von Sylvia Necker

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16. Mai 2020

Sylvia Necker ist Historikerin, Radiomacherin und Klangkünstlerin. Seit 2019 leitet sie das LWL-Preußenmuseum Minden und das LWL-Besucherzentrum im Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Das LWL-Preußenmuseum fungiert außerdem als Zentrale für das Netzwerk „Preußen in Westfalen“, ein Zusammenschluss von knapp 60 Institutionen in der Region, die sich mit preußischer Geschichte befassen.

Anlässlich des Internationalen Museumstages am 17. Mai 2020 sprachen die Redakteur*innen von zeitgeschichte|online mit Sylvia Necker über ihre ersten Erfahrungen im Amt und die Zukunft der Museen. Das Interview sollte ursprünglich bei einem Besuch der Museumsleiterin in Berlin stattfinden, denn hier trifft sie sich regelmäßig mit den Gestalter*innen der neuen Dauerausstellung. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage haben wir uns entschieden, das Interview schriftlich zu führen.

 

 

zeitgeschichte|online: Sie sind seit über neun Monaten im Amt als Museumsleiterin des LWL-Preußenmuseums in Minden. Was war Ihre erste „Amtshandlung“?

Necker: Ich habe meine Tasche abgestellt und alle Mitarbeiter*innen zu einer ersten Besprechung zusammengerufen. Wir waren alle sehr nervös, besonders die Kolleg*innen, weil nun die neue Chefin vor ihnen saß. Ich war einfach nur froh, dem Brexit entkommen zu sein und beglückt, nun ein Museum zu leiten, in dem ich mich mit meinen Erfahrungen und Kompetenzen viel besser aufgehoben fühle als in der Wissenschaft. Meine erste Verwunderung im Amt war mein erster Freitag. Um 12:30 Uhr stellte ich fest, dass sich alle ausgestempelt hatten und ich nun alleine im Museum saß. Spätestens dann wusste ich, was öffentlicher Dienst bedeutet.

 

zeitgeschichte|online: Sie haben in Ihrer beruflichen Laufbahn schon an vielen unterschiedlichen Orten gelebt, u.a. Hamburg, Obersalzberg/München, Frankfurt am Main und Nottingham. Einen (wissenschaftlichen oder persönlichen) Bezug zu Westfalen hatten Sie indes nie. Wie war es für Sie in eine fremde Kleinstadt zu ziehen, deren Geschichte Sie als Museumsleiterin nun repräsentieren müssen?

Necker: Es war tatsächlich erstmals ein Ankommen in einer Stadt, die mir vollkommen unbekannt war und in der ich niemanden kannte. Natürlich gab es gerade in den ersten Monaten auch viele einsame Momente. In meiner Antrittsrede im Museum habe ich dieses Ankommen thematisiert und mich den Mindener*innen als Arbeitsmigrantin vorgestellt. Die Erfahrung, an unterschiedlichen Orten gelebt und gearbeitet zu haben, hat mir auch hier gezeigt, dass es beim Ankommen in einer neuen Umgebung bzw. in so etwas wie Heimat nicht nur um Integration der Ankommenden geht. Sie wird einem von den Anderen, die schon lange dort sind, geschenkt, indem sie ihre Türen für die Neue öffnen. So entstanden erste Freundschaften und meine Kolleg*innen sind sowieso fabelhaft. Es ist dann eben doch wie das Sprichwort sagt: „In Minden wirst Du es finden“.

 

zeitgeschichte|online: Seit dem frühen 17. Jahrhundert gehörte Westfalen teilweise, seit 1815 fast ganz zu Brandenburg-Preußen. Wo versteckt sich diese „Verflechtungsgeschichte“ im Mindener Alltag?

