von Anna Russ

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1. Oktober 2009

Mit den Schlagworten „Sozialistischer Realismus“ und „Weltsprache Abstraktion“ wird üblicherweise die Kunstgeschichte der DDR bzw. die der Bundesrepublik in den Zeiten des Kalten Krieges dargestellt.
Die Ausstellung „Kunst und Kalter Krieg. Deutsche Positionen 1945 bis 1989“ zeigt, dass die Kunstproduktion in beiden deutschen Staaten eine weitaus komplexere Betrachtung verdient.
Die vom Los Angeles County Museum (LACMA) organisierte Ausstellung präsentiert über 300 Kunstwerke von 120 Künstlern aus der Bundesrepublik und der DDR. Darunter Malerei, Installation, Video, Fotografie, Skulptur und Arbeiten auf Papier.
Interessante Querverbindungen, Berührungspunkte und Zeitgenossenschaften zwischen Ost und West werden deutlich. Zahlreiche Arbeiten widersetzen sich einer einfachen Einordnung in die beiden Kunstgeschichten.
Ein populäres Beispiel ist das Bild „Der Übergang“ des Malers A.R. Penck. Das 1963 in Dresden entstandene Bild zeigt ein verkohltes Strichmännchen auf einer brennenden Brücke. Über einem tiefen Abgrund balanciert es von West nach Ost. 17 Jahre später ging A.R. Penck selbst in den Westen. Die Ausstellung stellt Themen dar, mit denen sich deutsche Künstler nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigt haben. Die sorgfältige Auswahl der Objekte macht eine differenziertere Analyse möglich, wie sich Zeitgeschichte in den künstlerischen Werken niederschlägt.
Die internationalen politischen Ereignisse des Kalten Krieges wie etwa die Kubakrise und der Vietnamkrieg finden wenig Beachtung in den ausgestellten Werken. Die Arbeiten konzentrierten sich hauptsächlich auf die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte.
In düsteren Zeichnungen skizziert etwa Wilhelm Rudolph 1945 das Stadtbild von Dresden kurz nach seiner Zerstörung. Wolf Vostells Objektmontage „Ausschwitz-Scheinwerfer“ (1958) und Gerhard Richters Fotografie „Onkel Rudi“(1965) kritisieren den deutschen Umgang mit der NS-Vergangenheit. Die Videoarbeit „Das Schleyerband“ (1977/78) von Klaus vom Bruch problematisiert die RAF Medienberichterstattung. Sybille Bergemanns Fotographien zur Entstehung des Marx-Engels-Denkmals in Berlin von 1986 kündigen das Ende der DDR an.
Insgesamt zeigt die Ausstellung viele herausragende Kunstwerke. Auswahl und Präsentation sowie der sehr zu empfehlende Katalog gewähren vergleichende Einblicke in die Kunstgeschichten beider deutscher Staaten.