von Anna Pfitzenmaier

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1. Mai 2007

1967

Oskar Langenfeld – 12 mal

(Dokumentarfilm, Kurzfilm DFFB)
Regie: Holger Meins Drehbuch: Holger Meins Kamera: Gerd Conradt Mitwirkende: Oskar Langenfeld, Skip Norman, Utz Kempe, Hilmar Mex Produktion: BRD 1967 Länge: 12 min erhältliche Fassung: VHS (HFF/Filmhochschule Potsdam), DVD Starbuck – Holger Meins / Extras

Dieser Kurzfilm des RAF-Mitglieds Holger Meins entstand an der DFFB. Hier gehörte Meins seit 1966 dem ersten Jahrgang der Filmhochschule überhaupt an, deren Umfeld bald als besonders politisiert und dem linksradikalen Milieu nahestehend galt.

Dieses Portrait eines Obdachlosen in zwölf Kapiteln ist filmästhetisch in einer Art cinéma direct mit Einflüssen der nouvelle vague und Godards gehalten. Die Kameraperspektive bleibt streng beobachtend und hält kommentarlos Szenen und Details im Alltag des Obdachlosen Langenfeld in seiner Umgebung (einer Art Obdachlosenheim) fest. Ein kritischer Impetus wird trotzdem deutlich, insbesondere in der letzten Sequenz (dem zwölften Bild), in der Langenfeld in direkter Bezugnahme auf den Zuschauer in die Kamera blickt und mehrmals das Wort „Mist“ fällt.

Der Film in der IMDb:

http://german.imdb.com/title/tt0121616/

 

1968


Herstellung eines Molotow-Cocktails

(Dokumentarfilm, Kurzfilm)
Regie: Holger Meins Drehbuch: Holger Meins Produktion: BRD 1968 Länge: 3 min erhältliche Fassung:

Dieser 1968 anonym auftauchende Kurzfilm stammt höchstwahrscheinlich von Holger Meins und entstand während der Zeit seines Filmstudiums an der um 1968 stark politisierten DFFB. Er ist eine mit agitatorischen und dramatischen Effekten arbeitende technische Anleitung zur Herstellung eines Molotow-Cocktails. Nachdem in Nahaufnahmen der Herstellungsprozess kommentarlos vorgeführt wird, folgt eine ebenfalls kommentarlose Montage, die sogleich auch die richtige Benutzung demonstriert – es werden mehrere Molotow-Cocktails, ebenfalls in Nahaufnahmen, in Brand gesetzt; schließlich wird eine Flasche auf ein Autowrack geworfen. Dabei erscheint im Hintergrund das Springer-Hochhaus im Bild. Die Gesichter der Handelnden sind währenddessen nicht im Bild zu sehen.

Zwar stellt der Film eine Anleitung dar, war aber wohl vor allem symbolisch zu verstehen. Wahrscheinlich gerade weil die Originalfassung als verschollen gilt und bald darauf das Springer-Haus tatsächlich brannte, hat sich um diesen kurzen Streifen ein Mythos entwickelt.

 

1969


Die wilden Tiere (Rote Knastwoche Ebrach)

(Dokumentation DFFB)
Regie: Gerd Conradt, Katrin Seybold Drehbuch: Katrin Seybold Kamera: Gerd Conradt Produktion: BRD 1969 Länge: 40 min erhältliche Fassung: Filmkopie: Originalfilm (16mm), nichtkommerzieller Verleih (Deutsche Kinemathek)

Der Film dokumentiert aus der Perspektive linker Filmemacher (Gerd Conradt hatte Ende der 1960er-Jahre zusammen mit Holger Meins an der stark politisierten DFFB studiert) ein als „Knastkamp“ bekannt gewordenes einwöchiges Treffen linksradikaler Aktivisten, das im Juli 1969 stattfand. Die Aktion in Ebrach, Kreis Bamberg (in der Umgebung der Jugendstrafanstalt Ebrach), hatte zum Ziel, den ersten wegen Verstoßes gegen das Demonstrationsrecht zu neun Monaten Jugendhaft verurteilten Studenten Reinhard Wetter zu unterstützen; darüber hinaus wurden Themen wie die Situation der „Gefängnisse“ in der Bundesrepublik, das Verhalten des Staates sowie die möglichen Gegenwehrmaßnahmen diskutiert. Unter den Teilnehmern befanden sich zentrale Vertreter der APO sowie mehrere später führende Mitglieder der RAF wie Irmgard Möller, Brigitte Mohnhaupt, Gudrun Ensslin, Andreas Baader, Astrid Proll und Bernward Vesper. Nachdem einige Teilnehmer des „Knastcamps“ in das Gebäude des Landratsamtes in Bamberg eingedrungen waren (auch bezeichnet als der „Sturm auf das Bamberger Landratsamt“) und Aktenmaterial auf die Straße geworfen hatten, wurden Möller und 40 weitere Personen vorübergehend festgenommen. Darüber hinaus kam es auch an anderen Stellen zu Konflikten mit der Bevölkerung und der Polizei. Die Bezeichnung „wilde Tiere“ gab CSU-Politiker Franz Josef Strauß den Demonstranten.

Die Dokumentation ist fragmentarisch gehalten und fängt in verschiedenen Ausschnitten die Geschehnisse und die Atmosphäre während der „Knastwoche“ ein. Dabei kommen vor allem auch eine romantische Aufbruchsstimmung und eine Romantisierung politischer Ideale zum Ausdruck. Dass das Treffen von den „umherschweifenden Haschrebellen“ unter dem Motto „Justizopfer aller Länder vereinigt euch!“ organisiert worden war, war wohl nicht der einzige Grund, dass dabei unter anderem reichlich Haschisch konsumiert wurde.

 

1971


Fahndung nach RAF

(Reportage, ZDF-Reihe: Aktenzeichen XY)
Regie: Eduard Zimmermann Produktion: BRD Jan./Okt. 1971 Länge: 55 min erhältliche Fassung:

Die Sendung „Aktenzeichen XY“ beteiligte sich mitunter auch erfolgreich an der Fahndung nach flüchtigen Terroristen und der „Terroristen-Jagd“ durch die Bevölkerung. Fernsehfahnder Eduard Zimmermann machte dabei mehr als deutlich, auf welcher Seite er stand und was er von den Flüchtigen hielt. So äußerte er sich unter anderem zur so genannten „Sympathisanten- Problematik“ (einem beherrschenden Schlagwort der 1970er-Jahre), „wer auch nur unter Verdacht stehe, die RAF zu unterstützen, müsse zehn Jahre hinter Gitter“.

Neben den hier angeführten Sendungen gab es bei „Aktenzeichen XY“ zahlreiche Fahndungsaufrufe, die sich auf Terroristen bezogen.

