elect World Peace or World Destruction.“[6] Der sogenannte Baruch-Plan sah vor, die US-Atombomben zu zerstören, wenn sich im Gegenzug alle anderen Länder der strengen Kontrolle einer durch die UN-Generalversammlung kontrollierten Behörde unterwerfen würden.

Die durch ihren Sieg im Zweiten Weltkrieg gestärkte Sowjetunion nahm den Baruch-Plan jedoch nicht an. Der sowjetische Außenminister Wjatscheslaw Molotow erklärte, dass der Plan „leider an einigem Egoismus [leide]“, das US-amerikanische Atomwaffenmonopol zementiere und in eine „neue Aggression“ münden werde.[7] Stattdessen propagierte die Sowjetunion im Herbst 1946 mit dem sogenannten „Gromyko-Plan“ ihre eigenen Vorstellungen internationaler Rüstungskontrolle: „Abrüstung“ sowie „Verbot der Produktion und der Verwendung der Atomenergie zum Zwecke des Krieges“. In einer Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Herbst 1946 formulierte der sowjetische Außenminister:

„Die Ehre und das Gewissen der freiheitsliebenden Völker fordern, dass die Atombombe außerhalb des Gesetzes gestellt wird; dass die Vereinten Nationen niemals die Verantwortung übernehmen werden für irgendwelche Pläne zur Verwendung der Atomenergie zum Zwecke der Massenvernichtung von Menschen und überhaupt zur Anwendung der Atomenergie zum Schaden der Menschheit.“

Ausdrücklich berief er sich nicht auf die Interessen seines Landes, sondern auf die der Weltbevölkerung. Besonders hob Molotow die „Gefühle der einfachen Leute der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten“ und damit deren gemeinsame Interessens hervor.[8]

Indem hochrangige Politiker der USA und der Sowjetunion ab 1946 eine international bindende Eindämmung von Atomwaffen vor den Vereinten Nationen forderten, erhoben sie eine verantwortungsethische Position, die die Berücksichtigung der globalen Konsequenzen des eigenen politischen Handelns forderte, zu einem global verbindlichen ‚atomaren Verantwortungsimperativ‘.[9] Dabei richteten sich ihre Aufrufe nicht nur an die politische Führung derjenigen Länder, die als Kriegskoalition siegreich aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangen waren, sondern tendenziell an die Staaten und Bevölkerungen der ganzen Welt. An Baruchs und Molotows Plänen zeigt sich, wie aus einer moralischen Position schließlich globale Ordnungsvorstellungen zu einer internationalen Rüstungskontrolle erwuchsen, wie aus dem Handlungsdruck weniger ein Handlungsimperativ aller wurde.

Jedoch waren die Interessen der Großmächte so unterschiedlich und das wechselseitige Vertrauen so gering, dass die von der Gegenseite vorgebrachten Ordnungsvorstellungen nur zurückgewiesen werden konnten: Die Sowjetunion wollte die Kontrolle von Atomwaffen nicht ohne den Anspruch auf Abrüstung institutionalisieren und fürchtete überdies, von der durch US-Verbündete dominierten UN-Generalversammlung übervorteilt zu werden. Die USA konnten wiederum der Vernichtung des eigenen Arsenals ohne funktionierende internationale Ordnung nicht zustimmen. Weder der Baruch- noch der Gromyko-Plan waren demnach politisch oder juristisch umsetzbar.[10] Letztlich einigte sich die United Nations Atomic Energy Commission im Dezember 1946 nur auf eine vage Stellungnahme, in der die grundsätzliche Möglichkeit eines Kontrollregimes umrissen, jedoch keine konkreten Schritte vorgezeichnet wurden.[11] Gleichwohl gelang es den USA und der Sowjetunion im Februar 1947, ein Verbot über den Bau und das Testen von Atomwaffen in Friedensverträgen mit Bulgarien, Finnland, Italien, Rumänien und Ungarn festzuhalten.

Politisches Handeln nach Hiroshima und Nagasaki

Spionieren und Schweigen, Testen und Stärke demonstrieren

Die neuere Forschung geht davon aus, dass der US-amerikanische Baruch-Plan schon früh auf die sowjetische Ablehnung hin angelegt war.[12] Dies bedeutet eine gewaltige Differenz zwischen der Rhetorik und den tatsächlichen Absichten – schließlich hatte noch im November 1945 eine gemeinsame Erklärung der USA, Großbritanniens und Kanadas ausdrücklich die „elimination from national armaments of atomic weapons“ gefordert.[13] Denn schon früh, bereits vor dem Scheitern der UNAEC, setzten die USA auf Erhalt und Ausbau des eigenen technologischen Vorsprungs. Man folgte trotz aller Abrüstungs-Rhetorik mehr den militärischen Beratern als den oben zitierten politikwissenschaftlichen Theoretikern. Die planmäßige Durchführung der Atombombentests auf dem Bikini-Atoll im Juli 1946, die ungeachtet aller negativer diplomatischer Auswirkungen durchgeführt wurden, zeigt dies deutlich.[14] Denn diese Tests schienen die sowjetischen Zweifel an der Ernsthaftigkeit amerikanischer Initiativen zur Rüstungskontrolle zu bestätigen.

Solch eine Haltung muss aber nicht von Anfang an determiniert gewesen sein: Wie die Politikwissenschaftler Campbell Craig und Sergey Radchenko argumentieren, war es vor allem die massive sowjetische Spionagetätigkeit, die die US-Regierung bereits um die Jahreswende 1945/46 von der Aussichtslosigkeit eines supranationalen Kontrollregimes ausgehen ließ. Umgekehrt waren es die amerikanischen Atombombentests im Juli 1945 (Trinity) und Juni 1946 (Bikini-Atoll), die der sowjetischen Regierung die Unmöglichkeit einer internationalen Vereinbarung, die Stärke der amerikanischen Bombe und gleichsam die Schwäche der eigenen Militäraufklärung vor Augen führten: Schon seit Mai 1942 spionierte man den US-Atombombenbau aus, konnte die tatsächliche Schlagkraft der Bombe jedoch nicht in Erfahrung bringen.[15]

Als untergründige, der offiziellen Diplomatie zuwider laufende Form der internationalen Kommunikation schuf die Spionage nicht nur gegenseitiges Misstrauen, sondern veränderte auch die Wahrnehmung machtpolitischer Realitäten: Die aus der Spionage folgenden Schlüsse auf den fortgeschrittenen Stand des sowjetischen Atomprojekts machten den US-Entscheidern klar, dass sie die internationalen Verhandlungen nicht, wie anfangs erwartet, aus einer Position der Stärke heraus führen konnten.[16] Zudem drohte das Bekanntwerden sowjetischer Spionageaktivitäten weitreichende amerikanische Konzessionen in den Augen der US-Öffentlichkeit zu diskreditieren – eine Dynamik, die auch die Hochphase des Kalten Krieges noch prägen würde.[17] Gleichzeitig schuf militärische Aufklärung aber auch vermeintliche Transparenz und produzierte „Wissen“ über die Bombe: Die realitätsnahe Einschätzung der gegnerischen Stärke wurde zur Messlatte eigener militärischer Konzepte. Die Sowjetunion gründete ihr eigenes Atombombenprojekt auf ein Modell der Nagasaki-Bombe, das ihr der deutsch-britische Atomphysiker Klaus Fuchs zugespielt hatte. Damit bedienten sie sich einer Vorgehensweise, die fast alle späteren Nuklearmächte wiederholten: Auch die Atomprogramme Großbritanniens, Frankreichs, Israels und Chinas basierten direkt oder indirekt auf Wissen aus dem Manhattan-Projekt.[18].

In der Sowjetunion und im vom Bürgerkrieg beherrschten China wurde der erstmalige Einsatz der neuen Waffe unter anderem deswegen nicht zum ›global moment‹, weil Stalin und Mao die Bombe aus dem öffentlichen Diskurs verbannten bzw. deren Wirkung marginalisierten. Zwar wusste die politische Führung in Moskau bereits im November 1945 von der Kraft der Bombe. Denn auf Geheiß Molotows hatten Mitarbeiter der sowjetischen Botschaft in Japan die Überreste der japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki Mitte September 1945 untersucht. Aus Gesprächen mit Überlebenden vor Ort schlossen sie, dass die Atombombenabwürfe zwar großen Effekt auf die Zivilbevölkerung gehabt habe, deren Zerstörungskraft aber durch die japanische Presse aufgebauscht würde.[19]

Solange die Sowjetunion selbst jedoch keine Bombe besaß, übte man sich beim Sprechen darüber in Zurückhaltung. Gleiches galt für das China der Nachkriegszeit, wo Atombomben vor 1949 lediglich in einem marginalisierten Elitendiskurs im Zusammenhang mit einem potentiellen Dritten Weltkrieg oder aber religiöser Apokalypse rezipiert wurden.[20] Die beiden kommunistischen Machthaber ließen sich öffentlichkeitswirksam – wenn überhaupt – nur zu lakonischen Beschwichtigungen hinreißen. Stalin stellte über dieses Thema nüchtern fest, dass Atombomben „das Schicksal eines Krieges nicht entscheiden [können], da es zu wenige davon gibt.“[21]. Mao formulierte im August 1946 dazu fast gleichlautend:

„The atomic bomb is a paper tiger which the US reactionaries use to scare people. It looks terrible, but in fact it isn't. Of course, the atomic bomb is a weapon of mass slaughter, but the outcome of a war is decided by people, not by one or two new types of weapon.“[22]

Der politisch-militärische Umgang mit der Atombombe andererseits offenbarte jedoch die Ambivalenz der sowjetischen Atompolitik: Diskurse über die neuartige Waffe und der diplomatische Umgang mit dieser widersprachen sich im sowjetischen Fall insofern deutlich, als dass sich Stalin sehr wohl schon im August 1945 der nachhaltigen Verschiebung der Machttektonik internationaler Staatenbeziehungen bewusst war und darauf reagierte. Denn bereits am 7. August, einen Tag nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima, ordnete Stalin den Angriff der Roten Armee auf die japanischen Truppen in Nordostchina (Mandschurei) an und erklärte damit an der Seite der USA Japan den Krieg. Motiviert war dieser Schritt durch die Angst der sowjetischen Führung, dass auf der Konferenz von Jalta verbriefte territoriale Ansprüche der Sowjetunion in Ostasien[23] wieder revidiert werden könnten, sollte die USA den Zweiten Weltkrieg in Ostasien noch vor einem sowjetischen Kriegseintritt gegen Japan entscheiden. Offenbar ließen die Atombombenabwürfe dieses Szenario deutlich realistischer erscheinen.

