von Robert Heinze

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1. Juni 2010

1959, ein Jahr vor Harold Macmillans berühmter ‚Wind of Change‘-Rede und der großen Welle der Dekolonisierung verfasste Frantz Fanon, einer der bedeutendsten Theoretiker des antikolonialen Kampfes, einen Essay über die Rolle des Radios in der algerischen Revolution. Nach Fanon hatte der Einsatz des Mediums im antikolonialen Kampf eine wesentliche Wendung herbeigeführt. Hatte der koloniale Rundfunk vor allem der Bindung der Siedler ans Mutterland gedient und die algerische Bevölkerung mit Misstrauen erfüllt, änderte die Nutzung des Radios durch die FLN seine Rolle radikal:  

„Seit 1956 ist das Radio für den Algerier das bevorzugte Mittel, mit der Revolution in Verbindung zu treten, mit ihr zu leben. […] Die algerische Gesellschaft beschließt, indem sie aus dem Radio ein Mittel des Widerstands gegen den ins Ungeheure wachsenden psychologischen und militärischen Druck des Okkupanten macht, die neue Technik zu übernehmen und damit einzutreten in die neuen Systeme der Zeichengebung, die die Revolution hervorgebracht hat.“[1]

Das Radio ist seitdem in vielen Regionen der Welt zu einem Symbol des nationalen Befreiungskampfes geworden. Einzelne nationalistische Sender wie das Radio Cairo oder der Sender des ‚African National Congress‘ (ANC), Radio Freedom, erlangten enorme Berühmtheit. Noch in den 1980er-Jahren ließen sich nationalistische Guerilleros mit dem Transistorradio am Ohr fotografieren.[2]

Der Rundfunk war zwar das wichtigste Medium der Befreiungsbewegungen in Afrika, aber bei weitem nicht das einzige. Plakate, Flugblätter, Broschüren, Zeitungen, Zeitschriften und Bücher wurden von den nationalistischen Parteien verbreitet; Guerillas produzierten das Propagandamaterial im Exil und schmuggelten es (meist unter kräftiger Mithilfe der lokalen Bevölkerung) ins Land. Die antikoloniale Propaganda drang überall in die Kolonien ein, und alle Versuche der Kolonialverwaltungen oder radikaler Siedlerregimes, die Flut von Publikationen, Nachrichten und Kommentaren zu stoppen, halfen nichts. Ließen sie Plakate abreißen, hingen am nächsten Tag neue an derselben Stelle. Notfalls wurden Transparente oder Plakate selbst gemalt, T-Shirts umgestaltet, oder abends heimlich unter der Bettdecke das Transistorradio auf den antikolonialen Sender eingestellt. Flugblätter, Zeitungen und Broschüren wurden ins Land geschmuggelt, versteckt, verteilt, vorgelesen und Nachrichten ebenso wie Gerüchte von Mund zu Mund weitergetragen. Zusätzlich zielte die Propaganda nicht nur auf die Bevölkerungen der jeweils zu befreienden ‚Nation‘, sondern meist auch auf eine internationale Öffentlichkeit, die auf die skandalöse Unterdrückung durch die Kolonialmächte aufmerksam gemacht werden sollte.

Der (großenteils westlich bestimmte) Diskurs über Medien in afrikanischen Staaten unterlag in den letzten 50 Jahren ähnlichen Konjunkturen wie die Diskussion über die politischen und sozialen Verhältnisse in ‚Afrika‘ generell: Stand am Beginn die Kritik an der repressiven (Medien-)politik der Kolonialmächte, folgte nach der Dekolonisierung die Euphorie über die neu gewonnene Freiheit, ‚majority rule‘, Demokratie – und damit auch die Liberalisierung der Medien. Afrika, so hieß es im Westen, sei ein aufstrebender Kontinent; ausgehend von ehemaligen Kolonien wie Ghana und Sambia würden sich Demokratie und industrieller Wohlstand ausbreiten. Dahinter stand ein lineares Verständnis von Modernisierung, als deren Endpunkt die sozialen Verhältnisse im kapitalistisch-fordistisch gepägten Westen gesehen wurden – ähnlich linear, nur durch das Ziel unterschieden, sahen die sozialistischen Staaten die Entwicklung ‚Afrikas‘. Die Hoffnungen wurden bald enttäuscht, und auch die Medien schienen im Zuge des Niedergangs der neu etablierten Demokratien zu autoritären Ein-Parteien-Staaten stärker unter Kontrolle des Staates gekommen und Korruption, Ausschaltung kritischer Stimmen und Zensur alltäglich geworden zu sein. Der Enttäuschung folgte dann im Zuge der sogenannten ‚Second Wave of Democracy‘, in der in wenigen Jahren um 1990 herum viele der schlimmsten Diktaturen fielen, eine Renaissance auch der demokratischen, unabhängigen Medien, als viele afrikanische Staaten ihre Mediengesetzgebung liberalisierten. Und wieder scheint ein Niedergang gefolgt zu sein und es wird über Korruption und Zensur gesprochen.  

Soweit das Narrativ. Wagt man eine genauere Analyse, so muss diese Erzählung allerdings an mehreren entscheidenden Stellen in Frage gestellt werden. Insbesondere eine Untersuchung der Widersprüchlichkeit der kolonialen Medienpolitiken, die keineswegs auf einen einseitigen Prozess der ideologischen Kontrolle reduziert werden können, sowie der Konflikthaftigkeit der postkolonialen Nationalisierungsprozesse in afrikanischen Staaten zeigt die Bruchstellen in der ‚Großen Erzählung‘ vom postkolonialen Aufstieg und Niedergang Afrikas. Im Folgenden soll daher zunächst die Entwicklung moderner Massenmedien für ein afrikanisches Publikum in der Zeit des Spätkolonialismus betrachtet werden, sodann die Rolle der Medien in den Dekolonisierungsprozessen und im sogenannten ‚nation building‘ nach der Unabhängigkeit untersucht werden.

 

Kolonialer Machterhalt und Mobilisierung für den Krieg

Mit der Nutzung der Massenmedien für die antikoloniale Mobilisierung in den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts trat das ein, wovor sich die Kolonialmächte gefürchtet hatten. Die Gefahr, dass über die Medien alternative Sichtweisen auf die koloniale Situation verbreitet und die von den Kolonialherren selbst propagierte Darstellung dieser Situation hinterfragt werden könnte, hatte sie lange zögern lassen, Massenmedien für die afrikanische Bevölkerung zu öffnen. Zwar gab es vor allem in den Kolonien, in denen sich eine signifikante Anzahl europäischer Siedler niederließ,[3] schon früh eine privatwirtschaftlich organisierte Presse, doch die wurde von Siedlern für Siedler produziert. Sie bereitete den Kolonialverwaltungen allerdings oft Kopfzerbrechen, denn die Siedlerpresse war durchaus kritisch gegenüber den Verwaltungen, wenn auch aus einer eher konservativen bis reaktionären Perspektive.[4]

Anders verhielt es sich mit dem Radio: in den britischen und französischen Kolonien in Afrika blieb es stark unter Kontrolle des Staates, lange Zeit erreichten sowieso nur die Kurzwellen des BBC Empire Service oder von Radio Dakar britische und französische Siedler in Afrika. Die ersten auf dem Kontinent eingerichteten Stationen verbreiteten zunächst vor allem das Programm der BBC.[5] In den portugiesischen Kolonien und Belgisch Kongo wurde der Rundfunk großenteils von Radioamateuren bestritten, wenn auch einige Stationen großzügig vom portugiesischen Staat finanziert waren.[6] Diese Sender dienten primär der Bindung der europäischen Siedler an das jeweilige Mutterland; sie übertrugen klassische Musik, leichte Unterhaltung und Nachrichten aus der Metropole.  

Lange Zeit hatten Kolonialverwaltungen und Siedlervertretungen die Meinung gepflegt, Afrikaner seien „nicht reif“ für moderne Massenmedien. Erst als klar wurde, dass durch das völlige Fehlen regierungseigener Medien, die auf Afrikaner zielten, eine Lücke entstand, die von anderen, alternativen Ideologien gefüllt werden konnte, reagierten die Beamten. So gaben die Behörden beispielsweise in Sambia die erste Zeitung in einheimischen Sprachen heraus, nachdem festgestellt worden war, dass Broschüren der ‚Watchtower Bible and Tract Society‘, einer Organisation der Zeugen Jehovas, unter den Afrikanern in der Kolonie zirkulierten.[7] Ähnlich verhielt es sich mit dem Rundfunk: Alternative Ideologien konnten über Ätherwellen noch wesentlich leichter grenzüberschreitend verbreitet werden. Nach ersten Experimenten in Palästina und Uganda kamen die Gouverneure der britischen Kolonien in Ostafrika auf einer Konferenz 1938 zu dem Schluss: „There can be no question that the need is growing daily for some effective means of disseminating to the peoples of East Africa broadcasts which would entertain and instruct and, as may be necessary in the future, neutralize propaganda of foreign origin.“[8] Auch im Bereich des Films befürchteten britische Autoritäten die Unterminierung ihres Herrschaftsanspruchs und der Moral in den Kolonien durch die Filme aus Hollywood „because of the unsavoury image of the white race that was being projected.“[9] Der Hintergrund dieser Befürchtung war, dass vor allem in den Minengebieten seit Ende der 1920er-Jahre Filme für Wanderarbeiter gezeigt wurden; besonders amerikanische Western waren sehr beliebt beim afrikanischen Publikum.[10] Die kolonialen Autoritäten reagierten mit strikter Zensur;[11] da jedoch auf das Unterhaltungsangebot der Kinos nicht verzichtet werden konnte, mussten eigene Filme produziert werden, die ein passenderes Bild des Weißen Mannes (und der Weißen Frau) zeichneten. Von Beginn an stand so die (Gegen-)Propaganda im Fokus der Medienpolitik in den Kolonien.