 

1975


Es stirbt allerdings ein jeder, fragt sich nur wie und wie Du gelebt hast (Holger Meins)

(Dokumentarfilm)
Regie: Renate Sami Drehbuch: Renate Sami Mitwirkende: Ulrike Edschmid, Gerd Conradt, Hartmut Bitomsky, Harun Farocki, Helke Sander, Günther Peter Straschek, Clara Schmidt Produktion: BRD 1975 Länge: 45 min erhältliche Fassung: Filmkopie: nichtkommerzieller Verleih (Deutsche Kinemathek)

Diese experimentell angelegte Dokumentation von Renate Sami sucht sich aus der Perspektive linker Filmemacher kommend, einen subjektiv erinnernden Zugang zur Person Holger Meins über Interviews und die Montage von Archivmaterial wie Fotografien. Die Regisseurin spricht hier vor allem mit Wegbegleitern Meins’ aus dessen Zeit als Filmemacher und Student an der DFFB, so etwa Gerd Conradt, Harun Farocki und Hartmut Bitomsky, deren erste Kurzfilme seit 1966 oft in Zusammenarbeit mit Meins entstanden. Dabei gilt ein besonderes Interesse dem Film- wie Politikverständnis Meins’ und dessen zunehmender und radikaler Entfernung vom Filmemachen als Kunstform. Der Film war für Meins bald nur noch Mittel des politischen Kampfes – ein unpolitischer Film war damit sinnlos geworden. Meins beschäftigte vielmehr die Frage, wie man das eine mit dem anderen verbinden könne. Montiert sind diese Gespräche mit verschiedenen dokumentarischen Aufnahmen von Meins.

Auch der experimentellen Machart des Filmes merkt man seinen Entstehungskontext im linken Milieu an. Darüber hinaus kommt keine „aufklärende“, reportageartige Grundintention als vielmehr ein subjektiver und emphatischer Zugang zum Ausdruck.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0372896/

 

1978


Der weiße Fleck – Abrechnung mit dem Terrorismus

(Dokumentation)
Regie: Stefan Aust Drehbuch: Stefan Aust Mitwirkende: Horst Mahler, Hans-Jürgen Bäcker Produktion: BRD 1978 Länge: 45 min erhältliche Fassung: Filmkopie: 16mm, nichtkommerzielle Ausleihe (Landesmedienzentrum Baden-Württemberg)

Diese Dokumentation ist eine der frühesten, die sich mit dem Phänomen des bundesrepublikanischen Linksterrorismus im Sinne einer informierenden Reportage auseinandersetzt – wie auch eine erste filmische Aktivität von Stefan Aust zu diesem Thema. Erstmals tritt hier neben dem eher unbekannten Hans-Jürgen Bäcker auch der seit 1973 wie auch zum Zeitpunkt der Dokumentation in Haft sitzende ehemalige RAF-Terrorist Horst Mahler als interviewter Zeitzeuge auf. Der Film besteht maßgeblich aus den mit diesen Personen geführten Interviews, ist – wie auch Austs folgende Langdokumentation Baader-Meinhof von 1986 (siehe dort) – ohne Musik und mit einem eher anspruchsvollen Kommentar unterlegt sowie darüber hinaus in langsamem Tempo geschnitten und montiert.

 

Anna Astrid Proll – Ihr Leben in England
(Dokumentation)
Regie: Gerd Conradt, Petra Goldmann Drehbuch: Gerd Conradt, Petra Goldmann Kamera: Gerd Conradt Produktion: BRD 1978 Länge: 55 min erhältliche Fassung:

Diese innerhalb von knapp zwei Wochen produzierte Schwarz-Weiß-Dokumentation entstand aus einer linksradikalen Perspektive und richtet sich spontan gegen die Auslieferung Astrid Prolls durch die englischen Behörden an die Bundesrepublik. Gezeigt wurde das Videoband von Unterstützungskomitees der Kampagne „Freiheit für Astrid Proll“ sowie verschiedenen Mediengruppen. Auf Initiative von Studenten der DFFB wurde es anschließend auf 16mm-Film übertragen. Zu Wort kommen hier Weggefährten, Freunde und Bekannte, wobei vielfach Haftbedingungen und Erfahrungen in der Haft – in der Regel aus einer Opferwahrnehmung der Betroffenen – zur Sprache kommen. Darüber hinaus soll demonstriert werden, dass sich Proll in der Zwischenzeit eine respektable Existenz aufgebaut habe. Astrid Proll war unter anderem an der so genannten „Baader-Befreiung“ 1970 beteiligt, wurde 1971 als eines der ersten RAF-Mitglieder verhaftet und im November desselben Jahres als erstes RAF-Mitglied in den so genannten „Toten Trakt“ in Köln-Ossendorf verlegt. Nachdem sie 1974 wegen Haftunfähigkeit aus der Haft entlassen worden und untergetaucht war, wurde sie 1978 in London erneut verhaftet und 1979 an die Bundesrepublik ausgeliefert.

 

1979


Auf Leben und Tod

(Dokumentation)
Regie: Hans Hederberg Produktion: S 1979 Länge: 55 min erhältliche Fassung: VHS (Medienwerkstatt Freiburg)

Diese vom schwedischen Fernsehen produzierte Dokumentation bietet eine tendenziell links angesiedelte Perspektive auf die Radikalisierung der linken Protestbewegung bis hin zu den Ereignissen während des „Deutschen Herbsts“. Ausgehend von dem Attentat auf Siegfried Buback am 7. April 1977, werden die Anfänge des „bewaffneten Kampfes“ aus der Studenten- und Protestbewegung wie der APO heraus und die zunehmende Kriminalisierung in der „Stadtguerilla“ nachgezeichnet. Dabei werden die Hintergründe, Entwicklungen und politischen Motivationen sowohl der RAF als auch der Bewegung 2. Juni nachvollzogen. Endpunkt der Dokumentation sind die Suizide der führenden Köpfe der ersten RAF-Generation Baader, Ensslin und Raspe in Stammheim 1977. Eingeflochten werden dabei Interviews mit Angehörigen von Aktivisten und Terroristen sowie deren Anwälten.

 

Vor vier Jahren – vor zwei Jahren (auch: Vor 4 Jahren – vor 2 Jahren)

(Dokumentarfilm, DFFB)
Regie: Wolfgang Höpfner, Norbert Weyer Produktion: D 1977-79 Länge: 103 min erhältliche Fassung: Filmkopie: nichtkommerzielle Ausleihe (Deutsche Kinemathek)

Dieser Dokumentarfilm nimmt sich der Geschichte Philipp Werner Saubers an, der wie Holger Meins ebenfalls an der DFFB studierte – dort ist der Film auch entstanden. Später schloss sich Saubers der Bewegung 2. Juni an. 1975 wurde er in Köln bei einer Verhaftungsaktion durch die Polizei erschossen. Der Film hat die Form einer erinnernden Rückblende und verfolgt das Ziel, das „Erbe“ des Erschossenen zu bewahren.

Der Film im Filmportal:
http://www.filmportal.de/df/61/Uebersicht,,,,,,,,6E01951C3BBC4CE587E34A06BB4B12E0,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html

 

1982


Die Entführung und Ermordung von Hanns Martin Schleyer

(Dokumentation, ZDF-Reihe: Rekonstruktionen)
Regie und Drehbuch: Ruprecht Eser, Horst Schättle, Horst Keller, Claudia Pörings, Wolf von Holleben Produktion: BRD 1982 Länge: 90 min erhältliche Fassung: Fernsehmitschnitt

In dieser vom ZDF produzierten Dokumentation unter der Leitung des bekannten Fernsehjournalisten Ruprecht Eser werden erstmals die Geschehnisse und Hintergründe rund um die Entführung und anschließende Ermordung Hanns Martin Schleyers im Herbst 1977 nachgezeichnet. Dabei werden vor allem die Perspektive und Vorgehensweise des Staates sowie die schlussendlich gescheiterten Fahndungsaktionen nach Schleyer und seinen Entführern dargestellt.

Die Fernsehzeitschrift Gong vergab 1982 den Goldenen Gong für die Dokumentation.

 

Über Holger Meins – Ein Versuch (Unsere Sicht heute)
(Dokumentarfilm)
Regie: Hartmut Jahn, Gerd Conradt Drehbuch: Hartmut Jahn Mitwirkende: Holger Meins, Wilhelm Meins, Klaus Croissant, Siegfried Haag Produktion: BRD 1982 Länge: 110 min erhältliche Fassung: VHS

Dieser innerhalb der Szene linker Filmemacher entstandene Dokumentarfilm greift auf Interviews mit Holger Meins’ Vater Wilhelm zurück, die 1975, 1981 und 1982 entstanden. Wilhelm Meins hat sich im Vergleich zu vielen anderen Angehörigen von RAF-Terroristen relativ früh und offen zu seinen Erfahrungen mit dem in den Untergrund gegangenen Sohn geäußert. Wilhelm Meins hatte ihn nach seiner Verhaftung 1972 wie während seiner Gefängnisaufenthalte bis zu seinem Tod 1974 regelmäßig besucht und die Haftbedingungen angeprangert.

Gerd Conradt hatte zusammen mit Holger Meins seit 1966 an der DFFB studiert, sich zu dieser Bekanntschaft mehrmals öffentlich geäußert und sie filmisch verarbeitet, insbesondere in dem viel beachteten Dokumentarfilm Starbuck Holger Meins (2001, siehe dort).

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0136717/

 

1985


Stammheim – Die Baader-Meinhof-Gruppe vor Gericht

(Doku-Gerichtsfilm/Dokuspiel)
Regie: Reinhard Hauff Drehbuch: Stefan Aust Kamera: Frank Brühne Musik: Marcel Wengler Darsteller: Ulrich Pleitgen, Ulrich Tukur, Therese Affolter, Sabine Wegner, Hans Kremer, Hans Christian Rudolph Produktion: BRD 1985 Länge: 107 min erhältliche Fassung: VHS

Der Film inszeniert auf der Grundlage der Recherchen von Stefan Aust (Der Baader Meinhof Komplex, 1985), der das Drehbuch schrieb, den Ablauf des Prozesses in Stuttgart-Stammheim 1975 bis 1977 gegen den Kern der ersten RAF-Generation Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe einschließlich der von den Häftlingen in der Haft begangenen Selbstmorde. In einem Zwischentitel nach den Credits wird zu Beginn erklärt: „[…] Szenen und Dialoge des Films beruhen auf wirklichen Texten und Ereignissen.“ In kühl-distanzierter, nüchtern konstatierender und quasidokumentarischer Form gehalten, versucht die Produktion, das Geschehen weitgehend wertfrei und detailgetreu zu rekonstruieren. Die sich daraus ergebende juristisch geprägte Dialoglastigkeit wie die weitgehende raumzeitliche Einheit können beklemmend und starr wirken; neben dem Nachspielen des Prozessgeschehens selbst werden nur vereinzelt Hinweise auf den gesellschaftspolitischen Kontext in Form von zeitgenössischen Aufnahmen eingespielt. Da zudem das Ende relativ offen gestaltet ist, wird der Zuschauer in seinem Urteil weitgehend allein gelassen, kann sich gleichzeitig aber auch einen eigenen Zugang aufbauen. In Koproduktion mit dem Thalia Theater Hamburg entstanden, scheint der inszenatorische Charakter des Films aufgrund seiner von der Bühne kommenden Schauspieler trotzdem permanent durch. Das Lexikon des internationalen Films schreibt:

 

„Ausgehend von authentischen Protokollen und unter Verzicht auf dramaturgisches Beiwerk beschränkt sich die Inszenierung bewußt auf wörtliche Rezitation, ohne daß die politisch-gesellschaftlichen Hintergründe des Falles beleuchtet werden. Hauffs freiwillige Askese läßt viele Fragen offen, ermöglicht jedoch beklemmende Einsichten in das Innere eines Justizapparates, der von der politischen Brisanz der Materie überfordert ist und Schwächen zeigt. Obwohl keineswegs beschönigend in den Angeklagtenporträts, leistet der Film einen wichtigen Beitrag zum Verständnis politisch motivierter Gewalt und provoziert die erneute Auseinandersetzung mit einem tabuisierten, bislang unbewältigten Kapitel deutscher Geschichte.“

Auf den Internationalen Filmfestspielen in Berlin erhielt die Produktion unter anderem den Goldenen Bären. Von demselben Regisseur stammt der Spielfilm Messer im Kopf, der insbesondere die so genannte Sympathisanten-Problematik thematisiert (s.o., Teil 2., 1978/79).

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0092004/
Der Film auf Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stammheim_(Film)
Der Film im Filmportal:
http://www.filmportal.de/df/3c/Uebersicht,,,,,,,,A17DCFFD5CA44050BFB2EAE334A818F4,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html
Der Film beim Deutschen Filmhaus:
http://www.deutsches-filmhaus.de/filme_einzeln/h_einzeln/hauff_reinhard/stammheim.htm

 

1986


Baader-Meinhof

(Dokumentation, 2 Teile, NDR)
Regie: Stefan Aust Drehbuch: Stefan Aust Redaktion: Ludwig Schubert Kamera/ Bildtechnik: Horst Plath Produktion: BRD 1986 Länge: 120 min erhältliche Fassung: Fernsehmitschnitt

Bei dieser zweiteiligen Dokumentation von Stefan Aust handelt es sich um eines der ersten größeren Projekte, die Entstehung der RAF und insbesondere die Entwicklungen rund um die erste Generation der RAF und ihre Köpfe Andreas Baader, Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin nachzuzeichnen. Aufgrund der frühen Entstehungszeit des Films sind frühe Zeitzeugen-Interviews und Stellungnahmen von Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre zu sehen. Was das verwendete Dokumentarmaterial angeht, so werden auch hier Bilder und Sequenzen gezeigt, die mittlerweile zur Ikonographie der RAF-Geschichte avanciert sind. Darüber hinaus finden sich jedoch auch zahlreiche Aufnahmen und Ausschnitte, die der heutigen Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind. Auch in der Inszenierung unterscheidet sich die Dokumentation von heutigen Formaten: Sie ist auffallend kommentar- wie dialoglastig, Musik kommt nicht zum Einsatz. Vor dem Abspann erscheint am Ende der Teile jeweils eine Auflistung der Opfer und Toten auf beiden Seiten.

Teil 1: Wege in den Untergrund

Dargestellt werden die Entwicklungslinien vor allem der führenden Köpfe der ersten RAF-Generation vom Kontext der Studenten- und Protestbewegung Ende der 1960er-Jahre über deren Wege in die Illegalität bis zu deren Verhaftung und Ankunft in Stammheim 1972. Als symbolische Ausgangspunkte dienen hierbei wie so oft der Besuch des persischen Schahs und die Erschießung Benno Ohnesorgs durch einen Polizeibeamten am 2. Juni 1967. Im Folgenden liegt der Schwerpunkt jedoch weniger auf der Ereignisgeschichte als vielmehr auf mentalen und ideologischen Annäherungsversuchen; politische wie moralische Vorstellungs- und Argumentationsmuster werden dargelegt, das ideengeschichtliche Umfeld nachgezeichnet und ein psychologisierendes Interesse an einzelnen Personen verfolgt. Radikalisierungs- und Isolationsdynamiken kommen zum Ausdruck. Es findet sich auch die These von der Kriminalisierung der Bewegung durch den Staat. Zu Wort kommen dabei vor allem Wegbegleiter in der Studentenbewegung, Linksradikale bis zu ehemaligen RAF-Mitgliedern.

