von Henning Borggräfe

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1. Dezember 2012

 

Sollten nach Großunternehmen, Wissenschaftsorganisationen und neuerdings verstärkt staatlichen Institutionen auch noch Vereine und Verbände Aufträge an Historiker vergeben, um ihre NS-Vergangenheit professionell erforschen zu lassen? Was würde dies bringen, außer all jene in ihrer Ansicht zu bestärken, die ohnehin der Auffassung sind, dass die Aufarbeitung der Geschichte des „Dritten Reichs“ längst zur Obsession geworden ist? 

Schon als ich 2007 mit Historikerkollegen eine erste Skizze meiner Studie über „Schützenvereine im Nationalsozialismus“[1] diskutierte, gab es im Anschluss die halb ernst gemeinte Frage, ob jetzt etwa auch noch Schäferhundvereine erforscht werden müssten. Blondi – das erste Opfer Hitlers? Hinter der Frage stand die Sorge vor einer Trivialisierung der NS-Herrschaft durch die Beschäftigung mit solchen, zunächst in der Tat eigenartig anmutenden Themen. Aber woher stammten eigentlich – um dieses Beispiel aufzugreifen – die gut 40.000 so genannten Gebrauchshunde in Diensten der Wehrmacht? Und woher stammten auch jene Diensthunde der SS in den Konzentrationslagern, über die Überlebende nach der Befreiung mit Schrecken berichteten? Ein Großteil der Melde-, Wach- und Spürhunde, die im Zweiten Weltkrieg auf deutscher Seite zum Einsatz kamen, wurde gezüchtet und abgerichtet in den Ortsgruppen des Vereins für Deutsche Schäferhunde (SV) und anderer Hundezuchtverbände, die seit 1933 zentralisiert und in einem Einheitsverband „gleichgeschaltet“ worden waren. „Schäferhundzucht ist Gebrauchshundzucht!“ mahnte der im neuen Verband seit 1935 als „Fachschaft für Deutsche Schäferhunde“ firmierende SV regelmäßig in seiner Zeitschrift.

Vorbildliche Arbeit: Frauen übernehmen die Abrichtung in einem Ortsverein für Deutsche Schäferhunde während ihre Ehemänner an der Front sind (1939).
Bild: Zeitung der Fachschaft für Deutsche Schäferhunde

 

Von der Wichtigkeit ihrer Tätigkeit war die Fachschaft für Deutsche Schäferhunde offenbar so sehr überzeugt, dass sie im November 1939 sogar an die Ehefrauen ihrer männlichen Vereinsmitglieder appellierte, die aufgrund der Einberufung vieler Männer und der Einziehung tausender Hunde kurzzeitig vom Zusammenbruch bedrohte Arbeit fortzusetzen: „Die Abrichtung der Hunde darf ebenso wenig wie die Zucht unterbrochen werden, denn der gute Gebrauchshund ist heute ein dringendes Bedürfnis, dringender als je, und wird es auch für die Zukunft bleiben.“ Im Dezember 1939 ließ sich hiervon auch die zuständige Wehrmachtsstelle überzeugen, die rassisch wertvolle Zuchthunde vom Militärdienst freistellte.[2] Ob auch Hunde der Konzentrationslager-SS aus diesen Strukturen stammten, kann derzeit nicht beantwortet werden. Auffallend ist jedoch, dass der systematische Einsatz von Hunden in Konzentrationslagern seit Ende 1941, der vor allem dazu diente, Bewachungspersonal für den Fronteinsatz freizustellen, mit organisatorischen Veränderungen in den Verbandsstrukturen zusammenfiel. Die Verbände unterstanden seither nicht länger der Wehrmacht, sondern der SS. Der neue „Beauftragte für das Diensthundewesen beim Reichsführer-SS“, Franz Müller-Darß, jetzt zugleich neuer Führer der Verbandsstrukturen, war ein ausgewiesener und anerkannter Kynologe (Hundezüchter und -ausbilder), der nach 1933 in NSDAP und SS Karriere gemacht hatte.[3]

 

Vereine und Verbände als Untersuchungsgegenstand

Ziel dieses Beitrags ist es, erstmals den Stand der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und den diesbezüglichen Stellenwert historischer Auftragsforschung in Vereinen und Verbänden kollektiver Freizeitgestaltung zusammenzufassen. Zugleich kann der Beitrag als Plädoyer dafür gelesen werden, Vereinen und Verbänden in der zeithistorischen Forschung größere Aufmerksamkeit zu widmen. Gerade vor dem Hintergrund der Forschungsdiskussion um die NS-„Volksgemeinschaft“ und der Frage nach Brüchen und Kontinuitäten nach 1945 scheint die Beschäftigung mit diesen Organisationen geeignet, um neue Einblicke in die Dynamik der NS-Gesellschaft, aber auch in den Umgang mit der NS-Vergangenheit zu gewinnen. Der Fokus dieses Beitrags liegt auf einem Spektrum, das sich von Schützen-, Heimat- und Wandervereinen über Sänger- und Karnevalsvereine, Kleingarten- und Hundevereine bis zur Deutschen-Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), dem Technischem Hilfswerk (THW) und der Freiwilligen Feuerwehr erstreckt.[4]

Gerechtfertigt scheint die historiographische Beschäftigung mit Vereinen und ihren Dachverbänden nicht nur aufgrund eindrucksvoller Zahlen. Immerhin ist bei einer Gesamtzahl von bis zu 500.000 Vereinen heute durchschnittlich jeder zweite Bundesbürger Mitglied eines Vereins. Allein die elf Dachverbände des hier im Fokus stehenden Spektrums organisieren derzeit nach eigenen Angaben 11,46 Millionen Mitglieder. Auch wenn keine verlässlichen historischen Gesamtzahlen vorliegen, belegen Angaben einzelner Dachverbände, dass die Vereinsmitgliedschaft auch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Massenphänomen war.[5] Die Vereine waren wichtige Organisations-, Sozialisations- und Identitätsinstanzen. Sie vermittelten Werte, formten Weltbilder und organisierten soziale Praxis. Im Vereinsleben verbanden sich dabei vielfältige Gemeinschaftsaktivitäten mit jeweils speziellen Tätigkeiten, die den eigentlichen Vereinszweck bildeten. Im Unterschied hierzu standen in den Dachverbänden die Interessenvertretung nach außen und die Durchsetzung einheitlicher Standards nach innen im Zentrum. Dementsprechend wundert es nicht, dass auch im „Dritten Reich“ offensichtliche Politik primär auf Verbandsebene stattfand. Gleichwohl war auch die Praxis der Vereine nicht minder politisch. Die Vereine und ihre Dachverbände standen angesichts ihrer Massenbasis, ihrer oft hohen lokalen Relevanz und ihrer Praxis an einer wichtigen Schnittstelle zwischen nationalsozialistischer Programmatik und gesellschaftlicher Realität.

Während der NS-Herrschaft war das gesamte im Folgenden behandelte Vereinsspektrum auf die eine oder andere Weise daran beteiligt, zwei wesentliche Ziele der NS-Führung voranzutreiben: Die Pflege von Führerkult und „Volksgemeinschaft“ und die „Wehrhaftmachung“, also die Steigerung der Kriegsfähigkeit. Nach Kriegsende blendeten die meisten Vereine und Verbände hingegen ihre NS-Vergangenheit aus. Viele entwickelten Opfermythen, die erst später als in anderen gesellschaftlichen Bereichen bröckelten und sich mitunter bis heute halten. Während in Teilen des hier behandelten Spektrums in jüngster Zeit Aufarbeitungsbestrebungen zu verzeichnen sind, gilt Hitlers Hündin Blondi nicht wenigen Hundefreunden offenbar tatsächlich als Symbol für den Missbrauch des Schäferhunds durch das NS-Regime und nimmt damit eine Position ein, die sich heute – im Gegensatz zu damaligen Bekundungen der Verbandsführung – auch der in der Bundesrepublik rasch wieder gegründete Verein für Deutsche Schäferhunde zueigen macht.[6]

 

„Freude und Begeisterung" darüber, dass Hitler als langjähriges Mitglied „auch als warmherziger Tierfreund der Unsrige ist“: Glückwunschschreiben der Fachschaft für Deutsche Schäferhunde zu Hitlers 50. Geburtstag am 20. April 1939.
Quelle: Zeitung der Fachschaft für Deutsche Schäferhunde

 

Anlage und Gliederung dieses Beitrags

Dieser Beitrag gliedert sich in drei Teile. Teil 1 bietet einen Überblick über die Entwicklung der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Vereine und Verbände kollektiver Freizeitgestaltung und behandelt den dortigen Stellenwert von Auftragsforschungsprojekten. Teil 2 versucht, die Geschichte dieser Vereine und Verbände im „Dritten Reich“ entlang zentraler Gegenstandsbereiche zusammenzufassen, soweit der Forschungsstand dies zulässt. In Teil 3 werden schließlich Aspekte der Nachwirkung und des Umgangs mit der NS-Vergangenheit seit 1945 skizziert, woraus auch ersichtlich werden wird, warum die historische Auftragsforschung in diesem Bereich bisher kaum ein Thema war.

Zunächst aber einige Anmerkungen zur begrifflichen Ab- und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes und zur Forschungslage zu Vereinen im Allgemeinen. Die angeführten Vereine und ihre Dachverbände sollen unter den Begriff der kollektiven Freizeitgestaltung gefasst und damit von den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, aber auch von Kultur, Umwelt und Sport abgegrenzt werden, wobei Schnittmengen zu Letzteren unübersehbar sind. Denkbare Alternativbegriffe sind jedoch weit weniger passend, etwa umschreiben Bezeichnungen wie Traditions- oder Hobbyvereine nur Ausschnitte des Spektrums. Gleiches gilt für den Begriff Geselligkeitsvereine, der zwar die Abgrenzung vom Sport ermöglicht, allerdings bereits als Sammelbegriff für Karnevalsvereine und lokale Zusammenschlüsse etabliert ist, die sich dem organisierten Vergnügen widmen. Das wenig befriedigende Begriffsangebot verweist bereits auf den geringen Status der Vereine in der zeithistorischen, aber auch der sozialwissenschaftlichen Forschung. Anders als für das 19. und frühe 20. Jahrhundert, als das moderne Vereinswesen infolge der Emanzipationsbestrebungen des Bürgertums – und in späteren Jahren der Arbeiterbewegung – entstand und das in der historischen Forschung breite Beachtung fand, erfuhr die Geschichte des Vereinswesens in Deutschland seit 1933 lange Zeit kaum das Interesse der Forschung. Dies änderte sich erst in den letzten Jahren, vor allem im Sport und Naturschutz, kaum jedoch für den hier im Zentrum stehenden Bereich.[7]

Mit diesem Defizit steht die Zeitgeschichte gleichwohl nicht allein. Auch in der Organisationssoziologie gilt der Verein als ein „blinder Fleck“.[8] Zwar liegen soziologische Lehrbücher vor, die auch historische Überblicksdarstellungen beinhalten, doch auch diese offenbaren die genannte Forschungslücke bloß symptomatisch. So heißt es etwa in einer einschlägigen Publikation nach seitenlangen Detailschilderungen zum Vereinswesen des 19. Jahrhunderts lediglich: „Unter autoritären Regimen gibt es in der Regel kein aktives Vereinswesen: So war auch das Schicksal der Vereine in Deutschland unter dem Nationalsozialismus von Kontrolle und „Gleichschaltung“ gekennzeichnet. Vereine und Verbände wurden zu einem großen Teil zerschlagen und aufgelöst. […] Die übrig gebliebenen Vereine wurden zwangsförmig inkludiert, gemäß den Vorgaben der NSDAP ideologisch ausgerichtet oder von Nationalsozialisten weitergeführt.“[9] Doch ein so simples Bild, in dem die Vereine und Verbändenur als passive Objekte auftauchen, die den Handlungen der Nationalsozialisten scheinbar hilflos ausgesetzt waren, ist – soviel vorweg – historisch nicht haltbar.

