Hg. von Irmgard Zündorf, Jan-Holger Kirsch

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1. Juli 2007

Redaktionelle Vorbemerkung

Die Eröffnung der neuen Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums (DHM) im Juni 2006 hat sowohl in der Presse als auch in der Fachwissenschaft für mehr Aufsehen ge­sorgt als irgendeine andere historische Ausstellung in Deutschland der letzten Jahre. Dabei fiel ein Großteil der Kommentare eher kritisch aus. Die Zahl von über 700.000 Besuchern im ersten Jahr seit der Eröffnung und viele Besucherkommentare dokumentieren hingegen eine durchaus positive Resonanz. Den unterschiedlichen Bewertungen liegen verschiedene Krite­rien zugrunde: Während die einen vor allem das Narrativ der Ausstellung bewerten und feh­lende Bereiche oder bestimmte Schwerpunktsetzungen kritisieren, schauen die anderen auf die imponierende Präsentation der rund 8.000 Objekte, die klare Gliederung der Ausstellung mit ihrem Hauptrundgang und den Vertiefungsräumen sowie die Fülle multimedialer Ange­bote.

Die Berliner Ausstellung betont bereits durch den Titel „Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen aus zwei Jahrtausenden“, dass die gezeigten Objekte im Mittelpunkt stehen. Darüber hinaus wird im Titel die gesamte deutsche Geschichte als Themenfeld genannt (stets verstanden als Geschichte des deutschen Kulturraums im europäischen Kontext). Dieses weite Feld lässt sich – wie jede Geschichte – nicht vollständig behandeln, sondern nur auf der Grundlage von Auswahlentscheidungen und Prioritätensetzungen. Dabei konnte und musste das DHM auf die umfassende Diskussion rekurrieren, die in wechselnden politischen und wissenschaftlichen Konstellationen seit Ende der 1970er-Jahre geführt wurde. Die Daueraus­stellung ist somit auch als Ergebnis der öffentlichen Debatte zu verstehen. Diese Debatte wiederum stand und steht im Kontext weiterer deutscher Diskussionen um „Geschichtsbe­wusstsein“, „Erinnerungskultur“ und „nationale Identität“, aber auch um zunehmend global verhandelte Fragen der Repräsentation und Inszenierung von Geschichte im Museum.
 
Die hier gesammelten Reaktionen auf die Dauerausstellung des DHM umfassen neben einem Pressespiegel eine Reihe von Reprints aus wissenschaftlichen Zeitschriften, aber auch Origi­nalbeiträge verschiedener Experten (Olaf Hartung aus geschichtsdidaktischer Sicht, Bill Niven aus englischer Perspektive, Heidemarie Uhl als österreichische Beobachterin; jeweils mit Schwerpunkt auf den zeitgeschichtlichen Ausstellungsteilen). Darüber hinaus haben wir dem DHM die Gelegenheit gegeben, die eigene Arbeit zu erläutern und auf die kritischen Stimmen zu antworten. Burkhard Asmuss, Kurator des Ausstellungsbereichs zum Nationalso­zialismus, blickt auf die Entstehungsgeschichte des Museums zurück, um Struktur und Auf­bau der heutigen Dauerausstellung besser verständlich zu machen, und bezieht Stellung zur bisherigen Kritik. Damit geben wir der Debatte um das Deutsche Historische Museum ein Forum, das der Bedeutung des Museums in multiperspektivischer Weise gerecht werden soll. Auch wenn die Eröffnung der Dauerausstellung in gewisser Weise den Endpunkt der ge­nannten Kontroversen markiert, soll sie hier eher als Zwischenstation für die Beschäftigung mit (Zeit-)Geschichte im Museum verstanden werden – und zwar für eine Art der Beschäfti­gung, die neben den großen geschichtspolitischen Fragen die musealen Kernaufgaben des Sammelns, Bewahrens, Ausstellens, Forschens und Vermittelns wieder ins Zentrum der Auf­merksamkeit rückt. Weitere Vorschläge und Manuskriptangebote zu diesem Themenschwer­punkt nimmt die Redaktion gern entgegen (E-Mail: zuendorf@zzf-pdm.de).
 
 

Beiträge

Olaf Hartung

Zur Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums

Bill Niven

The Permanent Exhibition in the German Historical Museum

Heidemarie Uhl

Zur Darstellung des nationalsozialistischen Völkermords in der Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums

Burkhard Asmuss

Vorgeschichte, Kritik und Gegenkritik

Jürgen Kocka

Die Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums

Katrin Pieper

Die neue ständige Ausstellung des DHM

Peter Reichel

Die Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums