von Hauke Dorsch

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1. Juni 2010

Eine Nacht im Sahel. Die Hitze des Tages ist überstanden, die Grillen zirpen, in der Nachbarschaft nur leises Geplauder. Es ist überhaupt erstaunlich ruhig im Compound. Die Frauen sind entweder unterwegs, um auf einer Feier zu singen, oder schlafen schon, ebenso die Kinder. Auch die jungen Männer geben wohl irgendwo ein Konzert. Das Familienoberhaupt, der Griot Malamini Jobarteh, liegt auf einer Matte, zwischen uns der starke Grüntee Ataya, der es einem leicht macht, bis lange in die Nacht wach zu bleiben. Er schwelgt in Erinnerungen an seine Jugend als Musiker. Einer seiner Söhne, der zu Hause geblieben ist, legt eine Kassette mit passender Musik auf: Lieder aus der südsenegalesischen Casamance aus den 1960ern. Malamini Jobarteh erinnert sich an die Epoche, in der er diese Musik gehört und gespielt hat. Wir wechseln vom Tee zur Cola. Er erzählt viel in dieser und den folgenden Nächten von seiner versuchten Flucht nach Sierra Leone, wo er auf Arbeitssuche gehen wollte; von seinem Adoptivvater, der das zu verhindern wusste und ihn stattdessen wieder zum Spiel der Kora, einer meist 21-saitigen Stegharfe, brachte; von seinen Touren mit diesem Vater durch Gambia und durch die benachbarten Regionen in der Casamance und Guinea-Bissau; von seinen ersten Auftritten allein; von dem Umbruch, der damals stattfand, als nicht mehr nur Trommelensembles, sondern auch Koraspieler zum Tanz aufspielten; von den Erfahrungen mit dem Befreiungskrieg in Guinea-Bissau gegen die portugiesische Kolonialherrschaft; von der Bildung des Nationalensembles Gambias; von den ersten Tourneen im Auftrag der jungen gambischen Regierung nach Großbritannien, in die Sowjetunion, zum panafrikanischen Festival FESTAC 1977 in Nigeria; von den ersten kommerziell organisierten Tourneen in die USA und nach Europa. In wenigen Nächten bot der erfahrene Erzähler ein vielfältiges Panorama der zwei, drei Dekaden, die in etwa die Ära der afrikanischen Unabhängigkeit umspannen, um die es in diesem Beitrag gehen soll.

Nachdem mit dieser für einen Ethnologen so typischen Mikroperspektive begonnen wurde, sollte die Problematik der vereinheitlichenden Perspektive auf Afrika erwähnt sein. Die Erkenntnisse, die die Ethnologie aus den Perspektiven weniger Personen, vor allem solcher, die meist nicht in den Kreis jener gerechnet werden, „die Geschichte machen“, deren Namen also nur selten in Geschichtsbüchern auftauchen, gewinnt, begründet die in diesem Fach verbreitete Skepsis gegenüber Darstellungen aus der Vogelperspektive. Die Länder und Völker des afrikanischen Kontinents teilen zwar eine leidvolle Geschichte von Kolonialismus und Sklaverei, gleichwohl betrifft diese Geschichte die einzelnen Völker in ganz unterschiedlicher Intensität und Dauer. So wichtig die vereinheitlichende Perspektive auf den Kontinent gerade im Vorfeld der Unabhängigkeitsära war, da der Panafrikanismus eine ganz wesentliche Rolle zur Entwicklung eines Bewusstseins für die gemeinsame Erfahrung der Ausbeutung durch Europa spielte, so sehr ist ein Blick auf die regional unterschiedlichen Ausprägungen wesentlich zum Verständnis der vielfältigen Reaktionen auf die Kolonialherrschaft und die Unabhängigkeit. Kurz, es gibt die afrikanische Unabhängigkeit nicht – und auch nicht die Musik der afrikanischen Unabhängigkeitsära. Wenn angesichts dieser Vielfalt dennoch eine Überblicksdarstellung gewagt wird, muss diese notgedrungen verkürzend ausfallen. Wenngleich im Folgenden ein Versuch gemacht wird, die bekanntesten oder einflussreichsten musikalischen Strömungen auf dem Kontinent zumindest zu erwähnen, bleibt der Text von unvermeidlichen Auslassungen und auch von den Interessen und Kenntnissen des Autors geprägt. Schließlich versucht dieser Text auch, einen Einstieg in das Feld der afrikanischen Musik allgemein zu bieten, d. h. es werden besonders solche Künstler erwähnt, die international erfolgreich sind oder waren und von denen Aufnahmen im deutschsprachigen Raum zugänglich sind. Den Leserinnen und Lesern auf diese Weise eine Basis für weitere Beschäftigung mit der Thematik zu ermöglichen, erschien dem Autor wichtiger als die strikte Beschränkung auf die jeweiligen Unabhängigkeitsjahre. Schließlich liegt ein Fokus dieser Darstellung auf transnationalem und transkontinentalem musikalischen Austausch, um dem immer noch verbreiteten Bild von der Isolation und Statik afrikanischer Gesellschaft entgegen zu treten. Das sei bitte bei der Lektüre bedacht.

Eine vielleicht unerwartete Problematik betrifft den Begriff „Popmusik“ – und zwar beide Teilworte: „Pop“ oder „populär“ und „Musik“. Beide Begriffe sind in europäischen und amerikanischen Kontexten entstanden und sind nicht ohne Einschränkungen auf afrikanische Phänomene zu übertragen. Recht deutlich lässt sich die begrenzte Reichweite dieser Begriffe am Beispiel der Rolle von Griots diskutieren: Wie im Deutschen ist auch in afrikanischen Sprachen das Wort für Musik ein aus dem Lateinischen entlehntes Fremdwort. Der eingangs erwähnte Griot Malamini Jobarteh spricht Mandinka, eine Sprache, die vor allem in Gambia, im südlichen Senegal und Guinea Bissau gesprochen wird. In Mali, Guinea, Burkina Faso und der Côte d‘Ivoire werden verwandte Sprachen der Mande-Familie gesprochen. Er würde in seiner Muttersprache seine Tätigkeit als „Jaliya“ bezeichnen, also als die Kunst der Griots. Dieser Begriff umfasst musikalische Aspekte, wie etwa das Spiel auf den Saiteninstrumenten Kora (der erwähnten Stegharfe) oder der Ngoni, einer Spießlaute, weiterhin auch auf dem Balafon, einem Xylophon, dessen Klang durch Kalebassen verstärkt wird. Weiterhin gehören auch  Gesang und Tanz zur Kunst der Griots, aber auch ganz andere Tätigkeiten – etwa Geschichten zu erzählen, Epen vorzutragen, Genealogien zu rezitieren, Veranstaltungen zu leiten oder auch reiche Personen um Gaben zu bitten. Trommelspiel wird dagegen nur bei einigen Gruppen als Teil der „Jaliya“‘ anerkannt, bei anderen gilt es als gänzlich anderes kulturelles Genre. Es ist also die Kombination verschiedener literarischer und Unterhaltungsgenres, kommunikativer, sozialer und wissenschaftlicher Pflichten, des Spiels von Saiteninstrumenten und des Gesangs, die zusammen eine Kategorie bilden, während das gemeinsame Trommelspiel und der begleitende Gesang in den Mande-Gesellschaften eine andere Kategorie darstellen. Weder deckt der Begriff „Musik“ also alle Tätigkeiten ab, die zur Kunst der Griots gehören, noch deckt das Konzept „Jaliya“ alle Bereiche in den Mande-Gesellschaften ab, die unter die westliche oder europäische Kategorie „Musik“ gefasst würden[i].

Koraspieler Lamine Konté Fotorafiert von Janina Herz. Hitsampler zur Kaiserkrönung Fotografiert von Janina Herz.

Der als Dichter berühmt gewordene erste senegalesische Staatspräsident Léopold Sédar Senghor war sich der Verschmelzung von musikalischen und literarischen Elementen in der Kunst der Griots bewusst und schrieb einige Gedichte mit Hinweisen auf die zu ihrer Begleitung zu spielenden Musikinstrumente der Griots. Passenderweise spielten Griots, etwa der Koraspieler Lamine Kouyaté, dann auch Rezitationen der Gedichte Senghors mit musikalischer Begleitung auf Schallplatte ein. Auch andere Präsidenten profitierten von der musikalischen Unterstützung durch Griots: In Senegals Nachbarländern Guinea und Mali konnten sich die Präsidenten Sékou Touré und Modibo Keita über allerlei aufgezeichnete und im Radio gesendete Preisgesänge ihnen zu Ehren erfreuen. Nun ist Preisgesang für politische Führungspersönlichkeiten wahrlich kein unübliches Genre in Afrika, die Bandbreite reicht vom Lobgesang des ivorischen Reggaestars Alpha Blondy auf Houphouét-Boigny, über den Hitsampler der zur Krönung des zentralafrikanischen Kaisers Bokassa erschienen ist, bis hin zu den unzählbaren Liedern zu Ehren von Nelson Mandela aus allen Regionen des Kontinents (und darüber hinaus)[ii].

Im Falle Westafrikas ist die Situation dank der Griots aber besonders faszinierend. Hier haben wir es mit einer Tradition zu tun, die mündlichen Quellen zufolge bis in das 10. Jahrhundert n. Chr. zurückreicht. Entstanden zu jener Zeit am Hofe des Reiches Ghana, wurde sie von den Musikern der nachfolgenden westafrikanischen Reiche im gesamten nördlichen Westafrika verbreitet, besonders durch die Ausdehnung des alten Reiches Mali, auf welches sich die Mande-Völker beziehen. Dank des eng begrenzten Privilegs, welches nur wenigen Familien zugestand, als Griots tätig zu sein, blieb die Pflege historischen, genealogischen und musikalischen Spezialistentums über die Jahrhunderte in der Obhut dieser ausgewählten Clans (weshalb Griots auch heute meist an ihren Familiennamen zu erkennen sind). Als höfische Musik weist die Griot-Musik einige Elemente auf, die auch für die klassische Musik Europas oder diejenige Indiens charakteristisch sind. Insofern finden sich auch einige Autoren, die versuchten, die Musik der Griots als ‚Klassik Afrikas’ zu etablieren[iii]. Aber auch dies ist eine problematische, eurozentrische Kategorie, was sich zeigt, wenn wir den Blick wieder auf die Unabhängigkeitsära und die Präsidenten Touré und Keita werfen.

