Hg. von Maren Röger, Florian Greiner

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20. Dezember 2017

Spiele – so stellte der niederländische Kulturhistoriker Johan Huizinga bereits 1938 fest – sind Ausdruck der menschlichen Fähigkeit, die Wirklichkeit spielerisch nachzubilden und kritisch zu reflektieren. Sie sind somit integrale Bestandteile gesellschaftlicher Sinnsuche. Es überrascht daher, dass die (akademische) Geschichtswissenschaft sich Jahrzehnte nach dem Cultural Turn Spielen als Quellengattung bisher kaum geöffnet hat. Während sich die historische Computerspieleforschung bislang vornehmlich auf technische Entwicklungen sowie auf Geschichtsbilder in Videospielen konzentriert hat, jedoch zeithistorische Verortungen häufig ausbleiben, herrscht in Bezug auf Brettspiele eine noch deutlichere Forschungslücke. Gegenüber dem Medium Spiel, dem angesichts hoher Verbreitungszahlen eine große gesellschaftliche, zumal zeithistorische Relevanz zufällt, scheinen ebensolche Vorbehalte seitens der akademischen Geschichtswissenschaft zu bestehen, wie sie jahrelang gegenüber Rundfunk- oder Filmquellen festzustellen waren...
Wie Brett- und Computerspiele für eine geschichtswissenschaftliche Perspektive fruchtbar gemacht werden können, erkundeten wir im Sommersemester 2017 mit Augsburger Studierenden. Thematisch nahm das Projektseminar bewusst den Kalten Krieg und die Systemkonfrontation als Anker, da die Auseinandersetzung der Supermächte bis in die jüngste Gegenwart ein beliebtes Motiv in Spielen darstellt. Bereits zeitgenössisch hatte der Kalte Krieg auch den Bereich der Populärkultur durchdrungen, wie die neuere Forschung klar zeigt. Im Seminar untersuchten wir Spiele aus dem Osten ebenso wie aus dem Westen, Brettspiele ebenso wie Computerspiele, zeitgenössische Spiele aus der Zeit der Blockkonfrontation ebenso wie nach dem politischen Wandel 1989/1991 publizierte, um ein möglichst breites Spektrum abzudecken. (weiterlesen…)

Beiträge

Florian Greiner, Maren Röger

Brett- und Videospiele zum Kalten Krieg in Ost und West (1977–2017)

Bastian Högg, Niklas Löffler

Der atomare Vernichtungskrieg in den Händen der Friedensbewegung

Tanja Schauer, Lisa Vidotto

Sozialistisches Monopoly

Falk Euler, Alexander Weidle

Christoph Hauptmann, Gabriele Victoria Schaffner

Warum die Stasi ein Spiel verfolgte*

Maxim Braunbek, Thomas Stiele

Balance of Power (1985) und die Darstellung der Geopolitik in einem Computerspiel

Tobias Meßmer

Kriegstreiberei oder Appell an die Vernunft?

Vincent Hoyer

Geopolitique 1990 und Wege zur amerikanischen Dominanz im Kalten Krieg

Alexej Amrain, Michael Kratz

Ein Computerspiel als Denkmal

Felix Kandler, Marius Plach

Perspektivwechsel in Crisis in the Kremlin (1991/2017)

Charlotte Mellentin, Felix Spichal

Das tschechische Brettspiel „Soudruhu, nezlob se!“

Gary Huck, Jan Watzke

Ein Spionagethriller für den PC

Franziska Pohlmann, Franziska Schmidt

Twilight Struggle (2005) und die Sehnsucht nach geopolitischer Klarheit

Alexander Jacobs, Philipp Jäger

Der Mauer-Shooter 1378 (km) aus dem Jahre 2010 und die Erinnerung an das geteilte Deutschland

Paula Bunke, Eileen Pohl

Kolejka (2011) und die Erinnerung an die Mangelwirtschaft

Viki Köszegi, Greta Rose Schlenker

Kontrafaktisches Spielen und seine Problematik am Beispiel des Brettspiels „Wir sind das Volk!“ (2014)