Necker: Minden war preußisches Verwaltungszentrum und Garnisonsstadt. Nach 1815 wurde der Simeonsplatz, an dem sich das Museum heute befindet, zur Militärvorstadt ausgebaut. Als zentraler Punkt entstand 1829 die Defensionskaserne und darum herum Mannschaftsgebäude, Pferdeställe, ein Lazarett und Wachposten, die die Grenze zur Stadt markierten. Außerdem wurden im 19. Jahrhundert im gesamten Stadtgebiet zahlreiche Verwaltungsbauten errichtet, die heute noch architektonisch auffallen und die Spur zum preußischen Minden legen. Im gegenwärtigen Alltag sticht besonders der 1847 errichtete Doppel- bzw. Inselbahnhof hervor: Auf der einen Seite des Bahnhofs kommen die Züge aus Köln an, die zu preußischen Zeiten als Köln-Mindener Eisenbahn verkehrten und das westfälische Verwaltungszentrum Minden mit den preußischen Gebieten weiter im Westen verbanden. Auf der anderen Seite des Bahnhofs gehen die Züge Richtung Berlin ab, die Minden mit dem preußischen „Kernland“ Brandenburg verbanden. Auch mein Alltag als Museumsleiterin ist sehr von Verwaltungshandeln geprägt; das ist meine persönliche Verflechtungsgeschichte: Ich stemple Rechnungen sachlich richtig, setze behördliche Vorgaben um und schreibe Unmengen an Vermerken. Wenn mir das manchmal auf die Nerven geht und die Künstlerin mit mir durchgeht, lege ich meinen Kolleg*innen seltsame Vermerke mit absurden Inhalten ins Fach. Öffentlicher Dienst als Kunstform.

Ein typischer Vermerk der Museumsleiterin: Öffentlicher Dienst als Kunstform © LWL/Doris Wermelt

 

zeitgeschichte|online: Als Museumsgebäude dient die gerade erwähnte ehemalige Defensionskaserne. Wie arbeitet es sich am „historischen Ort“ und wie wird dieser selbst zum Ausstellungsstück?

Necker: Ich hatte bislang häufig das Vergnügen an interessanten und besonders schönen Orten zu arbeiten, sei es der Jüdische Friedhof in Hamburg-Altona, mein Büro auf dem Campus in Nottingham oder die Dokumentation Obersalzberg in den Berchtesgadener Alpen mit einem sensationellen Ausblick in die Landschaft. Jetzt blicke ich von meinem Schreibtisch jeden Tag auf die Weiten des Simeonsplatzes und kann der Wirkung repräsentativer Architektur nachspüren. Denn natürlich ist es ein Unterschied, in einem historischen Gebäude oder in einem white cube zu arbeiten. In unserer neuen Dauerausstellung im Erdgeschoss wird die Geschichte des Kasernengebäudes und seiner Nutzung thematisiert. Genauso wie die des Kaiser-Wilhelm-Denkmals, das auch in der Zuständigkeit des Museums liegt. Derzeit planen wir außerdem noch eine Erweiterung: Im ersten Obergeschoss soll eine kleine permanente Ausstellung entstehen, die den historischen Ort, also das preußische Minden, in den Blick nimmt. Leider sind beim Umbau des Kasernengebäudes in ein Museum 1995 sehr viele bauzeitliche Details verändert, überschrieben und teilweise auch zerstört worden. So besitzen wir in unserer Sammlung kein originales Mobiliar aus der Nutzung als Kaserne. Auch sind die originalen Fußböden, Türen und Raumaufteilungen nur noch an wenigen Stellen vorhanden, obwohl das Gebäude unter Denkmalschutz steht. Das bedauern wir sehr. Vor Jahren habe ich in der Kunsthalle Karlsruhe die Ausstellung „Bauen und Zeigen“ gesehen, in der die Kunsthalle temporär in einen Parcours verwandelt wurde, auf dem die Besucher*innen durch Hintertüren, Flure und Räume die Institutions- und Baugeschichte entdecken konnten. So etwas hätte ich gerne für das LWL-Preußenmuseum realisiert.

Stempeln als preußische Urform: Hier die Fassade des LWL-Preußenmuseums © LWL/Doris Wermelt

 

zeitgeschichte|online: Haben Sie ein „Lieblingsobjekt“ in der Sammlung?

Necker: Bislang habe ich noch kein Lieblingsstück. Ich kenne noch nicht einmal jedes unserer Objekte aus der Sammlung. Aber ich stratze gerne durch das Depot, ziehe Schubladen mit Drucken und Stichen heraus, wühle mich durch Postkartenkisten, ziehe Degen und Uniformen aus dem Regal und betrachte unsere Ölgemälde oder die vielen Alltagsgegenstände zur preußischen Geschichte. Es ist mehr ein sinnliches Surfen durch die Sammlung. Mein Objektherz schlägt ja für Stempel, Bleistifte, Schneide- und Schreibmaschinen und so freue ich mich schon besonders auf eine unserer kommenden Sonderausstellungen zur preußischen Amtsstube. Hierfür werden wir die Sammlung ergänzen und spätestens dann habe ich ein Lieblingsobjekt.