Teil 2: …und am Schluss sie selbst

Hier widmet sich Aust den Jahren 1972 bis 1977, wobei ein deutliches Interesse an den Vorgängen und Zuständen in der JVA Stuttgart-Stammheim zu beobachten ist. Dies mag einerseits dem persönlichen Erkenntnisinteresse des Regisseurs geschuldet sein, andererseits wird aber auch ein Analyse- und Klärungsbedarf bezüglich der Geschehnisse vor allem im Zusammenhang des „Deutschen Herbsts“ erkennbar. Thematisiert werden die Perspektive der RAF-Häftlinge, die Konflikte innerhalb der RAF, die (Selbst-)Stilisierung zu Opfern des Staates und die Kontakte zu ihren Anwälten; darüber hinaus die Perspektive der Anhänger und aktiven Linksradikalen außerhalb des Gefängnisses wie der Presse; insbesondere aber auch die Perspektive der staatlichen Seite und ihrer Vertreter innerhalb des BKA und des Justizapparates. Hierfür werden längere Ausschnitte aus dem Untersuchungsausschuss zur Analyse der Selbstmorde von Baader, Ensslin und Raspe präsentiert, um welche herum über längere Strecken das sonstige Dokumentationsmaterial montiert wird. Darüber hinaus werden auch die Dynamiken der Aggressivität und die prägende Wirkungskraft der Ereignisse auf die Gestalt des (Rechts-)Staates dargestellt, wobei besonderes Interesse dem Dilettantismus der Justizbehörden und der so genannten (von Aust heute noch gern thematisierten) „Abhöraffäre“ zukommt.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt1090301/

 

1987


Projekt Arthur – Die Gewaltfrage 1968

(Dokumentation, Medienwerkstatt Freiburg)
Regie: Didi Danquart Drehbuch: Didi Danquart Moderation/Kommentator: Matthias Deutschmann Produktion: BRD 1987 Länge: 72 min erhältliche Fassung: VHS (Medienwerkstatt Freiburg)

Bei dieser Mischform zwischen Dokumentation und Dokumentarfilm handelt es sich um eine Produktion der im studentischen Milieu angesiedelten Medienwerkstatt Freiburg, die sich dem Gesamtphänomen 1968, Protestbewegung und Linksradikalismus sowie den Nachwirkungen annimmt. Dabei wird der Bogen von der Ermordung Benno Ohnesorgs über die APO, den SDS und die Studentenbewegung, verschiedene Protestbewegungen wie die Haschrebellen und die Tupamaros in West-Berlin bis zur Radikalisierung und Kriminalisierung der „Stadtguerilla“ in der Bewegung 2. Juni und der RAF gespannt. Dabei kommen verschiedene Zeitzeugen zu Wort, vor allem Aktivisten des linksradikalen Milieus. Die Entstehung des Films im Kontext des linken Studentenmilieus schlägt sich mitunter in Perspektivsetzungen und Deutungsmustern nieder; so geht der Film auch auf Gewalt und Gegengewalt als politische Mittel ein.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0158124/

 

1989


Das Celler Loch

(Dokumentarfilm)
Regie: Herbert Linkesch Drehbuch: Rudi Reinbold Kamera: Tom Fährmann, Dominikus Probst Produktion: BRD 1988/89 Länge: 60 min erhältliche Fassung:

Der Dokumentarfilm versucht, die Hintergründe um den später als „Celler Loch“ bekannt gewordenen Anschlag auf die Justizvollzugsanstalt Celle zu ergründen. Am 25. Juli 1978 detonierte an der Außenmauer der JVA Celle ein Sprengsatz, der als Versuch erscheinen sollte, das mutmaßliche RAF-Mitglied Sigurd Debus zu befreien. Dieser Anschlag richtete allerdings nur geringen Schaden an, und Mitte der 1980er-Jahre wurde publik, dass das Ziel der von der niederländischen Landesbehörde für Verfassungsschutz in Kooperation mit dem niedersächsischen Verfassungsschutz fingierten Aktion die Einschleusung eines so genannten „V-Mannes“ in das RAF-Umfeld gewesen sei. Ebenso bot der der RAF angelastete Anschlag einen weiteren Legitimationshintergrund für den Ausbau von Anti-Terror-Maßnahmen.

Der Film versucht die Geschehnisse, Umstände und Hintergründe der Affäre filmisch nachzuvollziehen und stellt zugleich die implizite Frage, ob die Inszenierung des Anschlags möglicherweise nur eine von vielen Aktionen war, mit deren Hilfe staatliche Stellen die öffentliche Meinung für ihre Zwecke zu manipulieren versucht haben.

 

Der Film im Filmportal:
http://www.filmportal.de/df/0a/Uebersicht,,,,,,,,96ACFBE949EB486DBE25C4B6C38070EF,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html

 

1991


Abschied von der Gewalt – Astrid Proll

(Dokumentation, WDR-Reihe: Deutschlandbilder)
Regie: Renate Stegmüller Produktion: D 1991 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

Der Inhalt der Dokumentation, die sich der Biographie Astrid Prolls annimmt, konnte leider nicht näher recherchiert bzw. zugänglich gemacht werden.

Astrid Proll war unter anderem an der so genannten „Baader-Befreiung“ 1970 beteiligt und wurde 1971 als eines der ersten RAF-Mitglieder verhaftet und im November desselben Jahres als erstes RAF-Mitglied in den so genannten „Toten Trakt“ in Köln-Ossendorf verlegt. Nachdem sie 1974 wegen Haftunfähigkeit aus der Haft entlassen worden und untergetaucht war, wurde sie 1978 in London verhaftet und 1979 an die Bundesrepublik ausgeliefert, wo sie 1980 verurteilt wurde.

 

1992


Deutscher Herbst – Der Herbst der Terroristen, I und II

(Dokumentation/Reportage, 2 Teile, Reihe: Spiegel-TV)

Die zweiteilige Spiegel-TV-Dokumentation unter der Leitung von Stefan Aust kann als die früheste vom Privatfernsehen produzierte, im Reportagen-Stil gehaltene Dokumentation bezeichnet werden, die den „Deutschen Herbst“ in seiner Gesamtheit darstellte – inklusive der Flugzeugentführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu. Damit leistete sie sowohl narrativ als auch ikonographisch einen zentralen Beitrag zur Kanonisierung dessen, was in der deutschen Öffentlichkeit heute als „Deutscher Herbst“ gilt.

Teil 1: Deutscher Herbst I – Der Herbst der Terroristen
Regie: Stefan Aust Drehbuch/Redaktion: Katrin Klocke, Tamara Duve, Gunther Latsch Produktion: D 1992 Länge: 47 min erhältliche Fassung: VHS

Nachgezeichnet werden vor allem die Geschehnisse und Hintergründe um die Schleyer-Entführung sowie weitere Aktionen der RAF im Laufe des Jahres 1977. Neben kommentierten Dokumentaraufnahmen äußert sich Peter-Jürgen Boock als Zeitzeuge.

Teil 2: Deutscher Herbst II – Der Herbst der Terroristen
Regie: Stefan Aust Drehbuch/Redaktion: Katrin Klocke, Tamara Duve, Gunther Latsch Produktion: D 1992 Länge: 48 min erhältliche Fassung: VHS

In der Fortsetzung der Dokumentation stehen die Geschehnisse rund um die Entführung der Lufthansa-Maschine Boeing 737 „Landshut“ und die Erstürmung der Maschine wie die Befreiung der Geiseln durch ein Sonderkommando der GSG9 in Mogadischu im Mittelpunkt. Darüber hinaus werden im Folgenden die Selbstmorde der inhaftierten führenden Köpfe der ersten RAF-Generation Baader, Ensslin und Raspe in Stammheim sowie die Ermordung Hanns Martin Schleyers durch die RAF nachgezeichnet.

