Ein Jagdflugzeug vom Typ Messerschmitt Me 109 im Flugmuseum Messerschmitt (2024)
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Ein Jagdflugzeug vom Typ Messerschmitt Me 109 im Flugmuseum Messerschmitt, 2024, André Gerwing, Wikimedia Commons, CC BY 4.0 (Bild bearbeitet).



 

 

Ein Jagdflugzeug vom Typ Messerschmitt Me 109 im Flugmuseum Messerschmitt (2024)
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Ein Jagdflugzeug vom Typ Messerschmitt Me 109 im Flugmuseum Messerschmitt, 2024, André Gerwing, Wikimedia Commons, CC BY 4.0 (Bild bearbeitet).



 

 

Ein Jagdflugzeug vom Typ Messerschmitt Me 109 im Flugmuseum Messerschmitt (2024)
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Ein Jagdflugzeug vom Typ Messerschmitt Me 109 im Flugmuseum Messerschmitt, 2024, André Gerwing, Wikimedia Commons, CC BY 4.0 (Bild bearbeitet).



 

 

Ein Jagdflugzeug vom Typ Messerschmitt Me 109 im Flugmuseum Messerschmitt (2024)
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Ein Jagdflugzeug vom Typ Messerschmitt Me 109 im Flugmuseum Messerschmitt, 2024, André Gerwing, Wikimedia Commons, CC BY 4.0 (Bild bearbeitet).



 

 

Messerschmitts fliegendes Museum

Eine kritische Anmerkung

In der oberbayrischen Gemeinde Manching nahe Ingolstadt befindet sich auf dem Firmengelände der Airbus Defence and Space GmbH das Flugmuseum Messerschmitt. Die Betreiber haben es sich zum Ziel gesetzt, „das Andenken“ an den deutschen Flugzeugkonstrukteur Wilhelm „Willy“ Messerschmitt (1898-1978) zu bewahren. Das Museum wurde 1998 anlässlich seines 100. Geburtstages eröffnet und wird von der Messerschmitt Stiftung in Kooperation mit dem Unternehmen Airbus unterhalten. Laut Internetpräsenz sind die dort erhaltenen Messerschmitt-Flugzeuge Teil der Airbus-Firmengeschichte, denn als Nachfolgeunternehmen stehe Europas heutiger größter Luft- und Raumfahrtkonzern „in der Tradition“ der Messerschmitt Bölkow Blohm GmbH. Wichtiges gemeinsames Ziel von Stiftung und Unternehmen sei die „Bewahrung des luftfahrthistorischen Erbes von Willy Messerschmitt durch Sammlung und Erhalt relevanter Flugzeuge.“ Dazu gehöre die Präsentation der Museumsobjekte im Flug, wovon sich das Selbstverständnis des „Flugmuseums“ als „fliegendes Museum“ ableitet: Regelmäßig werden die „lufttüchtigen“ Flugzeuge im Sammlungsbestand auf nationalen und internationalen Flugschauen vorgeführt.

 

Einseitige Würdigung

Erforschen, Sammeln, Bewahren, Interpretieren, Ausstellen des materiellen und immateriellen Erbes im Dienst der Gesellschaft – so benennt die Museumsdefinition des International Council of Museums (ICOM) von 2022 die Aufgaben der Institution „Museum“. Die Aspekte Erforschung und Interpretation des Erbes finden im zitierten Mission Statement des Messerschmitt-Museums keine Erwähnung. Dennoch offeriert der Internetauftritt neben technischen Leistungsparametern und Nutzungsphasen der jeweiligen Exponate unter dem Punkt „Wissenwertes“ kurze technikgeschichtliche Texte zur Entwicklung der Flugzeugmuster. Der politische und militärische Kontext der technischen Entwicklungsgeschichte ist in diesen Texten ausgeblendet, obwohl die Geschichte des Nationalsozialismus, der Luftwaffe und der Luftrüstung im „Dritten Reich“ zweifellos zum luftfahrthistorischen Erbe Willy Messerschmitts gehört. Das Andenken an den Flugingenieur und Unternehmer ist, wenn man diesen ebenso wissenswerten Teil der Geschichte ausklammert, eine selektive, inhaltlich einseitige und infolgedessen verzerrte Würdigung der historischen Persönlichkeit.

 

Bisherige Aufarbeitungsbemühungen der Museumsträger

Das Museum bleibt in seiner Selbstdarstellung mit diesem exklusiv technikgeschichtlichen Ansatz hinter den bislang erfolgten Aufarbeitungsbemühungen seiner Trägerinstitutionen zurück. Die von der Messerschmitt Stiftung finanzierte Studie „Willy Messerschmitt. Zwölf Jahre Flugzeugbau im Führerstaat“ des Historikers Martin Pabst aus dem Jahr 2007 unternahm den Versuch, „dessen politisches Verhalten in der NS-Zeit auf einer möglichst breiten Quellengrundlage darzustellen und zu bewerten.“ Für Pabst standen dabei „technikgeschichtliche Aspekte […] nicht im Vordergrund“, da „bereits eine umfangreiche Fachliteratur vorhanden“ sei.[1] Die DaimlerChrysler AG als Mutterkonzern eines der Ursprungsunternehmen der heutigen Airbus Group ist ein Gründungsmitglied der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft. Die Initiative stellte zusammen mit der deutschen Bundesregierung das Vermögen der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ zur Verfügung, deren Auftrag es ist, „die Erinnerung an das Unrecht der nationalsozialistischen Verfolgung lebendig zu halten und sich für Menschenrechte und Völkerverständigung einzusetzen.“