Beide waren für die Griots ein Gottesgeschenk, wie geschaffen für den Preisgesang. Modibo Keita stammte aus der angesehenen Familie von Sunjata Keita, dem bedeutendsten Mansa (in etwa König oder Kaiser) des Mali-Reiches, unzählige Geschichten ranken sich um diesen Mansa, die Sozialstruktur der Mande-Gesellschaften wird mit Erzählungen aus dem Umfeld Sunjatas erklärt. Für die Griots stellte dies also eine ideale Ausgangslage zur Feier des ersten Präsidenten der unabhängigen Republik Mali dar, der als Nachfahre des Mansa des mittelalterlichen Reiches Mali besungen werden konnte. Auch Sékou Touré wurde auf ähnliche Weise historisch und genealogisch legitimiert – er galt als Nachfahre von Alhadj Samory Touré, eines Fürsten des 19. Jahrhundert, der in jahrlangen Kämpfen das Vordringen der französischen Kolonialarmee behinderte und dem eine Wiedererrichtung eines Mande-Reiches vor Augen schwebte. Das berühmte Album „Regard sur le Passé“ der guineischen Band Bembeya Jazz National, das Samory Touré feierte, war damit zugleich eine Hommage an Sékou Touré und ebenso ist das Stück „Mandjou“ des malischen Musikers Salif Keita zu verstehen, der mit dem Verweis auf die Jahrhunderte zurückreichende Geschichte der Touré als muslimische Gelehrte Sékou Touré nach Art der Griots als würdigen Nachfahren großer Ahnen besingt. Sékou Tourés „Nein!“ zur Zugehörigkeit in der von Frankreichs Präsident Charles de Gaulle vorgeschlagenen „Communauté Française“ wurde von dem Griot Jali Mamadou Kanté musikalisch unterstrichen. Die Unabhängigkeit wird auf diese Weise zur Revolution – vorausgesetzt, wir verstehen Revolution im ursprünglichen Wortsinn als „revolvere“, also Rückkehr zu einer früheren, „richtigeren“ Gesellschaftsordnung[iv].

Zwar steht dieser Preisgesang der Unabhängigkeitsära ganz eindeutig in der Tradition der Griots, aber weder folgt die hierzu gespielte Musik ungebrochen der höfischen Griotmusik, noch sind alle erfolgreichen Musiker der Unabhängigkeitsära Griots (schon gar nicht Salif Keita, der aus der Familie des Mansa Sunjata Keita stammt). Tatsächlich brachte diese historische Umbruchphase auch eine neue Musik hervor. Griots untermalten mit Kora oder Ngoni nicht mehr nur Epenvorträge und Preisgesänge, vielmehr spielten einige, besonders jüngere Griots nun auch für tanzwillige Altersgenossen auf. Das Themenspektrum der dazu gesungenen Lieder wurde ebenfalls erweitert: neben Epen und der gesungenen Verherrlichung hochstehender Persönlichkeiten traten nun Liebeslieder, Anekdoten aus dem Alltag und Kommentare zur aktuellen gesellschaftlichen Situation. Kurz, aus einem höfischen Genre wurde Unterhaltungsmusik. Die älteren Generationen in Mali, Senegal oder Gambia waren wenig begeistert ob dieser Neuerungen, man erkannte den Niedergang einer würdigen Tradition, spöttisch wurde das neue Genre „Diarabi, Diarabi“ (Liebe bzw. Leidenschaft) in Anspielung auf die in den Augen der Alten wenig vielseitigen Texte getauft[v].

Die Skepsis der Alten hielt die Eliten der jungen Nationen nicht davon ab den neuen Musikstil zu integrieren. Das mag man als Dankbarkeit verstehen für das Engagement von Künstlern wie Keita Fodéba in Guinea, dessen Ballets Africains zum kulturellen Aushängeschild Guineas wurden, die guineisches Tanztheater und guineische Musik auf die Bühnen der Welt brachten. Ähnlich wurde auch das Engagement von Musikern wie Sidiki Diabaté wertgeschätzt. Dieser aus Gambia stammende Koraspieler setzte sich im Französischen Sudan (später: Mali) für die Unabhängigkeitsbewegung im Rahmen der „Kaira“-Bewegung ein. Vom Arabischen abgeleitet bedeutet „Kaira“ auf Mandinka „Glück“ oder „Frieden“ und war der Name einer von Griots getragenen Jugendbewegung, die vor der Unabhängigkeit den Ruf halbstarker Unruhestifter hatte, nach der Unabhängigkeit dann in der Jugendorganisation von Malis führender Partei aufging. „Kaira“ ist bis heute ein Standardstück im Repertoire der Griots in Mali und Gambia[vi].

Vermutlich waren sich die in Europa ausgebildeten Eliten des unabhängigen Afrika aber auch des europäischen Beispiels bewusst, anhand dessen sie die Bedeutung, die die Adaption von Themen der Volksmusik in ein klassisches Repertoire für die Entwicklung eines nationalen Bewusstseins, oder des Nation Building, wie wir heute sagen würden, hatte. Das bereits 1958 unabhängige Guinea unter Sékou Touré nahm ungeachtet aller politischen Differenzen eine Vorreiterrolle für die Kulturpolitik westafrikanischer Staaten, wie etwa Senegal und Mali, später auch Gambia oder Kamerun, ein. Sie alle bemühten sich mittels regionaler Wettbewerbe und der Etablierung eines Nationalensembles, regionale Stile zu einer nationalen Form zu fusionieren. Mittels staatlicher Förderung gelang die Schaffung nationaler Musikszenen. Regionale und nationale Wettbewerbe schufen dabei das Gefühl Teil einer neuartigen, nicht mehr ethnisch, regional, kolonial oder religiös sondern  national definierten Einheit zu sein und diese auch auf den Bühnen der Hauptstädte und des westlichen und afrikanischen Auslandes zu repräsentieren.

Durch Ausbildung und Migration in die kolonialen Städte Afrikas aber auch in die kolonialen Metropolen hatten sich in den afrikanischen Hauptstädten Eliten, hatten sich städtische Gesellschaften gebildet, die nach einem anderen musikalischen Ausdruck ihres Lebensgefühls suchten, als es die Musikformen ihrer meist ländlichen Herkunftsregionen repräsentieren konnten. Religiös Bewegte fanden diesen Ausdruck in den Hymnen der Kirchen. Ansonsten fand man ihn aber besonders in westlicher Musik, im Jazz und vor allem in karibischer, besonders kubanischer Musik. Kolonialbeamte brachten Schallplatten aus der Karibik mit, afrikanische Bands spielten karibische Stile, wie Beguine, Calypso, Goombay, Mambo oder Son nach. Afrikanischer Nationalismus fand seinen Ausdruck in Stücken mit patriotischen oder revolutionären Texten über die gemeinsame Aufgabe, die entstehende Nation voran zu bringen, mit Preisliedern auf die jeweils Herrschenden, mit Bezugnahme auf die wieder zu erlangende Größe der präkolonialen Reiche, auch die Melodien knüpften häufig an präkoloniale und volksmusikalische Motive an, die Instrumentierung und die Rhythmik aber waren karibisch. In der Musik der Unabhängigkeitsära wurden der Preisgesang für historische Personen, wie den Mansa Sunjata Keita, nicht mehr nur von Kora, Ngoni und Balafon begleitet sondern auch von Congas, Saxophon und Maracas. Die urbane afrikanische Musik der späten Kolonialzeit und der Unabhängigkeitsära war also karibisch geprägt[vii].

Somit entspricht die Entwicklung, die die Griotmusik in der Unabhängigkeitsära genommen hat, in vielerlei Hinsicht dem, was in westlicher Diktion als Popmusik bezeichnet wird: Wir haben es mit einer Unterhaltungsmusik zu tun, die auf den Tanz abzielt. Diese Musik wird massenmedial vermittelt, sie ist Ausdruck von Urbanität und auch eines Generationenkonflikts. Ohne hier behaupten zu wollen, dass es eine allgemein anerkannte Definition von Popmusik geben würde, sind dieses doch Elemente, die für viele Definitionen charakteristisch sind. Diese definitorischen Elemente zugrunde legend, sprechen wir im engeren Sinne von Popmusik im Westen etwa ab den 1950ern, obgleich es natürlich schon immer Formen populärer Musik gab[viii]. Diese engere Definition zielt auf die Abgrenzung gegenüber höfischer Musik und ihren nachfolgenden Stilen einerseits, also solcher Musikstile, die bisweilen als „E-Musik“ oder als „Klassik“ oder als „Kunstmusik“ bezeichnet werden. Sie wird aber auch von traditioneller Musik, von volkstümlichen oder folkloristischen Stilen unterschieden, wobei das Moment des die Massen ansprechenden und auch massenmedial vermittelten, des „Zeitgeistigen“, Urbanen angesprochen sind. All dieses sind Charakteristika, mit denen sich auch die neuen Stile im Westafrika der Unabhängigkeitsära beschreiben lassen. Es waren aber genau diese populären Stile, die zu „nationalen“ Musiken erklärt wurden. In Westafrika wurde also dem Beispiel europäischer Kunstmusik folgend eine auf volksmusikalischen Vorbildern basierende nationale Musik kreiert, die aber ansonsten eher Züge der Popmusik trägt. Deutlich wird dabei, dass Versuche der Abgrenzung von E- und U-Musik, oder eben der Volks-, Kunst- und Popmusik, die ja auch in Europa problematisch sind, hier nicht greifen.

Ein in diesem Kontext übrigens nach wie vor unzureichend erforschter Bereich ist der musikalische Einfluss aus Kuba[ix]. Karibische Musik, besonders von den Französischen Antillen, war wie erwähnt schon in der Kolonialzeit in Westafrika bekannt und prägte neben europäischen und lokalen Einflüssen die städtische Tanzmusik. Nach der kubanischen Revolution 1959 und der Unabhängigkeit des Großteils afrikanischer Länder bildete sich so etwas wie eine Identität des globalen Südens, des Trikonts, oder der von Kolonialismus und Imperialismus ausgebeuteten Staaten aus, die von der Bandung-Konferenz ausgehend später noch in die Bewegung der Blockfreien wirken würde. Ganz konkret gab es auch Formen des Austauschs zwischen Kuba und verschiedenen afrikanischen Nationen. So wurden etwa malische Musiker in den 1960ern in Kuba ausgebildet; viele von ihnen stehen bis heute auf der Bühne, einige gehören nach wie vor zu den wichtigsten Repräsentanten der malische Musikszene[x]. Nicht nur im musikalischen Bereich ist Westafrika somit als Teil jenes Raumes kulturellen Austauschs zu verstehen, den Paul Gilroy als ‚Black Atlantic‘ charakterisiert[xi]. Der transatlantische Einfluss prägt in unterschiedlicher Intensität Stile wie Goombay/Gumbe, Palm Wine in westafrikanischen Ländern wie Sierra Leone, Guinea Bissau oder Liberia. In Ghana oder Nigeria ging daraus der Highlife hervor, ein Stil, der, wie der Name andeutet, als Elitenmusik das süße Leben der urbanen Oberschicht vor und nach der Unabhängigkeit feiert. Der Highlife prägte auch die in der ethnischen Gruppe der Yoruba verbreiteten Stile Juju und Fuji. Das für unser Thema bedeutendste Stück ist dasjenige, das E. T. Mensah anlässlich der Unabhängigkeit Ghanas aufgenommen hat: „Ghana Freedom“. Einer der Höhepunkte von Mensahs Karriere, heißt es in der Literatur, stellte der gemeinsame Auftritt mit Louis Armstrong dar. Mensahs Band spielte nicht nur vom amerikanischen Swing beeinflussten Highlife, sondern auch Calypsos und kongolesisch-kubanische Stücke[xii].