Was ist preußischer als eine Pickelhaube? © LWL/Doris Wermelt

 

zeitgeschichte|online: Das LWL-Preußenmuseum Minden ist seit dem 1. Januar 2014 geschlossen. Derzeit arbeiten Sie an der Neueröffnung des Hauses. Was ist Ihnen persönlich besonders wichtig? Wo sehen Sie Schwerpunkte?

Necker: Ich möchte preußische Geschichte pfiffig erzählen. Es braucht dringend neue Perspektiven und Interpretationen, zumal das Thema ja oft erst einmal Abwehr und Augenrollen hervorruft. Hätte mir jemand vor Jahren gesagt, ich würde mich einmal mit preußischer Geschichte befassen, hätte ich auch ungläubig gelacht. Doch jetzt bin ich froh, nach den langen Forscherinnenjahren, in denen ich mich mit der Zeitgeschichte und besonders der NS-Geschichte befasst habe, meinen Blick endlich auch auf das 16. bis 19. Jahrhundert zu wenden. Und preußische Geschichte hat so viel mehr als Militärgeschichte mit Männern auf Pferden und in Schlössern zu bieten. Mein Anliegen ist daher, Kultur-, Alltags- und Sozialgeschichte stark zu machen und überraschende Aspekte zu präsentieren, mit denen die Besucher*innen im Zusammenhang mit Preußen eher nicht rechnen und schon gar nicht erwarten, das in Minden am äußersten Rand von Ostwestfalen zu finden. Deshalb heißt unsere neue Dauerausstellung auch sinnigerweise „Potzblitz Preußen!“.

Noch alles leer. 2021 eröffnet hier die neue Dauerausstellung © LWL/Doris Wermelt

 

zeitgeschichte|online: Wozu brauchen wir „die Preußen“ heute, abgesehen davon, dass sie Teil der deutschen Geschichte sind?

Necker: Diese Frage können wir Geschichte(n) immer stellen. Wozu sollten wir uns mit DDR-Geschichte befassen? Warum soll das Mittelalter interessant sein? Weshalb sollten wir schon wieder mit NS-Geschichte um die Ecke kommen und ist deutsche Geschichte eigentlich immer nur Hitler? Diese Fragen von Relevanz der Geschichte sollten wir nicht nur Historiker*innen überlassen, denn gerade Museen sind Orte des Diskurses, die jenseits von gedruckten Bleiwüsten der Wissenschaft die Möglichkeit haben, Objekte zu Dreh- und Angelpunkten einer Debatte werden zu lassen. Die Gegenwartsrelevanz von Themen und so auch von Preußen  bemisst sich doch vor allem daran, ob diese Objekte und die Geschichten, die wir in unseren Ausstellungen erzählen, Anbindungen zu aktuellen Debatten haben. Und das haben sie: Preußische Geschichte handelt u.a. von Migrationsbewegungen, Demokratie- und Freiheitsbestrebungen, von staatlichen Inklusions- und Exklusionspolitiken, vom Aufbegehren gegen Autoritäten, von der Bürokratisierung der Gesellschaft, von Kolonialismus, sozialen Ungleichheiten und Aufstiegsbestreben. Aber natürlich auch von Krieg und Militarismus. Alles Themen, die mit der Gegenwart verflochten sind. Deshalb brauchen wir „Preußen“ heute.

 

zeitgeschichte|online: Wie wird in einem modernen Museum wie es das LWL-Preußenmuseum werden soll, in Zukunft auf die Geschichte einflussreicher Preußinnen  und Westfälinnen eingegangen bzw. wie wird die Geschichte von Frauen wie Sophie Dorothea von Hannover, Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern, Luise von Mecklenburg-Strelitz und Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach dargestellt?