Doch erst mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde die Notwendigkeit, die afrikanische Bevölkerung mittels Massenmedien zu erreichen, akut. Sowohl die britische Kolonialverwaltung als auch die Exilregierung des „Freien Frankreich“ zogen ihre kolonialen Untertanen in die Armeen ein – selbst Zwangsrekrutierungen waren keine Seltenheit.[12] Dennoch mussten die afrikanischen Soldaten davon überzeugt werden, dass der Krieg, in dem sie kämpften, der gerechten Sache diente. Die zentralen Ziele der Kriegspropaganda in den Kolonien waren daher die Stärkung der Loyalität zur Metropole, der Glaube an den Sieg der Alliierten und die Vermittlung der Überzeugung, dass dieser Sieg im Interesse der kolonialen Untertanen sei. So schrieb beispielsweise eine katholische Zeitschrift in der französischen Kolonie Elfenbeinküste (heute Côte d' Ivoire): „In deiner khakifarbenen Uniform, dem Abbild der staubigen Savanne, wirst du zum Verteidiger Frankreichs. [...] Versprich mir, mein kleiner Schwarzer, mein kleiner Christ, dass du keine Angst haben wirst. Frankreich zählt auf dich. Du kämpfst für das edelste Land der Welt.“[13] Plakate stellten Afrikaner und Asiaten als Kämpfer neben den Weißen Soldaten dar – wenn auch nie gleichberechtigt. In Westafrika verteilten die britischen Verwaltungen Broschüren, die die Schrecken heraufbeschworen, die eine Herrschaft der Nationalsozialisten bedeuten würde: „Partners with Britain – Slaves under Hitler.“[14] Genau diese Propaganda, die die Kolonialmacht zur Verteidigerin der Freiheit erklärte, nahmen politische Gruppen nach 1945 beim Wort und forderten die Freiheit, für die sie gekämpft hatten, auch für sich ein.  

Der Rundfunk eignete sich nicht nur zur Mobilisierung und Rekrutierung der Soldaten besonders, sondern auch, um die Bevölkerung in den Kolonien insgesamt ruhig zu halten. In Nairobi wurde 1941 eine Radiostation eingerichtet, die die britischen Kolonialtruppen ‚King‘s African Rifles‘ (KAR) in Kikuyu, Kiswahili, Dhoulou, Chinyanja und Chibemba mit Nachrichten aus der Heimat versorgte. Ein besonderer Dienst ermöglichte ‚Two-way-Broadcasts‘, zu denen Soldaten und ihre Angehörigen in die jeweiligen Studios gebracht wurden und Nachrichten austauschen konnten, bei stündlichem Senderwechsel.[15] Im Verlauf des Krieges kamen weitere Sender und Sprachen hinzu; auch Radio Colombo im heutigen Sri Lanka strahlte Sendungen in Kiswahili und Chinyanja aus. Ähnliche Programme mit Musik und Nachrichten an die Familien organisierte die französische Armee in den Fünfzigerjahren für die in Indochina eingesetzten ‚Tiralleurs Sénégalais‘.[16]

Die afrikanischen Soldaten wurden zudem mit Zeitungen in verschiedenen Sprachen versorgt. Auch diese publizierten vor allem Nachrichten aus der Heimat – und erreichten damit auch die Soldaten des KAR, die sich in Asien im Einsatz befanden. Die Zeitungen informierten durch „ethnographische Berichte, Bilderserien und insbesondere Karten“[17] über das jeweilige Einsatzgebiet. Allerdings duldeten sie in den Leserbriefspalten auch Debatten, in denen afrikanische Soldaten mit kritischen Meinungen z. B. zu Aufstiegschancen, Sold oder Demobilisierung zu Wort kamen – wenn auch letzen Endes den Briefen, die eher die Meinung der Militärführung widerspiegelten, mehr Raum zugestanden wurde.[18]

Auch im Bereich des Films sorgte der Krieg für einen Produktionsschub. Bis in die 1930er-Jahre hinein hatten die kolonialen Autoritäten sich großenteils auf Zensur beschränkt; nur einige Institutionen hatten einzelne Lehrfilme produziert.[19] Doch die Entwicklung des Kinos in den urbanisierten Regionen der Kolonien trieb die Pläne vorwärts. Das Kino war in einigen Gegenden so beliebt, dass es nicht mehr möglich war, es zu verbieten, zumal die Schwarze Arbeiterschaft in den urbanisierten Minengebieten bereits bewiesen hatte, dass sie große Streiks durchführen konnte: „The provision of ‚suitable‘ films was seen as a ‚burning problem‘.“[20] Dennoch sorgte erst der Propagandaaufwand der britischen Armee für eine Ausweitung der Produktion verschiedener Lehr- und Unterhaltungsfilme. Filme in den Kolonien zeigten während des Zweiten Weltkrieges Bilder von den Kriegsschauplätzen, an denen die Soldaten eingesetzt waren, und sie zeigten diese als Mitkämpfer in einer siegreichen Armee. Oft wurden die Filme in einen weitergehenden medialen Kontext eingebettet, in ein Rahmenprogramm, in dem auch gemeinsam Radio gehört und Broschüren verteilt wurden.[21] Für alle von der Kolonialverwaltung produzierten Medien galt letztlich, was der sambische Medienwissenschaftler Mann Sichalwe für das Radio formulierte:  

„What was happening in Northern Rhodesia was that the administration had got to the point of starting an official government broadcasting station not to enlighten, educate, or entertain, but for what was a political and administrative purpose; to broadcast news and refute rumours during a national emergency, in this case, the Second World War.“[22]

 

Modernisierungsversprechen und alternative Angebote

Trotz dieses kriegsbedingten Schubs an medialen Produkten stagnierte die Entwicklung nach 1945. Die Radiosender reduzierten ihre Reichweite und ihr Programm wieder, Filme wurden nicht mehr produziert (vor allem wegen des finanziellen Aufwands und weil die Behörden von der Effektivität der Lehrfilme nicht überzeugt waren[23]), und die Anzahl der Zeitschriften in afrikanischen Sprachen fiel wieder auf Vorkriegsniveau. Unruhen und Streiks afrikanischer Arbeiter in urbanisierten und industrialisierten Gegenden in den 1940er-Jahren zeigten den Kolonialverwaltungen allerdings weiter die Notwendigkeit, medial auf die kolonialen Untertanen einzuwirken. Die Nützlichkeit besonders des Radios zur Kommunikation mit den Streikenden und zur Pazifizierung hatte sich bereits 1926 in England gezeigt, als die BBC eine wichtige Rolle in der „preservation of law and order“[24] übernommen hatte. In der Nachkriegszeit verfolgten sie daher weiter Pläne zur Einrichtung kolonialer Rundfunkstationen, die sich an die afrikanische Bevölkerungsmehrheit richteten. Ein wesentliches Hindernis bestand allerdings darin, dass Empfangsapparate besonders auf dem Land spärlich gesät waren. In den compounds experimentierten Minengesellschaften mit Drahtfunksystemen, doch um auch die Landbevölkerung zu erreichen, waren technische Neuerungen nötig. Erst als die Empfangsgeräte mit der Entwicklung des ersten preiswerten batteriebetriebenen Radios, des sogenannten ‚Saucepan Special‘[25], unabhängig von der Stromversorgung wurden, konnte der Siegeszug des Radios durch den afrikanischen Kontinent beginnen. Obwohl das ‚Saucepan Special‘ mit 5£ immer noch relativ teuer war für afrikanische Familien, deren Durchschnittseinkommen in den britischen Kolonien ca. 1£ in der Woche betrug, verkauften sich die Radios schnell. Zwar blieben die Verkaufszahlen relativ zur Bevölkerungszahl gering, doch wurden die Geräte nicht nur von einer Person oder Familie genutzt; sowohl in den compounds als auch auf dem Land war gemeinsames Hören an der Tagesordnung, sodass das Radio sich im Lauf der 1950er-Jahre zunächst in Zentralafrika, Kenia und Tansania, später auch in den französischen Kolonien in Westafrika rasch als wichtigstes Massenmedium etablierte.  

Der Zweite Weltkrieg brachte auch eine andere Entwicklung im Bereich des Radios mit sich. Bereits in den 1930er-Jahren hatten exilierte deutsche Kommunisten aus Frankreich und der Sowjetunion in das Deutsche Reich hineingesendet; im Verlauf des Krieges bedienten sich alle Kriegsparteien offener wie klandestiner Propagandasender. Mit Beginn des Kalten Krieges erweiterte sich der Schauplatz der Ätherschlacht auf den gesamten Globus. Der mögliche Einfluss von Radio Moskau auf die Bevölkerungen in den Kolonien wurde zum Schreckbild der Kolonialherren – auch wenn es in der Realität eher ein kaum gehörter Papiertiger war. Das Radio wurde zudem als nützliches und unaufwendiges Instrument gesehen, um „the discussions of educated Africans turning rapidly to subversive and anti-governmental ideas“[26] entgegenzuwirken. Da Pläne, die in die Kolonien gelieferten Geräte auf den jeweiligen offiziellen Sender voreinzustellen, jedoch verworfen worden waren,[27] lieferte man den Untertanen gleichzeitig das Mittel, ihr Radio auf antikoloniale Propaganda aus Moskau oder Kairo einzustellen. Dementsprechend mussten eigene Programme aufgebaut werden, die attraktiv genug waren, um die Hörer zu binden.  

In den 1950er- und 60er-Jahren wurden insbesondere das Kino und das Radio zum Ausdruck der Modernisierung in afrikanischen Kolonien, zu Statussymbolen einer aufsteigenden, gebildeten afrikanischen Mittelschicht und zu Unterhaltungsangeboten für die Arbeiter in den Minencompounds. Wie Debra Spitulnik bemerkte: „The social place of radio as a technology depends upon ways in which the technology itself embodies ideologies of status and modernity.“[28] Die Kolonialverwaltung in Nordrhodesien war Vorreiterin nicht nur in der Verbreitung dieser Massenmedien, sondern auch in der Integration von afrikanischen Mitarbeitern in den Rundfunk. Die 1949 in Lusaka gegründete Central African Broadcasting Station (CABS) war die erste „fully fledged station broadcasting exclusively to Africans.“[29] Der Sender war enorm beliebt, da er sich schnell, ähnlich wie die BBC, den Ruf erarbeitete, unabhängig und neutral zu berichten. Zu der Beliebtheit trug ebenso bei, dass die CABS Afrikaner als Moderatoren und Journalisten einstellte und ausbildete, die vor allem Kultur- und Musikprogramme gestalteten. Rasch entwickelten sie neue Formen eigenständiger Hörspiele und Musikproduktionen, indem sie auf regionale indigene Erzähl- und Musiktraditionen zurückgriffen. Die Jahre von 1949 bis 1953, als die CABS in der Federation of the Rhodesias and Nyasaland unter die Kontrolle des Siedlerregimes geriet, das wesentlich restriktiver mit dem „Broadcasting for Africans“ umging, werden bis heute als „the golden years of African Broadcasting in Northern Rhodesia“[30] beschrieben. Nach dem Vorbild der CABS, die enorme Beliebtheit bei den afrikanischen Hörern mit zuverlässiger Regierungspropaganda verbanden,[31] wurden Rundfunksender in anderen britischen Kolonien strukturiert. Die französische Kolonialmacht jedoch, die mit einem staatseigenen Rundfunksystem auf eine gänzlich andere Tradition zurückgriff, zentralisierte alle kolonialen Stationen 1956 in der ‚Société de Radiodiffusion de la France d‘Outremer‘ (SORAFOM), einem staatseigenen Unternehmen für Aufbau und Organisation von Radiostationen in Afrika. Unter diesem Dach begann allerdings Mitte der 1950er-Jahre ein groß angelegtes Ausbildungsprogramm für afrikanische Rundfunkmitarbeiter an der Studio École in Paris.[32]

Die verstärkten Anstrengungen der Kolonialmächte in den 1950er-Jahren, die afrikanische Mehrheit in den Territorien mittels der Massenmedien anzusprechen, waren großenteils der Erkenntnis geschuldet, dass die Unabhängigkeit der Kolonien nicht mehr aufzuhalten war. Insbesondere im Bereich des Rundfunks können die von den Verwaltungen unternommenen Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur, zur Ausbildung und Einbindung von afrikanischen Rundfunkmachern auf allen Ebenen – Technik, Moderation, Recherche, Aufnahme, Management – unter anderem darauf zurückgeführt werden, dass sich sowohl Großbritannien als auch Frankreich Einflussmöglichkeiten für die Zeit nach der Unabhängigkeit sichern wollten. So betrieb die BBC ein groß angelegtes Ausbildungsprogramm, in dessen Rahmen einerseits afrikanische Journalisten für mehrere Monate im ‚Bush House‘, dem BBC-Gebäude in London, in Moderation, Recherche und Technik ausgebildet wurden, andererseits auch BBC-Ausbilder in die Studios der kolonialen Radios geschickt wurden. Dabei hielt die Abteilung ‚External Broadcasting‘ in der BBC ständig Kontakt mit den BBC-Technikern und Ausbildern, die zur Aufbauhilfe in den Kolonien waren. Sie ließen sich vor allem über mögliche afrikanische Kandidaten für Führungspositionen sowie die politischen Entwicklungen in den afrikanischen Parteien informieren. Nach der Unabhängigkeit Tanganyikas, Kenias oder Sambias suchten sie den Kontakt soweit als möglich aufrechtzuerhalten; die Ausbildungsangebote blieben bestehen, und ‚External Broadcasting‘ blieb weiterhin in regem Kontakt mit den neuen Sendern. Frankreich reagierte auf die Unabhängigkeitsbestrebungen mit einer noch stärkeren Zentralisierung; mit der Umstrukturierung der SORAFOM zur ‚Office de Radiodiffusion-Télévision Française‘ (ORTF) 1969 wurden alle Sender in den verbleibenden Kolonien mit dem Rundfunk im Mutterland verbunden. Die unabhängigen Staaten erbten Rundfunkstrukturen nach den Vorbildern der Mutterländer: Die ehemals englischen Kolonien (zumindest formell) öffentlich-rechtliche Stationen ähnlich der BBC, die ehemals französischen zentralisierte, staatsnahe Sender. Dies sollte sich allerdings bald nach der Unabhängigkeit ändern.  

Die Zeitschrift „Nshila“ (Der Weg), hg. v. der Informationsabteilung der nordrhodesischen Kolonialregierung, bildete das Modernisierungsversprechen des spätkolonialen Systems ab.

Während die Rundfunksender vor der Unabhängigkeit meist unter Kontrolle der Kolonial- bzw. Siedlerregierungen standen, differenzierte sich der privatisierte Zeitschriftenmarkt in den 1950er-Jahren aus, wenn auch in den meisten Kolonien auf Grund der relativ kleinen Absatzmärkte in gewissen Grenzen. Die gebildete afrikanische Mittelschicht verlangte nach eigenen Presseerzeugnissen, und bald erkannten Verlage die Möglichkeiten, die dieses Zielpublikum bot. Die in Südafrika publizierte Zeitschrift Drum ist das bekannteste Beispiel für eine Presse, die das kulturelle Selbstbewusstsein der aufsteigenden afrikanischen Mittelschicht ausdrückte. Die Zeitschrift wurde in den meisten britischen Kolonien ebenfalls viel gelesen. Koloniale ‚Information Departments‘ versuchten, an diesen Erfolg anzuschließen, und publizierten ähnliche Magazine, teilweise in den indigenen Sprachen gedruckt, die ‚den modernen Afrikaner‘ ansprechen sollten und das Versprechen der spätkolonialen Systeme abbildeten, Afrika und ‚die Afrikaner‘ in die Moderne zu führen. Liberale Verleger hatten schon vor dem Zweiten Weltkrieg in den britischen Kolonien in Westafrika damit begonnen, Zeitungen für ein afrikanisches Publikum zu veröffentlichen; einer der ersten afrikanischen Redakteure wurde Nnamdi Azikiwe, der spätere erste Staatspräsident des unabhängigen Nigeria, der 1937 schließlich den ersten Zeitungsverlag in Westafrika, Zik Press Ltd., gründete und Ende der 1940er-Jahre vier Zeitungen herausgab. Obwohl die französische Kolonialverwaltung in Westafrika versuchte, afrikanische Zeitungsgründungen zu verhindern, waren schon in den 1920er-Jahren in Benin zwei solcher Zeitungen entstanden; noch mehr tauchten, wenn auch nur für kurze Zeit, in Côte d‘Ivoire und im Senegal auf, als die Senegalesen das erste Mal Vertreter ins französische Parlament wählen durften.  

Nach dem Krieg begann in Westafrika der Markt an Zeitschriften aus afrikanischer Produktion zu florieren. Die Action Group, eine der ersten afrikanischen politischen Parteien in den britischen Kolonien, begann bereits kurz nach ihrer Gründung 1951 mit der Publikation einer Parteizeitung, dem Daily Service. Am Ende des Jahrzehnts besaß sie bereits einen Verlag, die Allied Press Ltd., und publizierte fünf Zeitungen in allen Regionen Nigerias. Wie die Action Group entwickelten sich in dieser Zeit viele nationalistische Parteien in den Kolonien aus Kulturvereinen, die in den 1940er-Jahren überall gegründet worden waren. Im Südlichen Afrika dominierten zwar britische Verlagshäuser den Zeitungsmarkt, doch begannen sie, sich mit eigenen Publikationen an eine afrikanische Leserschaft zu richten. Sie bildeten mit ihrer liberalen Ausrichtung und kritischen Haltung gegenüber den Siedlerregierungen ein Gegengewicht gegen die von Siedlerinteressen dominierten einheimischen Verlage, vor allem gegen die südafrikanisch-rhodesische Argus Group.  