 

1. Auftragsforschung als Ausnahmefall – Entwicklung und Stand der Aufarbeitung

Als Auftragsforschungen werden in diesem Beitrag Forschungsprojekte bezeichnet, die durch die Vergabe eines Forschungsauftrags an professionelle Historiker zwecks Aufarbeitung der eigenen Geschichte und die Finanzierung durch eben diese Institution initiiert wurden. Zu unterscheiden sind solche vom Auftraggeber angestoßene Forschungsarbeiten zum einen von Forschungen, die durch mehr oder weniger professionelle externe Historiker aus eigenem Antrieb heraus durchgeführt werden, und zum anderen von Jubiläumsschriften und weiteren der eigenen Geschichte gewidmeten Publikationen, die von Vereinen und Verbänden selbst erstellt und veröffentlicht werden. In puncto Auftragsforschung zeigt sich hier ein auch in anderen Bereichen gängiges Muster: Sie steht am Ende einer längeren Auseinandersetzung – und nicht am Anfang der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Dies erklärt sich primär aus der Funktion eines Auftragsforschungsprojekts aus Sicht der Auftraggeber. Ein solches Projekt dient dazu, verantwortungsbewussten Umgang mit der NS-Vergangenheit zu demonstrieren, indem ein offiziöses Geschichtsbild entwickelt wird, das öffentlich, aber auch intern Akzeptanz finden soll.[10] Es wird initiiert entweder in Reaktion auf eine mitunter heftige und langwierige Auseinandersetzung um die eigene Geschichte, oder aber, um mit vergleichbaren aufarbeitenden Institutionen gleichzuziehen und somit nicht Gefahr zu laufen, durch Passivität ins vergangenheitspolitische Abseits zu geraten.

Umzug von Vereinen, Zünften und ortsansässigen Unternehmen am 1. Mai 1938, dem „Tag der nationalen Arbeit“, durch das oberfränkische Burgkunstadt. Vereinshandeln in der NS-Zeit war nicht unpolitisch oder geschah ausschließlich durch Druck – insbesondere an dieser Stelle besteht großer Forschungs- und Aufarbeitungsbedarf.
Bild: Stadt Burgkunstadt, Wikimedia Commons , CC BY-SA 3.0

 

 

Angesichts des einleitend angedeuteten geringen Interesses der historischen Forschung, aber auch der Öffentlichkeit an der NS-Vergangenheit von Vereinen und Verbänden kollektiver Freizeitgestaltung wundert es nicht, dass die zweite Variante hier kein Thema war und ist und dass mit dem Deutschen Alpenverein bisher überhaupt nur ein Verband den Weg der Auftragsforschung gewählt hat. Aus diesem Grund stehen im Folgenden nicht Fragen der Regelung des Aktenzugangs und der Ausgestaltung der Finanzierung und damit der Verfügungsgewalt über die Forschungsergebnisse im Zentrum. Anders als in der Forschung zu Unternehmen und Bundesministerien oder Behörden sind diese für Historiker grundsätzlich sehr wichtigen Fragen im hier behandelten Bereich bislang nicht kontrovers diskutiert worden. Sie werden allerdings spätestens dann relevant, wenn auf die Pionierstudie zum Alpenverein weitere Auftragsforschungen folgen sollten.

In die vorliegende Bestandsaufnahme der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit flossen auch Antworten auf eine schriftliche Umfrage unter elf Dachverbänden kollektiver Freizeitgestaltung ein, die ich im Februar 2012 durchführte. Die Verbände erhielten einen Fragenbogen mit acht Fragen zur NS-Geschichte und Nachgeschichte ihrer (Vorgänger-)Verbände, zum internen Umgang mit der eigenen NS-Vergangenheit und zur Bereitschaft, diese Vergangenheit wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen.[11]

 

Der Deutsche Alpenverein als Pionier

Der Deutsche Alpenverein (DAV) initiierte 2008 mit seinen Schwesterverbänden in Österreich und Südtirol ein Forschungsprojekt zur eigenen Geschichte zwischen 1918 und 1945, das ein Team interner und externer Historiker in den folgenden drei Jahren bearbeitete. Ein wissenschaftlicher Beirat mehrerer Professoren aus der Zeit- und Tourismusgeschichte, Volkskunde und Sportwissenschaft sollte die Unabhängigkeit der Forschung gewährleisten. Als Ergebnis erschien Anfang 2012 unter dem Titel „Berg Heil!“ eine voluminöse Studie, die sich detailliert mit der NS-Vergangenheit des Alpenvereins auseinandersetzt. Im Vorwort betonen die drei als Herausgeber fungierenden Verbandspräsidenten: „Die Beschäftigung mit dem Gestern muss eine Basis für die Positionierung und Zielsetzung der Alpenvereine im Heute und Morgen sein. […] Dieses Buch soll die Auseinandersetzung mit überkommenen Werten und Strukturen fördern und verdeutlichen, dass wir gesellschaftlich handeln, auch wenn wir ‚nur‘ Bergsteigen gehen.“ Das Buch sei „ein Zeichen dafür, dass wir uns gemeinsam der Verantwortung für unsere Geschichte stellen.“[12]

Im Zentrum des 635-seitigen Buches steht ein langer Beitrag zur politischen Entwicklung des Alpenvereins und seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus. Aber auch die anderen Beiträge, die sich etwa dem Spitzensport, Naturschutz, Auslandsexpeditionen oder der wissenschaftlichen Arbeit des Verbands widmen, stellen den politischen Gehalt dieser Aktivitäten und ihre Einbindung in die Gesellschaftspolitik und die propagandistischen Ziele des Regimes deutlich heraus. Begleitend zum Buch ist seit November 2011 eine Ausstellung unter gleichem Titel im Alpinen Museum München zu sehen. Dass ausgerechnet der Alpenverein als erster mit dieser neuen Form der Aufarbeitung hervortrat, hängt maßgeblich damit zusammen, dass der Verband bereits weit vor Beginn der NS-Herrschaft auch in anderer Hinsicht eine Vorreiterrolle einnahm: Einzelne Sektionen grenzten bereits seit den 1890er Jahren jüdische Mitglieder aus. Die 1921 von jüdischen Bergsteigern in Reaktion auf stark zunehmenden Antisemitismus gegründete „Sektion Donauland“ drängte der Verband schon drei Jahre später auf Betreiben der Antisemiten in den eigenen Reihen aus dem Alpenverein.

Antisemitisches Plakat der Sektion Austria im Alpenverein (1921): Schutzhütten sollten lediglich Nicht-Juden vorbehalten bleiben. Doch gab es auch andere Positionen: die Berliner Sektion sagte sich wegen des Verbots der Sektion Donauland vom Verband los.
Quelle: Archiv des Österreichischen Alpenvereins (mit freundlicher Genehmigung).

 

Der im Alpenverein früh weit verbreitete Antisemitismus wurde erstmals 1979 in einer Dissertationsschrift thematisiert. In den 1980er Jahren folgten weitere Aufarbeitungsbestrebungen, auch durch kritische Vereinsmitglieder. 1996 erhielt die Diskussion neuen Auftrieb, als parallel zur Einrichtung einer Dauerausstellung im neuen Münchner Alpinen Museum eine weitere Dissertation erschien, die die frühe und enge Bindung an die NSDAP in den Blick nahm. Selbst der Spiegel griff damals das Thema auf und kritisierte Relativierungsversuche der DAV-Spitze. 2001 entschuldigte sich der DAV offiziell für den Umgang mit den einstigen jüdischen Mitgliedern und brachte auf mehreren Hütten Gedenksteine und -plaketten an. Von 2005 bis 2008 wurden die Akten der drei Alpenvereine in Deutschland, Österreich und Südtirol erschlossen, im neuen Historischen Alpenarchiv zusammengeführt und öffentlich zugänglich gemacht. Es folgte die Vergabe des Forschungsauftrags für das genannte Projekt.[13]

 

Aufarbeitung im Karneval

Nach dem Alpenverein wohl am weitesten fortgeschritten ist die Aufarbeitung im Karneval. Größere Aufmerksamkeit erlangte das Thema durch eine erstmals 2008 ausgestrahlte Reportage des WDR über den Kölner Karneval in den 1930er Jahren. Einer der Autoren baute das Thema mit einem weiteren Kölner Historiker und Karnevalsspezialisten zu dem 2010 erschienen Buch „Alaaf und Heil Hitler“ aus. Das Buch führt die Ergebnisse mehrerer Lokalforschungen zu rheinischen und südwestdeutschen Städten zusammen, die um eigene Archivrecherchen ergänzt wurden. Der Wert der inhaltlich klaren und erkennbar gegen nach wie vor bestehende Widerstandsmythen gerichteten Darstellung wird allerdings dadurch etwas geschmälert, dass mit Blick auf eine breitere Zielgruppe auf Quellenbelege verzichtet wurde.

Auch im Karneval begann die konfliktreiche Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in den 1980er Jahren, erlebte seit Mitte der 1990er Jahre neuen Auftrieb und erreichte jüngst ihren Höhepunkt, als die Kölner NS-Dokumentationsstätte EL-DE-Haus 2011/2012 eine Sonderausstellung zum Thema zeigte.[14] Der 1937 zur Zentralisierung des gesamten Karnevals gegründete Bund Deutscher Karneval zeigt sich dagegen deutlich zurückhaltender. Auf die vom Autor durchgeführte Umfrage reagierte er zwar schnell, aber wohl auch bezeichnend. Auf dem Fragebogen wurde zu allen Fragen nach der Geschichte des Verbands, verbandsinternen Diskussionen über die NS-Vergangenheit und bisherigen oder geplanten Aufarbeitungsbestrebungen jeweils nur ein handschriftliches „Nein!“ vermerkt.

 

Heimatvereine, Feuerwehr, Hundevereine, DLRG und Technisches Hilfswerk

Größere Offenheit besteht den Antworten der Umfrage zufolge hingegen beim Bund Heimat und Umwelt, dem Dachverband der Heimatvereine. Schon in seiner 2004 zum 100-jährigen Verbandsjubiläum publizierten Festschrift integrierte er Befunde der historischen Forschung, die die Verstrickung der Heimatvereine in die NS-Herrschaft offenlegte.[15] Auch auf lokaler Ebene tut sich hier etwas. So kooperieren das Historische Zentrum Hagen und der Lehrstuhl für Zeitgeschichte der Ruhr-Universität Bochum seit kurzem bei der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit des Heimatvereins Hohenlimburg. Von verbandsinternen Diskussionen über die NS-Vergangenheit und der Vergabe eines Forschungsprojekts scheint man beim Dachverband der Heimatvereine gleichwohl weit entfernt. Ähnliches gilt für den Deutschen Feuerwehr Verband (DFV). Dessen Präsident betonte im Geleitwort einer 2009 erschienenen populärwissenschaftlichen Studie eines Heimatkundlers über Feuerwehren unter dem Hakenkreuz zwar, dass die Feuerwehren „sich mit dieser zutiefst unmenschlichen Episode ihrer Vergangenheit kritisch auseinander setzen“ müssten. Doch noch in der 2003 publizierten Festschrift zum 150-jährigen DFV-Jubiläum, deren dünne Darstellung der NS-Geschichte mit der Umstrukturierung der Freiwilligen Feuerwehren zu Hilfspolizeien 1936-1938 endete, konnte hiervon kaum die Rede sein.[16] Auch auf die Umfrage antwortete der DFV nicht.

Der Verband für das Deutsche Hundewesen und der Verein für Deutsche Schäferhunde beteiligten sich zwar an der Umfrage, bestätigten jedoch den schon anhand von Festschriften gewinnbaren Eindruck, dass die eigene NS-Vergangenheit bisher weder ein Gegenstand interner Diskussion war, noch dass Interesse an einer Aufarbeitung besteht. Aus Sicht des SV sei „die Vereinstätigkeit in dem fraglichen Zeitraum ausgesprochen minimiert“ gewesen. Die DLRG gab demgegenüber die Auskunft, dass sie derzeit mit Blick auf das 2013 anstehende 100-jährige Jubiläum selbst eine umfassende Darstellung der eigenen Geschichte vorbereite, in der die NS-Zeit nicht ausgeklammert werde. Gleiches gelte für eine Ausstellung, die in Kooperation mit dem Deutschen Sport & Olympia Museum geplant sei. Jedoch: mit der Darstellung sind der Pressesprecher und andere Mitarbeiter betraut, ein Bedarf an externer historischer Expertise bestehe nicht. Anders als in den vorgenannten Verbänden gab es im THW laut eigenen Angaben bereits punktuelles Interesse an der Vergangenheit des einstigen Leiters der Technischen Nothilfe und THW-Gründers Otto Lummitzsch. Nachdem ehrenamtlich zur Geschichte des THW arbeitende Mitarbeiter gegenüber dem Autor zunächst größeres Interesse am Thema signalisierten, äußerte sich der Verband in seiner mit dem Bundesinnenministerium als übergeordneter Behörde abgestimmten Antwort letztlich jedoch nicht zu der Frage, ob Interesse an einem zukünftigen Aufarbeitungs- oder Ausstellungsprojekt bestehe.[17]

 

Mehr als nur im Schatten des Hakenkreuzes: Helferwerbungsplakat der Technischen Nothilfe, der Vorgängerorganisation des Technischen Hilfswerks, aus dem Jahr 1933.
Bild: Bundesarchiv, Plak 003-017-001, Wikimedia Commons , CC BY-SA 3.0

 

Insgesamt antworteten vier von elf angeschriebenen Dachverbänden nicht auf die Umfrage. Alle sieben antwortenden Verbände erklärten, dass keine Aufarbeitungsprojekte geplant seien. Auf vereinzelte Bekundungen zum offenen Umgang mit der eigenen Geschichte folgen bisher mehrheitlich also keine konkreten Schritte zur Umsetzung dieser Maxime. Aus der Umfrage ergibt sich somit ein ähnlich ambivalentes Bild, wie es bereits in Reaktionen auf die angeführte Schützenvereinsstudie erkennbar wurde. Während sich seitens einzelner Vereinsmitglieder das Interesse an einer Aufarbeitung und Abwehrreaktionen etwa die Waage hielten, wiegelte der Archivar des Deutschen Schützenbundes (DSB) Stefan Grus noch im Sommer 2010 in einer Reportage des Deutschlandfunks zunächst ab. Die Schützen seien „natürlich national gesinnt, deutsch gesinnt, aber niemals nationalistisch oder nationalsozialistisch“ gewesen. Außerdem bemühten sich die Schützen ja selbst seit Langem um Aufarbeitung in ihren Jubiläumsschriften.[18]

Andererseits sind in Publikationen und Äußerungen des DSB jüngst Anzeichen eines Wandels in der Beschreibung der eigenen Geschichte während des Nationalsozialismus erkennbar. So erklärte DSB-Präsident Josef Ambacher anlässlich des Festakts zum 150-jährigen Verbandsjubiläum im Sommer 2011: „Wir müssen klar sehen, dass auch der Deutsche Schützenbund im aufkommenden Nationalsozialismus eine Chance gesehen hat, Ordnung und Ruhe im zerrissenen Deutschland zu schaffen. Er fügte sich in die ‚Gleichschaltung‘ und verhielt sich damit keinen Deut besser als viele andere Gruppierungen und sämtliche deutschen Sportverbände. Aus dem Wissen um diese fatale Fehleinschätzung erwächst eine Verantwortung, die uns bewusst ist und der wir uns stellen.“[19] In einer zugehörigen Festschrift benennt Grus nun auch die Mitarbeit der damaligen Funktionäre an der Zentralisierung der Schießsportverbände, lässt die NS-Geschichte der Schützen ungeachtet der Kontinuität in den Gauen und Vereinen aber trotzdem weiterhin mit der Auflösung des DSB Ende 1936 enden und geht damit (wie fast alle Festschriften) weder auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs, noch auf die Praxis der Vereine und Verbände ein.[20]

 

Zwischen Abwiegeln und Aufarbeiten

Im Umgang mit der NS-Vergangenheit reicht die Spannweite unter Vereinen und Verbänden kollektiver Freizeitgestaltung derzeit von offener Aufarbeitungsbereitschaft über Positionen, die eine Aufarbeitung nicht forcieren, ihr zumindest aber auch nicht im Wege stehen wollen, bis zum Abwiegeln und zur fortdauernden Ausblendung. Gleichwohl ist in Jubiläumsschriften insgesamt eine wachsende Bereitschaft zur Thematisierung der NS-Vergangenheit erkennbar, vor allem sofern externe Forschungen vorliegen, die bisherige Selbstbilder herausfordern. Für die Entstehung externer Forschungsarbeiten wiederum spielten unübersehbar die Alltagsgeschichte und die Geschichtsbewegung der 1980er Jahre als Impulsgeber eine wichtige Rolle. Weil die Autoren allerdings meist persönliche Verbindungen zum Untersuchungsgegenstand mitbringen, sind solche Vereine und Verbände in der insgesamt spärlichen Forschung überrepräsentiert, die eine vergleichsweise offene Mitgliederstruktur aufweisen und sich stark von einstigen Traditionen gelöst haben, wo also das Interesse an der Ausübung eines Hobbys klar überwiegt. Das gilt vor allem für Kleingartenvereine, deren Geschichte erstaunlich gut erforscht ist, woran der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde seinen Anteil hat – auch wenn er nicht auf die Umfrage antwortete. Gerade hier scheint außerdem zum Tragen zu kommen, dass offenbar in Ostdeutschland ein offenerer Umgang mit der NS-Vergangenheit vorherrscht, wohl nicht zuletzt, weil strukturelle und personelle Kontinuitäten, die die Aufarbeitung im Westen teils bis in die Gegenwart erschweren, hier schwächer ausfielen.[21]

Vergleicht man den Stand der Aufarbeitung und die Bedeutung der Auftragsforschung im Vereinsbereich mit der Unternehmensgeschichte, in der mit Abstand die meisten Auftragsforschungen entstanden und entstehen, so entspricht die hiesige Situation am ehesten der dortigen Mitte der 1980er Jahre, als Daimler-Benz und Volkswagen in Reaktion auf kritische Aufarbeitungsbestrebungen erste Auftragforschungsprojekte vergaben. Denn Kern des Problems ist hier nicht die schon seit Ende der 1990er Jahre intensiv geführte Debatte um Unabhängigkeit und Parteilichkeit von Auftragsforschern, die jüngst unter umgekehrten Vorzeichen auch in der Diskussion um die Studie „Das Amt und die Vergangenheit“ zum Auswärtigen Amt im Zentrum stand, ohne dass bisher ein Konsens über Standards für solche Projekte erzielt worden wäre.[22] Kern des Problems – wenn man es denn als ein solches bezeichnen will – ist, dass die potentiellen Auftraggeber in den Dachverbänden kaum Bedarf an professioneller Erforschung ihrer Geschichte sehen. Dies wiederum liegt freilich auch daran, dass die NS-Vergangenheit von Vereinen und Verbänden bisher – von den genannten Ausnahmen abgesehen – in Geschichtswissenschaft und Öffentlichkeit kaum ein Thema war.

Grundsteinlegung des Volkswagen-Werks durch Hitler am 26. Mai 1938: Der VW-Konzern war als Nachfolger einer Gründung der Deutschen Arbeitsfront (DAF) zum Bau des „KdF-Wagens“ eines der ersten Unternehmen, die in den 1980er Jahren mit der Aufarbeitung ihrer NS-Vergangenheit begannen.
© Fotograf: Unbekannt | Bundesarchiv, Bild 183-H06734, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

 

2. Versuch einer ersten Synthese zur NS-Geschichte der Vereine und Verbände

Ausgehend von den Ergebnissen meiner Studie zu Schützenvereinen im Nationalsozialismus sollen im Folgenden auf Basis der Literatur und eigener Quellenrecherchen einige Erkenntnisse zur NS-Geschichte der Vereine und Verbände kollektiver Freizeitgestaltung skizziert werden. Zudem soll darüber hinaus aufgezeigt werden, warum dieses Thema auch jenseits der Traditionsbildung der Vereine und Verbände von allgemeinem Interesse für die historische Forschung sein könnte. Anhand der vorliegenden Literatur lässt sich zeigen, dass Befunde zur Geschichte der Schützen in drei Aspekten generalisierbar erscheinen. Erstens hinsichtlich der (Selbst-)„Gleichschaltung“ als gesellschaftlichem Prozess, zweitens in Bezug auf die alltägliche Pflege von Führerkult und „Volksgemeinschaft“, und drittens angesichts der Aktivitäten zur Steigerung der deutschen Kriegsfähigkeit. Weil der Beginn des Zweiten Weltkriegs gemeinhin als Ende der Vereinsaktivitäten gilt, konzentriert sich die Darstellung der letzten beiden Punkte bewusst auf die Zeit seit 1939. Zunächst aber ein Blick auf die schrittweise Integration der Vereine und Verbände kollektiver Freizeitgestaltung in die NS-Herrschaft seit 1933.

 

Integration der Vereine und Verbände in das NS-Herrschaftssystem

Zur Untersuchung der Vereins- und Verbandsentwicklung erscheint der NS-Terminus der „Gleichschaltung“ in doppelter Hinsicht problematisch: einerseits suggeriert er die Passivität der „Gleichgeschalteten“ und ließ es nach 1945 einleuchtend erscheinen, mit Verweis auf die Totalität der NS-Herrschaft die Bedeutung gesellschaftlichen Handelns außer Acht zu lassen. Andererseits verdeckt der harmlos klingende Begriff die rasante Veränderung, die seit der Machtübernahme Hitlers einsetzte. Sofort gingen die Nationalsozialisten gewaltsam gegen politische Gegner und Juden vor und binnen weniger Wochen waren elementare Grundrechte außer Kraft gesetzt. Die Ziele der NS-Führung antizipierend, versperrten der Deutsche Schützenbund und seine Gliederungen Juden bereits im April 1933 den Vereinsbeitritt und drängten jüdische Mitglieder aus Vorstandspositionen. Seitens der NS-Führung erging dagegen erst im Dezember 1933 die Anweisung, dass bei der Besetzung von Führungsposten der „Arierparagraph“ des „Berufsbeamtengesetzes“ zu gelten habe. Die Entscheidung über Aufnahme und Mitgliedschaft von Juden überließ man weiter den Verbänden.

Zur Jahreswende 1933/34 band der neu gegründete Schießsportverband als Dachorganisation aller Schützen die Mitgliedschaft an eine „arische“ Abstammung. Auch hierfür gab es keine rechtliche Notwendigkeit. Die meisten Vereine schlossen dennoch Anfang 1934 ihre jüdischen Mitglieder aus. In jenen Verbänden, die wie die DLRG, die Wanderverbände und die Schützen nach 1933 in den Organisationsbereich des Reichssportführers Hans von Tschammer und Osten fielen, kam es zu einer nahezu simultanen Entwicklung. Im Karneval, bei Sängern und Kleingärtnern gestaltete sich der Ausschluss der Juden dagegen offenbar als längerer Prozess, der stärker durch lokale Vorstöße geprägt war. Bis 1938 kam er aber überall zum Abschluss.[23]

Das Beispiel verdeutlicht, dass die Verbände und Vereine an der Entwicklung ihrer Strukturen aktiv beteiligt waren. Zwar wurde die Neuorganisation 1933 von der NS-Führung eingeleitet und forciert, sie sollte aber als dynamischer Prozess verstanden werden, der sich durch die gesamte Zeit der NS-Herrschaft zog und erhebliche Elemente der Selbstmobilisierung beinhaltete. Die schrittweise Integration der Vereine und Verbände in das NS-System – und damit auch umgekehrt des Nationalsozialismus in die Vereins- und Verbandsstrukturen – bewegte sich zwischen den Polen von Repression und Chancenwahrnehmung, Kooperation und Selbstbehauptung. Die Entwicklung wurde von Konkurrenzkämpfen auf mehreren Ebenen geprägt. Erstens rangen Vertreter bereits vor 1933 konkurrierender Flügel um die Vorherrschaft in den neu entstehenden Einheitsverbänden. Hiermit teils eng verbunden, wetteiferten zweitens verschiedene NS-Führer und NS-Gliederungen um gesellschaftliche Einflusszonen. Und drittens drangen parteiliche Jugenderziehung und Freizeitorganisation in der HJ und im DAF-Amt Kraft durch Freude (KdF) in die Tätigkeitsbereiche der einzelnen Vereinstypen vor.

Vor 1933 dominierten unter den bürgerlichen Schützen – wie auch bei den anderen Vereinen – im Allgemeinen deutschnationale Positionen. Die Sehnsucht nach einer geeinten Volksgemeinschaft unter einem starken Führer, der die so genannte Schmach von Versailles revidieren und Deutschlands Größe wiederherstellen sollte, war weit verbreitet. Fast alle Vereine und Verbände verorteten sich in scharfer Frontstellung gegen die linken Parteien und die jeweiligen Konkurrenzvereine und -verbände der Arbeiterbewegung, gegen deren rasche Zerschlagung sie nicht protestierten. Studien zur Weimarer Republik haben wiederholt aufgezeigt, dass der Aufstieg der NSDAP durch die politische Stimmung und die Sehnsüchte begünstigt wurde, die die bürgerlichen Vereine vor Ort erzeugten.[24] In der Entwicklung der Schützenstrukturen ist daher auch keineswegs die mit Beginn der NS-Herrschaft gewaltsam hereinbrechende „Gleichschaltung“ der Schützen durch die Nationalsozialisten charakteristisch. Stattdessen wurden die bestehenden Verbände und Vereine unter dem Dach des Schießsportverbandes in einer ersten Phase zunächst zusammengefasst. 1936 erfolgte in einer zweiten Phase die Auflösung der alten Verbände und die Zentralisierung aller Schützen im neuen Deutschen Schützenverband. Schließlich wurden in einer dritten Phase die Schützen ab 1938 in das Organisationsnetz der NSDAP integriert, indem der Nationalsozialistische Reichsbund für Leibesübungen (NSRL) als NS-Dachverband des Sports errichtet und kurze Zeit später im Kontext der „Wehrerziehung“ der männlichen Bevölkerung an die SA angebunden wurde.

 

Seit 1933 fielen die Schützenvereine in seine Zuständigkeit: Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten (1887–1943; r.) erhält bei der Eröffnung des Deutschen Turn- und Sportfests am 28. Juli 1938 in Breslau aus der Hand von Reichsinnenminister Wilhelm Frick (1877–1946; l.) das neue Banner des Deutschen Reichsbundes für Leibesübungen. Knapp drei Monate später wird die Organisation als Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen der NSDAP unterstellt.
Bild: Bundesarchiv, Bild 146-2003-0044, Wikimedia Commons , CC BY-SA 3.0

 

1941 wurde die doppelte Anbindung an SA und NSRL mit einer neuen Satzung besiegelt. Die Schützenvereine hießen nun zwar zugleich „Gemeinschaften“ und waren offiziell anderen NS-Organisationen gleichgestellt, blieben aber trotz der raschen Durchsetzung von NS-Prinzipien in der internen Organisation – vor allem der Festschreibung auf die Ziele des Regimes und dem am „Führerprinzip“ ausgerichteten Organisationsaufbau – in ihrer Struktur nahezu unverändert. Auch die personelle Entwicklung zeigt an, dass die Annahme einer Dichotomie Nationalsozialisten vs. Schützen den historischen Vorgängen kaum gerecht wird. Nachdem auf Reichsebene und in den Gauen nach 1933 die alten Eliten zumeist in ihren Führungspositionen verblieben, rückten seit 1936 Akteure an die Verbandsspitze, die zwar über eine Mitgliedschaft in NS-Formationen verfügten, aber aus den Vereinen und Verbänden selbst stammten. Erst nach 1938 und vor allem nach 1941 übernahmen ranghohe Nationalsozialisten, die vor 1933 keinen direkten Bezug zu den Schützenstrukturen besessen hatten, die Führung im Schützenverband, während die Gauführer und Fachleute unterer Ebenen weiter auf ihren Posten blieben. Auf Vereinsebene überwog die Kontinuität sogar im gesamten Zeitraum der NS-Herrschaft. Ob die Vereinsführerposten den Inhaber wechselten oder nicht: die Leitung blieb in der Regel in den Händen jener, die bereits vor 1933 die Geschicke der Vereine gelenkt hatten.

 

Die Neuorganisation der Vereine und Verbände nach 1933

Die Verbands- und Vereinsentwicklung verlief dabei alles andere als konfliktfrei. Diese Konflikte sollten aber nicht vorschnell als Ausdruck eines Gegensatzes zwischen den NS-Machthabern und der Gesellschaft interpretiert werden: so wurden etwa in Westfalen seit 1936 zahlreiche Schützenvereine, die statt der „Wehrhaftmachung“ die Pflege der „Volksgemeinschaft“ ins Zentrum stellten und hierbei Unterstützung regionaler NS-Führer erhielten, von der Gestapo mit Verboten bedroht oder tatsächlich verboten. Doch verantwortlich für diese Verbote war die auf „Wehrhaftmachung“ fokussierte westfälische Gauführung – es waren also andere Schützen, die Abweichler bei der Gestapo denunzierten und vehement auf Sanktionen drängten.[25]

Bei anderen Verbänden waren ähnliche Konflikte um die Neuorganisation zu verzeichnen. So wurden die Hundezuchtverbände, und mit ihnen der Verein für Deutsche Schäferhunde, 1933 zunächst in einem neuen Verband zusammengeführt und dem Sport unterstellt, ehe 1937 auf Betreiben Hermann Görings zehn Jagdhundverbände herausgelöst und die verbliebenen zu ihrem Ärger dem Reichsverband Deutscher Kleintierzüchter und damit der Führung eines Geflügelzüchters untergeordnet wurden. Die Kriegsvorbereitung führte dann zur Aufwertung, indem der Reichsverband für Deutsches Hundewesen zu einer selbstständigen Organisation erhoben und dem Oberkommando des Heeres unterstellt wurde. 1941 folgte als letzter Schritt der Wechsel unter das Dach der SS.

Eine ähnlich wechselvolle Organisationsgeschichte durchlebten die Heimatvereine, deren Dachverband, der Deutsche Bund Heimatschutz, durch den Tod des bisherigen Vorsitzenden zwar schon 1933 einem NS-Führer unterstand, auf Druck von Rudolf Heß aber dennoch in den Reichsbund Volkstum und Heimat aufgenommen wurde. Im November 1934 gelang es dem Deutschen Bund Heimatschutz mit Unterstützung Alfred Rosenbergs, sich wieder aus dem Dachverband zu lösen. 1936 erfolgte die Umbenennung in Deutscher Heimatbund. Doch 1941 geriet die Eigenständigkeit erneut in Gefahr, ein Jahr später wurde der Verband in das parteieigene NS-Volkskulturwerk integriert.[26] In Kämpfe um die Selbstbehauptung war auch der Deutsche Alpenverein verwickelt, aus denen er allerdings nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 als zukünftig einziger Alpiner Verband im NSRL als Sieger hervorging. Bei anderen Verbänden wie dem Deutschen Sängerbund, der 1933 auf Betreiben von Joseph Goebbels’ Propagandaministerium „gleichgeschaltet“ wurde und unter altem Namen bestehen blieb, verlief die Neuorganisation offenbar gradliniger. Beim stark geförderten Karneval oder der 1938 in Deutsche-Lebens-Rettungs-Gemeinschaft umbenannten DLRG erscheint das „Dritte Reich“ als eine Zeit kontinuierlicher Expansion. Die Freiwillige Feuerwehr und die Technische Nothilfe als Vorgängerin des heutigen THW erlangten seit 1936 sogar zusätzliche Befugnisse, indem sie als Vereine aufgelöst, der SS unterstellt und bei Beibehaltung ihres Namens in den Status von Hilfspolizeitruppen erhoben wurden.[27]

Verbändeübergreifend lässt sich erkennen, dass nach der 1933 beginnenden Zentralisierung und der formalen „Gleichschaltung“ durch die Ausrichtung nach dem Führerprinzip zwischen 1936 und 1938 eine nochmalige Umorganisation durchgeführt wurde, die vielfach in Zusammenhang mit der Kriegsvorbereitung stand. Spätestens 1941 wurden dann alle Verbände in das Organisationsnetz der NSDAP integriert.[28] Den Rahmen der Verbands- und Vereinsentwicklung bestimmte die NS-Führung – und es wäre verfehlt, diesen Faktor zu minimieren. Doch Staats- und Parteispitzen waren in der Umsetzung ihrer Ziele auf die Selbstmobilisierung und Expertise der Vereine und Verbände angewiesen. Es steht zu vermuten, dass das Regime – wie bei den Schützen – auch andernorts auf Akteure traf, die gewillt waren, ihre eigenen Ziele im Rahmen der neuen Möglichkeiten zu realisieren und die Neuordnung mitzugestalten.

 

Vereinsaktivitäten im Dienste der „Volksgemeinschaft“ und „Wehrhaftmachung“

In ihrer Praxis waren die Vereine und Verbände kollektiver Freizeitgestaltung während der gesamten Zeit der NS-Herrschaft durch zahlreiche interne Aktivitäten und öffentliche Feste an der Pflege der „Volksgemeinschaft“ und der Inszenierung des Führerkults beteiligt. Dies gilt insbesondere für den Karneval, für Heimatvereine und Teile der Schützen, für die Gemeinschaftsaktivitäten den eigentlichen Zweck der Vereinstätigkeit bildeten. Auch bei den Sängervereinen trat die Gemeinschaftspflege für „Volksgemeinschaft“ und „Führer“ ins Zentrum der Vereinspraxis. Seinen Höhepunkt erreichte der Führerkult jährlich am „Führergeburtstag“, den jeder Verband in seiner Zeitschrift in spezifischer Weise propagandistisch gestaltete.

 

Ritualisierte Inszenierung des Führerkults: im Jahr 1939 schenkten die Kleingärtner Hitler zum 50. Geburtstag 134 vollständig eingerichtete Kleingärten und Lauben, über die dieser „gütigst verfügen möge“.
Quelle: Der Westdeutsche Kleingarten

 

Anders als in der Selbstbeschreibung lange herausgestellt, endeten all diese Aktivitäten aber nicht mit Beginn des Krieges, sie veränderten nur ihre Form. An die Stelle der Feste, die zu Kriegszeiten – wie bereits während des Ersten Weltkriegs – nicht länger angemessen erschienen, traten überall Aktivitäten zur Festigung der Kriegsmoral und zur Stärkung der Verbindung zwischen Front und Heimatfront. So führten Schützenvereine nicht nur halbjährliche Spendensammlungen für das Winterhilfswerk und das Deutsche Rote Kreuz, sondern auch Wunschkonzerte für die Bevölkerung durch, wobei sich vor allem jene besonders hervortaten, die dem Verbandsziel der „Wehrhaftmachung“ vor Kriegsbeginn reserviert gegenüber standen. Die Schützen schickten Gabensendungen an die Front, und verlasen an den Verein adressierte Feldpostbriefe auf ihren Versammlungen, die nun regelmäßig mit Durchhalteappellen endeten. Dergleichen unternahm auch der Heimatbund, dessen westfälische Gliederung zum einen Vorträge zur Stärkung der Kriegsmoral erarbeitete, die nicht nur in der Heimat oder in Kriegslazaretten, sondern auch am Westwall gehalten wurden. Zum anderen verbreiteten die Heimatvereine in hoher Auflage Heimatliteratur und -kalender unter den deutschen Soldaten.

 

Festigung des Zusammenhalts zwischen Front und Heimatfront: der Heimatkalender 1942 des Sauerländer Heimatbunds sollte „in treuer Gefolgschaft“ zu Hitler „unsere Herzen zu unlösbarer Kampfgemeinschaft“ stärken.
Quelle: Sauerländer Heimatbund

 

Auch die Karnevalsvereine trafen sich nach Kriegsbeginn regelmäßig und hielten Kontakt zu den kämpfenden Vereinsmitgliedern. So erhielten etwa die an der Front befindlichen Mitglieder der Kölner „Roten Funken“ Tabakwaren, ein Jahrbuch zum Beginn der Karnevalssaison und Weinbrand zu Weihnachten. Im Unterhaltungsprogramm der Organisation Kraft durch Freude traten nun regelmäßig Büttenredner vor Frontsoldaten auf. Diese Vereinsaktivitäten zur Stärkung des Zusammenhalts zwischen Front und Heimatfront endeten erst, als die Intensivierung der Bombenangriffe einen geregelten Alltag in der Kriegsgesellschaft unmöglich machte.[29]

Der eigentliche Kern der Vereinsarbeit lag indes spätestens seit September 1939 auf der so genannten „Wehrhaftmachung“, also der Nutzung der jeweils speziellen Vereinstätigkeiten für die Steigerung der Kriegsfähigkeit Deutschlands. Das mochte bei einigen vergleichsweise harmlos ausfallen, wenn etwa die Zeitschrift Deutsches Wandern im November 1939 dazu aufrief, gerade im Krieg das Wandern nicht einzustellen, weil der erfolgreiche Polenfeldzug eine „erstaunliche Marschleistung der Fußtruppe“ gezeigt habe, die man nicht erst bei der Wehrmacht erlernen könne, sondern die „von jung auf durch Wandern, fast spielend in Fleisch und Blut übergehen, durch ständig gesteigerte Leistungen gefestigt und bis ins Alter hinein geübt und erhalten werden“ müsse.[30]

Weniger harmlos erscheint dagegen die eingangs genannte Züchtung und Abrichtung von Hunden, die seit Kriegsbeginn dem erklärten Zweck diente, der Front neue Reserven bereitzustellen. Auch für viele Schützen, die schon vor Beginn der NS-Herrschaft angesichts der militärischen Beschränkungen des Versailler Vertrags in der Symbiose aus Sport und Kriegsvorbereitung den großen Gewinn ihrer Tätigkeit sahen und seit 1931 eine paramilitärische Jugendausbildung forcierten, die später in der bis 1945 fortgeführten HJ-Massenschießausbildung aufging, war mit Kriegsbeginn die Zeit gekommen, die eigene Relevanz zu beweisen. Der Schützenverband organisierte gemeinsam mit der SA in SA-Wehrmannschaften die kurzfristige Schießausbildung wehrfähiger Männer vor ihrer Einberufung zur Wehrmacht – ein Programm, das bis zum Frühjahr 1942 über zwei Millionen Männer durchliefen. Für dort identifizierte Spitzenkönner reklamierte der Verband ebenso wie für talentierte Hitlerjungen das Recht, sie in Eigenregie zu Scharfschützen fortzubilden. Darüber hinaus riefen einzelne Vereine in der Lokalpresse aber auch selbst die Bevölkerung auf, sich an ihrer kostenlosen Kriegsvorbereitung auf dem Schützenplatz zu beteiligen.[31]

Ähnlich entwickelte sich die Praxis des Alpenvereins in seinem Spezialbereich. Auch dieser konzentrierte einen Gutteil seiner Arbeit seit 1939 in Kooperation mit der Wehrmacht auf die Ausbildung von Gebirgsformationen der HJ, um „den Gebirgstruppen des Heeres einen körperlich geeigneten und bergsteigerisch vorgebildeten Nachwuchs zuzuführen“.[32] Zwischen Alpenverein und Gebirgsjägerdivisionen bestanden enge Bindungen. Das Vereinsjahrbuch berichtete 1942 begeistert über die Gebirgskämpfe deutscher Soldaten. Als 1941/42 deutlich wurde, dass die Wehrmacht im Krieg gegen die Sowjetunion für den Winter völlig unzureichend ausgerüstet war, sammelten der Alpenverein und andere Wandervereine Ausrüstungsgegenstände für die deutschen Truppen, darunter über 1,5 Millionen Paar Ski.