Von diesen amerikanisch beeinflussten Stilen ist der Afrobeat im Westen am bekanntesten und erfolgreichsten. Geprägt von Studienaufenthalten in England und Konzertauftritten in den USA revolutionierte der charismatische Bandleader, Sänger und Saxophonist Fela Anikulapo Kuti den Highlife in den späten 1960ern. Der so entstandene Afrobeat, dessen drängende Beats und harte Bläsersätze Elemente des afroamerikanischen Jazz und Funk mit Yoruba-Rhythmen verbinden, drückt den kulturellen Austausch in der afrikanischen Diaspora idealtypisch aus. Es ist einiges über den Einfluss von James Brown auf Fela Kuti und von Fela Kuti auf James Brown geschrieben worden. Es sollte dabei aber nicht vergessen werden, dass ganz allgemein Soul als Ausdruck eines schwarzen Bewusstseins auch in Afrika präsent war. Die 1960er waren eben auch die Dekade der sich radikalisierenden Bürgerrechtsbewegung in den USA, die musikalisch eben im Jazz, Soul und Funk Ausdruck fand. Im Gefolge dieser Stile war auch der Afrobeat im Westen und in Japan anschlussfähig. Aufgrund seines dezidiert regierungskritischen, fundamentaloppositionellen Kurses war Kuti in Nigeria dagegen über Jahrzehnte der Verfolgung durch die Behörden ausgesetzt. Sein Nachtclub „Shrine“ und die von ihm ausgerufene unabhängige Kalakuta Republik waren Ziel häufiger Razzien durch die Polizei. Gleichwohl setzten nach Felas AIDS-Tod im Jahre 1997 sein ehemaliger Schlagzeuger Tony Allen, seine Söhne Femi Kuti und Seun Kuti und auch seine Band Egypt 80 sein Erbe fort. Seit einem Afrobeat-Revival in den späten 1990ern gehören Afrobeat-Bands und DJs zur musikalischen Szene in größeren Städten der USA und Großbritannien[xiii]

Ein weiterer Musiker hatte in den 1970ern in den USA und international Erfolg, gemeint ist der Kameruner Manu Dibango, dessen Stück „Soul Makossa“ 1972 als eine der ersten Singles des Disco-Genres gilt. Zudem war es die erste Single eines afrikanischen Musikers, die die Top 40 der US Billboard Charts erreichte. Später wurden Elemente daraus von US-Stars wie Michael Jackson, Rihanna oder Eminem gesampelt. Der Stil Makossa, nach dem das Stück benannt wurde, entstand in den 1950ern aus einer Frühform in Douala. Während in den Jahren der Unabhängigkeit noch ein dem Palm Wine ähnelnder Stil namens Assiko die Tanzböden dominierte, setzte sich Makossa im Laufe der 60er durch und prägte für Jahrzehnte die kamerunische Musikszene. Der internationale Erfolg von „Soul Makossa“ und Manu Dibango kann vielleicht – zumindest für die Anfangsphase – mit den günstigen Ausgangsbedingungen in Kamerun erklärt werden. Nachdem Frankreich und England im Anschluss an den Ersten Weltkrieg die deutsche Kolonie Kamerun unter sich aufgeteilt hatten, fanden beide Landesteile im Anschluss an die Unabhängigkeit 1961 wieder zusammen. Auf diese Weise trafen aber auch Musikstile aus den anglophonen und aus den frankophonen Nachbarländern aufeinander – vor allem Highlife aus Nigeria und Rumba aus den Kongos. Diese Ursprünge machten den Makossa auch international anschlussfähig und nach dem Erfolg von „Soul Makossa“ arbeiteten die Salsa-Hitproduzenten um das Plattenlabel Fania in New York mit Manu Dibango zusammen[xiv].

Von der exilkubanisch geprägten Salsa-Szene New Yorks sollten wir nochmals einen Schritt zurück zum kubanischen Einfluss noch vor der Unabhängigkeitsära gehen. Nicht anders als in Westafrika wurde ab den 1930ern karibische und besonders kubanische Musik sowohl im belgischen als auch im französischen Kongo und deren Nachbarländern gehört und gespielt. Die Zwillingshauptstädte an beiden Ufern des Kongoflusses, Léopoldville und Brazzaville, waren bereits in der Kolonialzeit ein Schmelztiegel unterschiedlichster kultureller Einflüsse. Französische und belgische Kolonialbeamte, Missionare und Geschäftsleute aus den unterschiedlichsten europäischen und afrikanischen Ländern, westafrikanische Seeleute und Beamte – sie alle brachten ihre verschiedenen musikalischen (und anderen) Vorlieben (und Schallplatten) an den Kongofluss. Aus dem Belgischen Kongo wurde der Kongo, dann Zaire, nun die Demokratische Republik Kongo. Seine Hauptstadt Léopoldville wurde in Kinshasa umbenannt. Aus dem französischen Kongo wurde die Volksrepublik Kongo, inzwischen nur noch Republik Kongo. Brazzaville blieb Brazzaville. Und es blieb allen politischen Veränderungen in Zentralafrika und allen popmusikalischen Veränderungen anderswo in Afrika zum Trotz bei der unangefochtenen Dominanz der Congo-Rumba und ihren Weiterentwicklungen Soukous und KwasaKwasa[xv].

Plattencover eines Samplers von Stücken von Joseph Kabasele et l’African Jazz, das auch den „Indépendance ChaCha“ enthält. Fotografiert von Janina Herz.

In Zentralafrika hatte der Einfluss kubanischer Musik eine vielleicht noch größere, ganz sicher aber nachhaltigere Wirkung als im Westen des Kontinents: Hier entwickelte sich die Congo-Rumba aus kubanischen Stilen (wobei weniger die kubanische Rumba als andere Stile oder Tänze, wie Mambo oder Cha-Cha-Cha, stilprägend waren). Die Congo-Rumba und ihre Weiterentwicklungen waren unbestrittenerweise für Dekaden die erfolgreichste Tanzmusik des gesamten Kontinents. Auch wenn große afrikanische Künstler wie Miriam Makeba, Salif Keita, Youssou N’Dour, Manu Dibango, Khaled oder Angelique Kidjo in allen Metropolen des Kontinents gehört werden, können wohl nur Rumba und Soukous beanspruchen panafrikanische Musik zu sein. Namen wie Franco, Grand Kallé, Mpongo Love, Tabu Ley Rochereau, Papa Wemba, Patience Dabany, Koffi Olomide, etc. strahlen weit über den zentralafrikanischen Raum nach West-, Süd- und vor allem Ostafrika aus. Ihre Musik wird in Discos, Bars, im Radio gespielt, lokale Bands spielen ihre Musik nach. Ein kongolesisches Stück gab auch diesem Beitrag den Titel: „Indépendance Cha Cha“ wurde als der erste panafrikanische Hit bezeichnet, der die Euphorie des Augenblicks für den gesamten Kontinent ausdrückte[xvi]. Das Stück erzählt nicht nur vom Runden Tisch, an dem die Einigung zwischen belgischen Autoritäten und kongolesischen Repräsentanten über das Prozedere des Unabhängigkeitsprozesses erzielt wurde, seine musikalische, karibisch anmutende Leichtigkeit lässt auch die Euphorie des Moments erspüren, die Hoffnung auf die Gestaltung einer freieren Gesellschaft. Es ist jene revolutionäre Euphorie, die Menschen auch fern von den eigentlichen Geschehnissen erfasst und in der Immanuel Kant ein Charakteristikum des Menschengeschlechts ausmachen wollte, in welchem er hoffte, ein universelles Bedürfnis nach Freiheit zu erkennen[xvii]. Aus der Retrospektive bekommt das Stück allerdings einen bitteren Nachgeschmack, wenn der Hoffnungsträger der Unabhängigkeitsbewegung, Patrice Lumumba, und sein Rivale Kasavubu in einer Zeile besungen werden. Auf diese Weise erzählt kongolesische Musik – unbewusst – auch von enttäuschten Hoffnungen, von der brutalen Politik des Kalten Krieges und von machtverliebten Potentaten, die dafür sorgten, dass die von der belgischen Kolonialmacht verübten Kongogräuel keine historische Ausnahme blieben.

Wenn die Congo-Rumba als die panafrikanische Musik par excellence zu verstehen ist, dann wird das besonders am Beispiel Ostafrikas deutlich. Kongolesische Musiker gingen erfolgreich im Osten auf Tournee, Ostafrikaner gründeten Bands, die kongolesische Musik nachspielten. Für diese Bewegung steht die Biographie des gebürtigen Kongolesen Remmy Ongala, dessen Karriere erst in Tansania Fahrt aufnahm und ihn von dort auf die Bühnen der Welt brachte[xviii]. Zusätzlich spielte aber auch im Osten der transozeanische Austausch eine wichtige Rolle für die Entwicklungen der lokalen populärmusikalischen Szene. Arabische und indische Stile – vom Spiel auf der Laute Oud bis zu den Filmmusiken Bollywoods – wurden besonders an der Swahiliküste seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts fortwährend erfolgreich in lokale Stile integriert. Die unten noch vorzustellende ägyptische Sängerin Umm Kolthum beeinflusste etwa Taarab-Sängerinnen nachhaltig[xix].