Die 1950er-Jahre waren politisch wie medial ein Jahrzehnt des Aufbruchs. Viele Beobachter in Europa und Nordamerika sahen die Kolonien auf dem Weg in die Moderne, unabhängig oder nicht. Der urbanisierte und industrialisierte sambische Kupfergürtel schien ihnen Ausgangspunkt dieses Modernisierungsprozesses und gleichzeitig ein Labor, in dem sich dieser verdichtet vollzog. Massenmedien waren wesentlicher Teil des kolonialen Modernisierungsversprechens; doch je weiter sie sich verbreiteten, je mehr Akteure an Produktion wie Rezeption beteiligt waren, desto weniger waren sie kontrollierbar. Im Verlauf des Jahrzehnts wurden Empfangsgeräte technisch verbessert und erschwinglich für immer breitere Bevölkerungsschichten, und je mehr die Kolonialmächte ihre Untertanen zu erreichen suchten, desto mehr alternative Information wurde verfügbar. Radiogeräte konnten auf unerwünschte Sender eingestellt, Zeitungsnachrichten kritisch verglichen, eigene Zeitungen, Broschüren oder Flugblätter publiziert werden. Je mehr der politische Druck auf die Kolonialverwaltungen durch die nationalistischen Parteien wuchs, und je mehr afrikanische Länder unabhängig wurden, desto mehr Möglichkeiten zur Veröffentlichung konnten die Nationalisten damit erwirken – bis hin zum teilweisen Zugang zum Rundfunkprogramm – was ihnen wiederum ermöglichte, den Druck zu erhöhen. Die sambische ‚United National Independence Party‘ (UNIP) beispielsweise hatte es im Vorfeld der ersten Wahlen im damaligen Nordrhodesien 1962 erreicht, dass die ‚Federal Broadcasting Corporation‘ (FBC) ihr Sendezeit für Wahlkampfspots zur Verfügung stellte. Unzufrieden, weil die UNIP wesentlich weniger Sendezeit bekam als die Siedlerparteien, und ebenso mit der strengen Zensur, griffen die nationalistischen Politiker auf die ‚External Services‘ im gerade unabhängigen Tanganyika zurück, von wo aus sie nun täglich eine Stunde senden konnten. Zudem verfügten die Parteien mit wachsenden Mitgliederzahlen und finanzieller wie materieller Unterstützung von außen über Druckereien und Aufnahmeausrüstung.

Allerdings spielte gerade der Rundfunk nicht nur eine wesentliche Rolle in der politischen Kommunikation. Vor allem wurde er in den 1950er-Jahren Vermittler und Katalysator einer modernen, urbanen Kultur, die sich weitenteils eigenständig entwickelte. Wie erwähnt, hatten afrikanische Rundfunkmacher gerade im Kulturprogramm große Handlungsspielräume. Viele waren in der BBC oder an der Studio École ausgebildet, manchen gelang es auch, eine Zeit lang zur Voice of America zu gehen. Die Ausbildung zielte auf die Vermittlung europäischer Radioformen ab: Recherche, Aufnahmen, Produktion von Sendungen, Formate wie Features, Interviews, Nachrichten, Hörspiele wurden den Journalist/innen von Europäern nach europäischen Standards beigebracht. Diese trugen sie mit in den afrikanischen Rundfunk.[33] Es blieb ihnen selbst überlassen, mit dem Vorgefundenen kreativ umzugehen und auf ihr Publikum zugeschnittene Stile zu entwickeln. Moderatoren wie Edward Kateka fanden eigene Wege, ihr Publikum anzusprechen. Die Hörspielproduzenten Edwin Mlongoti und Julius Chongo entwickelten eine komplexe Synthese aus klassischem Hörspiel und afrikanischen Erzähltraditionen. Beide hatten Erfahrung als Geschichtenerzähler, die sie in ihre Rundfunkarbeit übertrugen. Chongo wurde mit seinem Programm ‚Poceza M‘Madzulo‘ (‚Geschichten am Abend‘) zu einer Berühmtheit im postkolonialen Rundfunk Sambias. Es gelang ihm, das eigentlich soziale Ereignis des Geschichtenerzählens, das zum großen Teil von einer (audiovisuellen) Kommunikation zwischen Erzähler und Publikum lebt, mit verschiedenen Stilmitteln in das einseitige Medium Radio zu übertragen.[34]

Dazu kam, dass der Rundfunk zum Vermittler moderner afrikanischer Musik wurde. Während sich die Rundfunkmacher noch Anfang der 1950er-Jahre voll auf bestimmte Vorstellungen von ‚traditioneller‘ afrikanischer Musik konzentriert hatten, öffnete sich der Rundfunk nun langsam für moderne Populärmusik, die stärker am amerikanischen oder südafrikanischen Jazz orientiert war, oder für Guitar Music, die in den urbanisierten Gegenden Zentral- und Ostafrikas immer beliebter wurde. Thomas Turino beschreibt die Mitarbeiter der CABS als „culture brokers“, die zwischen europäischen und afrikanischen Kulturen vermittelten.[35] Der Rundfunk im Afrika der 1950er-Jahre war somit gleichzeitig Ausdruck wie Katalysator einer kulturellen Vielfalt, die ständig neue Formen hervorbrachte – kongolesischen Rumba, Guitar Music aus Südrhodesien, in Ostafrika den aus arabischen, indischen und afrikanischen Musikformen abgeleiteten Taarab, südafrikanischen Jazz, ghanaische Palm Wine Music, westafrikanische Highlife Music, Likembe- und Mbira-Musik aus dem Kongo, Nord- und Südrhodesien.[36] Dieser Formen bedienten sich auch die neuen nationalistischen Parteien und ließen Bands mit antikolonialen Liedern ihre Veranstaltungen begleiten.[37] Doch auch ohne explizit antikoloniale Texte wurden die neuen musikalischen Formen zum Ausdruck eines neuen afrikanischen Selbstbewusstseins: „Angolan listeners were keenly aware that both Congos had attained independence in 1960 and that the Congolese music on the airwaves was being broadcast by newly independent African nations.“[38] Nationalistische Songs wurden über Sender wie Radio Cairo weitergetragen. Dieser antikoloniale Kurzwellensender, von Gamal Abdel Nasser 1953 ins Leben gerufen, war bekannt für seine gegen die Briten, aber auch den südafrikanischen Apartheidstaat gerichtete Propaganda, die vor allem in Ostafrika, in den Kolonien Kenia und Sansibar, enorm erfolgreich wurde.

 

Der antikoloniale Kampf in den Medien

Mit Radio Cairo trat der afrikanische Kontinent in einen globalen Ätherkrieg ein, der nach einer kurzen Pause am Ende des Zweiten Weltkrieges mit neu gezogenen Fronten unvermindert tobte. Nach der Unabhängigkeit Ghanas 1957 folgte mit der Voice of Africa ein zweiter antikolonialer Kurzwellensender, der vor allem Kwame Nkrumahs panafrikanische Ideologie in Westafrika verbreiten sollte. Die globalen Akteure in diesem Krieg waren die Voice of America, Radio Moskau und der BBC Empire Service (1965 in World Service umbenannt).[39] Insbesondere Radio Moskau schien Kolonialverwaltern eine Bedrohung im Kampf um die ‚hearts and minds‘ ihrer Untertanen. Tatsächlich stellte diese Befürchtung sich bald als Chimäre heraus. Der Geheimdienst der Federation stellte beispielsweise 1960 fest, dass trotz teilweise guten Empfangs die (englisch- und kiswahilisprachigen) Sendungen aus der Sowjetunion in ganz Nordrhodesien keine „regular listeners“ fanden.[40]

Radio Moskau wurde dennoch enorm ausgebaut: Obwohl es sein englischsprachiges Programm für afrikanische Hörer ab 1961 um Amharisch, Kiswahili und Hausa ergänzte und schließlich in elf afrikanischen Sprachen sendete, blieb es mangels einer großen afrikanischen Hörerschaft nie viel mehr als ein Schreckgespenst in den Köpfen der Kolonialherren. Dagegen stellten die kiswahili- und arabischsprachigen Sendungen Radio Cairos besonders an der Küste Ostafrikas einen wesentlichen Faktor in der antikolonialen Mobilisierung dar, ebenso wie die ‚Voice of Africa‘ im Westen des Kontinents. Die Bedeutung beider für die Mobilisierung afrikanischer Bevölkerungen kann kaum überschätzt werden; die Geheimdienste der Siedler und Kolonialherren wussten darum und hörten beide Stationen aufmerksam nach „subversive material“ ab.[41] Die Erkenntnis, dass die kolonialen Untertanen mit den internationalen Kurzwellensendern subversiver Propaganda ausgesetzt werden konnten, spielte, wie gezeigt, eine nicht unwesentliche Rolle in der Motivation sowohl der Kolonialverwaltungen als auch der Siedlerpolitiker, die eigenen Radiodienste auszubauen und in möglichst vielen Sprachen ein möglichst attraktives Programm anzubieten, um zu verhindern, dass Hörer zu den antikolonialen Stationen abwanderten. Die meisten Rundfunkmacher waren davon überzeugt, dass ein kulturell attraktives Programm Hörer binden würde. Viele Sender wandten sich deshalb von einer paternalistischen Haltung ab, die ein stark verzerrtes Bild einer ‚traditionellen‘ afrikanischen Kultur aufrechtzuerhalten suchte, und öffneten sich der modernen Musik. Tatsächlich aber reagierten die meisten afrikanischen Hörer mit einer sehr bewussten Senderauswahl: Während die Kulturprogramme der in guter Qualität zu empfangenden kolonialen Sender mit populärer Musik und aufwändig produzierten Hörspielen durchaus gerne gehört wurden, schalteten die Hörer für Nachrichten um auf die antikolonialen Sender oder, in späterer Zeit, auf den BBC World Service, der sich bis heute in der ganzen Welt einen Ruf objektiver Berichterstattung erhalten hat.[42]

In der großen Welle der Dekolonisierung des Jahres 1960, in der gleich 17 Kolonien ihre Unabhängigkeit erlangten, wurden überall auf dem Kontinent solche External Services gegründet. Die Befreiungsbewegungen derjenigen Länder, die noch unter der Kolonialherrschaft standen, bekamen Unterstützung von den bereits Unabhängigen, die sich in der Organisation of African Unity (OAU) zusammengeschlossen hatten und – im Geiste des Panafrikanismus – den ‚afrikanischen Brüdern‘ ihre Solidarität zeigten. In Accra, Addis Abeba, Dar es Salaam, Kinshasa wurden Büros für die nationalistischen Bewegungen gegründet; es folgten Radiostudios, Sender, Redaktionen, die an internationale Nachrichtenagenturen angeschlossen waren, und Druckereien, die Zeitungen und Plakate druckten. Meist konnten die Journalisten der Parteien die vorhandene Infrastruktur mitnutzen, und selten war die Ausstattung wirklich ausreichend, doch mit viel Improvisation setzten die Befreiungsbewegungen den Kontinent unter eine Propagandaflut, die den Kolonialherren ständiges Kopfzerbrechen bereitete. Insbesondere für die Kolonien im Südlichen Afrika und für Südafrika wurden die Redaktionen und Produktionsstätten der propagandistischen Medien zu einer Heimat für die Befreiungsbewegungen und einer machtvollen Bedrohung für die verbliebenen Kolonialmächte und Siedlerregime. Die Gebäude der Zambian Broadcasting Services (ZBS) in Lusaka beispielsweise, von denen aus in den 1970er-Jahren die nationalistischen Guerillas der ganzen Region sendeten, wurden mehrfach zum Ziel von Briefbombenanschlägen.[43] Die Funktion, die der Auslandsdienst des ghanaischen Rundfunks in Westafrika innehatte, übernahm die ‚Tanganyika (später Tanzania) Broadcasting Corporation‘ (TBC) für die Ostküste und das Südliche Afrika – die sambische UNIP sendete von hier aus Wahlpropaganda, die 1960 gegründete namibische Befreiungsbewegung ‚South West African People´s Organisation‘ (SWAPO) bekam ab 1966 Sendeplatz, ebenso wie das ‚Radio Freedom‘ des ANC und die Befreiungsbewegungen Rhodesiens und der portugiesischen Kolonien. Mit jeder Kolonie in der Region, die unabhängig wurde, tauchte ein ‚External Service‘ mehr auf, von dem aus die restlichen attackiert wurden – im Verlauf der 1960er-Jahre wurde Lusaka, die Hauptstadt des 1964 unabhängig gewordenen Sambia, zum Hauptsitz der Befreiungsbewegungen der umgebenden Länder, später kamen Luanda (die Hauptstadt Angolas) und Harare (Simbabwe) als wichtige Stützpunkte des ANC und der SWAPO dazu.  

Bei Demonstrationen wurden, wie hier in Sambia, handgeschriebene Plakate hochgehalten.

Der antikoloniale Rundfunk war eine mächtige Propagandawaffe, denn seine Verbreitung war noch wesentlich schwerer zu kontrollieren als die von Flugblättern, Plakaten und Zeitschriften. Bereits 1960 dachte die Siedlerregierung in der zentralafrikanischen Föderation darüber nach, Störsender aufzubauen, musste die Pläne allerdings verwerfen, da sie zu viel Aufwand bedeuteten.[44] Die Voice of UNIP blieb weiterhin, obwohl von hier aus nur jeweils in der Zeit vor den Wahlen 1962 und 1964 gesendet wurde, ein Dorn im Auge der Kolonialherren. Nur die Apartheidsregierung Südafrikas versuchte sich in den 1980er-Jahren im Stören nationalistischer Sender – und scheiterte letztendlich. Zwar kamen die Sendungen der SWAPO und des ANC aus Lusaka zumindest teilweise nicht durch die Störsender,[45] doch der stärkste Sender der SWAPO stand in Luanda; und auch der ANC sendete aus mehreren Ländern auf unterschiedlichen Frequenzen. Andere technische Gegenmaßnahmen – etwa der Versuch, nur noch Empfangsgeräte zu verkaufen, die nur auf UKW und nicht auf den von den internationalen Radios aus Gründen der Reichweite genutzten Kurz- oder Mittelwellen empfangen konnten –, waren von vornherein zum Scheitern verurteilt. Geschäftsleute in Luanda protestierten gegen einen entsprechenden Vorstoß der portugiesischen Verwaltung, indem sie argumentierten, dass dann einfach Radios aus dem Kongo eingeschmuggelt werden würden.[46] Überall im Südlichen Afrika hörten Menschen die Voice of Namibia, Voice of Freedom oder 'Angola Combatente', heimlich in Gruppen oder alleine unter der Bettdecke, um das laute Fiepen der Störsender zu dämpfen – eine Praxis, die im Dritten Reich nach dem heimlichen Abhören der BBC ‚Englisch inhalieren‘ genannt worden war. Der namibische Musiker Jackson Kaujeua, in den 1980er-Jahren selbst im antikolonialen Rundfunk tätig, beschrieb seine Erinnerung an das Abhören:  

„[...] every evening we would all surround a small wireless. It faintly relayed what we wanted to hear all the way from Tanzania: 'This is the Voice of Namibia coming to you through the external services of Radio Tanzania.' 'Hey, it has started, come, come,' the owner of the small radio would shout and we would all be there. Buu...buu...buu...buu. It would go on as we tried to catch the message from the comrades in exile. The South Africans tried to jam it, but the beam was too powerful. It recharged our batteries and we became rebellious in many ways [...].“[47]

Ähnliche Funktion hatte das gedruckte Propagandamaterial. Die nationalistischen Parteien, auch die, die in ihrer jeweiligen Kolonie nicht verboten waren, verfügten meist nicht über die Infrastruktur, die zum Druck in höheren Auflagen und zur Verbreitung der Printprodukte notwendig war. Man behalf sich mit vielerlei Mitteln: Flugblätter und Plakate wurden notfalls per Hand geschrieben und gezeichnet. Auch hier wurde das Jahr 1960 zum Stichjahr, seit dem die frisch unabhängigen Staaten den nationalistischen Bewegungen Druckerpressen, Rohstoffe, Redaktionsräume zur Verfügung stellen konnten. Es blieb bei der Vorreiterrolle Dar es Salaams in der Produktion und Verbreitung antikolonialen Propagandamaterials in Zentral- und Südafrika. So verbreitete die nationalistische FRELIMO aus Mozambique von hier aus in den 1960er-Jahren die Parteizeitung ‚Voz da Revoluçao‘. Andere Bewegungen in der Region, wie die sambische UNIP, konnten in der Kolonie selbst publizieren, wichen aber nach Dar es Salaam aus, da ihnen dort mehr Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Diese Publikationen dienten nicht nur der Mobilisierung für die nationalistische Bewegung, sondern versuchten auch, auf die liberale Öffentlichkeit in den Kolonien selbst (im Falle der britischen Kolonien) bzw. auf eine internationale Öffentlichkeit einzuwirken. So landete die sambische UNIP einen Publicity-Coup, als sie 1961 eine Sonderausgabe ihrer Zeitung mit dem Titel „A Grim Peep into the North“ lancierte, die die brutale Repression der nationalistischen Bewegung nach Unruhen in den nördlichen Provinzen skandalisierte und das Bild des britischen Kolonialstaates als eines sehr liberalen, der langsam und in einer „angemessenen“ Zeitspanne die Kolonien in die Unabhängigkeit entlassen würde, so nur die Nationalisten sich gedulden und nicht so radikale Forderungen stellen würden, empfindlich schädigte.[48] Einige nationalistische Parteien, wie die exilierten ANC und SWAPO, unterhielten Informationsbüros in verschiedenen Ländern in Afrika, Europa und Amerika, die auf die jeweiligen Publika zugeschnittene Spezialausgaben der Zeitschriften und Bücher veröffentlichten. In einigen Kolonien konnten die Printpublikationen legal verteilt werden. Die nationalistischen Parteien jedoch, die verboten waren, mussten sie aus dem Exil ins Land schmuggeln. Das galt vor allem für die Befreiungsbewegungen des Südlichen Afrika. Guerillas trugen Zeitungen, Flugblätter und Plakate mit sich, wenn sie auf Schleichwegen in die Kolonien einsickerten. Die Soldaten der Befreiungsarmeen wurden vor einer Operation darauf vorbereitet, ihre wertvolle Fracht unter keinen Umständen aufzugeben. Die Publikationen wurden an abgesprochenen Treffpunkten an Parteimitglieder weitergegeben und versteckt; sie zirkulierten dann unter den Mitgliedern der klandestinen Parteiorganisation im Land.[49] Das Verstecken und die Weitergabe solcher Publikationen war oft mit einem großen Risiko verbunden, südafrikanische Agenten oder der portugiesische Geheimdienst ‚Polícia Internacional e de Defesa do Estado‘ (PIDE) konnten überall sein, und auf die Verbreitung der Propagandamittel standen oft drakonische Strafen. Doch konnten alle Maßnahmen die Zirkulation der ‚Voz da Revoluçao‘ oder von ‚Namibia Today‘ nicht stoppen.

Die Plakate der Befreiungsbewegungen entwickelten eigene Stile. Viele der Poster zeigen Frauen und Männer in bäuerlicher Kleidung, mit AK47.        Einige Poster wurden international verteilt, wie dieses berühmt gewordene SWAPO Plakat.