Als Pragmatiker verstand Stalin zudem, dass die Sowjetunion, um weiterhin den Status einer Großmacht zu wahren, selbst über die Bombe verfügen müsse.[24] Noch im August 1945 unterstellte er das damals überschaubare sowjetische Atombombenprojekt (seit 1942) direkt dem Zentralkomitee der KPdSU und forcierte mit großem materiellen Aufwand die schnellstmögliche Kopie der Nagasaki-Bombe, deren Modell dem sowjetischen Geheimdienst zugespielt worden war. Militärstrategisch erachtete Stalin das US-amerikanische Atomwaffenarsenal aufgrund seiner geringen Größe und mangelnden Reichweite allerdings weniger als Bedrohung für sowjetisches Territorium denn als Ergänzung des strategischen Luftkrieges andernorts. Die Sowjetunion begann demnach erst 1950 mit der Ausarbeitung eines Plans für die territoriale Verteidigung gegen Atomwaffen. Die neuartige Waffe wurde zu Ende des Zweiten Weltkrieges somit weniger wegen ihres militärischen Nutzens als ihrer Prestigeträchtigkeit angestrebt. Letztlich war die sowjetische Atompolitik von unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Handlungslogiken bestimmt: vom beschwichtigenden Sprechen über die Bombe, den euphorisch betriebenen Verhandlungen über ein internationales Abkommen zur Kontrolle nuklearer Waffen bis hin zum realpolitischen Umgang mit der militärischen Herausforderung.

Nach Hiroshima und Nagasaki

Die Ambivalenz des Wünsch- und Machbaren

Entgegen den eingangs zitierten Prophezeiungen US-amerikanischer und sowjetischer Provenienz, wie sie um 1945/46 zum Ausdruck kamen, zeigte sich die Atombombe in realpolitischer Perspektive zunächst also keineswegs als revolutionärer Faktor, der eine stärkere Verregelung der internationalen Staatenbeziehungen erzwang. Die Atombombe schien vielmehr in die tradierten Kategorien konventioneller militärstrategischer Überlegungen und imperialer Einflusszonen durchaus inkorporierbar. Ein System strikter internationaler Kontrolle, gar ein „world government“[25], konnte sich nicht durchsetzen.

Dementsprechend herrschte unter den politikwissenschaftlichen Kommentatoren der USA schon ab 1947 ein veränderter Ton vor: Die Idee einer Weltregierung wurde nun als Wunschdenken kritisiert, das „desirability“ über „probability“ stelle. Gerade der Umgang mit der Atombombenfrage zeige, dass eine effektive supranationale Kontrolle staatlichen Handelns unter den gegebenen institutionellen Rahmenbedingungen, vielleicht aber auch aufgrund bestimmter Konstanten außenpolitischen Handelns kaum möglich sei. Stattdessen solle man zur Herstellung eines Minimums an Sicherheit auf das altbewährte Mittel zwischenstaatlicher Verträge zurückgreifen.[26] Nachdem die Atomwaffenfrage Initiativen für stärkere internationale Kooperation anfangs maßgeblich motiviert und befeuert hatte, zeigte sie nun umso deutlicher deren Grenzen auf und trug vermutlich zum Aufstieg des „realistischen“ Dogmas in der Theorie der Internationalen Beziehungen bei, demzufolge Staaten stets egoistisch ihre Machtinteressen verfolgen.[27]

Bemerkenswert ist jedoch, dass die hoffnungsvolle Atomrhetorik dennoch nicht aus der politischen Sprache verschwand: Als Reaktion auf den ersten sowjetischen Atombombentest forderte Präsident Truman im September 1949 eine „truly effective enforceable international control of atomic energy“.[28] Dies spielte zwar realpolitisch vorerst keine Rolle, blieb aber als moralischer Appell situativ einsetzbar. Am deutlichsten zeigt sich diese Redeweise in den Resolutionen der US-dominierten UN-Generalversammlung, die in den 1940er und 1950er Jahren immer wieder die – tatsächlich in weite Ferne gerückte – „elimination of atomic weapons“ forderte und vor einer „destruction of civilization“ warnte.[29]

Die sowjetische Führung spielte nicht minder virtuos auf der Klaviatur des „blame game“ – der wechselseitigen Unterstellung unaufrichtiger Absichten. Im November 1949 wies der damalige Außenminister der Sowjetunion, Andrej Wyschinski, die amerikanische Rhetorik zurück: „Man schlägt uns einen Plan vor, der niemanden befriedigen kann, außer jene, die weder ein Verbot noch Kontrolle [von Atomwaffen] wünschen.“ Seitdem die Sowjetunion nun selbst über Atombomben verfügte und gleichsam eifrig an einer Wasserstoffbombe forschte, verschob sich das offizielle sowjetische Narrativ hin zu einer positiven Rezeption von Atomenergie als Fortschrittsmotor. So wurde der amerikanische Vorstoß zur internationalen Kontrolle atomarer Ressourcen auch deswegen zurückgewiesen, weil er – so Wyschinski weiter – zu einer „Lähmung aller wirtschaftlicher Systeme“ führe, in denen „die Kraft der Atomenergie eine besondere Rolle“ spiele. Gleichzeitig forderte der sowjetische Außenminister erneut „praktische Maßnahmen zum Verbot von Atomwaffen und der Errichtung einer strengen internationalen Kontrolle“ und reproduzierte damit fast gleichlautend die amerikanische Initiative.[30]

Die kurze internationalistische Hochstimmung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wirkte also für die Rolle der Atombombe im internationalen Staatensystem in der Zeit des beginnenden Kalten Krieges keineswegs strukturell prägend. Für eine Globalgeschichte der Atombombe ist sie aber insofern bedeutsam, als dass es schon zu dieser Zeit gängig wurde, über Atomwaffen und ihre Rolle im internationalen Staatensystem im Modus eines Verantwortungsimperativs zu sprechen.

Die 1950er Jahre: Zweigeteilte Globalisierung 

Politische und militärische Integration innerhalb der Blöcke

Vorerst war die Atombombe jedoch ein Faktor, der sich in gängige machtpolitische Denkmuster einfügte. Dementsprechend konnten Nuklearwaffen in Krisenfällen zum Erreichen kurzfristiger Ziele eingesetzt werden: 1948 während der Berlin-Blockade und später im Koreakrieg versuchten die USA, die Gegenseite durch die Drohung mit dem Atomwaffeneinsatz zu Konzessionen zu bewegen. Der sowjetische Aufstieg zu einer Atommacht änderte nichts an dieser Option, entscheidend war, dass der amerikanische Vorsprung an nuklearer Schlagkraft erhalten blieb und man die Gefahr für das amerikanische Mutterland vor dem Aufkommen der Interkontinentalraketen noch für beherrschbar hielt. Dabei kam eine ganz eigene Art der Geheimdienst-Diplomatie zum Einsatz: Anstatt den Atombombeneinsatz offiziell anzudrohen, streute man etwa Informationen über entsprechende – tatsächliche oder vermeintliche – Truppenverschiebungen.[31]

Was dem tatsächlichen Einsatz der Bombe im Fall des Korea-Kriegs beiderseits entscheidend im Wege stand, war weniger ein dem entgegenstehendes Tabu als vielmehr die Sorge um eine Ausweitung des Konflikts. Die Atombombe war zwar keineswegs „simply another weapon in our arsenal“, wie Präsident Eisenhower es 1954 ausdrückte,[32] aber zumindest war eine Entwicklung in diese Richtung Anfang der 1950er Jahre grundsätzlich denkbar. Der Erfolg der US-Atomdiplomatie im Koreakrieg ermutigte die USA in den folgenden Jahren, atomare Drohungen noch häufiger gegenüber China anzuwenden, ein Faktor, der das dortige Atomprogramm maßgeblich motivierte.[33]

In dieses Bild eines situationsabhängigen, instrumentellen und begrenzten Einsatzes der Atombombendrohung passt, dass die Weitergabe von Atomwaffen und –technologie in den 1950er Jahren keineswegs tabuisiert war. So wurde im Rahmen der Konzepte einer „nuklearen Teilhabe“ bzw. später einer „multilateral force“ (MLF) zeitweise die Einbeziehung der Bundesrepublik in eine gemeinsame Verwaltung des NATO-Atomwaffenarsenals erwogen.[34] Auch Eisenhowers berühmte „Atoms for Peace“-Rede in der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 8. Dezember 1953 lässt sich in diese Entwicklung einordnen: Mit der von Eisenhower geforderten Ausbreitung ziviler Nukleartechnik ging eine Aufwertung der Technologie insgesamt und eine Legitimierung der Weitergabe zivilen und militärischen Know-Hows an Verbündete einher.[35]

Auch für die sozialistischen Staaten wirkten Atomwaffen in politischer, militärischer und ideologischer Hinsicht integrativ. Politisch war die Sowjetunion seit 1950 mit dem inzwischen sozialistischen China über einen Freundschaftsvertrag mit militärischer Beistandsklausel verbunden. Die Regierung der außenpolitisch isolierten Volksrepublik China sah in der Allianz mit der Atommacht Sowjetunion die Garantie des jungen kommunistischen Staates. Doch schon im Koreakrieg stellte Stalin die Loyalität der chinesischen Kommunisten ebenso auf die Probe wie die amerikanische Asienpolitik. Denn der sowjetische Diktator ging davon aus, dass sich ein militärischer Konflikt zwischen den Atommächten USA und Sowjetunion regional begrenzt führen ließe: „Die USA“, so schrieb Stalin im Oktober 1950 an Mao, „sind derzeit nicht bereit für einen großen Krieg“. Selbst wenn es zu einem „großen Krieg“ mit den USA käme, so Stalin weiter, wäre die Allianz der Sowjetunion mit China dem westlichen Bündnis weit überlegen: „Wenn ein Krieg unvermeidlich ist, dann muss er jetzt geführt werden.“ [36] Drei Wochen nach diesem Telegramm entsandte China eine „Freiwilligenarmee“ von 200.000 chinesischen Soldaten nach Nordkorea, die die dorthin vorgerückten US-Truppen bis Jahresende wieder an den 38. Breitengrad zurückwarfen.