 

Gesellschaftliche Aufarbeitung

Messerschmitts fliegendes Museum ist ein privatwirtschaftlich unterhaltenes Firmenmuseum. Es ist den Trägern selbst überlassen, sich „im Dienst der Gesellschaft“, wie es die ICOM-Museumsdefinition nahelegt, einzubringen. Dass es ein öffentliches Interesse an der historischen Figur Willy Messerschmitt gibt, zeigen zum Beispiel die jahrzehntelangen Diskussionen um Straßenumbenennungen, zuletzt in Taufkirchen bei München. Dort scheiterte im Sommer 2023 zum zweiten Mal ein Antrag der Grünen im Gemeinderat auf Umbenennung der Willy-Messerschmitt-Straße. In der Folge sollten allerdings an den Straßenschildern Hinweistafeln mit Erläuterungen zum Namensgeber angebracht werden. Studierende der Technischen Universität München (TUM) hatten im selben Zeitraum öffentlichkeitswirksam gegen die Ehrung von NS-Persönlichkeiten an ihrer Hochschule protestiert. Die TUM entfernte schließlich 2024 auf Basis der Empfehlungen einer vom Präsidium ernannten Expertenkommission auch die Benennung des „Willy-Messerschmitt Zeichensaal“ auf dem Campus Garching. In Augsburg bemüht sich seit Jahren eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Initiativen und Vereine um die Aufarbeitung des „Messerschmitt-Komplexes“ ihrer Stadt. Am Augsburger Standort eines ehemaligen Außenlagers des KZ Dachau entstand Ende 2023 durch ihr Engagement der Lern- und Erinnerungsort „Halle 116“. Die ehemalige Fahrzeughalle einer Luftwaffenkaserne konnte vor dem Abriss bewahrt werden, muss aber wegen Einsturzgefahr dringend saniert werden.

 

Differenzierter Umgang mit dem Erbe Messerschmitts

Die Messerschmitt Stiftung ist abseits vom Flugmuseum in Manching in der Denkmalpflege aktiv und bezeichnet sich selbst als die „größte private Denkmalschutzstiftung in Deutschland.“ Sie sieht es unter anderem als ihre Aufgabe an, „deutsche Kunst- und Kulturdenkmäler im In- und Ausland zu pflegen und zu erhalten“. Beispielsweise erwarb die Stiftung 1995 das im Verfall befindliche Schloss Meseberg nördlich von Berlin. Nach der denkmalgerechten Restaurierung (Kosten: 25 Millionen Euro) überließ sie es 2007 zunächst für 20 Jahre zum symbolischen Mietpreis von einem Euro der Bundesregierung als Gästehaus. Seitdem finden dort regelmäßig Staatsempfänge und auch die Klausurtagungen der Bundesregierung statt. Die Airbus Defence and Space GmbH stattet die Bundeswehr zuverlässig mit Militärflugzeugen wie dem Airbus A400M oder dem Eurofighter Typhoon aus. Der Bund hält einen Anteil von rund 11 Prozent am Aktien-Unternehmen. Die staatsnahen Aktivitäten der Träger des Flugmuseums Messerschmitt zeigen, dass ihnen ein Engagement in Sinne öffentlicher Belange durchaus etwas wert ist. An den finanziellen Ressourcen für einen differenzierten erinnerungskulturellen Umgang mit dem luftfahrthistorischen Erbe Willy Messerschmitts am Standort Manching dürfte es nicht fehlen. Auch nicht an Fachexpertise und am historischen Wissen: Der Historiker Lutz Budrass erforscht seit Jahrzehnten kritisch und akribisch die deutsche Luftrüstung im Zweiten Weltkrieg.[2] Eine den historisch-politischen Kontext berücksichtigende Technikgeschichte im Flugmuseum Messerschmitt könnte ein eindrückliches Zeugnis von Verantwortungsbewusstsein und Glaubwürdigkeit der Trägerinstitutionen sein. Museen „arbeiten und kommunizieren ethisch“, heißt es nicht zuletzt in der ICOM-Museumsdefinition.

 


[1] Martin Pabst, Willy Messerschmitt. Zwölf Jahre Flugzeugbau im Führerstaat, Oberhaching 2007, S. 13.
[2] Siehe grundlegend Lutz Budraß, Flugzeugindustrie und Luftrüstung in Deutschland 1918-1945, Düsseldorf 1998; Lutz Budrass, Das Verbot der deutschen Luftfahrtindustrie und die Erfindung ihrer Geschichte, 1945 bis 1953, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte (ZUG), 63 (2018) 1, S. 117-151.

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Zitation

Stephan Horn, Messerschmitts fliegendes Museum . Eine kritische Anmerkung, in: Zeitgeschichte-online, , URL: https://zeitgeschichte-online.de/themen/messerschmitts-fliegendes-museum