 

 

Gefangene der RAF im Gespräch – auch: Alle 40 müssen raus
(Dokumentation, 2 Teile)

Die Interviews wurden vom Privatfernsehen (Premiere) produziert und ausgestrahlt und waren die ersten dieser Art. Sie sind im Kontext der Entspannungsbemühungen 1992 zwischen staatlich Verantwortlichen und der RAF im Zuge der so genannten „Kinkel-Initiative“ einzuordnen, die auf Verständigung mit der RAF setzte und inhaftierten Terroristen unter bestimmten Auflagen Haftentlassung in Aussicht stellte (Klaus Kinkel war bis 1992 Bundesjustizminister gewesen). Die Entlassung der hier interviewten Terroristen Taufer, Krabbe und Dellwo wurde abgelehnt, da sie sich nicht bereit erklärten, sich der erforderlichen psychiatrischen Untersuchung zu unterziehen.

Teil 1: Die Celler Gefangenen
Regie und Moderation: Roger Willemsen, Oliver Tolmein Kamera: Ralf Kuhl u.a. Mitwirkende: Knut Folkerts, Karl-Heinz Dellwo, Lutz Taufer Produktion: D 1992 Länge: 45 min erhältliche Fassung: VHS (Medienwerkstatt Freiburg)

Diese Dokumentation besteht aus der Aufzeichnung eines Interviews, das Roger Willemsen und Oliver Tolmein 1992 mit den RAF-Terroristen Knut Folkerts, Karl-Heinz Dellwo und Lutz Taufer führten. Die drei RAF-Angehörigen, von denen Dellwo und Taufer an der Besetzung der deutschen Botschaft in Stockholm 1975 beteiligt gewesen waren und Folkerts unter anderem die Mittäterschaft an dem Attentat auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback 1977 zur Last gelegt wird, werden entweder der so genannten zweiten Generation oder einer „Zwischengeneration“ der RAF zugerechnet. Zum Zeitpunkt des – in der Haft durchgeführten – Interviews verbüßten sie jeweils lebenslange Freiheitsstrafen in der JVA Celle. Im Interview sprechen die Gefangenen neben der Entwicklung und aktuellen Situation der RAF vor allem die Haftbedingungen an und kritisieren die so genannte Isolationshaft.

Teil 2: Die Lübecker Gefangenen
Regie und Moderation: Roger Willemsen, Oliver Tolmein Kamera: Ralf Kuhl u.a. Mitwirkende: Irmgard Möller, Christine Kuby, Hanna Krabbe, Gabriele Rollnick Produktion: D 1992 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

In Anknüpfung an den ersten Teil der Dokumentation wurde ein Interview mit den in Lübeck einsitzenden RAF-Häftlingen Irmgard Möller, Christine Kuby, Hanna Krabbe und Gabriele Rollnick geführt. Kontext und Verlauf lassen sich dabei weitgehend vergleichen. Irmgard Möller, Mitglied der ersten RAF-Generation, wurde im Zuge der Fahndungswelle 1972 verhaftet und befand sich zum Zeitpunkt des Interviews seit 20 Jahren in Haft; 1994 wurde sie schließlich entlassen. Christine Kuby war 1979 verurteilt worden, die an der Besetzung der deutschen Botschaft in Stockholm 1975 beteiligte Hanna Krabbe 1977. Gabriele Rollnick, Mitglied der Bewegung 2. Juni, saß mit einer dreijährigen Unterbrechung durch Flucht seit 1975 in Haft.

 

1993


Die Gewalt und ihr Preis – ein Priester setzt sich für die Gefangenen der RAF ein

(Dokumentation)
Regie: Thomas Crecelius Drehbuch: Thomas Crecelius Produktion: D 1993 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

Der Inhalt dieser Dokumentation von Dokumentarfilmer, Autor und Journalist Thomas Crecelius konnte leider nicht näher recherchiert bzw. zugänglich gemacht werden.

 

Das Geständnis des Peter-Jürgen Boock / Der RAF-Aussteiger Peter-Jürgen Boock
(Dokumentation/Reportage, Reihe: Spiegel TV Spezial)
Regie: Tamara Duwe, Stefan Aust Drehbuch: Tamara Duwe, Stefan Aust Produktion: D 1993 Länge: 100 min erhältliche Fassung:

Diese Dokumentation besteht in erster Linie aus einem ausführlichen Interview mit dem ehemaligen und zum Zeitpunkt des Interviews in Haft sitzenden RAF-Mitglied Peter-Jürgen Boock über dessen Vergangenheit in der RAF (Boock wurde 1998 aus der Haft entlassen). Darüber hinaus werden verschiedene dokumentarische Aufnahmen zur RAF und den Geschehnissen während des „Deutschen Herbsts“ 1977 eingespielt.

 

1994


Die Erpressung

(Dokumentation/Reportage, ZDF-Reihe: Bilder, die Geschichte machten)
Regie: Guido Knopp, Ulrich Lenze Produktion: D 1994 Länge: 30 min erhältliche Fassung:

Diese Dokumentation, Folge 6 der von Guido Knopp geleiteten Dokumentationsreihe Bilder, die Geschichte machten, nimmt sich der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer von 1977 an.

 

Ulrike Marie Meinhof – Brief an ihre Tochter (Lettre à sa fille)
(Dokumentation, Arte)
Regie: Timo Koulmasis Drehbuch: Timo Koulmasis Kamera: Jacques Bouquin Produktion: F/D/Bel 1994 Länge: 61 min erhältliche Fassung:

Dieses von dem Fernsehsender Arte produzierte Portrait Ulrike Meinhofs zeichnet den Werdegang von der Journalistin und konkret-Kolumnistin, ihre Politisierung und Radikalisierung bis hin zu einem Leben im Untergrund als eines der führenden Mitglieder der ersten Generation der RAF nach. Dabei wählt der Regisseur eine äußerst subjektive, fast privatisierende Herangehensweise: Neben der Einflechtung von Interviews mit Weggefährten Meinhofs wie Klaus Wagenbach und Klaus Rainer Röhl führt Koulmasis über einen Off-Kommentar einen imaginären Dialog mit Meinhof. Aufgrund dieser Form und der filmästhetischen Umsetzung sowie aufgrund der Tatsache, dass der Regisseur in Kindertagen mit der Familie Röhl-Meinhof bekannt gewesen war, bleibt diese Dokumentation umstritten. Bereits bei den Internationalen Filmfestspielen von Berlin 1995 hatte sie Kontroversen ausgelöst.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0111538/

 

Die vier Leben der Silke Maier-Witt
(Dokumentation)
Regie: Wolfram Bortfeld Produktion: D 1994 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

Der Inhalt dieser am 24. Juni 1994 im WDR ausgestrahlten Dokumentation konnte leider nicht näher recherchiert bzw. zugänglich gemacht werden.