Militärisch griff die Sowjetunion auch schon vor der Gründung des Warschauer Paktes auf die Ressourcen ihrer „Bruderstaaten“ zurück. Insbesondere aus der Tschechoslowakei, der DDR und der VR China bezogen die sowjetischen Atombombenbauer Uranerz, das von enormer Bedeutung für die sowjetische Nuklearwaffenproduktion war. Am gemeinschaftlich finanzierten „Vereinigten Institut für Kernforschung“ in der Nähe von Moskau wirkten neun sozialistische Staaten mit.[37]

Auch mit der Volksrepublik China teilte man bis zu den Verstimmungen 1959/60 Sicherheitsinteressen: Die sowjetische Führung erwog, China einen Prototypen einer sowjetischen Atombombe zu überlassen, sofern der gesamte chinesische Küstenstreifen in das sowjetische Verteidigungssystem einbezogen werden würde. Dass es dazu nicht kam, lag wesentlich an der widersprüchlichen Atompolitik der Sowjetunion gegenüber ihrem Verbündeten: Bis 1956 stellte sich die sowjetische Regierung konsequent gegen ein militärisches Atomprogramm Chinas und bot neben ziviler Unterstützung bei der friedlichen Nutzung von Kernenergie lediglich militärische Beistands- und Schutzgarantien im Bedrohungsfall. Zwischen 1957 und 1959/60 jedoch stellte Moskau neben einem Kernreaktor und einem Teilchenbeschleuniger auch hunderte Experten zur Verfügung, die u. a. am Bau einer chinesischen Atombombe mitwirkten.[38] Verärgert über das chinesische Modernisierungsmodell, den gewaltsamen Großen Sprung nach vorn, kündigte Chruschtschow die atomare Zusammenarbeit 1959 auf und zog 1960 zivile wie militärische Experten aus China ab. Die Volksrepublik China wurde aber auch deswegen nicht in einen atomaren Verteidigungsschild der Sowjetunion einbezogen, da sich die Pekinger Regierung weigerte, territoriale Autonomie an den Bündnispartner abzutreten: Nach dem Abzug der Experten verlor die chinesische Führung das Vertrauen in die Chruschtschow-Administration und lehnte den Bau sowjetischer Funktürme auf chinesischem Territorium ab – aus Angst vor Territorialprivilegien in ehemaligen russischen Kolonialhäfen, wie Deng Xiaping 1960 formulierte: „we [China] would have to cede our entire coast to you [the Soviet Union], as was the case with Port Arthur [Lushunkou] and Dalnii [Dalian]“.[39]

Dass der transnationale Technologietransfer zwischen der Sowjetunion und China allerdings nicht nur in eine Richtung lief, sondern gerade in der Atombombenkooperation auf einer gewissen Reziprozität beruhte, scheint ein in der Forschung wenig beachteter Aspekt zu sein. So profitierte die Sowjetunion von chinesischem Uranerz, das gemeinschaftlich erschlossen wurde, sowie von technischen Daten des chinesischen Atombombenprojekts, zu deren Übermittlung sich die chinesische Regierung verpflichtet hatte.[40] Uneinigkeit besteht in der chinesischen Forschung indes in der Frage, wie bedeutend der sowjetische Technologietransfer letztlich für die Entwicklung der eigenen Atombomben war.[41]

Die 1950er Jahre: Ein Ziel – zwei Lager

Friedensbewegungen in Ost und West

Auch ideologisch wirkte die Atombombe innerhalb des sozialistischen Bündnisses integrativ: Nach dem Scheitern aller Versuche, eine supranationale Rüstungskontrolle unter dem Dach der UNO zu institutionalisieren, lancierte der Weltfriedensrat im Jahr 1950 eine großangelegte Friedenskampagne – den sogenannten Stockholmer Appell. Die von kommunistischen Intellektuellen wie Frédéric Joliot-Curie und Ilja Ehrenburg dominierte Organisation, die aus dem Zweiten Weltfriedenskongress in Warschau 1950 hervorging, forderte mit deutlicher Unterstützung der sozialistischen Länder:

"Wir sind der Ansicht, dass die Regierung, die als erste die Atomwaffe gegen irgendein Land benutzt, ein Verbrechen gegen die Menschheit begeht und als Kriegsverbrecher zu behandeln ist. Wir rufen alle Menschen der Welt, die guten Willens sind, auf, diesen Appell zu unterzeichnen."[42]

Zudem insistierte man in Anlehnung an den Gromyko-Plan auf ein „Verbot der Atomwaffe als einer Waffe des Schreckens“ und die „Errichtung einer strengen internationalen Kontrolle“ – so wie wenige Monate zuvor Außenminister Wyschinski vor der UN-Generalversammlung. Inhaltlich wirkte die alte Kampagne fort; der Adressat war jedoch ein anderer: Nicht an Staaten, sondern an die Weltbevölkerung richtete sich der im Modus des Verantwortungsimperativs formulierte Appell, um eine globale Antwort auf die globale Bedrohung durch die Atombombe zu liefern:

„Die Atombombe macht keinen Unterschied zwischen Kommunisten und Nichtkommunisten, zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen. Für alle Leute ohne Unterschied ihrer Sprache, ihres gesellschaftlichen Status, ihrer religiösen oder politischen Ansichten dient der Stockholmer Appell in gleichem Maße als Mittel der aktiven Teilnahme an der Rettung des Friedens und der Welt.“[43]

Hunderte Millionen Menschen aus 75 Ländern, überwiegend aus den sozialistischen, unterschrieben den Aufruf.[44] Sie taten dies weniger deshalb, weil sie auf die Propaganda eines „Dr. Goebbels“ hereinfielen, wie einige zeitgenössische westliche Beobachter behaupteten.[45] Vielmehr schuf der Friedensappell in den sozialistischen Ländern, wie neuere Forschungen nahelegen, trotz des staatlichen Forcierens ein reales Identifikationsangebot für die vom Zweiten Weltkrieg so grausam getroffenen Gesellschaften der Sowjetunion und Chinas.[46] Denn die Angst vor einem neuen Krieg schien allgegenwärtig: „Im Falle eines neuen Krieges“, so paraphrasiert Stalin in einem Telegramm an Mao im Oktober 1950 dessen Argument gegen die Ausweitung des Koreakonfliktes, „werde es viele Unzufriedene geben, denn es gibt ein starkes Verlangen nach Frieden [in China].“[47] Innerhalb der sozialistischen Staatenwelt entfaltete die Friedensrhetorik eine ideologisch stark integrierende Wirkung: Neben der Anzahl der Unterschriften manifestierte sich diese auch in nationalen Gesetzen zum Verbot von Atomwaffen, welche in einer Reihe von ostmitteleuropäischen Staaten erlassen wurden. Nichtsdestoweniger gelang es dem Weltfriedensrat nicht, westliche Bevölkerungen anzusprechen. Zu stark war aus deren Sicht die legitimatorische Wirkung des Friedensappells auf das sowjetisch-chinesische Vorgehen im Koreakrieg. Tatsächlich zielte das Narrativ sowjetischer Außenpolitik „Kampf für Frieden auf der ganzen Welt“ (1948-54) auch auf die (internationale) Akzeptanz der eigenen militärischen Macht als einer friedenssichernden ab. Der Stockholmer Appell, so der Historiker Günter Wernicke, „split the peace movement along cold war frontiers“.[48] Zwar war die Rhetorik und Argumentationsweise des Appells internationalistisch, rezipiert jedoch wurde der Friedensappell in den Ländern beider Blöcke während des Kalten Krieges höchst unterschiedlich.

Im Gegensatz zu der staatlich protegierten Stockholm-Kampagne waren die aus den Zivilgesellschaften Westeuropas hervorgegangenen Friedensbewegungen gegen die Atomwaffenpolitik ihrer Regierungen gerichtet. Allerdings waren auch sie keine Graswurzelbewegungen, sondern gingen von politischen Eliten aus, die vom enormen Zuspruch aus der Bevölkerung bisweilen überrascht waren.[49] Die westlichen Aktivisten verfügten zudem oftmals über enge Kontakte zur politischen Führung ihrer Länder und bewegten sich in einem gemeinsamen Diskursraum, wenn sie etwa „Sicherheit“ einforderten und die globale Bedeutung der atomaren Frage betonten. Die Grenze dieser Gemeinsamkeiten markierte der antikommunistische Konsens dieser Zeit: Im Kalten Krieg wurden Initiativen für ‚Frieden‘ schnell mit ‚Kommunismus‘ identifiziert.[50]

Zwar versuchten Friedensaktivisten im Westen die Bipolarität des Kalten Kriegs zu überwinden, indem sie die Logik der Vernichtungs-Planspiele in Zweifel zogen. Doch die Blockgrenzen wirkten auch für die Friedensbewegungen im Westen nach innen integrativ. So globalisierten sich zentrale Muster ihrer Kampagnen, wie der erstmals 1958 in Großbritannien durchgeführte ‚Aldermaston March‘. Diese als ‚Ostermarsch‘ bekannten Friedensmärsche gab es in den 1960er Jahren auch in Westdeutschland, Griechenland und Dänemark. Transfers von Ideen, Konzepten und Personen zwischen den westlichen Bewegungen sowie deren gegenseitige Wahrnehmung sprechen ebenso wie die ablehnende westliche Rezeption des Stockholmer Appells abermals für eine „Zweiteilung des Globalisierungsfeldes“ in den 1950er Jahren.[51]

Dennoch bleibt festzuhalten, dass bereits in den 1950er Jahren in Ost und West eine kritische Rezeption der atomaren Aufrüstung öffentlichkeitswirksam aufkam. Denn für die Friedensaktivisten beiderseits des Eisernen Vorhangs war klar, dass Friede im Zeitalter der Atombombe nur mehr global realisiert werden konnte. Auch wenn Regierungen ihren Vorschlägen nicht zwingend folgten, konnten sich diese nur schwer vom Friedensdiskurs absetzen. Denn die Bedeutung der Friedensbewegungen liegt vor allem darin, dass sie den „konstitutionellen und institutionellen Rahmen sowie die impliziten Ideen, geteilten Annahmen und Konzepte, die politische Partizipation regulieren“, verschoben.[52]

Die 1950er Jahre: Drohen und Deuten

Das technisch Mögliche verschiebt Rationalitäten

Die permanente Möglichkeit einer atomaren Konfrontation der Supermächte wurde zunehmend zum Fluchtpunkt des Nachdenkens über das internationale Staatensystem. Die US-Außenpolitik wurde dabei von einer spezifischen „Cold War Rationality“ geprägt: einer von SozialwissenschaftlerInnen im Kontext von Universitäten, Think Tanks, Militär und Behörden getragenen Denkweise, die eine spieltheoretisch formulierte atomare Eigenlogik als Determinante außenpolitischer Spielregeln verstand. Was als Beratungsdienstleistung für das Militär begann, emanzipierte sich bald und gewann in den 1950er und 1960er Jahren eine eigenständige Wirkmächtigkeit auf die Politik, bald auch medienwirksam verkörpert durch den exklusiven Club der „defense intellectuals“. Deren Denkansatz hatte insofern eine globale Dimension, als dass nach einer universell gültigen Rationalität gesucht wurde, die allein geeignet schien, die von der Atombombe ausgehende Gefahr zu kontrollieren. Dies schloss die Drohung mit der Bombe oder auch deren tatsächlichen Einsatz allerdings konzeptuell keineswegs aus: Einer der prominentesten Vertreter dieser Gruppierung, Henry Kissinger, forderte in seiner paradigmatischen Schrift „Nuclear Weapons & Foreign Policy“ eine flexible Außenpolitik des „begrenzten Atomkrieges“.[53]