Necker: Als ich nach Minden kam, sah die Konzeption für die neue Dauerausstellung einen ganzen Raum mit Portraits von berühmten Preußen vor, die prägend für die preußische Geschichte waren. Wenige Tage nach meinem Dienstantritt kündigte ich an, die Männer alle abzuhängen und bat um eine Liste mit Portraits von Preußinnen. Die Reaktion bei den männlichen Kollegen war erwartbar (so viel habe ich als Gleichstellungsbeauftragte am Münchner Institut für Zeitgeschichte gelernt): erst Schockstarre, dann Ablehnung und als mit der neuen Museumsleiterin über diese Sache nicht zu diskutieren war, weil sie darauf bestand die Geschichte in diesem Raum anders zu erzählen, kam die offenbar bis heute unüberwindliche Ansicht: Man(n) fände keine Frauen, es gäbe sie einfach nicht in der preußischen Geschichte und wenn, seien sie auch nicht so wichtig. Es ist doch erstaunlich, dass Frauen, immer dann, wenn wir sie brauchen, diffundieren und nicht verfügbar sind: Sie fehlen auf den Podien wissenschaftlicher Symposien, in Publikationen und eben auch in Ausstellungen. Von diesen Einwänden völlig ungerührt, bat ich erneut um die gewünschte Liste, die zu meinem Erstaunen schon am nächsten Tag mit großartigen Vorschlägen vorlag. Die Frauen sind also aufgetaucht und nun können wir in unserer neuen Dauerausstellung die „Galerie der Preußinnen“ präsentieren.

Schützenswerte Objekte. Königin Luise mit Mund-Nasen-Schutz. © LWL/Sylvia Necker

 

zeitgeschichte|online: Wird die deutsch/deutsche Rezeption im Rahmen der Ausstellung thematisiert?

Necker: Die Frage nach einer deutsch/deutschen Rezeption greift eigentlich zu kurz, denn preußische Geschichte hat eine europäische Dimension. Interessant ist doch, welche französischen Vorurteile über Preußen noch heute mit „den Deutschen“ assoziiert werden oder wie die Briten die “Prussians“ sehen. Welche Kabbeleien waren zwischen Hohenzollern und Habsburgern prägend und was ist davon noch heute in Wien zu spüren? Wir werden aber natürlich auch die deutsch/deutsche Rezeption aufgreifen. Wahrscheinlich jedoch in einer Sonderausstellung und nicht in unserer Dauerausstellung.

 

zeitgeschichte|online: Sozialgeschichte ist nur schwer darstellbar. Werden Sie dennoch die üblichen „Preußenthemen“ (Herrscherhaus, Krieg, Kunst, Philosophie) erweitern?

Necker: Doch, Sozialgeschichte ist sehr gut darstellbar. Es reicht ein Blick in die Ausstellungen von Stadtmuseen der letzten Jahre, um z.B. die Geschichten sozialer Bewegungen in den 1970er Jahren oder von Wohnverhältnissen im 19. und 20. Jahrhundert zu entdecken. Auch wir haben einige Aspekte von Alltags- und Sozialgeschichte in unserer neuen Dauerausstellung, wie die schon genannten Wohnverhältnisse oder auch Kleidung als Mittel sozialer Distinktion. In unseren Sonderausstellungen planen wir vor allem politische und kulturgeschichtliche Themen wie etwa die schon genannte Ausstellung zur preußischen Amtsstube. Als erste Sonderausstellung werden wir 2021 „Jüdisch? Preußisch? Oder was?“ zeigen, die sich mit Ideen der Aufklärung und Emanzipation, mit Fremd- und Selbstbildern, mit kulturellen und sozialen Zuschreibungen, mit Zugehörigkeiten und mit staatlich gesteuerten In- und Exklusionsmechanismen vom 17. bis in das 20. Jahrhundert beschäftigt. Dazu gehören selbstredend elementar auch Fragen der Sozialgeschichte.

Preußische Geschichte ist nicht nur Militärgeschichte. In der neuen Dauerausstellung werden auch Objekte wie ein Handmanometer ausgestellt. © LWL/Carsten Reuß

 

zeitgeschichte|online: Vor der Neueröffnung 2021 finden bereits verschiedene Konzert- und Kulturveranstaltungen statt. Was planen Sie? Und wie gestaltet sich die Neueröffnung?