 

„Der Führer ruft, da gibts kei Bsinnen“ - „Zwoa Brettl im russischen Schnee“: Illustration zur Materialsammlung für die Soldaten an der Ostfront, Januar 1942.
Quelle: Der Winter

 

Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich auch bei der DLRG in ihrem Spezialgebiet. Schon vor Kriegsbeginn waren parallel zu den bisherigen Landesverbänden zusätzliche Unterverbände von Heer, Marine und Luftwaffe eingerichtet worden. In diesen bildete die DLRG nun jährlich tausende Soldaten zu Rettungsschwimmern aus. Selbst in den besetzen Gebieten und an der Atlantik- und Kanalküste betrieb die DLRG Ausbildungsstätten.[33]

Am stärksten in die Kriegsführung eingebunden waren indes die zu Hilfspolizeitruppen umorganisierten Freiwilligen Feuerwehren und die Technische Nothilfe. Zum einen kamen so genannte Feuerschutzpolizei-Regimenter und vor allem die Technische Nothilfe in besetzten Gebieten zum Einsatz. Neben dortigen Tätigkeiten im Luftschutz betätigte sich zumindest Letztere auch direkt am Vernichtungskrieg, indem etwa an der Räumung des Warschauer Ghettos Spreng- und Gastrupps der Technischen Nothilfe beteiligt waren. Zum anderen waren die seit 1942 als Luftschutzpolizei bezeichneten Feuerwehren und die Technische Nothilfe maßgeblich am so genannten Luftkriegseinsatz in deutschen Städten beteiligt und setzten in dieser Funktion nach Bombenangriffen auch tausende ausländische Zwangsarbeiter zu Lösch- und Räumarbeiten ein.[34]

Demgegenüber fiel die Einspannung der Kleingärtner im Kriege wiederum regelrecht harmlos aus. Wurden Kleingärten schon vor Kriegsbeginn nicht nur als wichtiger Beitrag für die völkische Verwurzelung der Städter auf deutschem Boden gepriesen, sondern aufgrund der in den Gärten erzeugten Nahrungsmittel im Kontext der Autarkiepolitik stark gefördert, so konzentrierte sich nach Kriegsbeginn alles auf die „Ernährungsschlacht“. Aber auch hier spielte der Luftschutz eine wachsende Rolle, denn Kleingartenanlagen galten der Wehrmacht als wichtige innerstädtische Brandschneisen. Eine Nische zur Einbringung seiner Arbeit für die Kriegsziele des Regimes fand schließlich auch der Deutsche Heimatbund. Zumindest in Westfalen beteiligte er sich direkt an der SS-Rassenpolitik, indem er das Ziel der „Germanisierung“ Polens popularisierte und hierzu siedlungswillige Bauern organisierte.[35]

Anders als in vielen Selbstdarstellungen endete die Geschichte der Vereine und Verbände kollektiver Freizeitgestaltung nicht 1933 oder mit Kriegsbeginn 1939, sondern erst nach dem Ende des Krieges. Infolge des Alliierten Kontrollratsgesetzes Nr. 2 vom 10. Oktober 1945 zur Auflösung der NSDAP und ihr angeschlossener Organisationen wurden sie alle verboten.

 

3. Strukturelle und personelle Kontinuitäten und der Umgang mit der eigenen Geschichte

Die offizielle Neugründung der Vereine und ihrer Dachverbände fand zumeist erst in der Bundesrepublik der frühen 1950er Jahre statt. In der DDR gelang es dagegen nicht, an die alten Verbandsstrukturen anzuknüpfen, wenngleich das Vereinsleben unter dem Dach neuer sozialistischer Einheitsverbände etwa im Schießsport, im Kleingarten oder der Hundezucht letztlich kaum anders ausfiel. Anders als im Westen blieb die Feuerwehr in der DDR sogar dauerhaft der Polizei zugeordnet.[36] In der Bundesrepublik scheint eine zentrale strukturelle Folge des „Dritten Reichs“ darin zu bestehen, dass die vor 1933 virulente Konkurrenz bürgerlicher Vereine und Verbände zu jenen der anschließend zerschlagenen Arbeiterbewegung, aber auch zum unterdrückten katholischen Vereinswesen nach 1945, stark an Bedeutung verlor. Zwar lebte das Vereinsleben der Arbeiterbewegung partiell wieder auf – zu denken ist etwa an die Naturfreunde – und auch die konfessionellen Vereine erfuhren eine rasche Reorganisation. Doch mittelfristig konnten die wieder gegründeten bürgerlichen Dachverbände das Erbe der zentralisierten NS-Einheitsverbände antreten und sich in ihrem Bereich als zentrale Organisationen behaupten.

So stieg der Deutsche Schützenbund, vor 1933 kleinster Verband im Schießsport und in harter Konkurrenz zu anderen bürgerlichen Verbänden sowie in scharfer Abgrenzung zum Arbeiterschützenbund stehend, nach seiner Wiederbelebung 1951 zum wichtigsten Dachverband im bundesdeutschen Schießsport auf. Bei der Reorganisation griff sein westfälischer Mitgliedsverband dann auch nicht auf Mitgliederlisten von 1933 zurück, sondern auf jene des Schützenverbands aus den frühen 1940er Jahren. Bei der DLRG kam es Ende der 1940er Jahre sogar zur Abstimmung, ob man zur alten „Gesellschaft“ zurückkehren, oder sich weiterhin als „Gemeinschaft“ bezeichnen sollte. Der Deutsche Heimatbund dagegen behielt einfach den 1936 angenommenen Namen bei und auch der zwecks besserer Kontrolle des närrischen Treibens 1937 gegründete Bund Deutscher Karneval existierte fort. Strukturelle Kontinuitäten gab es aber auch im Detail. So profitierte etwa der Karneval auch nach 1945 von der Kommerzialisierung und den technischen Innovationen, die im „Dritten Reich“ eingeführt worden waren. Bei der Freiwilligen Feuerwehr blieben nach der Neugründung 1952 nicht nur viele Verordnungen aus der NS-Zeit in Kraft, sondern der Großteil ihrer modernen Gestalt und Ausrüstung war überhaupt nur der massiven Förderung im Zeichen des Luftschutzes zu verdanken. Insgesamt gilt – und dies verweist auf die Wahrnehmung der eigenen Geschichte unter der NS-Herrschaft ebenso wie auf personelle Kontinuitäten –, dass die Wiederbelebung an das Jahr 1945 anknüpfte. Offenbar strebte kaum jemand hinsichtlich der eigenen Verbandsstrukturen ein Zurück zu den Verhältnissen der Weimarer Zeit an.[37]

 

Die Freiwilligen Feuerwehren landauf, landab profitierten von in Kriegszeiten neu angeschaffter Ausrüstung auch noch lange nach 1945: hier ein in Marburg von 1940 bis 1968 im Dienst befindliches Löschgruppenfahrzeug mit 1500 Liter Aufnahmekapazität.
Bild: Freiwillige Feuerwehr Marburg-Mitte

 

Wie die auch in dieser Hinsicht mit einem kurzen Exkurs wegweisende neue Studie zum Alpenverein hervorhebt, standen viele frühere Verbandsführer nach 1945 vor Gericht - wobei es allerdings fast nie um die Verbands- und Vereinsgeschichte, sondern um ihre anderweitige Beteiligung an NS-Verbrechen ging. Vor allem hierdurch erklärt sich wohl, warum es keine personelle Kontinuität an den Verbandsspitzen gab. Die Autoren der Alpenvereins-Studie resümieren: „Parteipolitisch belastete Funktionäre zogen sich nach 1945 zurück – auch auf Sektionsebene –, manche von ihnen kamen nach einigen Jahren wieder ins Geschehen oder nahmen aus dem Hintergrund, beispielsweise durch befreundete Bergkameraden, in den Gremien Einfluss […]. Wirklich bedeutsame personelle Kontinuitäten finden sich vor allem in der zweiten Reihe.“[38]

Das gleiche Muster findet sich in den Verbandsstrukturen der Schützen, während hier zugleich einiges dafür spricht, dass auf Vereinsebene an den Spitzen oft alles beim Alten blieb. So wurde 1951 in Westfalen ein bisheriger Vereinsführer neuer Präsident des Westfälischen Schützenbundes (WSB). Der langjährige Gauschießwart Paul Kempke, seit den späten 1920er Jahren kontinuierlicher Antreiber der „Wehrhaftmachung“, wurde zum Ehrenpräsidenten gewählt. In dieser Rolle saß er im November 1951 bei der Proklamation des Deutschen Schützenbundes in der Kölner Messe neben Bundespräsident Theodor Heuss in der ersten Reihe. Für das Jahr 1939 hatte er im Schützenverband die Parole „Wir kämpfen und schießen für Adolf Hitler und sein Großdeutschland“ ausgegeben. Dass jetzt Personal aus der zweiten Reihe die Verbandsleitung übernahm, bedeutete gleichwohl keinen Bruch mit den vormaligen Führern. In einer unter anderem von Kempke verfassten Publikation des WSB aus dem Jahre 1961 hieß es über den früheren Gauschützenführer, der bei der Gestapo einst die Verbote nicht konformer Vereine erzwang: „Das Lied vom braven Mann sei Bernard Lühn gesungen, der in seiner Begeisterung für das deutsche Schützenwesen nie erlahmte und heute noch im Bezirk Münster seinen wiedererstandenen Verein leitet. Seine Liebe zur Schützensache spricht aus jedem Glied der von ihm entworfenen und angefertigten Präsidentenkette, die sein Nachfolger heute als unser Repräsentant trägt.“[39]

Wie am Beispiel einer frühen Schrift des Verbands für das Deutsche Hundewesen, der 1956 mit einer internationalen Tagung sein 50-jähriges Jubiläum feierte, aufgezeigt werden kann, kennzeichnete den Umgang mit der eigenen NS-Vergangenheit in der frühen Nachkriegszeit eine paradoxe Gleichzeitigkeit der Würdigung eigener Verdienste für das Vaterland und der Ausblendung eben jener Tätigkeiten, wo es ratsam erschien. Im für die eigenen Mitglieder bestimmten Rückblick auf 50 Jahre Verbandsgeschichte hob man hervor, dass der Hund „in dem schweren und entbehrungsvollen Ringen an den Fronten sich den Ehrentitel Kamerad Hund erneut verdient hatte. Auch ihm und seinem Führer soll diese Niederschrift ein Denkmal sein.“ Im Festvortrag vor internationalen Gästen hieß es dagegen: „Was dann nach 1939 uns allen das Schicksal beschieden hat, lassen Sie mich übergehen.“[40] In den Vereinen und Verbänden etablierte sich schnell die Trennung zwischen den nur mit nebulösen Worten umschriebenen „Nationalsozialisten“ auf der einen und „den Deutschen“ auf der anderen Seite, auf der man sich selbst verortete. Während die Würdigung eigener Verdienste im Krieg zumindest aus Publikationen rasch verschwand, blieb die Ausblendung der Beteiligung an der NS-Herrschaft durch die eigene Vereins- und Verbandspraxis über Jahrzehnte konstitutiv.