Ähnlich wie bei der oben zitierten Debatte der unmittelbaren Nachkriegszeit gingen die „defense intellectuals“ von grundlegend veränderten Spielregeln der internationalen Beziehungen aus und verwiesen auf „the sense of urgency created by the threat of catastrophic war or even human annihilation“, um die Veränderung politischer Prozesse zu bewirken. Es ging jedoch nicht mehr um die Pazifizierung der internationalen Ordnung durch starke supranationale Institutionen, sondern um Stabilität und, wenn möglich, eigene Überlegenheit innerhalb der allumfassenden Logik der atomaren Konfrontation durch ihre Akzeptanz und rationale Durchdringung.[54] Eine ähnliche Verabsolutierung des nuklearen Faktors kann auch für Sicherheitsexperten in der frühen BRD festgestellt werden, deren Denken sich jedoch zugleich in den Bahnen des bereits in der Zwischenkriegszeit entwickelten Konzeptes des „totalen Krieges“ bewegte.[55]

Die betont rationale Selbststilisierung der „defense intellectuals“ strahlte im amerikanischen Fall auf die Gesellschaft aus. So zielten etwa breit angelegte „Civil Defense“-Übungen darauf ab, vermeintlich schädliche Emotionen zu unterdrücken und einen rationalen Umgang mit der Erwartung wie auch einem möglichen Ernstfall zu trainieren – „fear is our worst enemy“[56] –, was man freilich auch als angsterfüllt-obsessive Verabsolutierung der atomaren Bedrohung interpretieren könnte. Auch die Wortführer der westlichen Friedensbewegungen übernahmen den betont rationalen Umgang mit dem Thema, wenn sie die Teilnehmer der Ostermärsche zu selbstdiszipliniertem Protest aufforderten und die atomare Aufrüstung als unvernünftig darstellten.[57]

Ungefähr ab 1957, dem Jahr des Sputnik-Schocks, gingen US-Militärstrategen von einem wachsenden „missile gap“ zugunsten der Sowjetunion aus, der diese innerhalb weniger Jahre unbesiegbar machen würde. Nikita Chruschtschow nutzte diese scheinbare Übermacht sowjetischer Interkontinentalraketen und drohte in den Folgejahren mehrfach unverhohlen mit einem Nuklearschlag. Als einzige Antwort darauf galt der US-Regierung die immer massivere atomare Aufrüstung – zunächst völlig unbeeinflusst durch die Satellitenbilder, aufgrund derer sich die vermeintliche sowjetische Überlegenheit im Jahr 1960 als Schimäre entpuppte.[58]
Man lernte dennoch schnell, die gegenseitige Satellitenaufklärung der größeren Transparenz willen zu akzeptieren. Präsident Kennedy ließ 1961 durch den Stellvertretenden Verteidigungsminister Roswell Gilpatric bekanntgeben:

„[W]ir besitzen eine Zweitschlagsfähigkeit, die mindestens so groß ist wie das, was die Sowjets bei einem Erstschlag einsetzen können. Deshalb sind wir zuversichtlich, dass die Sowjets keinen großen atomaren Konflikt provozieren können.“[59]

Viel nachhaltiger aber als die technische Innovation der Interkontinentalraketen hatte die Erfindung thermonuklearer Waffen einige Jahre zuvor das militärische Denken über die Bombe in Ost und West verändert. Nach Beginn des Koreakrieges entspann sich ein Rüstungswettlauf um die sogenannte „Superbombe“. In den Jahren 1952 und 1953 folgten die ersten Tests der USA und der Sowjetunion. Spätestens nach dem missglückten Test der amerikanischen Wasserstoffbombe „Bravo“ im März 1954, die wider Erwarten ein Mehrfaches der prognostizierten Sprengkraft[60] entfaltete, war Churchill, Eisenhower und Chruschtschow gleichermaßen klar, dass ein Atomkrieg die Vernichtung der Welt bedeuten könnte. Vor der „thermonuklearen Revolution“ ließen sich Atomwaffen trotz widersprechender Stimmen noch in das Clausewitz’sche Theorem inkorporieren, wonach Krieg die Fortsetzung von Politik mit „anderen Mitteln“ sei. Nun aber hatte sich das Denken über die Bombe auch bei den Staatschefs radikal verändert: Ein solcher Krieg konnte kein seriöses Mittel außenpolitischen Taktierens mehr sein.[61]

Mit jedem Innovationsschub und der Steigerung des Vernichtungspotenzials nuklearer Waffen veränderte sich also auch das außenpolitische Denken über die Bombe und die ihr zugemessene Bedeutung: Bevor Stalin und Mao über die Bombe verfügten, relativierten sie deren Bedeutung mit Verweis auf die territoriale Größe und die Bevölkerungsstärke der Sowjetunion und Chinas.[62] Nach 1949 – dem Jahr des ersten sowjetischen Atombombentests und der Gründung der Volksrepublik China – wurde die Anti-Atomwaffen-Rhetorik in Moskau wie in Peking zu einem zentralen Narrativ staatlicher Propaganda. Die sowjetischen Atomwaffen wurden dabei jedoch als friedenssichernd dargestellt, Kernenergie allgemein als zukunftsweisende Technologie des Fortschritts und der Modernisierung gutgeheißen.[63] Zhou Enlai, der chinesische Premierminister, formulierte dies im Jahr 1955 vor dem Staatsrat der VR China so:

“Imperialism is clamoring about atomic war; we have to expose this. We have to make the world’s people understand that if atomic energy is used to serve peaceful construction, it can benefit mankind, but, if used to serve war, it will destroy mankind.”[64]

Mitte der 1950er Jahre hatte sich nun auch in China die Überzeugung durchgesetzt, dass Atomwaffen den Modus der Kriegführung nachhaltig veränderten. Zwar verkündete Mao noch im Jahr 1955, dass die USA mit all ihren Atomwaffen nicht das gesamte chinesische Volk von 600 Millionen Menschen töten könne. Gleichzeitig initiierte die chinesische Regierung im selben Jahr ein eigenes Atomprojekt – amerikanische Kernwaffen wurden nach Ende des Koreakrieges als reale Bedrohung wahrgenommen und zentrale Paradigmen chinesischer Militärdoktrin, u. a. der Primat des „Volkskrieges“, korrigiert.[65] Die sowjetische Führung wiederum verwarf ihre außenpolitische Maxime, wonach der ideologische Gegensatz zum Kapitalismus qua marxistischer Ideologie zwangsläufig in einen Krieg gegen die USA münden müsse. Die stattdessen von Nikita Chruschtschow forcierte „friedliche Koexistenz“, die Mao scharf kritisierte, widersprach allerdings nicht zwingend einer Raketenstationierung auf Kuba: Denn nukleare Abschreckung und Verhandlungen sollten nunmehr die stillschweigende Übereinkunft der Supermächte, Frieden zu wahren, verstetigen.[66]

Dennoch wurde die Angst vor dem Overkill zum zentralen Medium nuklearer Diplomatie – denn nur wer drohte, wurde ernst genommen: „Nuclear warheads, missiles, and other delivery vehicles became the currency for calculating strength”.[67]Glaubhaft drohen konnten aber nur diejenigen, die ihrer Entschlossenheit, die Bombe tatsächlich einsetzen zu wollen, Glaubwürdigkeit verschafften.[68] Zumindest in den USA, durch die radikal-rationalistische Denkweise der „defense intellectuals“ inspiriert, entstand innerhalb der politischen Führungen das Credo: “making the incredible credible“.[69] Diese Politik des “nuclear brinkmanship” versuchte ständig, die gegnerischen Erwartungen über das eigene Handeln zu antizipieren, und basierte auf einer offensiven Erstschlag-Strategie, die mit einer ausreichenden Zweitschlagfähigkeit zur Defensive unterfüttert wurde. Mit einem Atomschlag ließ sich nur drohen, wenn auch ein Erstschlag des Gegners zu dessen vollständiger Vernichtung führen würde, die Möglichkeit einer nuklearen Vergeltung also gegeben sei.[70]

Paradoxerweise konnte aber auch mit dem Nicht-Einsatz von Atomwaffen gedroht werden: So verkündete die sowjetische Regierung kurz vor einer Serie amerikanischer Atombombentests im Frühling 1958 einseitig ein Moratorium eigener Tests. Seit 1956 unternahm die sowjetische Regierung erneut diplomatische Versuche, Atomwaffen sowie deren Tests durch die UN-Generalversammlung international zu verbieten. Erstmals wurde dies mit Umweltschutzbedenken begründet: “[E]very test of a nuclear explosive warhead increases radioactive dust, and therefore harms the health of the world’s people and, moreover, threatens the normal development of future generations“, so formulierte es Nikita Chruschtschow 1958 in einem Brief an Zhou Enlai.[71] Mit den technischen Neuerungen der 1950er Jahre, Wasserstoffbomben und Interkontinentalraketen, erhöhten sich die anzunehmenden Kosten eines möglichen Atomkrieges zwischen den Supermächten radikal. Die permanente Konfliktträchtigkeit aber wurde dennoch durch das ständige Spielen mit der Atomkarte perpetuiert: Weder sollte der Overkill herbeigeführt werden, noch wollte man als schwach erscheinen.

Jüngere politikwissenschaftliche Studien zu Nuklearwaffen als außenpolitischem Faktor lenken den Blick auf die Komplexität innerstaatlicher Entscheidungsprozesse.[72] Diese Perspektive bleibt in der geschichtswissenschaftlichen Forschung gerade zur sowjetischen und chinesischen Außenpolitik angesichts einer deutlichen Fokussierung auf die höchste staatliche Entscheidungsebene noch Desiderat. Als handelnde Akteure werden in der Geschichtswissenschaft primär die Staatenlenker der Großmächte begriffen.[73] Freilich blieb Außenpolitik in der Sowjetunion und im China des Kalten Krieges stets Chefsache. Doch außenpolitische Entscheidungen lassen sich kaum in einem Vakuum treffen: Wie bewerteten Partei-, Staats- bzw. Militärvertreter mittlerer Hierarchie die neuartige Waffe? Die häufig sehr unmittelbare Reaktion sowjetischer bzw. chinesischer Atompolitik auf amerikanische Vorstöße sowie das stets aktivere außenpolitische Agenda-Setting der kommunistischen Länder deutet darauf hin, dass Parteigremien und Generalstäbe sehr wohl Außenpolitik betrieben. Auch sie dachten und planten in den vermeintlich „amerikanischen“ Kategorien totaler atomarer Interdependenz. Doch unterschieden sich diese Kategorien in ihrem Zuschnitt: War der US-amerikanische Diskurs von spieltheoretischen Annahmen und absoluter Rationalität, der „Cold War rationality“, geprägt, so fußte die Analyse politischer Prozesse in der Sowjetunion auf der Kybernetik als Lehre von Organisation und Steuerung.[74] Zwar unterschieden sich die Zugänge in Ost und West; ihre Bezüge aber waren gleichermaßen global.