Das Gleiche galt für Plakate – auch sie wurden, sorgfältig zusammengerollt im Gepäck der Guerrillas, in die Kolonien geschmuggelt, um nachts verteilt und aufgehängt zu werden. Plakate zeugten als visuelle Repräsentanten vom antikolonialen Kampf; durch sie waren die nationalistischen Bewegungen auch in den nicht von ihnen besetzten Gebieten ständig präsent. Zudem blieb die Bildsprache der Plakate wichtig zur Vermittlung der antikolonialen Propaganda auch an eine weitgehend illiterate Bevölkerung. Die Plakatkünstler der Befreiungsbewegungen produzierten eine ungeheure Vielfalt an Grafiken, die sich teils an einer sozialistisch-revolutionären Bildsprache orientierten, mit der Zeit aber eigenständig weiterentwickelt wurden. Je nach verfügbarer Technik war die Qualität der Plakate sehr unterschiedlich – bei Demonstrationen behalf man sich oft mit handgeschriebenen Slogans, andere waren gezeichnete Matrizen mit Schreibmaschinentext, wieder andere zeigten schwarz-weiße Grafiken – alles war möglich bis zur reproduzierten Farbfotografie. Zwar verzichteten viele Parteien nicht auf einschlägig wiedererkennbare Symbole – Nationalfarben wurden oft bereits vor der Unabhängigkeit von der jeweiligen Partei gezeigt – doch die Plakate weisen eine Vielzahl an Motiven und Themen auf, von aktuellen Ereignissen, die skandalisiert wurden, bis zum Aufbau von Ereignissen aus der Geschichte des Befreiungskampfes zu Nationalmythen, dies meist in Kooperation mit anderen Massenmedien. Auch die Plakate wurden international verteilt, besonders die Plakate des ANC und der SWAPO fanden ihren Weg nach Europa und den USA, wo große Solidaritätsbewegungen die Apartheid skandalisierten.

 

Der schwierige Prozess des ‚Nation Building‘

Die Übernahme der Macht stellte die Befreiungsbewegungen vor ganz neue Probleme. Die meisten neu unabhängigen Staaten sahen sich damit konfrontiert, nach all der nationalistischen Propaganda Länder zusammenhalten zu müssen, deren Bevölkerung sich keineswegs als einheitliche Nation begriff. Bereits während des Kampfes um Unabhängigkeit hatten die meisten Bewegungen auf den Nationalismus als einigende und mobilisierende Ideologie zurückgegriffen. Im – politischen oder militärischen – Kampf gegen den gemeinsamen Gegner, die jeweilige Kolonialmacht, war dies nicht schwer zu erreichen gewesen. Doch die Unabhängigkeit öffnete den Raum wieder für partikularistische Bewegungen, für Identitätspolitiken jenseits der Nation. „Redefining political space“ wurde ein zentrales Projekt nationalistischer Bewegungen in Afrika: „[...] to African political parties, development meant resources to build constituencies and opportunities to make the nation-state a meaningful part of people’s lives.“[50]

Die Nationalismusforschung assoziiert neben dem Radio auch andere Massenmedien mit historischen Nationalisierungsprozessen nicht nur im Kontext der Dekolonisierung. Benedict Anderson geht in einem der wichtigsten Werke zur Analyse des Nationalismus von der These aus, die Herausbildung kapitalistischer Gesellschaften in Verbund mit der Entwicklung der Presse zum Massenmedium („print capitalism“) liege der globalen Verbreitung der Idee der nationalen Gemeinschaft zu Grunde.[51] Ernest Gellner verallgemeinerte diese These noch:

„The media do not transmit an idea that has been fed into them. It matters precious little what has been fed into them: it is the media themselves, the pervasiveness and importance of abstract, centralized, standardized, one to many communication, which itself automatically engenders the core idea of nationalism, quite irrespective of what in particular is being put into the specific messages transmitted.“[52]

Zu fragen ist allerdings, inwieweit die Massenmedien „an sich“, also qua ihrer inhärenten Charakteristika, Nationalisierungsprozesse anstießen, oder ob sie im Wortsinn „Medien“, also Vermittler der in sie gespeisten Inhalte waren. In jedem Fall wurde ihnen bei der Entwicklung der durch die Dekolonisation in Afrika neu entstandenen Staaten zu Nationen (und zu Demokratien) von Politikern, Wissenschaftlern, Journalisten und Intellektuellen inner- wie außerhalb Afrikas eine entscheidende Rolle zugemessen. Nimmt man aber – wie hier geschehen – einen Überblick vor und vergleicht unterschiedliche Verwendungen der Medien durch die verschiedenen politischen Akteure auf dem Kontinent, ergibt sich ein wesentlich komplexeres Bild.

Die postkolonialen Regierungen zeigten sich zunächst einmal unsicher, wie mit den übernommenen Radiostationen, Zeitungen, Zeitungsmärkten und anderen Medien (teilweise existierten bereits kleine TV-Stationen) umzugehen sei. Im Rundfunkbereich war das kaum eine Frage: Die Stationen waren in der Kolonialzeit in Staatsbesitz gewesen und gingen nun in den Besitz der neuen Staaten über. Selbst in einigen ehemals britischen Kolonien, in denen die Briten halbherzige Versuche unternommen hatten, die Stationen nach dem Modell der BBC als autonomen Rundfunk zu organisieren, waren die Interessen der Kolonialregierungen einem wirklich unabhängigen Rundfunk immer im Weg gestanden. Die neuen Regierungen, von denen sich viele zu autoritären Ein-Parteien-Regimes verwandelten, konnten den Rundfunk schnell völlig unter ihre Kontrolle bringen, gerade weil die übernommenen Strukturen nie auf völlige Staatsferne angelegt gewesen waren. Ähnliches geschah in den ehemals französischen Kolonien in Westafrika, wobei allerdings die ehemalige Kolonialmacht über die Dachverbände SORAFOM und ORTF erheblichen Einfluss behielt. Aus wirtschaftlichen Interessen behielten die postkolonialen Stationen meist gute Verbindungen zu den Mutterländern, da sie auf Unterstützung in der Ausbildung neuer Mitarbeiter, Programmaustausch und technische Hilfe bauen konnten. Die BBC oder Radio France behielten dadurch bis heute einigen Einfluss in den postkolonialen Staaten.

Anders sah es im Bereich der Zeitungen aus: Da der Zeitungsmarkt privatwirtschaftlich organisiert war, sahen sich die postkolonialen Regierungen erheblicher Konkurrenz ausgesetzt, vor allem dort, wo viele Zeitungen noch in der Hand weißer Siedler waren. Einige Regierungen, wie die sambische, kauften die größten Zeitungen auf, um den Markt zu dominieren. Andere reagierten mit restriktiver Gesetzgebung, so beispielsweise ausgerechnet die Ex-Journalisten Kwame Nkrumah (Ghana) und Julius Nyerere (Tansania). Inhaltlich führte diese starke Kontrolle zu einer weit verbreiteten Kombination von „ideological essays propounding the political rhetoric of the head of state presented with dramatic photographs useful in creating a personality cult around him.“[53] Da die nationalistischen Parteien oft bereits im Unabhängigkeitskampf davon überzeugt gewesen waren, die einzig wahren Repräsentanten des sambischen, nigerianischen, tansanischen usw. Volkes zu sein, und sich diese Überzeugung nach der Etablierung gegen alternative politische Gruppen und Parteien noch verfestigt hatte, sahen sie sich nun rechtmäßig an der politischen Macht und jede Kritik an der Partei oder Regierung als Angriff auf die nationale Einheit, der unterbunden werden musste. Ihre drastischen Zensurmaßnahmen müssen vor diesem Hintergrund des Bedürfnisses nach politischer Machterhaltung gesehen werden, aber auch der Unsicherheit über den, wie nur an allzu vielen Beispielen im ganzen Kontinent bald deutlich werden sollte, prekären Zustand nationaler Einheit. Besonders die sogenannten ‚Frontline States‘ im Südlichen Afrika waren permanenten militärischen und propagandistischen Angriffen durch die Apartheidsstaaten in Rhodesien und Südafrika ausgesetzt und sahen die nationale Einheit und Stabilität ständig gefährdet.