Erst in den 1980er Jahren trat eine neue Entwicklung ein. Während im Alpenverein oder im Karneval die umstrittene Aufarbeitung begann, wurden in anderen Verbänden Opfermythen formuliert, die teils bis heute Bestand haben. So schrieb der damalige Archivar des Deutschen Schützenbundes in einer Festschrift zum 125-jährigen DSB-Jubiläum 1986, dass die Schützenvereine sich nach der Erfahrung des Ersten Weltkriegs vom „Militärwesen vollends entfremdet“ allein dem Sport zugewandt hätten, ehe sie von den Nationalsozialisten fremdbestimmt und schließlich zerstört worden seien, nachdem es den Verbandsführern nicht mehr gelang, „der Endlösung für eine Weile vorzubeugen, die ihren Verbänden offensichtlich drohte und schon vorbereitet war“.[41] Noch 2004 erklärte der bis heute amtierende DSB-Präsident Josef Ambacher anlässlich der Eröffnung des Deutschen Schützenmuseums in Gotha: „Wir Schützen haben, wie wir alle wissen, schwer unter dem Nationalsozialismus gelitten. Unsere Schützenvereine mussten sich auflösen und das gesamte Schützenwesen kam zum Erliegen.“[42]

Wie überall in der deutschen Gesellschaft gab es auch in den Vereinen und Verbänden im „Dritten Reich“ zahlreiche Fälle von Widerstand und resistentem Verhalten. Aber gegen wen war dieses gerichtet? Und wer unterdrückte wen? Ein Gutteil der Opfermythen scheint darauf zu basieren, dass die Vereine und Verbände in ihrer rückblickenden Selbstbeschreibung ähnlich wie Teile der NS-Forschung der 1980er und 1990er Jahre repressives Verhalten pauschal den Nationalsozialisten zuschreiben, resistentes Verhalten dagegen der Bevölkerung, mithin also der eigenen Klientel.[43] Die Geschichte der Schützenvereine zeigt dagegen auf, dass „Parteigenossen“ und andere Deutsche in den meisten Konflikten auf beiden Seiten agierten, eine solche Trennung also oft nicht möglich ist. Der DSB hat auf diese Entwicklung jüngst bereits insofern reagiert, als dass er auf seiner Internetseite, wo bis zum Sommer 2011 der genannte Opfermythos gepflegt wurde, nun konstatiert, dass keine pauschale Aussage zur NS-Geschichte der Schützen möglich sei.[44]

In jüngster Zeit treten auch in Jubiläumsschriften anderer Verbände vermehrt Widersprüche auf, wenn die Tradierung von Opfermythen mit der Nennung von Fakten zusammenfällt, die diesen Mythen entgegenstehen.[45] Nimmt man zusätzlich die hunderte Internetseiten der Vereine als Gradmesser, auf denen fast überall ein Überblick über die eigene Geschichte geboten wird, so besteht in vielen Bereichen der kollektiven Freizeitgestaltung kein kohärentes Bild der eigenen NS-Vergangenheit mehr. Mit neuen Auftragsforschungsprojekten im Anschluss an die Studie zum Alpenverein ist aber wohl nur zu rechnen, wenn die Widersprüche innerhalb der Vereine und ihrer Dachverbände offen thematisiert werden. Externe historische Forschung kann solche Diskussionen zwar anregen, dem internen Aufarbeitungswillen kommt aber dennoch zentrale Bedeutung zu.

 

 

Abkürzungen:

DAF Deutsche Arbeitsfront

DAV Deutscher Alpenverein

DFV Deutscher Feuerwehr Verband

DLRG Deutsche-Lebens-Rettungs-Gemeinschaft bzw. Deutsche-Lebens-Rettungs-Gesellschaft

DSB Deutscher Schützenbund

HIAG Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS

KdF Kraft durch Freude

NSRL Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen

SV Verein für Deutsche Schäferhunde

THW Technisches Hilfswerk

VdS Verband deutscher Soldaten

VHD Verband für das Deutsche Hundewesen

WSB Westfälischer Schützenbund

 

[1] Borggräfe, Henning: Schützenvereine im Nationalsozialismus. Pflege der „Volksgemeinschaft“ und Vorbereitung auf den Krieg (1933-1945), Münster 2010. Hiermit sei darauf hingewiesen, dass der Autor in das im Folgenden behandelte Thema als eine Art teilnehmender Beobachter vom Rande involviert ist, da sich bereits nach der Fertigstellung der als MA-Arbeit im April 2008 an der Ruhr-Universität Bochum eingereichten Studie und einer diesbezüglichen Pressemitteilung der Universität eine öffentliche Diskussion über die NS-Vergangenheit der Schützen entwickelte, die allerdings nach dem Amoklauf von Winnenden im Frühjahr 2009 abbrach.

[2] Mitteilung Nr. 59/39, in: Zeitung der Fachschaft für Deutsche Schäferhunde, Nr. 23, 1.12.1939, S. 922. Das vorige Zitat in: ebd., Nr. 22, 15.11.1939, S. 910.

[3] Die Ausbildung der Hunde in den KZs folgte dem „Leitfaden für die Abrichtung des Hundes“, den Pioniere der Gebrauchshundeausbildung seit den 1910er Jahren entwickelten und der ebenso wie Ausbildungsbücher von Müller-Darß noch in den 1980er und 1990er Jahren in Neuauflagen verlegt wurde. Siehe etwa: http://www.der-schutzhund.de/HTML/Design1.htm (letzter Zugriff: 5.5.2012). Zum Einsatz von Hunden in KZs: Perz, Bertrand: „… müssen zu reißenden Bestien erzogen werden“. Der Einsatz von Hunden zur Bewachung in Konzentrationslagern, in: Dachauer Hefte 12 (1996), S. 139-158. Zur Neuorganisation der Hundeverbände: Verband für das Deutsche Hundewesen: Chronik des Deutschen Hundewesens. Eckdaten zur Geschichte des VDH, Dortmund 2006, S. 7-8.

[4] Die Liste ließe sich fortsetzen. Zu denken ist etwa an Taubenzüchter oder Spielmannszüge, aber auch an die Caritas, das Deutsche Rote Kreuz oder den Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC), aber auch an den Verband deutscher Soldaten (VdS), wenngleich dieser dem Verfasser in Reaktion auf eine Umfrage mitteilte, dass die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit für ihn gar kein Thema sein könne, weil er erst 1951 gegründet worden sei. Doch in Anbetracht der Tatsachen, dass der VdS explizit mit dem Ziel der Vertretung deutscher Soldaten des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde, ihm bis Ende der 1980er Jahre über 50 Veteranen- und Traditionsverbände angeschlossen waren – darunter die „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS“ (HIAG) und andere Verbände von SS-Veteranen –, und dass VdS-Funktionäre zugleich im 1952 wiedergegründeten Kyffhäuserbund, der früheren Dachorganisation deutscher Veteranen bis 1945, aktiv sind, scheint diese Begründung kaum haltbar. So ist etwa der stellvertretende VdS-Landesvorsitzende in Schleswig-Holstein Dieter Griebel zugleich Kyffhäuser-Kreisvorsitzender in Heiligenhafen. Vgl. http://www.kyffhaeuserbund-schleswig-holstein.de/html/neues_2.html (letzter Zugriff: 5.5.2012). Zur Gründung des VdS: Diehl, James M.: The Thanks of the Fatherland. German Veterans after the Second World War, Chapel Hill, London 1993, S. 186-226. Zu den angeschlossenen Verbänden: Körber, Hans (Hg.): Soldat im Volk. Eine Chronik des VdS, Wiesbaden 1989, S. 203-204.

[5] Allein der Gau Westfalen des Deutschen Schützenverbandes zählte 1937 gut 200.000 Mitglieder, das waren 12 Prozent der über 18-jährigen männlichen Bevölkerung. Siehe: Borggräfe, Schützenvereine im Nationalsozialismus, S. 1. Die gegenwärtigen Zahlen errechnen sich aus den online verfügbaren Angaben der Dachverbände. Siehe zur Anzahl von Vereinen auch: Klein, Hans Joachim: Art. Vereine, in: Bernhard Schäfers/Wolfgang Zapf (Hg.): Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands, Opladen 1998, S. 676-687, hier S. 678.

[6] Siehe die Selbstbeschreibung der Geschichte des SV unter: http://www.schaeferhund.de/site/index.php?id=653 (letzter Zugriff: 5.5.2012). Verbreitet ist außerdem die Bezugnahme auf ein Fernsehinterview mit dem Historiker Wolfgang Wippermann, in dem dieser 2001 den Missbrauch Blondis aus historischen Fotos meinte ablesen zu können. Siehe: http://web.archive.org/web/20080611050301/http://www.ndrtv.de/ doku/20010705/folge1/wippermann.html (letzter Zugriff: 5.5.2012).

[7] Die Ausnahme bilden übergreifende Milieustudien, siehe vor allem: Bösch, Frank: Das konservative Milieu. Vereinskultur und lokale Sammlungspolitik, Göttingen 2002. Zum Sport: Peiffer, Lorenz: Sport im Nationalsozialismus. Zum aktuellen Stand der sporthistorischen Forschung, eine kommentierte Bibliographie, Göttingen 2004. Zum Naturschutz einführend: Radkau, Joachim/Uekötter, Frank (Hg.): Naturschutz und Nationalsozialismus, Frankfurt/M., New York 2003.

[8] Müller-Jentsch, Walther: Der Verein – ein blinder Fleck in der Organisationssoziologie, in: Berliner Journal für Soziologie 18 (2008), S. 476-502.

[9] Zimmer, Annette: Vereine – Zivilgesellschaft konkret, 2. Auflage, Wiesbaden 2007, S. 57.

[10] Wie vor allem die Diskussion um die Studie zum Auswärtigen Amt, aber auch die Vernichtung historischer Akten im Bundesnachrichtendienst (BND) durch Mitarbeiter der Behörde zeigten, ist dabei angesichts des Stands öffentlicher Diskussion um die NS-Vergangenheit vermutlich die Akzeptanz unter Aktiven und Ehemaligen das größere Problem. Vgl. Mentel, Christian: Mit Zorn und Eifer: Die Debatte um „Das Amt und die Vergangenheit“, Teil 1 – Die Pressedebatte, in: Zeitgeschichte-online, März/September 2011 (letzter Zugriff: 5.5.2012), zur Aktenvernichtung im BND: Spiegel online, 29.11.2011.

[11] Bis Mitte Mai 2012 antworteten sieben Verbände (Bund Deutscher Karneval, Bund Heimat und Umwelt, Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Deutscher Schützenbund, Technisches Hilfswerk, Verband für das Deutsche Hundewesen, Verein für Deutsche Schäferhunde), eine Antwort von vier Verbänden blieb aus (Bundesverband Deutscher Gartenfreunde, Deutscher Chorverband, Deutscher Feuerwehrverband, Verband Deutscher Gebirgs- und Wandervereine). Mehrere Verbände halfen dankenswerter Weise neben der Beantwortung der Umfrage auch mit der Zusendung von Jubiläumsschriften.

[12] Klenner, Josef/Simeoni, Georg/Wadsack, Christian: Vorwort, in: Deutscher Alpenverein/Oesterreichischer Alpenverein/Alpenverein Südtirol (Hg.): Berg Heil! Alpenverein und Bergsteigen 1918-1945, Köln, Weimar, Wien 2011, S. 7-8, hier S. 7.