Nun gab und gibt es wahrlich keinen Mangel an lokalen populärmusikalischen Stilen in Ostafrika, es seien nur Taarab, Ngoma oder als derzeit erfolgreichster Stil Bongo Flava erwähnt. Gleichwohl waren amerikanische, europäische und kongolesische Stile äußerst erfolgreich. Politiker sahen diese transnationalen Einflüsse im Hinblick auf die Schaffung eines nationalen Bewusstseins nach der Unabhängigkeit durchaus als schädlich an. Tansanias erster Präsident Julius Nyerere verkündete bereits in seiner vielzitierten Rede zur Amtseinführung das Problem der Dominanz westlicher Musikstile und seinen Willen, dem mit einem Ministerium entgegenzusteuern: 

“When we were at school we were taught to sing the songs of the Europeans. How many were taught the songs of the Wanyamwezi or the Wahehe? Many of us have learnt to dance the “rumba”, or the “chachacha” to “rock n’ roll” and to twist and even to dance the “waltz” and the “foxtrot”. But how many of us can dance, or have even heard of, the Gombe Sugu, the Mangala, the Konge, Nyang’umumi, Kiduo or Lele Mama? Lots of us can play the guitar, the piano, or other European instruments. How many Africans in Tanganyika, particularly among the educated, can play the African drums? I have set up this new ministry to help us regain our pride in our own culture. I want it to seek out the best of the traditions and customs of our tribes and make them a part of our national culture. (…) It is hard for any man to get much real excitement from dances and music which are not in his blood.” (Nyerere 1967:186)

Für die nachkoloniale Ära hat Kelly Askew am Beispiel von Tansania mustergültig gezeigt, wie Musik in den Prozess des Nation Building einbezogen wurde. Die Fokussierung auf Musik und Performance erleichterte ihr zudem eine kritische Perspektive auf die verbreiteten Ansätze zu Nation und Nationalismus, die sie als zu wenig ergebnisoffen beschreibt. Sie fokussiert stärker auf die performativen und dialogischen Aspekte bei der Entstehung von Nation und Nationalismus[xx]. Bei aller Nationalisierung blieben die westlichen – und östlichen – Einflüsse für die Musik Tansanias ebenso wichtig wie anderswo in Afrika – oder überall auf der Welt. Wie so viele Menschen irrte auch Nyerere mit der essentialistischen Vorstellung, dass Menschen Musik, Tanz oder Rhythmus im Blut hätten. Wie alle kulturellen Ausdrucksformen werden sie erlernt – und gerade in der Musik ist das Bedürfnis nach neuen, unbekannten, grenzüberschreitenden Ausdrucksformen ausgeprägt. Theorien zur Dialektik des Globalen und des Lokalen haben dabei deutlich gemacht, wie globale Formen dennoch zum Ausdruck des Eigenen genutzt werden können[xxi].

Äthiopien ist ein weiteres afrikanisches Land, das eine außerordentlich vielseitige musikalische Landschaft aufweist. Es muss hier nicht ausführlich behandelt werden, da es nie kolonisiert war und die Unabhängigkeitsära somit nur mittelbar relevant ist, insofern als es für andere afrikanische Staaten als Vorbild galt und es die panafrikanischen Bestrebungen der jungen Nationen unterstützte. Dieser mittelbare Bezug beflügelte aber anscheinend die Musikszene in Addis Abeba und brachte eine besonders reichhaltige Musikproduktion hervor. Zumindest erlebte die äthiopische Popmusik in den 1970ern, also der Spätphase des Regimes von Haile Selassie und der Frühphase des marxistischen DERG-Regimes, das den Kaiser stürzte, einen kreativen Höhenflug, den es nach Auffassung vieler Beobachter nicht wieder erreichte. Der aktuelle internationale Erfolg von Mulatu Astatke, dessen Karriere in den 1950ern mit dem Musikstudium in Großbritannien und den USA ansetzte und nach seiner Rückkehr nach Addis Abeba 1966 ernsthaft begann, ist ein eindrückliches Zeugnis dieser musikalischen Kreativität in den 1970ern. Auch für ihn waren die Kombination verschiedener regionaler äthiopischer Musikstile mit Jazz und lateinamerikanischer Musik der Ausgangspunkt seines Erfolges[xxii].  

Für ein Land jenseits der Ufer des Kontinents ist das Jahr 1960 ebenfalls gleichbedeutend mit Unabhängigkeit, gemeint ist Madagaskar. Wie in Äthiopien trat die madagassische Popszene allerdings erst in den frühen 70ern in Erscheinung. Und wie in Äthiopien entstand diese neue Musik im Umfeld gesellschaftlicher Umbrüche. In diesem Fall handelt es sich um die Studentenbewegung in Antananarivo. Hierbei bildet die Gruppe Mahaleo den Auftakt einer eigenständigen madagassischen Popmusik, die amerikanische Singer-Songwriter Stile mit der reichen musikalischen Landschaft der Insel zusammenführt und ab den 1980ern im Rahmen des Erfolges von „World Music“ auch den Westen erreicht. Das politische Engagement, das die Popmusiker Madagaskars bewegte und bewegt, lässt sich gut an der Person des Mahaleo-Musikers Rasolofondraosolo Zafimahaleo, kurz Dama genannt, zeigen. Dama wurde wie seine Mitmusiker in den Studentenunruhen politisiert, engagiert sich bis heute in verschiedenen NGOs, landwirtschaftlichen und ökologischen Projekten, hat aber auch den Weg in die institutionalisierte Politik gesucht. Ab 1994 wurde er in die madagassische Nationalversammlung gewählt und unterstützte den Präsidentschaftskandidaten Marc Ravalomanana. Enttäuscht von dessen Politik wählte er aber wieder den Weg parteipolitischer Unabhängigkeit. Der Film „Mahaleo“ von Cesar Paes und Raymond Rajaonarivelo dokumentiert auf recht erfrischende Weise die Diskussionen in der Band darüber, ob sich parlamentarisches Engagement lohnt oder notgedrungen zur Kooptierung führen muss[xxiii].

Das 50-jährige Jubiläum der Unabhängigkeitsära betrifft eher das subsaharische Afrika, denn die Länder Nordafrikas wurden meist früher unabhängig: Ägypten 1922, Libyen 1951, Tunesien, Sudan und Marokko 1956. Nur Algerien konnte erst 1962 nach einem blutigen Krieg und einer Volksabstimmung die Unabhängigkeit von Frankreich erlangen. Ähnlich wie in Kenia, den portugiesischen Kolonien und dem südlichen Afrika ist der Krieg im Zusammenhang mit der großen Zahl von Siedlern aus dem kolonialen Mutterland zu sehen. Die Trennung des subsaharischen Afrika vom Norden ist bekanntermaßen begründet in der von Hegel besonders drastisch ausgesprochenen Leugnung der Geschichtlichkeit des afrikanischen Kontinents, die Nordafrika aber ausnimmt, weil es an der mediterranen Geschichte teilgehabt habe. Aber nicht nur unter ideologiekritischen und politischen Gesichtspunkten ist diese Trennung problematisch; auch musikalische trans-saharische Verbindungen verweisen darauf, wie absurd die Annahme ist, die Sahara stelle eine unüberwindliche Trennlinie dar. Die Musikstile der Tuareg, Mauren und Araber Nordmalis, Mauretaniens und Nigers haben selbstverständlich enge Beziehungen nach Algerien, Marokko und Libyen. Gnawa-Musiker in Marokko wiederum beziehen sich in ihrer Musik auf Ursprünge in den Stilen der malischen Bambara, ebenso gibt es enge Bezüge zwischen den Musiken im Sudan und nubischen Stilen in Ägypten. Eine ägyptische Künstlerin und ein algerischer Stil müssen hier leider genügen, um den Norden zu repräsentieren.

Umm Kulthum (auch Om Koulsoum o. ä. transkribiert, 1898-1975) ist zweifellos die berühmteste arabische Sängerin des 20. Jahrhunderts. Sie begann ihre Karriere in den 1920ern, hatte ihre erfolgreichste Zeit aber in den 40ern und 50ern. Somit weist ihre Biographie faszinierende Parallelen zur Unabhängigkeit Ägyptens auf, das in den 1920ern formal unabhängig wurde, aber erst in den 1950ern die britische Dominanz vollständig abschüttelte. In diese Zeit fällt der Aufstieg von Gamal Abdel Nasser vom Offizier zum Präsidenten Ägyptens. Nasser entwickelte ein enges Vertrauensverhältnis zu Umm Kulthum, nachdem sie für ihn im arabisch-israelischen Konflikt 1948 gesungen hatte. Diese musikalische Unterstützung für ein Häuflein versprengter, von israelischen Truppen eingekesselter Soldaten durch die damals bereits in der gesamten arabischen Welt bekannte und vom ägyptischen Königshaus ausgezeichnete und verehrte Diva wurde als nicht selbstverständlicher patriotischer Akt angesehen. Kulthums enge Verbindung zum ägyptischen Königshaus dagegen erwies sich bald als problematisch. Ungeachtet der formellen Unabhängigkeit galt das ägyptische Königshaus als korruptes Marionettenregime der Briten, weshalb die Revolution von 1952 auch als vollständige Unabhängigkeit von den vor Ort dominanten und bis 1956 den strategisch wichtigen Suezkanal besetzenden Briten verstanden werden kann. Nachdem Nasser König Faruq I. 1952 stürzte, wurde Umm Kulthum aus dem ägyptischen Musikerverband ausgeschlossen. Offenbar setzte sich aber Nasser persönlich für ihre Rehabilitierung ein, sowohl wegen ihrer engen persönlichen Verbindung, als auch weil er um ihre Popularität wusste und kein Kräftemessen riskieren wollte[xxiv]. Umm Kulthum blieb somit auch die Verkörperung des neuen Ägypten.