Das Denken bzw. Sprechen über Atombomben und das Handeln mit der neuartigen Waffe offenbaren zwei Modi von unterschiedlicher geografischer Reichweite, nukleare Kategorien zu globalisieren. Auf der Ebene der Wahrnehmung der Bombe bestanden zwei konkurrierende, auf ihre Weise jeweils Globalität bejahende Denkweisen – diejenige des Verantwortungsimperativs und diejenige des durch Rationalität kontrollierbaren (Droh)Einsatzes. Die Logik der Atompolitik in den 1950er Jahren hingegen verlief in einer zwar radikal interdependenten, dabei aber strikt bipolar geordneten Weltordnung, während die Weitergabe atomaren Wissens innerhalb der beiden Blöcke politisch und wirtschaftlich integrierend wirkte. Letzteres bezeichnete der Historiker Peter E. Fäßler als „Zweiteilung des ‚Globalisierungsfeldes“, bezogen auf die politische Teilung Europas entlang der Blockgrenzen.[75] Zwar hielt die Vereinheitlichung politischen Agierens mit der Bombe in den 1950er Jahren noch an den Grenzen des Kalten Krieges; das Denken über die Bombe in seiner globalen Uniformität jedoch transzendierte bereits in den 1950er Jahren den Eisernen Vorhang.

Die 1960er Jahre: Kooperation statt Krise

Supermächtekooperation und die Eindämmung der Atomwaffen

Schon in den 1950er Jahren lässt sich, wie oben beschrieben, eine grundlegende Veränderung des politischen Planens mit der Bombe feststellen: von ihrer Integration in bestehende militärische Konzepte hin zur Ausnahmerolle einer Waffe sui generis – deren mögliche Anwendung paradoxerweise gerade zum Zwecke der Verhinderung eines solchen Ernstfalls immer mitbedacht werden musste. Die von dieser Politik ausgehende Gefahr wurde in den außenpolitischen Krisen um das Jahr 1960 manifest, als das eingeübte Drohen mit der Bombe, das die eigene „credibility“ wahren sollte, zu schwer kontrollierbaren Situationen am Rande eines Atomkriegs führte. Dem klassischen geschichtswissenschaftlichen Narrativ zufolge, führte dies zu einem Umdenken in den Planungsstäben, aus dem heraus sich die (wenn man so will) letztlich erfolgreiche Atomdiplomatie der 1960er Jahre erklären lässt: Nach der zweifachen Konfrontation der beiden Supermächte in Berlin 1958 und Kuba 1962 kamen beginnend mit dem test ban treaty der Jahre 1962/63 Verhandlungen zwischen den USA, der Sowjetunion und Großbritannien in Gang, die 1968 schließlich zum Abschluss des Atomwaffensperrvertrags führten.[76]

Für die Bemühungen der Supermächte um die Stabilisierung der Atombombe als Faktor der internationalen Beziehungen scheint aber weniger das vielfach postulierte gegenseitige Vertrauen der Staatschefs als vielmehr die Neubewertung der Proliferationsfrage eine entscheidende Rolle gespielt zu haben: Die mögliche weltweite Verbreitung (Proliferation) von Atomwaffen wurde – entgegen den oben beschriebenen Konzepten der Weitergabe innerhalb des eigenen Blocks – zunehmend als schwerwiegendes Problem begriffen. Dies zeigt etwa eine Resolution der UN-Vollversammlung von 1959, die erstmals nicht mehr nur „international control“, sondern ausdrücklich die „prevention of the wider dissemination“ der Atomwaffen einforderte.[77] Eine US-amerikanische wissenschaftliche Analyse ging 1959 davon aus, dass die Anschaffung der Waffen durch die meisten großen und mittleren Staaten kurz bevorstünde und dies, obwohl hochproblematisch, kaum zu verhindern sei.[78]

Die Verbreitung von Atomwaffen verstand man als einen durch eine Kette globaler Interdependenzen getriebenen Prozess: So wurde etwa im US-Außenministerium befürchtet, eine mögliche atomare Bewaffnung Japans werde Indien in seinen Plänen zur nuklearen Aufrüstung bestärken, was dann wiederum die Handlungsoptionen und -horizonte weiterer Staaten (u.a. Westdeutschlands) beeinflussen könne.[79] Allerdings ging ein CIA-Bericht im Jahr 1964 im Unterschied zu der oben zitierten Analyse von 1959 davon aus, dass die Ausbreitung nuklearer Waffen durchaus auf politischem Wege verhindert werden könne – möglicherweise war das Vertrauen in diplomatische Lösungen in der Zwischenzeit gestiegen.[80]

Die Entwicklung hin zu zwischenstaatlicher Kooperation in der Atomwaffenfrage in den 1960er Jahren lässt sich durchaus auf der Basis rationaler Interessen erklären: nachdem Frankreich und später China in den Atomwaffenclub eingetreten waren, fürchteten die Atommächte ihren relativen Machtverlust und gerieten so zunehmend in eine „atomare Komplizenschaft“ bzw. „proto-détente“,[81] was die Lagerbildung aufzuweichen drohte: Großbritannien und Frankreich wandten sich gegen das US-amerikanische Vorhaben, die BRD zumindest passiv in eine atomare Rüstungsgemeinschaft einzubinden und plädierten zusammen mit der Sowjetunion für einen Atomwaffensperrvertrag. Die sowjetische Regierung teilte die Ansicht der USA, dass China über keine Atomwaffen verfügen sollte. Die Kennedy-Administration erwog sogar ein gemeinsames atomar-militärisches Vorgehen mit der Sowjetunion gegen China. Im Jahr 1969 unterbreitete dann die Sowjetunion einen solchen Vorschlag.[82] Die sinkende Bereitschaft der Supermächte zum Technologietransfer innerhalb der eigenen Blöcke und die Bemühungen, die Verbreitung von Atomwaffen auf globaler Ebene einzuschränken, sprechen gegen die These einer entlang der Blockgrenzen verlaufenden „Zweiteilung des ‚Globalisierungsfeldes‘“.

Weitere Gründe sprechen dafür, dass die Entwicklungen der 1960er Jahre durch das bipolare Raster des Kalten Krieges nur unzureichend zu erfassen sind. Denn schon früh hatten sich blockfreie Staaten wie etwa Brasilien auf dem Politikfeld der Abrüstung und Atomwaffenkontrolle zu profilieren versucht.[83] Dabei wurden Verbindungen mit anderen für diese Staaten relevanten Themen hergestellt: So wurde gefordert, die Atomwaffenbudgets symmetrisch zu reduzieren, um die freiwerdenden Mittel in die Entwicklungshilfe zu investieren.[84] Auch die chinesische Regierung sprach trotz eigener atomarer Ambitionen im Modus der Abrüstungsrhetorik. Die offizielle Erklärung zum ersten chinesischen Atombombentest im Oktober 1964 propagierte:

“China is developing nuclear weapons not because it believes in their omnipotence nor because it plans to use them. On the contrary, in developing nuclear weapons, China’s aim is to break the nuclear monopoly of the nuclear powers and to eliminate nuclear weapons.”[85]

In der Tradition des Stockholmer Appells forderte die chinesische Führung überdies eine internationale Gipfelkonferenz unter Einschluss aller, auch der nicht-atomar gerüsteten Staaten, die über die „complete prohibition and thorough destruction of nuclear weapons“ diskutieren sollten. China, das sich Mitte der 1960er Jahre zunehmend von der Sowjetunion emanzipierte, versuchte so, insbesondere unter den blockfreien Staaten Asiens und Afrikas um Unterstützung im Kampf gegen das westliche „Atommonopol“ zu werben: Den test ban treaty tat man als „huge swindle“ ab.[86]

Bei den Verhandlungen über den Sperrvertrag, die im Rahmen einer von den Vereinten Nationen eingesetzten 18-Nationen-Konferenz stattfanden, pochten die nicht über Atomwaffen verfügenden Staaten, Mitglieder der Blöcke wie Blockfreie, energisch auf Einflussnahme und stellten sich gegen die Interessen der Supermächte. Die Forderungen reichten dabei über ein Verbot der Verbreitung von Kernwaffen hinaus: Auch der ‚Atomclub‘ selbst sollte seine Arsenale reduzieren, den auf Atomwaffen verzichtenden Staaten technische Unterstützung bei der zivilen Nutzung leisten und für ihre Sicherheit garantieren.[87] Ausdruck erhielt dieses Selbstbewusstsein etwa durch eine Konferenz atomwaffenfreier Staaten im Jahr 1968.[88] Auch wenn der Sperrvertrag im Ergebnis weitgehend den Interessen der Supermächte entsprach, lässt sich der Verhandlungsprozess als globaler Problemlösungsversuch im institutionellen Rahmen verstehen, auf den viele Akteure aus unterschiedlichen Motiven Einfluss nahmen.

Dies verweist gerade für eine globalhistorische Untersuchung auf die Notwendigkeit, den Umgang weiterer Staaten mit der Nuklearwaffenfrage zu untersuchen.[89] Hierin lassen sich drei Muster erkennen: Erstens beförderte der nukleare Faktor nicht nur in den Außenministerien der beiden Supermächte die Vorstellung, dass die eigene Machtposition innerhalb eines Systems globaler Interdependenzen gedacht werden müsse. Dies betrifft insbesondere jene Staaten, die wie Großbritannien und Frankreich oder China ihren globalen Großmachtstatus mit Nuklearbewaffnung zu wahren bzw. wiederzuerlangen suchten. Mao sagte 1956 vor dem erweiterten Politbüro dazu: „In today’s world, if we don’t want to be bullied, we have to have this thing.“[90] Derlei Strategieerwägungen bezogen sich auf die Idee globaler Verflechtung und Interdependenz, die durch die Atomwaffen befördert worden war, wie der Fall Frankreichs zeigt: Aus Sicht der realistischen Schule lässt sich das französische Nuklearwaffenprogramm durch einen wahrgenommenen Mangel in der Reichweite amerikanischer Nuklearunterstützung,  insbesondere im Indochinakrieg, erklären. Hinzu komme der Wunsch Frankreichs, durch eigene nukleare Schlagkraft weniger abhängig von seinen Verbündeten zu werden.[91]