Diese Unsicherheit spiegelte sich zu einem nicht unwesentlichen Teil auch in den Medieninhalten wider. Nachrichten konzentrierten sich auf die Beschäftigungen der hochrangigen Regierungsmitglieder; besonders die jeweiligen Führer der nationalistischen Parteien wurden als Verkörperungen der nationalen Einheit und ihres Kampfes um Unabhängigkeit präsentiert, wodurch die Nachrichten in Radio und Zeitungen teilweise zu reiner Hofberichterstattung wurden. Radioprogramme zum Thema der nationalen Einheit kamen nicht über die Repräsentation hochrangiger Partei- und Regierungsmitglieder hinaus, die mit kaum mehr als leeren Phrasen aufwarten konnten. Gleichzeitig sah sich vor allem der Rundfunk mit Beschwerden verschiedener Sprachgruppen konfrontiert, ihre jeweilige Sprache und Kultur werde nicht angemessen berücksichtigt. Die heikle Gratwanderung zwischen den Bedürfnissen verschiedener Hörergruppen und der Propagierung einer nationalen Einheit drückte ein Bericht des sambischen Rundfunks so aus: „Local pride should be enhanced positively to promote economic development, but it should not be allowed to grow to an extent where it could have negative results, such as promoting parochialism.“[54] Weit entfernt von einer sich quasi automatisch vollziehenden Nationsbildung durch die einigende Funktion, die in der medialen Form eingebettet war, fiel es den neuen Nationen schwer, die Massenmedien für einen solchen Prozess effektiv einzusetzen. Dazu kam, dass die propagandistischen Mittel, die sie selbst noch gegen die Kolonialmächte eingesetzt hatten, nun gegen sie gerichtet wurden. Separatistische Bewegungen nutzten ihrerseits klandestine Radiosender, Flugblätter, Poster usw. So war eine der ersten Handlungen Moise Tshombes, des kongolesischen Separatisten, nach seiner Eroberung Elizabethvilles die Errichtung eines eigenen Senders, Radio Katanga. Und kurz darauf bot er dem sambischen ANC, Vorläufer und Konkurrent der UNIP, Sendeplatz an. Radio Cairo übernahm nun die Rolle für die unabhängigen Staaten, die es vorher für die Kolonien gehabt hatte: Im Falle von politischen Konflikten unterstützte der Sender diejenige Partei, die der ägyptische Präsident Nasser unterstützen wollte. Eine Anekdote aus dem Kongo verdeutlicht die Konfusion im Äther, die die politischen Verwirrungen in einigen Staaten spiegelte: Als Premierminister Patrice Lumumba und Präsident Joseph Kasavubu, die seit der Unabhängigkeitserklärung in einer prekären Koalition regiert hatten, sich endgültig überwarfen, kündigten beide über den Radiosender in Léopoldville (heute Kinshasa) an, den jeweils anderen abzusetzen; nachdem UNO-Truppen die Station besetzten, um ihr Neutralität zu ermöglichen, nutzte Kasavubu Radio Brazzaville in der benachbarten République du Congo (Congo-Brazzaville), Lumumba dagegen wich auf Radio Cairo aus.[55] Die neuen Staaten kamen so auch medial nicht zur Ruhe. Doch das Bild der kontrollierten, zensierten Medien muss auch in einem Aspekt korrigiert werden: Die Hörer fanden immer alternative Wege, sich zu informieren. Der BBC World Service, der weiterhin einen Ruf großer Objektivität genoss, konnte manchmal früher und korrekter von Putschen berichten als der jeweilige nationale Rundfunk. In Zeiten politischer Umbrüche und Staatsstreiche hingen die Ohren der Afrikaner an den Nachrichten der BBC oder von RFI.[56] Hörer forderten auch selbstbewusst vom nationalen Rundfunk eine Berücksichtigung ihrer jeweiligen kulturellen und ethnischen Identität ein: ‚Unity in Diversity‘ war das Motto. Verschiedene Medien wurden verglichen; alternative Nachrichtenquellen wie Gerüchte spielten weiterhin eine große Rolle.

Bis heute bleibt der Rundfunk das wichtigste Medium auf dem afrikanischen Kontinent, wenn er auch inzwischen stark unter Druck von neuen elektronischen Medien wie Fernsehen, Internet und verschiedenen Handydiensten gerät.[57] Seit der „Zweiten Welle der Demokratisierung“ haben viele Staaten ihre Mediengesetze stark liberalisiert; neue private Zeitungen, Zeitschriften und Radio- wie TV-Stationen sprießen überall auf dem Kontinent aus dem Boden. Mit Africa No1 aus Gabun besteht seit 1981 auch ein panafrikanisch orientierter internationaler Sender in privater Hand (wenn auch mit wesentlicher finanzieller Unterstützung des französischen und gabunischen Staates), der inzwischen auch in Paris für die Diaspora sendet.[58] So bleibt die Geschichte der Medien auf dem afrikanischen Kontinent eine komplexe und verwickelte, die keineswegs nur auf Zyklen von Aufstieg (= Liberalisierung) und Niedergang (= Staatskontrolle) zu reduzieren ist. Vielmehr existierten und existieren vielfältige Formen sowohl von Medienproduktion wie Medienrezeption auf dem Kontinent nach- und nebeneinander.

 

Ausgewählte Literatur

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Benutzte Quellen

Archivquellen
National Archives of Zambia (NAZ)
SEC 2.
NAZ Shelf 20, Box 170: ZBC.
NAZ Newspaper Collection.
NAZ Picture Collection.
UK National Archives
Public Records Office INF 2/1.
Bodleian Library of Commonwealth and African Studies at Rhodes House, Oxford
Papers of the Rt. Hon. Sir Roy Welensky, GB 162 MSS.Welensky, 238/8.

Interviews (geführt vom Autor)
Charles Muyamwa, Lusaka 26.09.2006.
Robin Makayi, Lusaka 29.12.2007.
Frank Mutubila, Lusaka 09.01.2008.
Kenneth Maduma, Lusaka 14.01.2008.

 

Abbildungsnachweis

Abb. 1: Nshila, 18.3.1958. NAZ Newspaper Collection, National Archives of Zambia.
Abb. 2: Undatiert, NAZ Picture Collection, National Archives of Zambia.
Abb. 3: Henrichsen, Dag/Giorgio Miescher (Hg.). 2004. African Posters. A Catalogue of the Poster Collection in the Basler Afrika Bibliographien, Basel, S. 47.
Abb. 4: Henrichsen, Dag/Giorgio Miescher (Hg.). 2004. African Posters. A Catalogue of the Poster Collection in the Basler Afrika Bibliographien, Basel, S. 68.

 


[1] Frantz Fanon, Hier ist die Stimme Algeriens, in: Ders., Aspekte der Algerischen Revolution, Frankfurt/M. 1969, S. 49-67, hier S. 57.

[2] Z. B. Cemil Bayik, Kommandant der PKK, in einem berühmt gewordenen Foto. Vgl. Behrendt, Günter: Nationalismus in Kurdistan, Hamburg 1992, S. 392.

[3] In Afrika vor allem: Algerien, Kenia, Nord- und Südrhodesien (heute Sambia und Simbabwe), Südwestafrika (Namibia), Angola und Teile Mosambiks, Südafrika.

[4] Vgl. z. B. für die britischen Kolonien in Zentralafrika Francis P. Kasoma, The Press in Zambia. The Development, Role and Control of National Newspapers in Zambia 1906-1975, Lusaka 1986, bes. S. 19-46. Ausführlich, allerdings eher als Quelle zu benutzen: William D. Gale, The Rhodesian Press: The History of the Rhodesian Printing and Publishing Company Ltd., Salisbury 1962.

[5] Mit Ausnahme von Südafrika; dort wurden bereits 1924 drei private Stationen gegründet, die 1936 in die staatliche South African Broadcasting Corporation (SABC) überführt wurden. Vgl. Ruth Teer-Tomaselli/Keyan Tomaselli/Johan Muller, Currents of Power: State Broadcasting in South Africa, Denver 2001, bes. S. 23-33.

[6] Vgl. zum Rundfunk in den portugiesischen Kolonien: Marcus Power, Aqui Lourenço Marques!! Radio colonization and cultural identity in colonial Mozambique, 1932-74, in: Journal of Historical Geography 26:4 (2000), S. 605-628; Ernesto Barbosa, A Radiodifusão em Moçambique: O Caso do Radio Clube de Moçambique, 1932-1974, Maputo 2000; Marissa J. Moorman, Intonations. A Social History of Music and Nation in Luanda, Angola, from 1945 to Recent Times, Athens 2008.

[7] Vgl. hierzu Thomas Kirsch, Spirits and Letters. Reading, Writing and Charisma in African Christianity, Oxford 2008, S. 39-41. Die Zeugen Jehovas bereiteten den Kolonialverwaltungen einiges Kopfzerbrechen, da afrikanische Prediger unter Berufung auf sie millenaristische Heilslehren verkündeten und prophezeiten, bald würden Afrikaner und Europäer gleichberechtigt am selben Tisch essen.

[8] Conference of Governors of British East African Territories, June 1938: Broadcasting, Memorandum by Government of Uganda, 2. National Archives of Zambia (im Folgenden NAZ) SEC2/425: Broadcasting for Natives including schools Broadcasting (1937-1949), Vol. I.

[9] Rosaleen Smyth, The Development of British Colonial Film Policy, 1927-1939, with Special Reference to East and Central Africa, in: Journal of African History (im Folgenden JaH) 20:3 (1979), S. 437-50, hier S. 438. Die meisten Kinos in den britischen Kolonien wurden von südafrikanischen Verleihern beliefert, die vor allem amerikanische Filme anboten.

[10] James Burns, John Wayne on the Zambezi: Cinema, Empire, and the American Western in British Central Africa, in: International Journal of African Historical Studies 1 (2002), S. 103-117; vgl. auch Charles Ambler, Popular Films and Colonial Audiences: The Movies in Northern Rhodesia, in: American Historical Review (im Folgenden AHR) 106 (2001), S. 82-87. Vorher war das Kino ebenso wie der Rundfunk den Weißen Siedlern vorbehalten gewesen, die nach europäischer Kultur hungerten; Afrikaner hatten keinen Zutritt. Vgl. David Kerr, Dance, Media Entertainment & Popular Theatre in South East Africa (Bayreuth African Studies 43), Bayreuth 1998, S. 82.

[11] So wurden insbesondere Szenen herausgeschnitten, in denen Weiße Frauen in einem ungünstigen Licht gezeigt wurden, oder die zeigten, wie Nichtweiße (Indianer) Weiße töteten. Kerr 1998, S. 82.

[12] Vgl. zu den teilweise brutalen Rekrutierungsmethoden und den Zuständen in den Kolonialarmeen Recherche International e.V./Rheinisches JournalistInnenbüro (Hg.), "Unsere Opfer zählen nicht." Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg, Berlin 2005, S. 64-78 und S. 90-112.

[13] Zit. in: ebd., S. 90 Trotz aller Notwendigkeit zur Mobilisierung konnte auch diese Zeitschrift nicht auf die paternalistische Verniedlichung verzichten.

[14] “Victory is Vital”, ca. 1941. UK National Archives, Public Records Office INF 2/1 pt. 4.