Silke Maier-Witt, Mitglied der so genannten zweiten Generation der RAF, war unter anderem an der Entführung und Ermordung Schleyers beteiligt und 1980 eine von acht so genannten „Aussteigern“ aus der RAF gewesen, die schließlich unter Absprache mit dem Ministerium für Staatssicherheit in der DDR untergebracht und dort mit einer neuen Identität ausgestattet wurden. Wie alle anderen in der DDR untergekommenen RAF-Aussteiger wurde sie nach dem Fall der Mauer 1990 verhaftet, wurde jedoch 1995 vorzeitig aus der Haft entlassen und konnte sich eine neue Existenz in der Bundesrepublik aufbauen (so hat sie ein Psychologie-Studium zum Abschluss gebracht und sich mittlerweile als Friedenshelferin etabliert). Ihr Werdegang wurde mitunter als Musterbeispiel für eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft bezeichnet.

 

1995


States of Terror

(Dokumentation/Reihe, BBC)
Regie: Peter Taylor Produktion: GB 1995 Länge: 60 min erhältliche Fassung:

Die mehrteilige BBC-Dokumentation States of Terror stellt verschiedene terroristische Gruppierungen weltweit dar. In einer Folge widmet sich der Regisseur Peter Taylor der bundesdeutschen RAF und insbesondere dem Werdegang Silke Maier-Witts, die mit der so genannten zweiten Generation zur RAF stieß und sich 1980 unter den acht so genannten „Aussteigern“ befand, die unter neuer Identität in der DDR unterkamen.

Die Dokumentation, für die Taylor jeweils ebenfalls verschiedene Interviews mit ehemaligen Terroristen führte, hebt sich in ihrer Herangehensweise deutlich von deutschsprachigen Produktionen ab. Im Laufe der Folge über die RAF versucht der Regisseur in seiner nachhakenden Art der Interviewführung insbesondere der Frage nachzugehen, was eine junge Frau wie Maier-Witt dazu bewogen habe, sich an terroristischen Anschlägen zu beteiligen – insbesondere dem Attentat auf Schleyer, über das sich Maier-Witt hier detailliert äußert.

 

1996


Der lange Schatten von Mogadischu – Monika Haas und die RAF

(Dokumentation)
Regie: Eduard Erne, Christel Brunn Produktion: D 1996 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

Diese Dokumentation geht in einer Art Portrait den Spuren um die Person Monika Haas nach, die verdächtigt wurde, RAF-Terroristin wie auch Agentin westlicher Geheimdienste gewesen zu sein. Vor allem wurde Haas vorgeworfen, im Kontext der Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ 1977 Waffen nach Mallorca geschmuggelt und sie dort dem palästinensischen Terror-Kommando übergeben zu haben. Die Vorwürfe beruhten im Wesentlichen auf Stasi-Unterlagen wie auf Aussagen der einzigen Überlebenden des palästinensischen Kommandos, Souhaila Andrawes. Haas bestritt derartige Verdächtigungen über Jahre hinweg und äußerte sich – zum Zeitpunkt des Interviews in Untersuchungshaft auf ihren Prozess vor dem Frankfurter Gericht wartend – in dieser Dokumentation erstmals öffentlich.

 

Wir hatten dem Staat den Krieg erklärt
(Dokumentation)
Regie: Lorenz Beckhardt, Ingolf Gritschneder Mitwirkende: Monika Berberich, Karl-Heinz Dellwo, Gabriele (Ella) Rollnik, Ralf Reinders Produktion: D 1996 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

Diese aus einer linksradikalen Perspektive entstandene Dokumentation will die Werdegänge und Motivationen von aktiven Mitgliedern der RAF und der Bewegung 2. Juni nachzeichnen. Sie besteht im Wesentlichen aus Interviews mit vier ehemals aktiven Mitgliedern (Monika Berberich, Karl-Heinz Dellwo, Gabriele Ella Rollnik und Ralf Reinders) und einigen dazwischen montierten dokumentarischen Aufnahmen.

 

1997


Todesspiel 

(Dokudrama, 2 Teile, WDR/NDR)

Das zweiteilige Dokudrama von Heinrich Breloer über die Ereignisse von 1977 kann als eines der am stärksten wahrgenommenen Fernsehereignisse des Jahres 1997 bezeichnet werden. Dieser Umstand ist insbesondere zwei Momenten geschuldet: Einerseits war das unter anderem in den USA bereits seit längerer Zeit fest etablierte Format des Dokudramas in der Bundesrepublik noch weitgehend unbekannt, zumindest aber umstritten. (Unter Dokudrama wird dabei eine Form der besonders in Fernsehformaten angewendeten rekonstruierenden Dokumentation verstanden, innerhalb derer dokumentarische Aufnahmen und Dokumente wie Zeitzeugen-Interviews mit nachgespielten bzw. inszenierten – also eigentlich dem Spielfilm zuzuordnenden – Sequenzen historisch belegbarer Ereignisse verflochten werden, mit dem Ziel, Geschichte für den Zuschauer „erlebbar“ zu machen.) Abgesehen von dem kontrovers aufgenommenen neuen Format wurde durch den Zweiteiler Breloers ebenfalls eine neue Ebene bezüglich der inhaltlichen Darstellung erreicht. Auch wenn bereits zuvor die Geschehnisse im Zuge des „Deutschen Herbsts“ dokumentarisch verarbeitet worden waren, so wurde dies nun von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen, so dass Todesspiel des Öfteren als eine der Zäsuren in einem Ende der 1990er-Jahre einsetzenden Prozess der Historisierung des bundesrepublikanischen Linksterrorismus betrachtet wurde. Exemplarisch spürbar wird in Bezug auf Todesspiel im Vergleich zu bis Anfang der 1990-Jahre gedrehten Filmen zur Thematik, dass eine gewisse Distanz eingekehrt ist – die Macher des Films sind kaum noch „betroffen“ durch die damaligen Geschehnisse und ihre möglichen Bedeutungen. Inhaltlich neuartig war im Wesentlichen die detaillierte – und bis zu einem gewissen Punkt auch spekulative – Darstellung der Geschehnisse in der Lufthansa-Maschine „Landshut“ im Laufe der Entführung.

Teil 1: Volksgefängnis
Regie: Heinrich Breloer Drehbuch: Heinrich Breloer Kamera: Hans-Günther Bücking Musik: Hans Peter Ströer Darsteller: Hans Brenner, Claudia Michelsen, Dirk Martens, Robert Viktor Minich, Dieter Mann, Manfred Zapatka, Sebastian Koch, Karoline Eichhorn, Hans-Jörg Assmann, Ulrich Matthes Produktion: D 1997 Länge: 88 min erhältliche Fassung: DVD

Teil 1 von Todesspiel widmet sich der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer, die komplett nachgespielt wird; dazwischen werden dokumentarische Aufnahmen des tatsächlichen Attentats sowie zeitgenössische Nachrichtenmeldungen der Tagesschau und der Fernsehansprache Helmut Schmidts montiert. Auf der narrativen Ebene der Entführer werden im Folgenden im so genannten „Volksgefängnis“ das Festhalten Schleyers durch die Entführer sowie insbesondere Gespräche zwischen ihnen und dem „alten Nazi“ auf der Grundlage von Originaltonbändern dar- bzw. nachgestellt. Weitere Narrationsebenen, zwischen denen der Film hin- und herspringt, bilden einerseits nachgespielte Sequenzen der verantwortlichen staatlichen Stellen (BKA, Krisenstab, Bundeskanzleramt), insbesondere verkörpert durch Bundeskanzler Helmut Schmidt und BKA-Chef Horst Herold, wie andererseits die in Stuttgart-Stammheim einsitzenden RAF-Häftlinge Baader, Ensslin und Raspe. Dazwischen werden Dokumentaraufnahmen zur Herstellung des historischen Kontextes und Zeitzeugen-Interviews mit ehemaligen RAF-Terroristen und Verantwortlichen von staatlicher Seite montiert.