[13] Achrainer, Martin/Kaiser, Friederike/Trojer, Florian: Berg Heil! Eine Einführung, in: Deutscher Alpenverein/Oesterreichischer Alpenverein/Alpenverein Südtirol (Hg.): Berg Heil! Alpenverein und Bergsteigen 1918-1945, Köln, Weimar, Wien 2011, S. 9-16, hier S. 10-12. Vgl. auch: Der Spiegel, 23.12.1996. Zum Antisemitismus im Alpenverein vor 1933: Achrainer, Martin/Mailänder, Nicholas: Der Verein, in: Deutscher Alpenverein/Oesterreichischer Alpenverein/Alpenverein Südtirol: Berg Heil!, S. 193-318, hier S. 224-249.

[14] Dietmar, Carl/Leifeld, Marcus: Alaaf und Heil Hitler. Karneval im Dritten Reich, München 2010, S. 203-208. Zur Ausstellung: http://www.museenkoeln.de/ns-dok/default.asp?s=1687&tid=451&kontrast=&schrift (letzter Zugriff: 5.5.2012).

[15] Fischer, Helmut: Hundert Jahre für den Naturschutz, Heimat und regionale Identität. Die Geschichte eines Programms, Bonn 2004, S. 70-84.

[16] Schamberger, Rolf: „Einer für Alle – Alle für einen“. 150 Jahre Deutscher Feuerwehrverband, Bonn 2003, S. 112. Das zuvor zitierte Geleitwort des DFV-Präsidenten in: Blazek, Matthias: Unter dem Hakenkreuz. Die deutschen Feuerwehren 1933-1945, Stuttgart 2009, S. 5.

[17] Ein längeres Kapitel zur Geschichte des THW-Vorgängers Technische Nothilfe enthält: Linhardt, Andreas: Die Technische Nothilfe in der Weimarer Republik, Norderstedt 2006. Einen Abriss zur Geschichte der DLRG bietet: Jatzke, Harald: Die Geschichte der DLRG im Spiegel ihrer Abzeichen und Urkunden, Berlin 2003.

[18] Sendung des Deutschlandfunks vom 30.8.2010, Audiodatei im Besitz des Verfassers.

[19] Rede des DSB-Präsidenten Josef Ambacher zum Festakt „150 Jahre Deutscher Schützenbund“, 10.7.2011, Manuskript im Besitz des Verfassers.

[20] Deutscher Schützenbund (Hg.): 150 Jahre Deutscher Schützenbund, 1861-2011, Wiesbaden 2011, S. 19.

[21] Zur Geschichte der Kleingärtner die Literaturhinweise in: Deutsches Kleingärtnermuseum in Leipzig: Deutschlands Kleingärtner im Dritten Reich, Leipzig 2008, S. 28-32. Vgl. zu Personalkontinuitäten Abschnitt 3.

[22] Vgl. zur damaligen Diskussion um die Auftragsforschung und Vorschlägen für verbindliche Standards etwa den Themenschwerpunkt zur Unternehmensgeschichte in: Literaturen 10 (2001), S. 72-83.

[23] Vgl. Borggräfe, Schützenvereine im Nationalsozialismus, S. 29-30, 34-36; Jatzke, Geschichte der DLRG, S. 39; Achrainer/Mailänder, Der Verein, S. 269-270, 298-300; Dietmar/Leifeld, Alaaf und Heil Hitler, S. 72-76. Hinweise zur Praxis in den Sängervereinen bei Klenke, Dietmar: Der singende „Deutsche Mann“. Gesangsvereine und deutsches Nationalbewusstsein von Napoleon bis Hitler, Münster 1998, S. 196. Ein Fallbeispiel der Kleingärtner in: Stein, Hartwig: Inseln im Häusermeer. Eine Kulturgeschichte des deutschen Kleingartenwesens bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, Frankfurt/M. 1998, S. 628-636.

[24] Vgl. Fritzsche, Peter: Rehearsals for Fascism. Populism and Political Mobilization in Weimar Germany, Oxford 1990, S. 198-209, 230-236; Bösch, Frank: Militante Geselligkeit. Formierungsformen der bürgerlichen Vereinswelt zwischen Revolution und Nationalsozialismus, in: Wolfgang Hardtwig (Hg.): Politische Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit 1918-1939, Göttingen 2005, S. 151-182, hier S. 170-174.

[25] Borggräfe, Schützenvereine im Nationalsozialismus, S. 30-56.

[26] Fischer, Hundert Jahre für den Naturschutz, S. 70-84; vgl. auch: Ditt, Karl: Raum und Volkstum. Die Kulturpolitik des Provinzialverbandes Westfalen 1923-1945, Münster 1988, S. 207-240. Zur Entwicklung der Hundeverbände: Verband für das Deutsche Hundewesen: Chronik des Deutschen Hundewesens, S. 7-8.

[27] Zu Feuerwehr und THW: Linhardt, Andreas: Feuerwehr im Luftschutz, 1926-1945, Braunschweig 2002; Derselbe, Die Technische Nothilfe in der Weimarer Republik, S. 577-595. Zu den übrigen genannten Verbänden: Achrainer/Mailänder, Der Verein, S. 292-302; Klenke, Der singende „Deutsche Mann“, S. 190-196; Dietmar/Leifeld, Alaaf und Heil Hitler, S. 86-99, 160-165; Jatzke, Geschichte der DLRG, S. 38-54.

[28] Jatzke, Geschichte der DLRG, S. 53 weist auf einen Schriftwechsel hin, der darauf hindeutet, dass die NS-Führung offenbar seit Ende 1941 verlangte, dass an Spitzen aller bedeutenden gesellschaftlichen Organisationen ranghohe Nationalsozialisten stehen mussten.

[29] Dietmar/Leifeld, Alaaf und Heil Hitler, S. 195-202, Ditt, Raum und Volkstum, S. 233-235, Borggräfe, Schützenvereine im Nationalsozialismus, S. 69-73. Vgl. zur Pflege von „Volksgemeinschaft“ und Führerkult vor 1939 ebd., S. 57-68.

[30] Deutsches Wandern Nr. 11, November 1939, S. 145.

[31] Vgl. Borggräfe, Schützenvereine im Nationalsozialismus, S. 75-93.

[32] Verhandlungsschrift der 65. (2.) ordentlichen Hauptversammlung des DAV in Graz am 29. und 30. Juli 1939, zitiert nach: Achrainer/Mailänder, Der Verein, S. 305.

[33] Vgl. Jatzke, Geschichte der DLRG, S. 51-54; vgl. zur Praxis des Alpenvereins: Mailänder, Nicholas: Spitzensport, in: Deutscher Alpenverein/Oesterreichischer Alpenverein/Alpenverein Südtirol: Berg Heil!, S. 87-173, hier S. 159-169; Achrainer/Mailänder, Der Verein, S. 304-306.

[34] Vgl. Linhardt, Feuerwehr und Luftschutz, S. 171-182; Blazek, Unter dem Hakenkreuz, S. 87-95; sowie: Flechtmann, Frank: Technische Nothilfe, Luftschutz und Zwangsarbeiter, in: Arbeitskreis Berliner Regionalmuseen (Hg.): Zwangsarbeit in Berlin 1938-1945, Berlin 2003, S. 141-153.

[35] Vgl. Ditt, Raum und Volkstum, S. 233-237. Zu den Kleingärtnern: Deutsches Kleingärtnermuseum in Leipzig: Deutschlands Kleingärtner im Dritten Reich, S. 20-24.

[36] Vgl. Linhardt, Feuerwehr im Luftschutz, S. 192. Zur Entwicklung der Vereinskultur in Ost und West vor Ort nach 1945: Bösch, Das konservative Milieu, S. 162-215.

[37] Vgl. Borggräfe, Schützenvereine im Nationalsozialismus, S. 102-103; Jatzke, Geschichte der DLRG, S. 55; Dietmar/Leifeld, Alaaf und Heil Hitler, S. 208; Linhardt, Feuerwehr im Luftschutz, S. 193.

[38] Achrainer/Mailänder, Der Verein, S. 316.

[39] Kempke, Paul/Gronemann, Fritz: Geschichte des Westfälischen Schützenbundes, in: Westfälischer Schützenbund (Hg.): Schützengeschichte von Westfalen und Lippe, Dortmund 1961, S. 153-191, hier S. 190. Das zuvor genannte Zitat von Kempke in: Schützenwarte Nr. 3, 5.2.1939, S. 24.

[40] Göschel, Adolf: Weg, Wirken und Erfolg des Gebrauchshundwesens in Deutschland, in: Verband für das Deutsche Hundewesen (Hg.): 50 Jahre deutsches Hundewesen, Dortmund 1956, S. 37-40, hier S. 40. Das vorige Zitat: Reitzel, Heinrich: 50 Jahre Deutsches Hundewesen, in: ebd., S. 9-34, hier S. 28.

[41] Michaelis, Hans-Thorald: Über 1000 Jahre Schützengeschichte in Deutschland, in: Deutscher Schützenbund (Hg.): Wir Schützen – heute, Wiesbaden 1987, S. 51-73, hier S. 70.

[42] Grußwort des DSB-Präsidenten Josef Ambacher, 2004, im Internet unter: http://www.ssg-lichtenfels.de/dtschtag/grussworte/gruamba.html (letzter Zugriff: 1.12.2007).

[43] So sandte mir 2009 ein erboster Schütze in Reaktion auf eine Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum ein Dokument, mit dem er die Unterdrückung der Schützen durch die Nationalsozialisten bewiesen sah, das allerdings vor allem bewies, dass der Gauschützenführer nicht konforme Vereine bei der Gestapo denunzierte. Faksimile eines Schreibens des Gauschützenführers an die Staatspolizeistelle Münster, 10.5.1939, im Besitz des Verfassers.

[44] Vgl. die Darstellung der DSB-Geschichte im Internet unter: http://www.dsb.de/tradition/historie/historie/ vom_kaiserreich_zum_dritten_reich/ (letzter Zugriff: 5.5.2012).

[45] So schreibt etwa der Bezirk Duisburg in einer neuen Festschrift zum 85-jährigen Jubiläum des DLRG-Landesverbands Nordrhein über die NS-Zeit nur einen einzigen Satz: „Zwischen 1933 und 1945 kam auch die DLRG-Arbeit in Duisburg zum Erliegen.“ Diverse andere Bezirke beschreiben dagegen im gleichen Buch für jene Jahre eine starke Expansion der Tätigkeiten und Infrastruktur und kommen damit der Realität sicherlich wesentlich näher. Vgl. DLRG-LV Rheinland (Hg.): DLRG-LV Rheinland, 1925-2010, 2. Auflage, Leverkusen 2010, S. 31.