Zweitens war auch die Statuskonkurrenz mit der Bundesrepublik ein wesentliches Motiv dafür, das französische Nuklearwaffenprojekt in den 1950er Jahren voranzutreiben. Auch in anderen Fällen waren eher lokale als globale Konstellationen ausschlaggebend. Dies lässt sich etwa anhand des Verzichts der australischen Regierung auf eigene Nuklearwaffen Anfang der 1970er Jahre zeigen. Entscheidend hierfür war weniger die bereits seit den 1950er Jahren bestehende extended nuclear deterrence (END) seitens der USA als die wahrgenommene Abnahme nuklearer Risiken in der Region, die mit der globalen Stabilisierung der nuklearen Ordnung Ende der 1960er Jahre einherging. Hierzu trugen die Regierungen Australiens und Neuseelands seit 1973 aktiv bei, als sie gegen Kernwaffentests im Südpazifik, u.a. Frankreichs, protestierten.[92]

Schließlich lässt sich gerade anhand neutraler Staaten wie Schweden zeigen, dass Nuklearwaffen die Notwendigkeit einer globalen Ordnung über die Bündnissysteme hinaus bekräftigten. Schweden, das nach 1945 zunächst einen nuklearen Pfad eingeschlagen hatte, entschied sich im Verlauf der 1960er Jahre gegen die Bombe.[93] Durchgesetzt hatte sich die Einsicht, dass der Sicherheit Schwedens als neutralem Staat mehr durch Engagement für Verständigung und Abrüstung auf der internationalen Ebene denn durch eigene Aufrüstung oder Zugehörigkeit zu einem Bündnis gedient sei.[94] Die Politikwissenschaftlerin Maria Rost Rublee vermutet, dass die schwedische Entscheidung gegen die Bombe aus solchen rationalen Erwägungen nicht vollends zu erklären sei: Vielmehr hätten vor allem die Sozialdemokraten in der politischen Öffentlichkeit ein Deutungsmuster etabliert, demzufolge die Bombe ›unschwedisch‹ sei.[95]

Das nukleare Tabu als globale Norm

Das Beispiel Schwedens lässt sich in die These der Politikwissenschaftlerin Nina Tannenwald integrieren: Ihr zufolge wurden Atombomben bzw. ihr Einsatz im Krieg etwa ab 1960 zu einem globalen Tabu, an dem weder Außenpolitik noch militärische Planung vorbeikamen. Den wichtigsten Motor dieser Entwicklung sieht sie in transnationalen zivilgesellschaftlichen Bewegungen: Sie waren langfristig offenbar einflussreicher als militärische und bürokratische Akteure, die für eine Normalisierung des Atomwaffeneinsatzes als taktische Waffengattung agitierten. In diesem Zusammenhang wurde Hiroshima zu einem global bedeutsamen Symbol quasi-religiöser Qualität.[96] Auf kulturgeschichtlicher Ebene lässt sich die Erosion der Vorstellung, Atomwaffen seien durch Rationalität kontrollierbar, sehr gut am Beispiel des Films „Dr. Strangelove“ (GB 1964, Regie: Stanley Kubrick) demonstrieren.[97]

Fraglich ist allerdings, ob sich das atomare Tabu tatsächlich, wie Tannenwald schreibt, erst um 1960 etablierte. Mit Blick auf breite (zivil)gesellschaftliche wie staatliche Initiativen zur Ächtung von Atomwaffen ließe sich argumentieren, dass das „nukleare Tabu“ schon wesentlich früher einsetzte und bereits in den 1950er Jahren im Bewusstsein der Menschen in Ost und West präsent war. So konnten Staatsoberhäupter demokratischer Gesellschaften nie unabhängig vom innenpolitischen Diskurs Außenpolitik betreiben. Außenpolitische Entscheidungen waren an nationale Öffentlichkeiten rückgekoppelt. Dass auch Diktaturen ihrer eigenen Gesellschaft in außenpolitischen Fragen, wenn auch nur begrenzt, Rechenschaft schuldig waren, zeigen Johnston bzw. Harrison mit dem Hinweis auf die gewaltige Resonanz des Stockholmer Appells zur Ächtung von Atomwaffen.[98] Man könnte demnach – neben dem instrumentellen Einsatz der öffentlichen Meinung als Waffe im Kalten Krieg – auch eine Rückwirkung auf die Regierungen vermuten, die diese Stimmung für ihre Politik nicht unberücksichtigt lassen konnten.

Diese Überlegung erhält umso mehr Gewicht, da der Stockholmer Appell international keineswegs isoliert auftrat, sondern sich in eine breitere Bewegung einfügte: Die Detonation der ersten Wasserstoffbombe am 1. März 1954 provozierte einen „international outcry over nuclear testing and lent momentum to the large-scale nuclear test ban campaign”[99]. Nicht nur in westlichen Ländern wie Großbritannien oder in der BRD entstanden Bewegungen gegen Atomwaffen, sondern etwa auch in Japan, wo ab ca. 1954 in landesweiten Kampagnen hunderttausende Unterschriften gegen diese gesammelt wurden.[100] Es entsteht der Eindruck, als ob die global aktiven zivilgesellschaftlichen Bewegungen gegen Atomwaffen den Regierungen weit voraus waren und deren Normwandel in den 1960er Jahren um etwa ein Jahrzehnt vorweg nahmen. Die Annahme, die Vermehrung und Verbreitung atomarer Waffen sei eine globale Gefahr und das Abrüsten sei dem Wettrüsten vorzuziehen, war in den 1950er Jahren keineswegs nur, wie Kissinger annahm, Ergebnis sowjetischer Propagandatricks gegen den Westen – es handelte sich vielmehr um eine global wirksame Idee, die an verschiedenen Orten der Welt Anhänger fand und den Regierungen Alternativen nahelegte.

Am Beispiel Kanadas zeigt sich, wie verinnerlichte Normen und strategische Interessen mitunter eng zusammenhingen: Die kanadische Regierung verzichtete 1963 darauf, in den US-Luftverteidigungsschutzschirm einbezogen zu werden, weil sie befürchtete, „Einfluß bei den Abrüstungsverhandlungen und bei den Neutralen innerhalb der UNO zu verlieren, wenn [sie] zur atomaren Verteidigung übergehen würde.”[101]

Anzunehmen ist für die 1960er Jahre eine Wechselwirkung von Nicht-Verbreitung von Kernwaffen (Non-Proliferation) als politischem Ziel der Supermächte und der politik- und kulturgeschichtlich verortbaren Etablierung des nuklearen Tabus. Es entstand schon 1945 in den Reaktionen auf die Abwürfe, wurde in den 1950er Jahren von den Friedensbewegungen zu einer massenwirksamen Forderung ausgebaut und verschwand nie aus der Sprache der Mächtigen, bis es in den 1960er Jahren schließlich eine handfeste politische Option, nämlich die Non-Proliferation, legitimieren konnte.

Fazit

Der „global moment“ realer wie potentieller nuklearer Zerstörung des Sommers 1945 ging im Jahr 1968 in einen neuen, stabileren Aggregatzustand über: Die konkrete Angst vor totaler atomarer Konfrontation wurde durch Integration und Institutionalisierung gebändigt und bestimmte die internationale Politik viel weniger als noch in den 1950er Jahren. Vollkommen tabuisiert wurde ihr Einsatz für außenpolitische Ziele freilich nicht: Ein markantes Beispiel ist Präsident Nixons Versuch im Jahr 1969, durch Scheinaktivitäten der eigenen Atomstreitkräfte die sowjetische Führung von der erhöhten Gefahr eines amerikanischen Nuklearschlags zu überzeugen und dadurch politisch unter Druck zu setzen.[102] Charakteristisch ist für diesen Fall jedoch, dass eine Atmosphäre der unmittelbaren atomaren Bedrohung eben erst hergestellt werden musste und sich vom ‚Alltag‘ der internationalen Staatenbeziehungen abhob, während sie noch in den späten 1950er Jahren nahezu der Normalität entsprochen hatte. Bezeichnenderweise lösten Nixons Anweisungen bei führenden US-Militärs Irritation aus und wurden nur widerwillig umgesetzt.

Wie lässt sich diese markante Veränderung erklären? Zum einen ließen die radikale Zunahme der Zerstörungskraft, das Scheitern rationalistischer Handlungsanleitungen, die Verbreitung von Kernwaffen und die selbstbewusste Einflussnahme der Drittstaaten das bipolare Ordnungsmodell als dieser Herausforderung nicht gewachsen erscheinen. Zum anderen forderte ein seit 1945 ungebrochener politischer Diskurs eines globalen Verantwortungsimperativs, der zunehmend von starken (zivil)gesellschaftlichen Bewegungen übernommen und eingesetzt wurde, eine globale Einhegung der Atomwaffen durch internationale Kontrolle.

Die Entwicklung der Atombombe als Waffengattung sui generis transformierte das System internationaler Staatenbeziehungen nachhaltig. Ihr Bedrohungspotential stellte Regierungen wie zivilgesellschaftliche Akteure großer und kleiner Staaten vor die Notwendigkeit, sich zu ihr zu positionieren. Die Atombombe wurde im Zuge ihrer technischen Weiterentwicklung – trotz aller Versuche, sie als normale Waffe in bisherige Kriegskonzepte zu integrieren – zunehmend als universale, die Stärke herkömmlicher Armeen nivellierende Waffe gesehen, globalisierte sie doch die Möglichkeit totaler Zerstörung. Die unterschiedlichen Antworten auf diese neue globale Herausforderung lassen zeitliche Konjunkturen sowie geographische und sektorale Unterschiede in der Wahrnehmung der neuen Waffe erkennen. Ob überragende eigene technologische Überlegenheit, Weitergabe innerhalb von Bündnissen, Supermächtekooperation und „friedliche Koexistenz“, internationale moralische Ächtung durch die Zivilbevölkerung oder schließlich Einhegung durch internationale Kontrolle – all diese Konzepte argumentierten in globalen Kategorien, wie sie globale Gültigkeit beanspruchten. Gleichzeitig aber breitete sich die Atombombentechnologie geografisch aus und gewann im Laufe der Zeit zunehmend an Zerstörungskraft.

Anhand der Geschichte der Atombombe lässt sich demnach zeigen, wie sich Vorstellungen von globaler Verflechtung wellenförmig intensivierten und globale Initiativen, wie das Verbot von Kernwaffenversuchen und der Atomwaffen-Sperrvertrag, entstanden. Dass die atomare Bedrohung durch Atomwaffen heute in eine ferne Vergangenheit entschwunden zu sein scheint, darf nicht über den Umstand hinwegtäuschen, wie präsent die Bilder von Atompilzen in den Köpfen der Zeitgenossen des Kalten Krieges waren. Womöglich trägt gerade die fehlende Visualisierung der Zerstörungskraft durch ausbleibende Atomtests neuerdings dazu bei, die Atombombe in eine globale Leerstelle zu verwandeln.[103] Diese Überlegung verweist schließlich wieder auf die gewaltige Bedeutung, die den Atombombenabwürfen von 1945 als wirkkräftigem Symbol für den Erwartungshorizont der Zeitgenossen und damit auch für die Entwicklung des internationalen Staatensystems zukam.