Mit einiger Berechtigung könnte man sagen, eine Frau stand auch am Anfang von Rai, wenn man diese Genrebezeichnung im engeren Sinne auf Rai als Popmusik beziehen will. „Rai“ bedeutet im Arabischen Meinung, Standpunkt oder Ratschlag. Ursprünglich wurde damit Hirtenmusik im Umland der Hafenstadt Oran bezeichnet. Ab den 1920ern dokumentiert, entwickelte sich daraus ab Ende der 1970er das heute bekannte Popgenre. Neben den Sängern Cheikh Haldi und Cheikh Hamada gilt eben die Sängerin Cheikha Rimitti als Urmutter dieses Popgenres und bezeichnet sich selbst auch als Wurzel des modernen Rai. Diese frühe, in den 1940ern ihre Karrieren startende Generation unterstützte auch die FLN in ihrem Kampf gegen die französische Kolonialherrschaft. Sängerinnen wie Chaba Fadela und Chaba Zahouania sind als Vertreterinnen der nächsten Generation des Rai ebenso wichtig wie Cheb Sahraoui, Cheb Mami, Cheb Hasni oder Cheb Khaled. Letzterer ist inzwischen nur noch als Khaled weltbekannt, er hat sich aus nachvollziehbaren Gründen vom „Cheb“ getrennt, das ihn als Jüngling kennzeichnete, ebenso wie „Chaba“ Mädchen meint. Seinerzeit war es eine Abgrenzung der jüngeren Rai-Generation gegen die alten, sich als „Cheikhs“ und „Cheikhas“, bezeichnenden Musiker. Inzwischen sind aber neue junge Generationen nachgewachsen, für die Khaled natürlich auch schon zur alten Garde zählt. Für die Entwicklung dieser Musik einer Hafenstadt spielte der Austausch mit anderen Hafenstädten wie Marseille, im Zuge der Migration dann auch mit anderen Städten, allen voran Paris, eine wichtige Rolle. Ab den 1970ern integrierte dieser Stil massiv westliche Rock- und Pop-Elemente, in den 1980ern trat Rai seinen Siegeszug in die europäischen Charts an, ab den 90ern fusionierte er in Frankreich zunehmend mit HipHop. In Algerien sahen sich Musiker und Produzenten dagegen der bis zu einigen Morden reichenden Verfolgung durch Islamisten ausgesetzt. In deren erbärmlichem Weltbild war offenbar kein Platz für Menschen, die die Vorzüge körperlicher Liebe oder des Weingenusses priesen. Dabei standen die Rai-Musiker hiermit in einer großen Tradition arabischer Poesie, aber die ist den Eiferern vermutlich ebenso suspekt wie gute Musik. Kein Wunder, dass Rai-Musiker zunehmend im Westen Erfolg haben, der Höhepunkt bislang sicherlich Khaleds Welthits „Didi“ von 1992 und „Aïcha“ von 1996[xxv].

Die Ära der Unabhängigkeit begann also nicht erst in den 1960ern und sie endete auch noch nicht in diesem Jahrzehnt. Nicht nur neo-koloniale Abhängigkeiten sollten uns daran erinnern, dass Unabhängigkeit eher als fortdauernder Prozess denn als abgeschlossene Ära zu verstehen ist. Zudem erlangten viele Länder erst in den darauffolgenden Dekaden ihre Unabhängigkeit. Das betrifft zunächst die portugiesischen Kolonien, für die der Weg in die Unabhängigkeit meist ebenso blutig war wie für Algerien. Aus der Weigerung Portugals, das Ende der kolonialen Epoche zu akzeptieren, resultierten zähe Befreiungskriege, die unmittelbar nach der Unabhängigkeit 1975 in ebenso grausame Bürgerkriege mündeten. Das betraf die beiden großen Länder Angola und Mosambik, aber auch das kleine Guinea-Bissau, das die Unabhängigkeit für die Kapverdischen Inseln mit erstritt. Nur für die Inseln São Tomé und Príncipe gestaltete sich die Unabhängigkeit vergleichsweise friedlich. In allen Ländern suchten die siegreichen Befreiungsbewegungen Unterstützung vom sozialistischen Lager, besonders der Sowjetunion und Kuba, während die jeweiligen oppositionellen Lager von den USA, Südafrika und auch China unterstützt wurden. 

Die Bedeutung von Musik fürs Nation Building, das oben mit Askew am Beispiel Tansanias erwähnt wurde, nahm durch diese Beziehung zur Sowjetunion und Kuba in Angola und Mosambik einen recht ungewöhnlichen Weg. Tausende von angolanischen und mosambikanischen Schülern und Studenten wurden in diesen beiden Ländern (und anderen des Ostblocks) ausgebildet. In Kuba wurden Schulgebäude eigens für ausländische Schüler errichtet, kubanische Lehrer und solche aus dem jeweiligen Herkunftsland unterrichteten dort. Die Schulen wurden isoliert im ländlichen Raum für jeweils eine nationale Gruppe von Schülern errichtet. Den Schülern wurden neben den üblichen Fächern mit Bezug auf ihr Herkunftsland auch Speisen, Musikstile und Tänze ihres Herkunftslandes beigebracht. Durch das Erlernen der Tänze und Musikstile der verschiedensten Regionen Mosambiks bekamen sie ein Gefühl für die gesamte Nation. Sie wurden ermutigt, Portugiesisch statt ihrer jeweiligen ethnischen Sprachen zu sprechen und entwickelten ein Gefühl Mosambikaner und nicht Shangaan oder Makonde, Muslime oder Christen zu sein, ein Gefühl der Gemeinsamkeit, das bis heute anhält[xxvi].    

Fotografiert von Janina Herz.

Noch enger als zu Mosambik war das kubanische Verhältnis zu Angola. Über Jahre hinweg stellten angolanische Studenten das größte Kontingent ausländischer Studierender in Kuba, vor allem aber sandte die kubanische Regierung Soldaten und zivile Aufbauhelfer – Mediziner, Ingenieure, Lehrer – in den angolanischen Bürgerkrieg. Der militärische Sieg kubanischer und angolanischer Truppen über die südafrikanische Armee hat vermutlich das Ende des Apartheidregimes beschleunigt – so zumindest sah es Nelson Mandela, der auf der ersten Reise nach annähernd 40-jähriger Haft auf seiner ersten internationalen Reise auch Kuba besuchte – und gemeinsam mit Fidel Castro ein Buch herausgab[xxvii]. Die Dritte-Welt-bewegte Linke Europas begeisterte sich auch für die Musik der afrikanischen Freiheitsbewegungen und zumindest sprachlich war der Schritt von den Liedern der portugiesischen Nelkenrevolution zum angolanischen Befreiungslied nicht weit. International wie auch national äußerst erfolgreich ist der angolanische Sänger Bonga Kuenda. Nach einer Karriere als Sportler sattelt er noch in den 1970ern, also vor der angolanischen Unabhängigkeit 1975 und während der Jahre der Salazar- und Caetano-Diktatur in Portugal auf Musik um. Wegen ihrer revolutionären Texte erscheint seine erste Schallplatte „Angola ‘72“ 1972 in den Niederlanden. In Angola und Portugal wird sie verboten. Bonga lebt in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden im Exil, behält aber auch nach der Unabhängigkeit in der unruhigen Zeit des angolanischen Bürgerkrieges ein Standbein in Europa. Es ist interessant, festzustellen, dass die Euphorie, die wir heute mit der Ära der Unabhängigkeit verbinden, sich keineswegs immer in den Biographien der hier diskutierten Musiker wiederfindet. So blieb Bonga dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Angola lange fern. Die heute weltweit und bereits in den 1970ern national bekannte kapverdische Sängerin Cesaria Evora erlitt in den Jahren unmittelbar nach der Unabhängigkeit eine Schaffenskrise und zog sich von der Bühne zurück, um erst Ende der 1980er von Paris aus zu ihrer internationalen Karriere anzusetzen. Ihr wohl größter Hit „Sodade“ wurde übrigens auch von Bonga eingespielt. Bongas Erfolg in Angola ist bis heute ungebrochen. Die derzeit erfolgreichste angolanische Musik ist allerdings der Kuduro. Es handelt sich dabei um eine urbane Tanzmusik, wie der Name schon andeutet („Harter Arsch“). Dem oberflächlichen Betrachter mag sie als eskapistische Feier von Körper, Geld und Sex erscheinen, es ist aber faszinierend zu sehen, wie auch die traumatischen Erfahrungen des Bürgerkrieges auf tänzerische Weise umgesetzt werden. Kuduro ist die heute international wohl erfolgreichste afrikanische elektronische Tanzmusik[xxviii].

Simbabwe, Namibia und Südafrika mussten noch länger warten, bis die Mehrheit der Bevölkerung sich als unabhängig, befreit empfinden und demokratische Grundrechte genießen konnte. Rhodesien erklärte sich 1965 einseitig von Großbritannien unabhängig, um in Anlehnung an das südafrikanische Apartheidsregime die Ausgrenzung der schwarzen Bevölkerung ungestört von britischer Einmischung verstetigen zu können. Die schwarze Bevölkerung nahm den bewaffneten Kampf gegen das weiße Siedlerregime auf. Dieser Kampf wurde in Anlehnung an eine Bewegung des 19. Jahrhunderts als „Chimurenga“ bezeichnet, ein Name, der für ein Popgenre übernommen wurde, das vor allem durch den Musiker Thomas Mapfumo und seine Band Blacks Unlimited geprägt wurde. Ähnlich wie Griots in Westafrika die Melodien und Läufe der lokalen Saiteninstrumente Kora und Ngoni und des Xylophon-artigen Balafons für Gitarre adaptierten, übertrug Mapfumo die im Volk der Shona gespielte Musik der Mbira (in ähnlicher Form ist es im Westen als Kalimba oder Daumenklavier bekannt) in einen Popkontext und spielte bekannte Mbira-Themen auf der Gitarre. Seine Texte – auf Shona gesungen – wurden von der weißen Bevölkerung lange ignoriert, obwohl sie recht offen zum Widerstand gegen das Regime aufriefen. Erst 1979 realisierte die Regierung, worum es sich bei Mapfumos Texten handelte, ließ den Sänger einsperren und Verkauf und Abspielen seiner Stücke verbieten – letzteres ohne viel Erfolg, denn der Radiosender Voice of Mozambique sendete seine Musik aus dem Nachbarland. Mit der Machtübernahme der schwarzen Bevölkerungsmehrheit kam Mapfumo frei und spielte zu den Unabhängigkeitsfeiern für den neuen Staat Simbabwe – zu denen übrigens auch der Jamaikaner Bob Marley auftrat. Die Unabhängigkeit bedeutete aber nicht das Ende von Mapfumos Kritik an herrschender Ungerechtigkeit, er nahm Mugabes Regime ebenso aufs Korn wie das seiner weißen Vorgänger. Der heute international bekannteste Musiker Simbabwes, Oliver Mtukudzi, kurz: Tuku, war da stets weniger politisch explizit in seinen Texten. Einen revolutionären Akt anderer Art stellt dagegen die internationale Karriere von Stella Chiweshe dar. Anders als Mapfumo spielt sie die Mbira auf recht traditionelle Weise, nur ist es nicht vorgesehen, dass Frauen dieses Instrument spielen und dementsprechend hatte Chiweshe etliche Anfeindungen auszuhalten. Trotz des großen Erfolges von Griottes als Sängerinnen, die als Künstlerinnen Männer häufig in den Schatten stellen, fehlt dieser Schritt in Westafrika noch. Einige wenige Frauen als Instrumentalistinnen sind zwar bekannt, ein internationaler Durchbruch wie der von Chiweshe ist aber bisher nicht gelungen[xxix].

Die Unabhängigkeitsära blieb natürlich auch in Südafrika nicht unbemerkt und der Widerstand gegen das Apartheidregime radikalisierte sich in den 1960ern, während das Regime brutal gegen seine Kritiker vorging, was das Sharpeville-Massaker 1960 und die Schüsse auf Schüler in Soweto 1976 zeigen. Politisch engagierte Musikerinnen und Musiker flohen ins Exil oder wurden exiliert. Miriam Makeba und Hugh Masekela sind sicherlich die bekanntesten unter ihnen. Dass kritische Stimmen aber auch im Westen nicht immer gern gehört werden, erfuhr Makeba, als sie den Black-Panther-Aktivisten Stokely Carmichael heiratete. Auftritte wurden abgesagt, sie sah sich Anfeindungen ausgesetzt und die beiden beschlossen schließlich, ins Exil zu gehen – und zwar nach Guinea, wo Makeba nicht nur von Sékou Touré unterstützt, sondern auch mit einem Haus und einem Diplomatenpass ausgestattet wurde. Makeba konnte so auch als Vertreterin Guineas vor der UNO Südafrikas Apartheidsregime kritisieren. In Guinea erlernte sie übrigens auch die Kunst des Griot-Preisgesangs, die sie dann auch gleich zu Ehren Sékou Tourés praktizierte. Auch andere südafrikanische Musiker nutzten die Bühnen des Westens, um zur Solidarität mit dem Befreiungskampf der Schwarzen Südafrikas aufzurufen. In Südafrika selbst strebte das Regime eine Musiklandschaft an, die gemäß der „Rassen“-Kategorien der Apartheid-Ideologen in voneinander abgegrenzte Bereiche getrennt wurde. Besonders die Jazz-Szene in Kapstadt aber auch einzelne Musiker, etwa der auch international berühmte „weiße Zulu“ Johnny Clegg, überschritten diese Grenzen wiederholt. Ausdruck des „Struggle“, des besonders vom ANC angeführten Kampfes gegen die Apartheid, wurde der „Toyi Toyi“ genannte Tanz. Die Musik des neuen Post-Apartheid-Südafrika in den 1990ern wurde dann Kwaito, ein Stil der Elemente aus House, HipHop und Reggae mit südafrikanischen Stilen wie Bubblegum, Mbaqanga, Isacathamiya und Kwela vereint[xxx].

Die Unabhängigkeitsära könnte als immer noch nicht abgeschlossen angesehen werden, wenn man etwa die Perspektive der POLISARIO, die eine Unabhängigkeit der Westsahara von Marokko anstrebt, einnimmt. Auch der erneute Erfolg kubanischer Musik erscheint bisweilen als Kommentar zu den nicht erfüllten Versprechen einer vergangenen revolutionären Ära. Nun sollte man die Wiederbelebung der kubanischen Musikszene in Westafrika nicht überbewerten: Im Zuge des Erfolges kubanischer Musik zum Jahrtausendwechsel (Stichwort: ‚Buena Vista Social Club‘) kann dieses Revival auch als Produkt westlicher ‚World Music‘-Marketingstrategen gelesen werden, die legendäre Bands, wie das senegalesische Orchestra Baobab, wieder zusammenbrachten und auf Welttournee schickten[xxxi]. Gleichwohl scheint es auch das Bedürfnis nach einem genuinen künstlerischen Blick zurück auf die Unabhängigkeitsära zu geben. Die Frage danach, was erreicht wurde, welche Träume geplatzt sind, welche Chancen verpasst wurden, scheint sich in diesem erneuten Blick auszudrücken. So äußert die kamerunische Rapgruppe Ak Sans Grave in ihrer Version des „Indépendance Cha Cha“ ganz dezidiert Kritik an den enttäuschten Hoffnungen der Unabhängigkeitsära[xxxii]. Und auch ein Preisgesang kann durchaus kritisch gemeint sein – etwa, wenn nicht aktuell regierende Politiker besungen werden, sondern längst verstorbene: Wie seinerzeit Salif Keita besingt heute die weithin respektierte malische Griotte Bako Dagnon Sékou Touré in ihrem Stück „Le Guide de la Révolution“ (auf ihrem 2009 veröffentlichten Album „Sidiba“). Angesichts des heutigen Wissens um das berüchtigte Gefangenenlager Camp Boiro und Tourés paranoider Verfolgung potenzieller Oppositioneller, die auch Keita Fodéba ereilte, der 1965, nachdem er zuvor noch zum Minister des Inneren aufgestiegen war, in Tourés Gefängnis starb, erscheint dieser Preisgesang mehr als problematisch. Diese fortdauernde Wertschätzung wird allerdings nachvollziehbar, wenn wir uns daran erinnern, wie sehr Touré eben auch für eine revolutionäre Form der Unabhängigkeit, also eine strikte Ablehnung der Einbindung in neo-koloniale Strukturen (für die Guinea wirtschaftlich wahrlich gelitten hat) eintrat. Diese Wertschätzung besonders seitens der Musiker wird verständlich, wenn wir uns vor Augen führen, wie bedeutsam Tourés massive Förderung der Musik in Guinea und darüber hinaus für ganze Musikergenerationen war. Es überrascht dann nicht, dass sich Dagnon musikalisch an eine kubanische Guajira anlehnt, um Touré als Revolutionshelden zu feiern.

Sicherlich spielt in diesen Blick zurück aber auch schlicht eine kollektive biographische Dimension hinein: die Generation der Musiker, die ihre Karriere in der Unabhängigkeitsära begonnen hat, blickt von ihrem Lebensabend auf ihre Jugend zurück. Um in Mali zu bleiben: Ali Farka Touré und Boubacar Traoré, Musiker, die im Westen als „Bluesmen aus Mali“, als „Missing link“ zwischen afrikanischer und afroamerikanischer Musik vermarktet wurden, obgleich sie doch nie verhehlten, dadurch dass sie als junge Leute Platten von Muddy Waters oder John Lee Hooker hörten, schlicht vom amerikanischen Blues beeinflusst worden zu sein[xxxiii], wenden in ihren jüngeren Veröffentlichungen ebenfalls den Blick in die Unabhängigkeitsära: in Jacques Sarasins Film „Je chanterai pour toi“ von 2002 wird das von Unabhängigkeit und revolutionärer Aufbruchsstimmung geprägte Umfeld, in dem der Gitarrist und Sänger Boubacar „Kar Kar“ Traoré seine ersten Erfolge feierte, anschaulich dargestellt. Jüngst hat er die Musik dieser Ära erneut aufgenommen[xxxiv]. Der andere, berühmte malische Bluesman, Ali Farka Touré, spielte seine letzte Aufnahme zusammen mit dem Koraspieler Toumani Diabaté ein, übrigens dem Sohn des inzwischen verstorbenen Sidiki Diabaté, der seinerzeit die malische Unabhängigkeitsbewegung unterstützt hatte. Angesichts der bereits spürbaren Krankheit Tourés (die CD ist 2010 erschienen, wurde aber bereits im Juni 2005 aufgenommen, Ali Farka Touré starb 2006) bekam diese Platte den Charakter eines Vermächtnisses, war also vermutlich – zumindest aufseiten der Künstler – weniger von kommerziellen Erwägungen geprägt. Eines der Stücke auf der CD stammt aus dieser Epoche. Es war das Stück „Sina Mory“, das er zuerst von Keita Fodéba gespielt hörte und Touré dazu inspirierte, Gitarre zu lernen. Es war von jenem Keita Fodéba, der Guineas Musik und Tanz auf die Bühnen der Welt brachte, bevor er bei Sékou Touré in Ungnade fiel.

Es mag überraschend erscheinen, dass ausgerechnet kubanische Musik als Ausdruck der Unabhängigkeitsära erscheint. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, wie stark lateinamerikanische Musik selbst wiederum auf afrikanischer Rhythmik basiert. Dessen waren sich die afrikanischen Musiker und Hörer natürlich bewusst. Man konnte sie als moderne Form afrikanischer Musik verstehen. Darüber hinaus spielten sicherlich Ideen von einer gemeinsamen Identität als Bewohner des globalen Südens oder des Trikonts eine Rolle. Mit diesem Selbstbild konnte man sich sowohl vom Norden als auch von dem von den Kolonisatoren verbreiteten Bild afrikanischer Rückschrittlichkeit abgrenzen. Es ist insofern auch nicht verwunderlich, dass auch kommende Generationen von Musikern sich an Stilen von außerhalb Afrikas orientierten. Für die Jugend Bamakos war es in den 1970ern schick, afroamerikanische Musik als Ausdruck panafrikanischen Empfindens und als Opposition gegen die fortwirkende französische kulturelle Dominanz zu hören. Danach spielte Reggae eine vergleichbare Rolle[xxxv]. Den oben erwähnten transatlantischen Austausch muss man in Rechnung stellen, um zu verstehen, wie lateinamerikanische Musik im Gewand der Congo-Rumba zum Ausdruck der Unabhängigkeitsära wurde. Dennoch ist es nicht frei von einer gewissen Ironie dass sowohl in Sékou Tourés Guinea als auch im Kongo bzw. Zaire unter Mobuto lateinamerikanisch geprägte Musik den Soundtrack zur von der Regierung dekretierten afrikanischen „Authenticité“ darstellte, während Nyereres Versuche, tansanische Musik zu „re-afrikanisieren“ von wenig Erfolg gekrönt blieben[xxxvi].

Die Lieder der Unabhängigkeitsära, allen voran „Indépendance Cha Cha“, evozieren Bilder von der Unabhängigkeit mit durch die Straßen ziehenden jubelnden Massen und eleganten Eliten auf Cocktailpartys, die alle die endlich errungene Freiheit feiern. In Filmen wie „Je chanterai pour toi“ oder „Lumumba“ von Raoul Peck aus dem Jahre 2000 werden diese Bilder konkretisiert, in den derzeit stattfindenden offiziellen Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum der Unabhängigkeit in etlichen afrikanischen Ländern werden diese Bilder möglicherweise erneut zur Aufführung gebracht werden, um den aktuellen Regimes ungeachtet politischer, institutioneller oder persönlicher Kontinuitäten oder Brüche über diesen Rückbezug auf die historischen Ereignisse Legitimität zu verleihen[xxxvii].