Teil 2: Entführt die Landshut
Regie: Heinrich Breloer Drehbuch: Heinrich Breloer Kamera: Hans-Günther Bücking Musik: Hans Peter Ströer Darsteller: Hans Brenner, Susanne Schäfer, Binol Uenel, Urlich Bähnk, Claudia Michelsen, Dirk Martens, Nezâ Selbus, Gerd Breusche, Mafred Zapatka, Sebastian Koch, Hans-Jörg Assmann, Ulrich Matthes Produktion: D 1997 Länge: 89 min erhältliche Fassung: DVD

Teil 2 des Dokudramas widmet sich – in Rückkoppelung an die in Teil 1 angelegten Narrationsebenen – vor allem den Geschehnissen um die Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ durch ein palästinensisches Terror-Kommando der PFLP. Das Flugzeug landete schließlich in Mogadischu und wurde dort erfolgreich durch ein Sonderkommando der GSG9 gestürmt. Hierbei werden auffallend viele Zeitzeugen der Besatzung der Lufthansa-Maschine wie der entführten Passagiere präsentiert; besonders in diesem Teil von Todesspiel macht die Zeitzeugen-Auswahl so ebenfalls die Akzentuierung hin zu einem Konzept „erlebbarer Geschichte“ deutlich: Nicht Zeitzeugen aus dem linksradikalen und terroristischen Milieu und auch nur zu einem Teil politisch wie staatlich Verantwortliche, sondern vor allem Opfer im Sinne betroffener „normaler Bürger“ äußern sich zu den Ereignissen.

Insgesamt entwickelt Breloer so in diesem Dokudrama, oft in Genre-Anklängen des Polit-Thrillers, eine durch Dramatik geprägte Stimmung, die ein Gefühl der weitreichenden Dimensionen der Vorkommnisse vermittelt. Dabei werden tendenziell Momente der Entwicklungs- wie Entscheidungsfähigkeit auf Seiten des Staates betont: so das Tauziehen um Handlungsmöglichkeiten und Zeitgewinn; eher als spekulativ dargestellte, aber die Spannung erhöhende Gedankenspiele innerhalb des Krisenstabs; dabei aber gleichzeitig der weitgehend unhinterfragte Konsens aller Verantwortlichen über die Unerpressbarkeit des Staates. Sozusagen als „Schicksalsmoment“ werden dem die tragischen und folgenreichen Fahndungsfehler bezüglich des Aufenthaltsortes des entführten Schleyer beigefügt. Eine Kontextualisierung des bundesdeutschen Linksterrorismus oder eine Erklärung möglicher politischer Motivationen der Terroristen bleiben hier außen vor, die Linien zwischen den Guten und den Bösen sind klar gezogen. Auch die gesamtgesellschaftliche Krisenstimmung wird kaum gezeigt. So vermittelt der Zweiteiler eine filmische Vorstellung von der Überschätzung der RAF und ihrer Handlungsspielräume einerseits und einer Unterschätzung der staatlichen Handlungsspielräume wie seiner – in der Retrospektive erfolgreichen – Unnachgiebigkeit andererseits. Auch wenn sich über die Kontingenz des Ausgangs der Ereignisse wie des Erfolgs staatlicher Seite streiten lässt, so wurde dem Dokudrama mitunter vorgeworfen, aus der erfolgreichen Geiselbefreiung in Mogadischu erstmals medial eine Art zweiten Gründungsmythos der Bundesrepublik konstruiert zu haben. Packend ist der Film darüber hinaus allemal. Dass sich manches Detail des angeblich so akribisch recherchierten Films aus historiographischer Perspektive widerlegen oder hinterfragen lässt, überrascht dabei weniger, als von Kritikern oft dargestellt wird.

Todesspiel wurde mehrfach ausgezeichnet: So erhielt die Produktion unter anderem 1997 den Bambi in der Kategorie Bestes Fernsehspiel, den Goldenen Löwen in verschiedenen Kategorien sowie den Bayerischen Fernsehpreis für Heinrich Breloer (Buch und Regie). Bei der Ausstrahlung des Films in der ARD wurden überdurchschnittlich hohe Zuschauerzahlen verzeichnet, und nicht zuletzt bei der Kritik kam die Produktion gut an.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0118493/

Der Film auf Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Todesspiel

Der Film im Filmportal:
http://www.filmportal.de/df/32/Uebersicht,,,,,,,,3042964B70CB4A529267128A8DCCCE46,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html

Der Film beim Deutschen Filmhaus:
http://www.deutsches-filmhaus.de/filme_einzeln/bi_bu_einzeln/breloer_heinrich/todesspiel_das.htm

Inhaltsangabe und Daten zum Film (beide Teile) auf der Website des Senders:
http://www.wdr.de/tv/fernsehfilm/0320_filmausgabe.phtml?id=199
http://www.wdr.de/tv/fernsehfilm/0320_filmausgabe.phtml?id=201

Filmausschnitt aus Todesspiel - Teil 1 auf Zeit.de:
http://www.zeit.de/specials/zeit_dokumentation/filmausschnitte/todesspiel-1

Filmausschnitt aus Todesspiel - Teil 2 auf Zeit.de:
http://www.zeit.de/specials/zeit_dokumentation/filmausschnitte/todesspiel-2

 

Im Fadenkreuz – Deutschland und die RAF
(Dokumentation, ARD u.a.)

Die fünfteilige Dokumentation Im Fadenkreuz trägt eine breit recherchierte und kommentierte Auswahl an dokumentarischen Aufnahmen, Zeitzeugenberichten und -interviews zusammen, die thematisch gebündelt wurden. Dabei wirkt die Reihe gerade im Vergleich mit dem ebenfalls 1997 entstandenen Dokudrama Todesspiel auffallend konventionell und um Informationsvermittlung bemüht. Der Schwerpunkt liegt zumeist bei den zu Wort kommenden Zeitzeugen und Beteiligten. Darüber hinaus gestalten sich die einzelnen Teile unterschiedlich, der Informationsgehalt der Reihe ist jedoch auch im Vergleich zu anderen Dokumentationen eher hoch.

Teil 1: Die Täter
Regie: Cordt Schnibben, Christian Berg Redaktion: Hannelore Schäfer Kamera: Susanne Kloos, Lutz Mohring Produktion: D 1997 Länge: 44 min erhältliche Fassung: VHS

Der erste Teil der Reihe nimmt sich der Täter an, wobei vor allem Zeitzeugen aus dem linksradikalen Milieu und dem Täterkreis selbst – Ex-Terroristen wie deren Bekannte und Weggefährten – zu Wort kommen. Eingebettet werden diese Berichte mittels dokumentarischer Aufnahmen und Kommentare in den Kontext des gesamtgesellschaftlichen Klimas und der (welt-)politischen Situation sowie der Studenten- und Protestbewegung.

