Wie so viele Veranstaltungen des letzten Jahres, wurde auch die Eröffnung des Humboldt-Forums im neuen Berliner Schloss Ende 2020 digital gefeiert, ohne dass dabei inmitten des zweiten deutschen 'Lockdowns' von einer Eröffnung im eigentlichen Sinn die Rede hätte sein können. Wie und wann Besucher:innen die umstrittenen Ausstellungsstücke des großangelegten Prestigeprojekts im Herzen der Hauptstadt tatsächlich werden sehen können, ist derzeit noch ungewiss. Von Beginn der Planungsphase an, so viel ist sicher, sorgte das Humboldt-Forum jedoch für heftige Debatten, deren Abflauen nicht zu erwarten ist: Sollten in kolonialen Zusammenhängen 'erworbene' Gegenstände, schlichtweg geraubte, oder solche, deren Provenienz unklar ist, nach wie vor in westlichen Museen gelagert und ausgestellt werden, oder an (die Herkunftsländer) ihre(r) ursprünglichen Besitzer:innen zurückgegeben werden? Ganz zu schweigen vom Streit um das frisch fertiggestellte Gebäude, das diese Kulturgegenstände, wie beispielsweise die Benin-Bronzen, beherbergen soll: Das aufwändig wiederaufgebaute und ebenso kontrovers diskutierte Berliner Stadtschloss.
Allerdings berühren die postkolonialen Debatten (in Deutschland), nicht erst seit dem Planungsbeginn des Humboldt-Forums oder den Black-Lives-Matter-Protesten im vergangenen Sommer, diverse miteinander verzahnte Themen: Auseinandersetzungen mit der deutschen Kolonialgeschichte und darauffolgend mit Kolonialrevisionismus und -amnesie, Wiedergutmachung für Kolonialverbrechen[1], 'Dekolonialisierung' von Sprache und Stadtbild, Migration und Rassismus, und viele mehr.
Da das Themenfeld also weit ist, dient die vorangestellte Einleitung als Überblick über dieses zeitgeschichtliche Dossier zum Umgang mit dem kolonialen Erbe. Wer zunächst einmal weniger lesen und sich lieber mit Hilfe audiovisueller Einführungen der globalen Frage nach Restitution nähern möchte, dem seien an dieser Stelle sowohl das folgende Video über umstrittene Provenienz im weltweit größten kulturgeschichtlichen Museum, dem British Museum in London, als auch das Videointerview mit der Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy empfohlen.
[1] Vgl. hierzu aus unserem Archiv: Christiane Bürger, Deutsche Kolonialgeschichte vor Gericht. Über den problematischen Umgang mit dem Genozid an den Ovaherero und Nama, in: Zeitgeschichte-online, August 2018.