In der eingangs beschriebenen Nacht in Gambia spielten diese Bilder dagegen keine Rolle. Malamini berichtete von der euphorisierten Jugend, die zu seiner Musik tanzte, er schilderte die Bedeutung, die die neue unabhängige Regierung als Arbeitgeber für ihn hatte, er erzählte davon, wie er sich mit Freunden in Guinea Bissau darüber gestritten hatte, wie sinnvoll und aussichtsreich ein Krieg gegen Weiße wäre, er sprach vom panafrikanischen Festival in Nigeria und von seinen ersten Schritten auf dem kultur-diplomatischen Parkett in Moskau. Nur eines erwähnte er mit keinem Wort: die Unabhängigkeit! In langen Nächten voller nostalgischer Anekdoten, in einigen formellen Tonaufnahmen seiner Lebensgeschichte taucht die Unabhängigkeit als Ereignis schlicht nicht auf. Keine euphorisierten Menschenmassen in den Straßen, keine abtretenden Gouverneure und antretenden Präsidenten, die weihevolle Reden schwingen und sich die Hand reichen, kein eingeholter Union Jack, kein Aufziehen der rot-weiß-blau-weiß-grünen Flagge Gambias, kein Spielen der neuen Nationalhymne. Vielleicht waren die Festivitäten zur Unabhängigkeit für viele Afrikanerinnen und Afrikaner gar nicht so stark mit Revolutionseuphorie verbunden, wie Akademiker im Westen sich das vorstellen - oder wünschen würden. Vielleicht blieben in Banjul, der Hauptstadt Gambias, die Leute zu Hause, während sie in Léopoldville durch die Straßen strömten, um Lumumba zuzujubeln, wie es uns Filmdokumente, Historienmalerei und die Leichtigkeit des „Indépendance Cha Cha“ vermitteln. Hier sollten sich ethnologische und historische Forschungen um einen genauen Blick bemühen, der neben den gemeinsamen Elementen und Symbolen des Nationalen rund um die Unabhängigkeit auch die partikularen Erfahrungen der Einzelnen umfasst. Der Blick mag dabei auch über die engere Unabhängigkeitsphase hinaus schweifen – denn interessante musikalische Entwicklungen spiegeln nicht einfach die politischen oder gesellschaftlichen – sie mögen ihnen folgen, sie ignorieren oder sie antizipieren[xxxviii].

 

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Olaniyan, Tejumola: Arrest the Music! Fela and His Rebel Art and Politics, Bloomington 2004.

Panzacchi, Cornelia: Mbalax Mi - Musikszene Senegal, Wuppertal 1996.

Person, Yves: Samori – Une révolution dyula, 3 Bde. Dakar 1968.

Pfeiffer, Katrin: Sprache und Musik in Mandinka-Erzählungen, Köln 2001.

Probst, Peter und Gerd Spittler (Hg.): Between Resistance and Expansion – Explorations of Local Vitality in Africa, Münster 2004.

Rasolofondraosolo, Zafimahaleo und Ulrike H. Meinhof: Popular Malagasy music and the construction of cultural identities, in: AILA Review, Vol. 16 No. 1/2003, S. 127-148.

Schramm, Katharina: Dancing the Nation – Ghanaische Kulturpolitik im Spannungsfeld zwischen Nation und globaler Herausforderung, Münster 2000.

Schuyler, Philip D.: Music and Meaning among the Gnawa Religious Brotherhood of Morocco, in: The World of Music Vol. 23 No. 1/1981, S. 3-12.

Schulz, Dorothea: Perpetuating the Politics of Praise – Jeli Singers, Radios, and Political Mediation in Mali, Köln 2001.

Senghor, Léopold Sédar (Hg.): Anthologie de la nouvelle poésie nègre et malgache de langue française, Paris 1969.

Siegert, Nadine 2008: Kuduru – Musikmachen ohne Führerschein, in: EthnoScripts 10. http://opus.ub.uni-bayreuth.de/volltexte/2009/567/pdf/Dokument_Siegert.pdf

Stapleton, Chris und Chris May: African All*Stars: The Music of a Continent, London u. a. 1989.

Trouillet, Jean und Werner Pieper (Hg.): WeltBeat – Ja-Buch für Globe-HörerInnen, Löhrbach (ca.) 1989, Der Grüne Zweig 132.

Veal, Michael E.: Fela - The Life & Times of an African Musical Icon, Philadelphia 2000.

White, Bob: Rumba Rules – The Politics of Dance Music in Mobutu’s Zaire, Durham 2008.

Zobel, Clemens: Das Gewicht der Rede - Kulturelle Reinterpretation, Geschichte und Vermittlung bei den Mande Westafrikas, Frankfurt/Main u. a. 1997.

 

Einige Musikaufnahmen der Unabhängigkeitsära wurden bei folgenden Labels wiederveröffentlicht: Buda Musique (www.budamusique.com äthiopische Musik der 1970er in der Serie „Éthiopiques“, aber auch sansibarische Musik und afrikanische Filmmusiken), Network World of Music (www.networkmedien.de – hier besonders die Serie „Golden Afrique“), Popular African Music (www.popularafricanmusic.de – die wunderbare Zusammenstellung „Ngoma – Souvenir ya l’Indépendance“ ist derzeit leider nicht verfügbar), RetroAfric (www.retroafric.com – E.T. Mensah, Franco, Geraldo Pino, Super Eagles, etliche Superstars der 1960er/70er, hier sind sie zu finden), Stern’s Africa (www.sternsmusic.com – z. B. großartige Zusammenstellungen guineischer Musik der Touré-Jahre), World Circuit (www.worldcircuit.co.uk – alte und neue Aufnahmen großer Musiker besonders aus Mali und Senegal – etwa Orchestra Baobab).

 


[i] Ausführlicher diskutiert Charry 2000 die verschiedenen Kategorien und Begriffe, die in einigen Mandesprachen für unterschiedliche Musikgenres und das Musikmachen verwendet werden.

[ii] Alpha Blondys eigentümlicher Preisgesang auf den damaligen ivorischen Präsidenten Houphouet-Boigny ist auf „Apartheid is Nazism“ von 1985 erschienen: http://www.youtube.com/watch?v=Jzs5fQzBpzM (letzter Zugriff 01.08.13)

[iii] Vgl. z. B. Jegede 1994 und als Musiker seine Kategorisierungen im Rahmen des „African Classical Music Ensemble“ umsetzend: http://www.youtube.com/watch?v=RfnaQ9Cuw5k (letzter Zugriff 01.08.13)

[iv] Vgl. Lawson 2005:3 zum Verweis auf das alt-europäische Verständnis von Revolution als Rückkehr (revolvere) zu einer „richtigeren“ Gesellschaftsordnung. Zu Samory vgl. Person 1968. Eine Grioterzählung zu Keme Burama, dem Bruder Samorys: http://www.youtube.com/watch?v=2x2-vEe3wl4 (letzter Zugriff 01.08.13), Bembeya Jazz National: Regard sur le passé: http://www.youtube.com/watch?v=ztMyZkrgU3M (letzter Zugriff 01.08.13), Salif Keita & Les Ambassadeurs Internationaux: „Mandjou“: http://www.youtube.com/watch?v=T-4nyr5GbwQ (letzter Zugriff 01.08.13).

[v] Durán 1995:206.

[vi] Charry 2000: 156 Fn. 91. Eine französische Übersetzung des Textes des Stücks ‚Kaira‘, der die Grausamkeit französischer Gefängnisse anprangert, bringt Camara 1976:270. Online-Versionen von Kaira: http://www.youtube.com/watch?v=N6rKqNkHkdI, (letzter Zugriff 01.08.13).

[vii] Charry 2000:242ff., Harrev 1992:209ff.

[viii] Vgl. Frith 2004:3f. zu einer Definition von populärer bzw. Popmusik, die besonders auf die massenmediale Vermittlung, den Warencharakter und deren hedonistischen Charakter abzielt. Weiterhin nützlich: Brackett 2000.

[ix] Vgl. Bender 2005, Coester & Gretz 2005.

[x] Unter dem Namen Maravillas del Mali feierten einige Musiker sowohl in Kuba als auch in Mali Erfolge. Von ihnen ist Boncana Maiga in der Gruppe Africando heute noch aktiv. http://www.exil.de/press/2665-africando-pi-dt.html (letzter Zugriff 01.08.13).

[xi] Vgl. Gilroy 1993 und Dorsch 2000.

[xii] Zu Palm Wine, Highlife und Juju liegen einige brillante Studien vor, die Stile müssen daher hier nicht in aller Breite diskutiert werden. Verwiesen sei hier besonders auf Collins 1992, 1996 und Bender 2007. Zum späteren Nation Building in Ghana vgl. Schramm 2000. Das Stück zur Unabhängigkeit Ghanas von E. T. Mensah and Tempos Dance Band: http://www.youtube.com/watch?v=9m1TaPgQ14k (letzter Zugriff 01.08.13).

[xiii] Olaniyan 2004, Veal 2000, Moore 1982. Online: http://www.afrobeatmusic.net (letzter Zugriff 01.08.13) “Teacher Don’t Teach Me Nonsense” – einer von vielen online verfügbaren Videos von Auftritten von Fela Kuti: http://www.youtube.com/watch?v=h4AA6EuZe-k (letzter Zugriff 01.08.13).

[xiv] Dibango 1989. „Soul Makossa“ auf YouTube: http://www.youtube.com/watch?v=aWK_Josc0Og (letzter Zugriff 01.08.13). Ein TV-Auftritt Dibangos mit Xylophon-Intro: http://www.youtube.com/watch?v=PmWTLDlj6SQ&feature=related letzter Zugriff (01.08.13).

[xv] Vgl. Monsengo Vantibah 2009 und White 2008.

[xvi] Arnaud & Lecomte 2006; Joseph Kabasele & African Jazz „Indépendance Cha Cha“: http://www.youtube.com/watch?v=reModLpEloc&feature=watch_response (letzter Zugriff 01.08.13). Monsengo Vantibah (2009:49) zitiert den Text auf Lingala, weiteren kongolesischen Sprachen und in französischer Übersetzung: "Indépendence cha-cha Tozui e – O Kimfwanza cha-cha tuba kidi – O Table Ronde cha-cha bagagner o – O dipenda cha-ch tozui e. Asoreco na Abako – Bayokani moto moko – Na Conakat na Cartel – Balingani ne Front commun – Bolikango, Kasavubu – Mpe Lumumba na Kalonji – Bolya, Tshombe, Kamitatu – O Esanfu, Mbuta Kanza – Ta MNC na Ugeco – Abazi na PDC – Na PSA, African Jazz – Na Table Ronde mpe bagagner" "Nous avons l’indépendance – Nous avons l’indépendance – Ils ont gagné à ola Table Ronde – Et nous avons l’indépendance. L’Asoreco et l’Abako, Se sont compris comme un seul homme – La Conakat et le Cartel – Se sont ligués en un front commun – Bolikango, Kasavubu – Lumumba et Kalonji – Bolya, Tshombe, Kamitatu – Esandja et l’honorable Kanza – Le MNC et l’Ugeco." Mehr zum Stück unter http://www.mondomix.com/actualite/725/independance-cha-cha-histoire-d-un-tube.htm (letzter Zugriff 01.08.13).

[xvii] Kant 2005 (1798):97.

[xviii] Vgl.: http://www.afropop.org/explore/artist_info/ID/32/Remmy%20Ongala/ (Letzte Überprüfung am 01.08.13, nicht mehr aktiv).

[xix] Vgl. Ntarangwi 2003, Askew 2002. Als Swahiliküste wird der von Kenia bis Nordmosambik reichende, von Kisuaheli-Sprechern bewohnte Streifen der ostafrikanischen Küste bezeichnet.

[xx] Vgl. Askew 2002. Auch in Tansania wurde die Unabhängigkeit besungen, etwa in jenem Stück mit triumphalistischem Unterton, welches Lange (1995:30) wie folgt auf Sukuma zitiert und ins Englische übersetzt: “Lelo namubuje, bebe – Ng’walalaga kinahe bazungu – Nene namabuje – Iki ng’wagandaga ng’walubaga giki – Ng’wilek’ inyam’ indoto” - “Let Me Ask you today – Europeans how are you today? - You look depressed weak and gloomy – Are you thinking about the fresh meat - That you are about to leave?”

[xxi] Vgl. Probst & Spittler 2004 und Loimeier et al. 2005.

[xxii] Bostons MIT Website bietet einige biographische Informationen: http://web.mit.edu/arts/announcements/prs/2008/0908_mulatu.html (Letzter Überprüfung am 01.08.13, nicht mehr aktiv). Zu seinen aktuellen Erfolgen, siehe: http://www.ethiojazz.com (letzter Zugriff 01.08.13) und z. B. http://www.youtube.com/watch?v=UQRziRVmvcg (letzter Zugriff 01.08.13).

[xxiii] Mahaleo – Ein Dokumentarfilm von Cesar Paes und Raymond Rajaonarivelo, Madagaskar/Frankreich 2005. Erhältlich über EZEF - Evangelisches Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit. Weitere Info: www.mahaleo.com (letzter Zugriff 01.08.13) und Rasolofondraosolo & Meinhof 2003. Einen guten ersten Einblick bietet auch Anderson 2006. Überhaupt bietet „The Rough Guide to World Music“ einen hervorragenden Einstieg in die Thematik (Broughton et al. 2006).

[xxiv] Vgl. Danielson 1997, Braune 1994. Umm Kulthums berühmte Stücke „Al Atlal“ und „Enta Omri“ auf YouTube: http://www.youtube.com/watch?v=Go-3AN-m2gI&feature=related (letzter Zugriff 01.08.13), http://www.youtube.com/watch?v=vjfH8a8wDOU&feature=related (letzter Zugriff 01.08.13).

[xxv] Daoudi & Miliani 1996, Belaskri 1995, Khaled 1998. Eine Performance von Cheikha Rimitti: http://www.youtube.com/watch?v=Qiu2mgIMkNQ (letzter Zugriff 01.08.13), Khaled’s Welthits „Aïcha“ und „Didi“: http://www.youtube.com/watch?v=iIyyPsqRweE (letzter Zugriff 01.08.13), http://www.youtube.com/watch?v=g93odzEUXg8 (letzter Zugriff 01.08.13).

[xxvi] Diese Angaben beruhen auf der im Rahmen des SFB/FK 560 an der Universität Bayreuth mit Katrin Hansing in Kuba, Mosambik und Südafrika durchgeführten Forschung vgl. hierzu: Dorsch 2008, Hansing & Dorsch 2005.

[xxvii] Mandela & Castro 1991.

[xxviii] Zur angolanischen Musik: Moorman 2008. Cesaria Evora: „Sodade“ http://www.youtube.com/watch?v=HOzcMzCaFWo (letzter Zugriff 01.08.13); Bongas Version: http://www.youtube.com/watch?v=8tiAM8CsVCE (letzter Zugriff 01.08.13). Zum Kuduro: Siegert 2008. Einen guten ersten Eindruck in Kuduro vermittelt das Stück „Sound of Kuduro“ der international erfolgreichsten Gruppe Buraka Som Sistema: http://www.youtube.com/watch?v=4CkXhtw7UNk (letzter Zugriff 01.08.13).

[xxix] Ein Interview mit Mapfumo: http://www.youtube.com/watch?v=jJN4pFUrTjU (letzter Zugriff 01.08.13), sein Song „Zimbabwe-Mozambique“: http://www.youtube.com/watch?v=Kx7eXnHnkTM&feature=related (letzter Zugriff 01.08.13). Stella Chiweshe: http://www.youtube.com/watch?v=klO53XOcJJo&feature=related (letzter Zugriff 01.08.13). Tukus großer Erfolg „Neria“: http://www.youtube.com/watch?v=GhXGyer-cIg (letzter Zugriff 01.08.13).

[xxx] Miriam Makeba und Hugh Masekela brauchen wohl keine weiteren Verweise, dennoch hier „Pata Pata“: http://www.youtube.com/watch?v=e-VrfadKbco (letzter Zugriff 01.08.13) und „Mandela (Bring Him Back Home)“ – einer der vielen musikalischen Aufrufe, Mandela aus dem Gefängnis zu entlassen: http://www.youtube.com/watch?v=XKCk8o5xzaM (letzter Zugriff 01.08.13). Die Diva des Bubblegums ist Brenda Fassie: http://www.youtube.com/watch?v=9SPO7JxqShA (letzter Zugriff 02.08.13). Der bekannteste Isacathamiya-Chor ist natürlich Ladysmith Black Mambazo, hier mit „Homeless“: http://www.youtube.com/watch?v=JFQ1TSzdpRA (letzter Zugriff 01.08.13). Internationalen Erfolg als Mbaqanga-Gruppe hatten Mahlathini and Mahotella Queens: http://www.youtube.com/watch?v=6mFkUm4-yWc (letzter Zugriff 01.08.13). Die Pop-Kwaito Gruppe Mafikizolo wirft einen Blick zurück auf die Kwela-Ära mit einem Gastauftritt von Hugh Masekela: http://www.youtube.com/watch?v=EsGNz3zcwxs (letzter Zugriff 01.08.13). Ein bekanntes Kwela-Stück von Spokes Mashiyane: http://youtube.com/watch?v=BghcwUaVbvs (letzter Zugriff 01.08.13). Der Film „Amandla! A Revolution in four part harmony“ (2002) des Regisseurs Lee Hirsch schildert bewegend die Rolle des „Toyi Toyi“ für den Freiheitskampf. Dank für diesen Hinweis gebührt Leni Senger. Johnny Clegg: http://www.youtube.com/watch?v=FoaVTRSPCKM (letzte Überprüfung am 01.08.13, nicht mehr aktiv). Kwaito wird nun natürlich auch zum Soundtrack des WM-Marketings: http://www.youtube.com/watch?v=BjeVPxZh-kw&feature=related (letzter Zugriff 01.08.13). Dass die offizielle WM-Hymne für die WM in Südafrika ausgerechnet von einer Lateinamerikanerin eingespielt wurde, wird die Leserinnen und Leser dieses Beitrags nicht überraschen. Das Stück von Shakira und der südafrikanischen Band Freshly Ground „Waka Waka (This Time for Africa)“: http://www.youtube.com/watch?v=D4oLhtYpO9A (letzter Zugriff 02.08.13). Es basiert übrigens auf dem Stück „Zangalewa“ der kameruner Band „The Golden Sounds“: http://www.youtube.com/watch?v=i0wsxntkU20 (letzter Zugriff 02.08.13). http://en.wikipedia.org/wiki/Zamina_mina (letzter Zugriff 01.08.2013). Dank für diese Links geht an Axel Heinemann.

[xxxi] Auch politische Faktoren spielen hier hinein, etwa die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Senegal und Kuba 2001 (Coester und Gretz 2005).

[xxxii] http://www.youtube.com/watch?v=HW1OTj3EdNs&feature=related (letzter Zugriff 01.08.2013). Ich danke Daniel Künzler für diesen Hinweis.

[xxxiii] Kubik 1999:190ff. 

[xxxiv] Auf seiner jüngsten CD „Kongo Magni“ von 2005 ist etwa das Stück „Indépendance“ zu hören, auf dem Soundtrack „Je chanterai pour toi“ auch die berühmten Stücke der Unabhängigkeitsära „Kayes Ba“ und „Mali Twist“; weitere Info: http://www.mali-music.com/Cat/CatK/KarKar.htm (Letzte Überprüfung am 01.08.2013, nicht mehr aktiv).

[xxxv] Vgl. hierzu Diawara, Manthia 1998. Ähnliches, dann auch mit Hinblick auf den Reggae bestätigte mir der malische Reggae-Musiker Oumar Koita im Interview 1994, auszugsweise veröffentlicht in Dorsch 1994.

[xxxvi] White 2008, Askew 2002, Charry 2000.

[xxxvii] Zu den Unabhängigkeitsfeiern läuft derzeit ein Forschungsprojekt am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg Universität Mainz: http://www.ifeas.uni-mainz.de/projekte/Erinnerung.html (Letzte Überprüfung am 01.08.2013, neue Adresse: http://www.ifeas.uni-mainz.de/268.php (letzter Zugriff 01.08.2013)).

[xxxviii] Dieses war auch ein Ergebnis der Diskussionen auf dem Panel „Indépendance Cha Cha – Continuities, Transformations and Memories of Euphoria in African Popular Music(s)“ auf der Jahrestagung der Vereinigung für Afrikawissenschaften in Mainz im April 2010. Für Anregungen und Ideen, die auch in diese Publikation eingeflossen sind, danke ich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Halkano Abdi Wario, Stefanie Alisch, Edda Brandes, Anja Brunner, Daniel Künzler, Denis-Constant Martin, Ulrike Meinhof und Nadine Siegert. http://www.vad-ev.de/2012/index.php/de/mainz-2010/programm/zu-den-panels/panels-papers/cat_view/23-panel-09 (letzter Zugriff 01.08.13).