[15] Katrin Bromber, Blühende Medienlandschaften. Britische Informationspolitik für ostafrikanische Truppen während des Zweiten Weltkrieges, Sozial.Geschichte online http://www.stiftung-sozialgeschichte.de/ZeitschriftOnline/pdfs/Kriegsmedien_Bromber%2007.03.06.pdf (einges. am 28.05.2010, letzte Überprüfung am 05.08.2013). Die Nachrichten mussten vorher ausformuliert werden und durchliefen eine Zensur. Zum Thema auch Kate Morris, British Techniques of Public Relations and Propaganda for Mobilizing East and Central Africa During World War II, Lewiston 2000.

[16] Gregory Mann, Native Sons: West African Veterans and France in the Twentieth Century, Durham 2006, S. 158-61.

[17] Bromber, 2006, S. 20.

[18] S. ebd., S. 21.

[19] Smyth 1979, S. 440.

[20] Ebd., S. 446.

[21] Vgl. Bromber 2006, S. 14f.

[22] Mann V. Sichalwe, The Development of Radio Broadcasting in Northern Rhodesia, unveröffentlichte Magisterarbeit, S. 50. ZAMCOM Library 302.23 Sic, Lusaka 1988.

[23] Jane Bansfield, Film in East Africa: A Report, in: Transition 13 (1964), S. 18-21.

[24] Asa Briggs, The Birth of Broadcasting (The History of Broadcasting in the United Kingdom, vol.1), London 1961, S. 334.

[25] Der Name kam von der Aluminiumhülle, die von einer Topffabrik hergestellt worden war. Vgl. hierzu Rosaleen Smyth, A Note on the 'Saucepan Special': The People's Radio of Central Africa, in: Historical Journal of Film, Radio and Television 4:2 (1984), S. 195-201; Harry Franklin, Report on the 'Saucepan Special': The Poor Man's Radio for Rural Populations, Lusaka. NAZ 20/170 (1950).

[26] André-Jean Tudesq, La Radio en Afrique Noire, Paris, S. 15, englische Übersetzung zit. in: Louise M. Bourgault, Mass Media in Sub-Saharan Africa, Bloomington 1998, S. 70.

[27] Der wichtigste Grund hierfür war, dass Voreinstellungen der Radiogeräte mit geringem Aufwand aufgehoben werden konnten sowie dass der Widerspruch zwischen der Behauptung, die Geräte dienten der Bildung und Information der Afrikaner und einer derart drastischen Einschränkung der Auswahl zu groß gewesen wäre. Vgl. Harry Franklin, Report on the Development of Broadcasting to Africans in Central Africa, NAZ 20/170, Lusaka 1950, S. 11.

[28] Debra Spitulnik, Mobile Machines and Fluid Audiences: Rethinking Reception through Zambian Radio Culture, in: Lila Abu-Lughod/Faye D. Ginsburg/Brian Larkin (Hg.), Media Worlds. Anthropology On New Terrain, Berkeley 2002, S. 337-354.

[29] Peter Fraenkel, Wayaleshi, London 1959, S. 17.

[30] Sichalwe 1988, S. 59.

[31] Wie Julian Hale anmerkt, heißt die Verpflichtung der BBC auf “reporting the truth” nicht, dass sie keine Form der Propaganda darstellt: “This does not mean that the BBC's goal, to influence foreigners' minds in favour of the political principles it represents, differs fundamentally from that of any other External Service. It so happens that those principles are the minimally offensive ones of liberalism, moderation, and parliamentary democracy; and that the best way to promote them is through liberal, moderate means. The notion of ideological persuasion is not absent, it is merely tacit.” Julian Hale, Radio Power: Propaganda and International Broadcasting, London 1975, S. XV.

[32] Arnold Gibbons, Francophone West and Equatorial Africa, in: Sydney Head (Hg.), Broadcasting in Africa: A Continental Survey of Radio and Television, Philadelphia 1974, S. 107-24.

[33] Einige Interviewpartner sprechen bis heute klar artikuliertes, perfektes Oxford English. Andererseits gab es allerdings Beschwerden von Hörern, die Oxford English gar nicht richtig verstehen konnten. Vgl. Interview Charles Muyamwa, Lusaka 26.09.2006; Interview Frank Mutubila, Lusaka 09.01.2008.

[34] Vgl. Ernst Wendland, From the Eyes of a Girl to the Eyes of a Goat: Julius Chongo's Visualization of Dramatic Narrative for an Invisible Radio Audience, in: Research in African Literatures 37:2 (2006), S. 98-123; Ernst Wendland/Julius Chongo, Poceza M'Madzulo. Some Chinyanja Radio Plays of Julius Chongo with English Translations, Michigan 2004. Zu Kateka und Mlongoti vgl. Peter Fraenkel, Wayaleshi, London 1959, S. 40f. Ein Überblick über das Thema findet sich bei Debra Spitulnik, Electronic Media and Oral Traditions, in: Philip M.Peek/Kwesi Yankah (Hg.), African Folklore. An Encyclopedia, London 2004, S. 109-113.

[35] Allerdings zeigt sich in seiner Analyse, dass dieser Begriff durchaus kritisch gesehen werden muss. So waren bekannte Musiker wie Alick Nkhata überzeugt von der kulturellen "Armut" traditioneller simbabwischer Musik. Ihre europäischen Kollegen behandelten dies als "Expertenmeinung". Doch wie Turino feststellt: "Being black is not a sufficient condition to make indigenous music their music; socialization and habitus are the operatives here." Die "Kosmopoliten" in der CABS bildeten eine eigene soziale Gruppe, die schwarze und weiße Rundfunkmitarbeiter miteinander verband. Thomas Turino, Nationalists, Cosmopolitans, and Popular Music in Zimbabwe, Chicago 2000, S. 101.

[36] Zum Zusammenhang zwischen Musik und Nationalismus siehe ebd.; Kelly M. Askew, Performing the Nation: Swahili Music and Cultural Politics in Tanzania, Chicago 2002; Marissa J. Moorman, Intonations. A Social History of Music and Nation in Luanda, Angola, from 1945 to Recent Times, Athens 2008.

[37] Vgl. die sehr lebendige Beschreibung des Zusammenhangs zwischen Musik und antikolonialer Bewegung in Andreya Masiye, Singing for Freedom: Zambia‘s Struggle for African Government, London 1977.

[38] Ebd., S. 144.

[39] In Frankreich wurde ein internationaler Rundfunk – Radio France International (RFI) - erst 1975 eingeführt.

[40] FBIS Report: Subversive Radio Propaganda, 15.02.1960, S. 1. Bodleian Library of Commonwealth and African Studies at Rhodes House, Oxford: Papers of the Rt. Hon. Sir Roy Welensky, GB 162 MSS.Welensky, 238/8.

[41] Ebd.

[42] Vgl. Lebona Mosia/Charles Riddle/Jim Zaffiro, From Revolutionary to Regime Radio: Three Decades of Nationalist Broadcasting in Southern Africa, in: Africa Media Review 8 (1994), S. 1-24, hier S. 10.

[43] Vgl. Interview Kenneth Maduma, Lusaka 14.01.2008.

[44] FBIS Report: Subversive Radio Propaganda, 15.02.1960, S. 1.

[45] Vgl. Interview Robin Makayi, Lusaka 29.12.2007.

[46] Moorman 2008, S. 147. Nur in Südafrika sollte diese Politik von Erfolg gekrönt sein, da die SABC bereits früh auf UKW-Sender umgestellt hatte und so alle Hörer zwang, UKW-fähige Geräte zu kaufen. Vgl. Mosia 1994, S. 16.

[47] Jackson Kaujeua, Tears over the Deserts, Windhoek 1994, S. 98.

[48] Vgl. Giacomo Macola, 'It Means as if We Are Excluded from the Good Freedom': Thwarted Expectations of Independence and Royal Politics in the Luapula Province of Zambia, 1964-1966, in: JAfH 47:1 (2006), S. 43-56.

[49] Vgl. Martha Akawa, 'Strictly Members Only.' The Circulation of SWAPO Posters in Northern Namibia during the Liberation Struggle, in: Giorgio Miescher/Lorena Rizzo/Jeremy Silvester (Hg.): Posters in Action. Visuality in the Making of an African Nation, Basel 2009, S. 171-83.

[50] Frederick Cooper, Africa since 1940: The Past of the Present, New York 2002, S. 67.

[51] Benedict Anderson, Imagined Communities, London 2006, S. 37-46.

[52] Ernest Gellner, Nations and Nationalism, Ithaca 1983, S. 127.

[53] Bourgault 1998, S. 157.

[54] Report of the Inquiry into the Information and Broadcasting Services 1968 (Repr. 1981), NAZ 20/170: ZBC, S. 36.

[55] André-Jean Tudesq (Hg.), Journaux et radios en Afrique aux XIXe et XXe siècles, Paris 1998, S. 132.

[56] So berichtet von Richard Fardon und Graham Furniss. Richard Fardon/Graham Furniss, African Broadcast Cultures, in: Dies. (Hg.), African Broadcast Cultures, London 2000, S. 1-21, hier S. 1f.

[57] So sind Nachrichtendienste für Handys inzwischen eine beliebte Informationsquelle, da der Mobilfunk zu den besten Kommunikationsmitteln zählt. Vgl. Mercedes Bunz, In mobile phone journalism, Africa is ahead of the west, http://www.guardian.co.uk/media/pda/2009/dec/17/digital-media-mobilephone-usage-africa-leapfroging-ushahidi-swift-river (einges. 07.06.2010, letzte Überprüfung am 05.08.2013).

[58] Vgl. Marc Aicardi de Saint-Paul, Gabon. The development of a nation, London 1989, S. 92.