 

 

[1] Siehe etwa die Ausgabe 36/2 (2014) der International History Review zum Thema „The Origins of the Nuclear Nonproliferation Regime“.
[2] Fäßler, Peter E.: Globalisierung: ein historisches Kompendium, Köln 2007, S. 126: „Zweiteilung des ‚Globalisierungsfeldes‘“. „Geteilte Globalisierung“ ist hier nicht auf das Konzept von Andreas Eckert und Shalini Randeria bezogen, welche davon ausgehen, dass „verschiedene Kulturen und Gesellschaften eine Reihe zentraler Erfahrungen teilten und durch ihre Interaktion und Interdependenz die moderne Welt gemeinsam konstituierten.“, Vgl. Randeria, Shalini; Eckert, Andreas (Hg.): Vom Imperialismus zum Empire. Nicht-westliche Perspektiven auf Globalisierung, Frankfurt am Main 2009, S. 11.
[3] Jürgen Osterhammel; Niels P. Petersson: Geschichte der Globalisierung. Dimensionen, Prozesse, Epochen, München 2003, S. 86.
[4] Weber, Max: Politik als Beruf, in: Gesammelte Politische Schriften, hrsg. von J. Winckelmann, Tübingen 51988, S. 551-552.
[5] Truman, Harry S.: Special Message to the Congress on Atomic Energy, 03.10.1945.
[6] The Baruch Plan (Presented to the United Nations Atomic Energy Commission), 14.06.1946.
[7]„Sovetskij Sojus i meždunarodnoe sotrudničestvo. Reč‘ V. M. Molotova na zasedanii General’noj Assamblej organizacii Ob“edinёnnych nacij 29 okmjabrja [1946]“, in: PRAVDA 259 (10341), 31.10.1946.
[8] Ebd.
[9] Vgl. hierzu auch den 1979 von Hans Jonas formulierten „ökologischen Imperativ“. Jonas, Hans: Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation, Frankfurt/M. 1979.
[10] Athanasopulos, Haralambos: Nuclear disarmament in international law, Jefferson, N.C 2000, S. 12.
[11] General Findings and Recommendations Approved by the Atomic Energy Commission and Incorporated in its First Report to the Security Council, 31.12.1946.
[12] Craig, Campbell; Radchenko, Sergey: The Atomic Bomb and the Origins of the Cold War, New Haven 2008.
[13] United States--Great Britain--Canada: Declaration on Atomic Energy, in: The American Journal of International Law 40 (1), 1946, S. 48–50.
[14] Graybar, Lloyd J.: The 1946 Atomic Bomb Tests: Atomic Diplomacy or Bureaucratic Infighting?, in: The Journal of American History 72 (4), 1986, S. 888–907.
[15] Zubok, Vladislav M.: Stalin and the Nuclear Age, in: Gaddis, John L. u.a. (Hg.): Cold War Statesmen Confront the Bomb. Nuclear Diplomacy Since 1945, Oxford Scholarship Online 2004, 1-31, S. 4, 7.
[16] Craig; Radchenko: The Atomic Bomb and the Origins of the Cold War, 2008, S. 130–134.
[17] O’Sullivan, Donal: Das amerikanische Venona-Projekt. Die Enttarnung der sowjetischen Auslandsspionage in den vierziger Jahren, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 48 (4), 2000, S. 603–629.
[18] John Earl Haynes u.a.: Spies. The Rise and Fall of the KGB in America, New Haven 2009, S. 110–117; Rabinowitz, Or: Bargaining on Nuclear Tests. Washington and Its Cold War Deals, Oxford 2014, S. 82.
[19] Samochin, A. V.: Stalin i atomnaja ugroza, in: Gosudarstvennoe upravlenie. Ėlektronnyj vestnik 39 (2013), S. 195-205, hier: S. 197-199.
[20] Harrison, Henrietta: Popular Responses to the Atomic Bomb in China 1945-1955, in: Past & Present Supplement 8, 2013, S.98–116, S. 101.
[21] Zitiert in: „Sovetskij Sojus i meždunarodnoe sotrudničestvo. Reč‘ V. M. Molotova na zasedanii General’noj Assamblej organizacii Ob“edinёnnych nacij 29 okmjabrja [1946].“, 1946.
[22] Zitiert in: Shu, Guang Zhang: Between ‘Paper’ and ‘Real Tigers’. Mao’s View of Nuclear Weapons, in: Gaddis, John L. u.a. (Hg.): Cold War Statesmen Confront the Bomb. Nuclear Diplomacy Since 1945, Oxford Scholarship Online 2004, 1-28 S. 3.
[23] So z.B. Port Arthur, die Kurilen sowie die Ostchinesische bzw. die Südmandschurische Eisenbahn.
[24] Zubok: Stalin and the Nuclear Age, 2004, S. 9.
[25] Mazower, Mark: Governing the World. The History of an Idea, 1815 to the Present, London 2012, S. 229–30.
[26] Briggs, Herbert W.: The Problem of World Government, in: The American Journal of International Law 41 (1), 1947, S. 108–112. (Zitat S. 109); Shils, Edward: The Failure of the United Nations Atomic Energy Commission: An Interpretation, in: The University of Chicago Law Review 15 (4), 1948, S. 855–876.
[27] Dies ließe sich etwa anhand der klassischen Werke von Hans J. Morgenthau untersuchen: Morgenthau, Hans J.: Scientific Man vs. Power Politics, Chicago 1946 ; Morgenthau, Hans J.: Politics among Nations. The Struggle for Power and Peace, New York 1948.
[28] Truman, Harry S.: Statement by the President on Announcing the First Atomic Explosion in the U.S.S.R., 23.09.1949.
[29] Siehe z.B. UN-Vollversammlung: Resolution A RES 299 IV: International Control of Atomic Energy, 23.11.1949.
[30] „Ob ocuždenii nodgotovki novoj vojny i o zaključenii Pakta njati geržav po ukrepleniju mira. Reč‘ A. Ja. Vyšinskogo na zasedanii Političeskogo komiteta General’noj Assamblej OON 16 nojabrja 1949 g.“, in: PRAVDA 324 (11431), 20.11.1949.
[31] Dingman, Roger: Atomic Diplomacy during the Korean War, in: International Security 13 (3), 1988, S. 50–91.
[32] Zitiert in: Foot, Rosemary J.: Nuclear Coercion and the Ending of the Korean Conflict, in: International Security 13 (3), 1988, S. 92–112, hier S. 94.
[33] Rosenberg, David A.: The Origins of Overkill: Nuclear Weapons and American Strategy, 1945-1960, in: International Security 7 (4), 1983, S. 3–71; Vgl. Lewis, John W.; Xue, Litai: China Builds the Bomb, Stanford, CA 1988, S. 8–10.
[34] Geier, Stephan: Schwellenmacht: Bonns heimliche Atomdiplomatie von Adenauer bis Schmidt, Paderborn 2013 ; Popp, Roland: Introduction: Global Order, Cooperation between the Superpowers, and Alliance Politics in the Making of the Nuclear Non-Proliferation Regime, in: The International History Review 36 (2), 2014, S. 195–209.
[35] Medhurst, Martin J.: Atoms for Peace and Nuclear Hegemony: The Rhetorical Structure of a Cold War Campaign, in: Armed Forces & Society 23 (4), 1997, S. 571–593.
[36] Message from Stalin to Mao Zedong, 05.10.1950, in: Archive of the President of the Russian Federation (APRF), in: History and Public Policy Program Digital Archive, Volkogonov Collections, Library of Congress; Translated by Vladislav Zubok.
[37] Jersild, Austin: The Soviet State as Imperial Scavenger: «Catch Up and Surpass» in the Transnational Socialist Bloc, 1950-1960, in: American Historical Review, 2011, S. 109–132; Goncharenko, Sergei: Sino-Soviet Military Cooperation, in: Westad, Odd Arne (Hg.): Brothers in Arms. The Rise and Fall of the Sino-Soviet Alliance, 1945-1963, Washington D.C. 1998, S. 141–164, hier: S. 157.
[38] Zur Anzahl sowjetischer Experten in China vgl. Kaple, Deborah A.: Soviet Advisors in China in the 1950s, in: Westad, Odd Arne (Hg.): Brothers in Arms. The Rise and Fall of the Sino-Soviet Alliance, 1945-1963, Washington D.C. 1998, S. 117–140, hier: S. 120.
[39] The Short Version of the Negotiations Between CPSU and CCP Delegations (September 1960), in: SAPMO (former Socialist Unity Party [SED] Archive) JIV 2/202-280, Bd.3., in: History and Public Policy Program Digital Archive; Obtained by Tim Trampedach and translated by Christian Ostermann.
[40] Report by Nie Rongzhen to Mao Zedong Regarding Science and Technology (Abridged), 03.07.1960, in: Dang de wenxian (Party Historical Documents), no. 1 (1996): 8-9, in: History and Public Policy Program Digital Archive; Translated by Neil Silver.
[41] Liu Yanqiong; Liu Jifeng: Analysis of Soviet Technology Transfer in the Development of China’s Nuclear Weapons, in: Comparative Technology Transfer and Society 7 (1), 2009, S. 66–110; Shen, Zhihua; Xia, Yafeng: Between Aid and Restriction. The Soviet Union’s Changing Policies on China’s Nuclear Weapons Program, 1954-1960, in: Asian Perspective 36, 2012, S. 95–122.
[42] Deutscher Friedensrat, Deutschland (Hg.): Weltfriedensbewegung. Entschließungen und Dokumente, Berlin 1954, S. 23.
[43] A. L. Orlov: Borʹba narodov mira za mir, Moskva 1951, S. 74.
[44] Harrison: Popular Responses to the Atomic Bomb in China 1945-1955, 2013, S. 105.
[45] McLachlan, Donald H.: The Partisans of Peace, in: International Affairs (Royal Institute of International Affairs 1944-) 27 (1), 1951, 10-17, S. 12. Vgl. unterstützend: Morris, Bernard S.: Communist International Front Organizations: Their Nature and Function, in: World Politics 9 (1), 1956, 76-87.
[46] Harrison: Popular Responses to the Atomic Bomb in China 1945-1955, 2013, S. 108–109; Johnston, Timothy: Peace or Pacifism? The Soviet ’Struggle for Peace in All the World’, 1948-54, in: Slavonic and East European Review, 2008, S. 259–282, S. 260.
[47] Message from Stalin to Mao Zedong, 05.10.1950, in: Archive of the President of the Russian Federation (APRF), in: History and Public Policy Program Digital Archive, Volkogonov Collections, Library of Congress; Translated by Vladislav Zubok.
[48] Wernicke, Gunter: The Communist-Led World Peace Council and the Western Peace Movements. The Fetters of Bipolarity and Some Attempts to Break Them in the Fifties and Early Sixties, in: Peace & Change 23 (3), 1998, 265-311, S. 269.