Necker: Vor wenigen Tagen wurde endlich unser Container angeliefert. Er wird unser zentrales Kommunikationstool sein, denn solange wir im Museum umbauen, transferieren wir das Museum einfach auf den Vorplatz und in unseren Container. Im September wird er mit Schüler*innen und einem Graffiti-Künstler bunt besprüht und so zum Botschafter unseres Museums im Stadtraum. Nach der Eröffnung wird er auch in der Region wandern und unsere Aktivitäten bewerben. Bis dahin lassen wir am, um und auf dem Container Konzerte, Lesungen, Performances, Mini-Ausstellungen und Vorträge stattfinden. Zusammen mit unterschiedlichen Kooperationspartnern aus Minden und dem Kreis präsentieren wir ein buntes Kulturprogramm und machen gleichzeitig neugierig auf unsere Eröffnung. Der Countdown läuft nun und wir können kaum erwarten, dass es losgeht. Eigentlich sollte die Eröffnung des Containers zum Internationalen Museumstag stattfinden, doch da hat uns die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Im Ständersaal finden verschiedene Veranstaltungen des Museums statt. © Anja Richters

 

zeitgeschichte|online: Derzeit setzen fast alle Museen, vor allem aufgrund der Pandemie, auf den Ausbau virtueller Angebote. Wie kann die Zukunft der Institution Museum aussehen, sind Museen zukunftsfähig?

Necker: Bücher und LPs gibt es auch noch und Museen werden sicher CDs und E-Books überleben. Gerade in den letzten Wochen sind einige ganz großartige digitale Formate entstanden, die Museumsarbeit ergänzen, erweitern und teilweise auch ganz neu denken. Und trotzdem ist der physische Museumsraum aus meiner Sicht durch nichts zu ersetzen. Ausstellung heißt für mich vor allem Bewegung und Begegnung im Raum. Es ist die Interaktion mit Objekten, mit dem Raum, mit Farben und Klängen, also vor allem eine ästhetisch-sinnliche Erfahrung. Hinzu kommt, dass idealerweise auch eine Interaktion zwischen Museumbesucher*innen stattfindet, die sich an dem dort Gezeigten und Präsentierten entspinnt. Und wenn Museum nicht nur eine top-down-Angelegenheit sein will, müssen wir als Ausstellungsmacher*innen endlich Deutungshoheit abgeben und auf partizipative Elemente setzen. Nicht nur wir haben den Besucher*innen etwas zu erzählen, sondern auch sie uns. So entstehen Dialog und Diskurs, die neben der ästhetischen Erfahrung Kern der Museen sind. Viele Häuser machen genau dies in den letzten Jahren: Sie sind partizipativ und keine Einbahnpräsentierstraßen mehr. Sie sprechen alle Altersgruppen und auch alle unterschiedlichen Gruppierungen der Gesellschaft an. Das wollen wir im LWL-Preußenmuseum natürlich auch und tragen damit zum Motto des Museumstags „Das Museum für alle. Museen für Vielfalt und Inklusion“ bei.

Performatives Museum. Ein Baucontainer auf dem Museumsvorplatz dient als Botschafter im Stadtraum © LWL/Doris Wermelt.

 

zeitgeschichte|online: Was bedeutet der gerade erwähnte Internationale Museumstag, der 17. Mai, für Sie als Museumsleiterin? Und was planen Sie für diesen Tag, da die Containereröffnung nicht zustande kommen konnte?

Necker: Letztes Jahr hat dieser Tag eine sehr großes Bedeutung für mich gehabt, denn exakt am 17. Mai 2019 musste ich mich der LWL-Landschaftsversammlung vorstellen, dem höchsten politischen Gremium des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL). Nach meinem Kurzvortrag, was ich mit dem LWL-Preußenmuseum vorhabe, wurde ich daraufhin offiziell und mit Blumenstrauß zur neuen Museumsleiterin des LWL-Preußenmuseums berufen. Das war ein sehr passender Tag für diesen einschneidenden Moment in meiner beruflichen Karriere.

Für den diesjährigen Internationalen Museumstag, der aufgrund der Corona-Pandemie in einer digitalen Variante stattfindet, haben wir sieben Videoclips gedreht, die Einblick in unsere Museumsarbeit geben. Abrufbar auf unserer Website erfahren Neugierige etwas zu Museumsklimageräten, zu kaiserlichen Tellergerichten und zu preußischen Sprichwörtern. Wir stellen auch unseren Container vor und gehen der Frage nach, wie eigentlich Preußen klingt. Der Drehtag am Montag war für uns alle einer der vergnüglichsten Arbeitstage überhaupt. Museum ist einfach der schönste Arbeitsplatz!