Die Beschäftigung mit filmischen Darstellungen der RAF-Geschichte ist zum einen deshalb aufschlussreich, weil Filme ganz eigene, oft vielschichtige Narrative enthalten; zum anderen hat die filmische Darstellung des deutschen Linksterrorismus inzwischen selbst eine Geschichte von mehreren Jahrzehnten, die als Ausdruck veränderter Perspektiven und als Vorgeschichte der heutigen Filme dokumentiert zu werden verdient. Darüber hinaus wirken die filmischen Repräsentationen selbst auf gesellschaftliche Bilder und Vorstellungen von der RAF-Geschichte zurück.
Die vorliegende Filmographie ist in zwei Sektionen gegliedert, die jeweils chronologisch aufgebaut sind: erstens fiktionale Produktionen, zweitens dokumentarische Formate. Sie soll einen Überblick geben und – soweit möglich – die einzelnen Produktionen inhaltlich erfassen und kontextualisieren. Berücksichtigt werden deutsche und ausländische Filme, die sich explizit oder implizit mit dem Thema auseinandersetzen. Nicht aufgenommen wurden die im Umfeld der Protestbewegung seit Ende der 1960er-Jahre entstandenen Dokumentationen, Agitations- und Agit-Prop-Filme. Die Filmographie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit; es handelt sich um eine qualitative Auswahl, die vor allem zentrale, interessante und wirkungsmächtige Produktionen berücksichtigen soll.
Inhaltlich und filmästhetisch fand seit den 1970er-Jahren eine grundsätzliche Veränderung statt: Der anfangs maßgebliche Einfluss von Filmemachern des Neuen deutschen Films und der oft linken, polarisierenden Perspektiven einiger Dokumentarfilmer verschwand insbesondere im Laufe der 1990er-Jahre fast völlig und machte neuen Herangehensweisen Platz. Auffällig ist zudem eine Verschiebung von der impliziten hin zu einer expliziten Thematisierung des Linksterrorismus.[2] Generell ist fortan eine Enttabuisierung mancher Sachverhalte zu beobachten. Parallel dazu lässt sich seit Ende der 1990er-Jahre eine zunehmende Popularisierung des Themas feststellen, die ihren Höhepunkt möglicherweise noch nicht erreicht hat. Besonders im Bereich des Dokumentarfilms geht dies mit einer deutlichen Zunahme der Produktionen und Bearbeitungen einher. Das verweist auf einen Prozess der Historisierung, der auch in anderen Bereichen (wie der Zeitgeschichtsforschung) zu beobachten ist und nicht zuletzt mit der Selbstauflösung der RAF von 1998 zusammenhängen dürfte.
Im Bereich der dokumentarischen Produktionen bildet sich andererseits, gegenläufig zum Trend der Historisierung, eine zunehmend standardisierte „Ikonographie des Terrors“ heraus. Zu verzeichnen ist eine Engführung des gesamten Themenkomplexes auf einzelne Bilder und Zitate – ob dies nun der 1972 abgemagert abgeführte Holger Meins oder der von Zeitzeugen beschworene Händedruck zwischen dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt und der trauernden Witwe Hanns Martin Schleyers ist. Umso aufschlussreicher ist die Beschäftigung mit älteren und fast vergessenen Filmen, die andere, heute zum Teil fremde Perspektiven auf die Geschichte der RAF bieten. Gerade der Spielfilm hat das Potenzial, narrative Reduktionen und dominierende gesellschaftliche Selbstbilder immer wieder in Frage zu stellen.