[49] Nehring, Holger: Politics of Security: British and West German Protest Movements and the Early Cold War, 1945-1970, Oxford 2013, S. 89-90.
[50] Ziemann, Benjamin: Situating Peace Movements in the Political Culture of the Cold War. Introduction, in: Ders.: Peace Movements in Western Europe, Japan and the USA during the Cold War, Essen 2008, S. 11-38, hier: S. 31.
[51] Nehring: Politics of Security, 2013, S. 302.
[52] Ziemann, Peace Movements, 2007, S. 20.
[53] Kissinger, Henry: Kernwaffen und auswärtige Politik, München 1959, S. 340. Präsident Eisenhower widersprach allerdings mit der Entgegnung, ein Krieg zwischen Atommächten könne nur mehr „total“ geführt werden.
[54] Erickson, Paul; Klein, Judy L; Daston, Lorraine u. a.: How Reason almost Lost its Mind. The Strange Career of Cold War Rationality, 2013, S. 5.
[55] Reichherzer, Frank: Zwischen Atomkrieg und Stadtguerilla: Gedanken zum Kriegsbild westdeutscher Wehrexperten von den 1950er Jahren bis zum NATO-Doppelbeschluss, in: Bernhard, Patrick; Nehring, Holger (Hg.): Den Kalten Krieg denken. Beiträge zur sozialen Ideengeschichte, Essen 2014, S. 131–160.
[56] Brown, Jo A.: «A Is for Atom, B Is for Bomb»: Civil Defense in American Public Education, 1948-1963, in: The Journal of American History 75 (1), 1988, S. 68–90.
[57] Nehring: Politics of Security, 2013, S. 195.
[58] Masco, J. P.: Terror as normality, in: Bulletin of the Atomic Scientists 69 (6), 2013, S. 26–32.
[59] Zitiert in: Gaddis: Der kalte Krieg, 2007, S. 97.
[60] Nämlich 750 Hiroshimabomben.
[61]Gaddis, John L.: Conclusion, in: ders. (Hg.): Cold War Statesmen Confront the Bomb. Nuclear Diplomacy Since 1945, Oxford Scholarship Online 2004, S. 6.
[62] Harrison: Popular Responses to the Atomic Bomb in China 1945-1955, 2013, S. 103; Shu: Between ‘Paper’ and ‘Real Tigers’. Mao’s View of Nuclear Weapons, 2004, S. 4–5.
[63] „Ob ocuždenii nodgotovki novoj vojny i o zaključenii Pakta njati geržav po ukrepleniju mira. Reč‘ A. Ja. Vyšinskogo na zasedanii Političeskogo komiteta General’noj Assamblej OON 16 nojabrja 1949 g.“, 1949.
[64] Address by Zhou Enlai at the Plenary Session of the Fourth Meeting of the State Council (Excerpt), 31.01.1955, in: Dang de wenxian (Party Historical Documents), no. 3 (1994): 16-19, in: History and Public Policy Program Digital Archive; Translated by Neil Silver.
[65] Shu: Between ‘Paper’ and ‘Real Tigers’. Mao’s View of Nuclear Weapons, 2004, S. 7-9, 21.
[66] Zubok, Vladislav M.; Harrison, Hope M.: The Nuclear Education of Nikita Khrushchev, in: Casey, Steven (Hg.): The Cold War. Critical Concepts in Military, Strategic and Security Studies, Bd. 2, London/New York 2013, S. 373, 387, 393.
[67] Suri, Jeremi: Nuclear Weapons and the Escalation of Global Conflict since 1945, in: International Journal 63 (4), 2008, S. 1013-1029, S. 1015.
[68]Gavin, Francis J.: Same as It Ever Was: Nuclear Alarmism, Proliferation, and the Cold War, in: International Security 34 (3), 2009, S. S. 7-37, S. 27. 
[69]Gaddis: Conclusion, 2004, S. 10.
[70] Kissinger: Kernwaffen und auswärtige Politik, 1959, S. 332.
[71] Letter from Nikita Khrushchev to Zhou Enlai on the Prohibition of Nuclear Testing, 04.04.1958, in: PRC FMA 109-00830-01, 1-4, in: History and Public Policy Program Digital Archive; Translated by Neil Silver. Unabhängig davon aber unterstützte die Sowjetunion weiter das chinesische Atombombenprogramm.
[72] Solingen, Etel: The Political Economy of Nuclear Restraint, in: International Security 19 (2), 1994, S. 126–169.
[73] Hopkins, Michael F.: Continuing Debate and New Approaches in Cold War History, in: The Historical Journal 50 (4), 01.12.2007, S. 913–934, S. 913.
[74] Erickson, Paul; Klein, Judy L; Daston, Lorraine u. a.: How Reason Almost Lost Its Mind, Chicago 2013, S. 18–20.
[75] Fäßler, Peter E.: Globalisierung: ein historisches Kompendium, Köln 2007.
[76] Vgl. Kosov, A. P.: Vnešnjaja politika SŠA v otnošenii KNR v 1949-1969 gg., in: Učenye zapiski 14 (2), 2012, S. 118–127 ; Hershberg, James G.: The Crisis Year, 1958-1963, in: Westad, Odd Arne (Hg.): Reviewing the Cold War. Approaches, Interpretations, Theory, London 2000, S. 303–325.
[77] UN-Vollversammlung: Resolution A RES 1402 XIV A-B: Prevention of the Wider Dissemination of Atomic Weapons, 20.11.1959.
[78] Simons, Howard: World-Wide Capabilities for Production and Control of Nuclear Weapons, in: Daedalus 88 (3), 1959, S. 385–409.
[79] Gavin, Francis J.: Nuclear Statecraft: History and Strategy in America’s Atomic Age, Ithaca, NY 2012, S. 93.
[80] National Intelligence Estimate Number 4-2-64. Prospects for a Proliferation of Nuclear Weapons Over the Next Decade, 21.10.1964, in: CIA Mandatory Review Appeal, in: History and Public Policy Program Digital Archive.
[81] Brands, Hal: Non-Proliferation and the Dynamics of the Middle Cold War: The Superpowers, the MLF, and the NPT, in: Cold War History 7 (3), 2007, S. 389–423, S. 411.
[82] Chang, Gordon H.: JFK, China, and the Bomb, in: The Journal of American History 74 (4), 1988, S. 1310.
[83] Rosenbaum, H. Jon; Cooper, Glenn M.: Brazil and the Nuclear Non-Proliferation Treaty, in: International Affairs (Royal Institute of International Affairs 1944-) 46 (1), 1970, S. 74–90.
[84] UN-Vollversammlung: Resolution A RES 1252 VIII A-D: Question of disarmament; the discontinuance of atomic and hydrogen weapons tests; the reduction of the military budgets of the Union of Soviet Socialist Republics, the United States of America, the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland and France by 10 to 15 per cent and the use of part of the savings so effected for assistance to the under-developed countries, 04.11.1958.
[85] Statement of the Government of the People’s Republic of China, October 16, 1964, in: Lewis, John W.; Xue, Litai (Hg.): China Builds the Bomb, Stanford, CA 1988, S. 241–243, hier: S. 242, nächstes Zitat: 243.
[86] Zhou Enlai’s Discussion with a Kenyan African National Federation Delegation (Excerpt), 05.09.1963, in: Dang de wenxian (Party Historical Documents), no. 3 (1994): 15-16, in: History and Public Policy Program Digital Archive; Translated by Neil Silver.
[87] Bourantonis, Dimitris: The Negotiation of the Non-Proliferation Treaty, 1965-1968: A Note, in: The International History Review 19 (2), 01.05.1997, S. 347–357.
[88] Doren, Charles N. Van: UN-Involvement in Disarmament: The Case of the Non-Proliferation-Treaty, in: The American Journal of International Law 64 (4), 1970, S. 192.
[89] Wir danken Patrik Sebastian Schmidt für seine wertvollen Hinweise zu Frankreich und Schweden.
[90] Talk by Mao Zedong at an Enlarged Meeting of the Chinese Communist Party Central Committee Politburo (Excerpts), 25.04.1956, in: Mao Zedong wenji (Selected Writings of Mao Zedong), vol. 7 (Beijing: Renmin chubanshe, 1999), 27, in: History and Public Policy Program Digital Archive; Translated by Neil Silver.
[91] Goldstein, Avery: Deterrence and Security in the 21st Century: China, Britain, France, and the Enduring Legacy of the Nuclear Revolution, Stanford 2000; Hymans, Jacques E. C: The psychology of nuclear proliferation identity, emotions and foreign policy, Cambridge; New York 2006, S. 456.
[92] Vgl. Paul, T. V.: Power Versus Prudence. Why Nations Forgo Nuclear Weapons, Montreal 2000, S. 78-82.
[93] Jonter, Thomas: The Swedish Plans to Acquire Nuclear Weapons, 1945–1968: An Analysis of the Technical Preparations, in: Science & Global Security 18 (2), 2010, S. 61–86.
[94] Prawitz, Jan: From Nuclear Option toNnon-Nuclear Promotion. The Sweden Case, Stockholm 1995.
[95] Rublee, Maria Rost: Nonproliferation Norms. Why States Choose Nuclear Restraint, 2009, S. 169–184.
[96] Tannenwald, Nina: Stigmatizing the Bomb: Origins of the Nuclear Taboo, in: International Security 29 (4), 2005, S. 5–49.
[97] Maland, Charles: Dr. Strangelove (1964): Nightmare Comedy and the Ideology of Liberal Consensus, in: American Quarterly 31 (5), 1979, S. 697–717.
[98] Johnston: Peace or Pacifism?, 2008; Harrison: Popular Responses to the Atomic Bomb in China 1945-1955, 2013.
[99] Wernicke: The Communist-Led World Peace Council and the Western Peace Movements. The Fetters of Bipolarity and Some Attempts to Break Them in the Fifties and Early Sixties, 1998, S. 272.
[100] Takekawa, Shunichi: Drawing A Line Between Peaceful and Military Uses of Nuclear Power: The Japanese Press, 1945 - 1955, in: The Asia-Pacific Journal 10 (37,2), 2012, S. 1-18.
[101] Kanada: Atomwaffen: Lücke in der Luft, in: Der SPIEGEL, 13.02.1963.
[102] Burr, William; Kimball, Jeffrey: Nixon’s secret Nuclear Alert: Vietnam War Diplomacy and the Joint Chief of Staff Readiness Test, October 1969, in: Cold War History 3 (2), 2013, S. 113–156.
[103] MacKenzie, Donald; Spinardi, Graham: Tacit Knowledge, Weapons Design, and the Uninvention of Nuclear Weapons, in: Knowing Machines. Essays on Technical Change, London; Cambridge MA 1996, S. 217.