Teil 2: Der Staat
Regie: Erich Schütz, Martin Thoma Redaktion: Wilhelm Reschl Kamera: Wolfgang Breining Produktion: D 1997 Länge: 44 min erhältliche Fassung: VHS

Im zweiten Teil der Reihe werden die Reaktionen, Handlungen und Argumentationsmuster von Seiten des Staates in den Blick genommen, insbesondere dessen ablehnende Haltung nach den Geschehnissen des „Deutschen Herbsts“ und die Entwicklung zum „Polizeistaat“. Als Zeitzeugen kommen dabei vor allem Verantwortliche und Vertreter des Staates zu Wort, aber auch Anwälte und ehemalige Terroristen. Nach einem Rückblick auf die Ereignisse und staatlichen Reaktionen seit 1967, werden ebenfalls die Opfer auf staatlicher Seite dargestellt wie der Umgang mit Sympathisanten und Anwälten, die Entwicklungen um den Ausbau des BKA, die Diskurse um Haftbedingungen der Stammheim-Häftlinge und den Stammheim-Prozess. Dabei versucht die Dokumentation vor allem, die Gratwanderung zwischen Rechts- und Überwachungsstaat, die zunehmend verhärteten Fronten und die „Spirale der Gewalt“ darzustellen.

Teil 3: Die Familien
Regie: Sabine Zurmühl Redaktion: Jürgen Tomm, Johannes Unger Kamera: Harald Ebers, Johannes Schivenberg, Daniel Apetrei u.a. Produktion: D 1997 Länge: 44 min erhältliche Fassung: VHS

Beleuchtet werden die privaten Seiten sowohl der RAF-Mitglieder und der RAF-Opfer. Hierfür wurden Interviews mit Angehörigen unterschiedlicher Akteure geführt, so unter anderem mit der Schwester Ulrike Meinhofs, dem Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts Buback, der Tochter Wolfgang Gröbels (ermordeter Chauffeur Bubacks) und der Mutter Birgit Hogefelds. Die Dokumentation bemüht sich dabei um die Differenzierung von Schwarz-Weiß-Bildern und die menschliche Ebene – oft des Leidens.

Teil 4: Fluchtpunkt DDR
Regie: Hanna Blösser, Angi Welz-Rommel Redaktion: Esther Schapira Kamera: Marcus Winterbauer Produktion: D 1997 Länge: 44 min erhältliche Fassung: VHS

Im vierten Teil der Reihe wird der Werdegang derjenigen RAF-Mitglieder verfolgt, die Ende der 1970er- bis Anfang der 1980er-Jahre als so genannte „Aussteiger“ die terroristische Szene verließen und sich danach (oft unintendiert) in der DDR wiederfanden, wo sie sich ein bürgerliches und unauffälliges Leben zuzulegen versuchten. Interviews wurden hierfür vor allem mit den damaligen Aussteigern geführt (u.a. Ralph Friedrich, Christine Dümlein und Inge Viett). Dabei werden auch die Rolle des MfS und die persönlichen Auswirkungen des Lebens in der DDR thematisiert.

Teil 5: Die Öffentlichkeit
Regie: Michael Gramberg Redaktion: Gudrun Wolter Kamera: Hermann E. Schulz Produktion: D 1997 Länge: 44 min erhältliche Fassung: VHS

Dieser letzte Teil widmet sich der komplexen Problematik der Rolle von Öffentlichkeit, Medien und Wahrnehmungsmechanismen in Bezug auf den bundesdeutschen Linksterrorismus. Berücksichtigt werden dabei verschiedene Wirkungsfelder – von den Printmedien, dem Fernsehen und Film über Öffentlichkeit in Form von Demonstrationen und Äußerungen von Personen des öffentlichen Lebens wie Politiker und Schriftsteller. Eingefangen werden dabei Formen der Berichterstattung, der Umgang mit den so genannten „Sympathisanten“ (hier insbesondere Böll und Gollwitzer) und das oft von Hysterie geprägte gesamtgesellschaftliche Klima. Dabei schafft es die Dokumentation, die Eigendynamiken und Wechselwirkungen einzufangen, macht jedoch ebenfalls ihre Positionierung für eine kritische Öffentlichkeit deutlich. Neben beteiligten Personen kommen Politologen zu Wort; darüber hinaus wird in dieser Folge auch viel mit zeitgenössischen Äußerungen und medialen Zeugnissen gearbeitet.

 

Blutspur des Terrors – 20 Jahre nach dem RAF-Krieg
(Dokumentation, Reihe: Spiegel TV Spezial)
Regie: Stefan Aust, Heiner Bremer Drehbuch: Thomas Ammann, Andreas Lüser Produktion: D 1997 Länge: 72 min erhältliche Fassung:

Diese Dokumentation rekonstruiert die Geschehnisse während des „Deutschen Herbsts“. Dabei wird der Bogen geschlagen von der Entführung Schleyers über die Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu und deren Erstürmung durch ein Sonderkommando der GSG9 bis zu den Suiziden von Baader, Ensslin und Raspe in Stuttgart-Stammheim und der Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer, nachdem der entscheidende Hinweis auf dessen Versteck im „Fahndungschaos“ untergegangen war.

 

Die Entführung – Schleyer, Landshut und die Folgen
(Dokumentation, ZDF)
Regie: Guido Knopp u.a. Produktion: D 1997 Länge: 46 min erhältliche Fassung:

Diese Dokumentation stammt vom Team der ZDF-Geschichtsredaktion um Guido Knopp, die die Entführung Schleyers und der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu nachzeichnet.

 

1999


Ein Tag im September (One Day in September)

(Dokumentarfilm/Dokudrama)
Regie: Kevin Macdonald Drehbuch: Kevin Macdonald Kamera: Neve Cunningham, Alwin H. Kuchler Musik: Alex Heffes Darsteller/Mitwirkende: Michael Douglas, Ankie Spitzer, Anouk Spitzer, Jamal al Gashey, Hans-Dietrich Genscher, Ulrich Wegener, Zvi Zamir, Gerald Seymour, Gad Zahari, Shmuel Lalkin, Manfred Schreiber Produktion: GB/CH/D 1999 Länge: 94 min erhältliche Fassung: DVD

Der preisgekrönte Dokumentarfilm des Engländers Kevin Macdonald zeichnet die Ereignisse und Konstellationen rund um das „Olympia-Attentat“ während der Olympischen Spiele 1972 in München nach, bei dem elf Mitglieder der israelischen Mannschaft von dem palästinensischen Terror-Kommando Schwarzer September (Black September) als Geiseln genommen wurden, um in verschiedenen Ländern einsitzende Terroristen freizupressen (darunter auch die RAF-Terroristen Baader und Meinhof).

In der Anfangssequenz wird im Kontrast zu den später dargestellten Ereignissen ein Werbefilm der Spiele präsentiert. Auch im Laufe des Films wird das Attentat den positiven, geschichtlich motivierten Intentionen der deutschen Veranstalter gegenübergestellt. Im Folgenden werden mehrere narrative Stränge parallel verfolgt und miteinander verknüpft: Zum einen wird das Klima und Umfeld eingefangen, in dem die Spiele stattfanden, ebenso wie die Situation und Perspektive der israelischen Mannschaft. Hieran anknüpfend wird die Geschichte des als Geisel genommenen israelischen Fecht-Trainers André Spitzer erzählt, wobei Macdonald maßgeblich auf Interview-Ausschnitte mit dessen Frau aufbaut. Als Gegenpart wird von palästinensischer Seite der Werdegang des Terroristen Jamal al Gashey aufgegriffen, der einige Wochen nach dem Attentat zusammen mit den anderen beiden überlebenden Terroristen unter umstrittenen Umständen aus deutscher Haft freigepresst und daraufhin für die Tat nie zur Verantwortung gezogen worden war. Auch hier konnte Macdonald auf reichliches Interview-Material zurückgreifen – für den Film hatte er al Gashey erstmals zu einem Interview bewegen können, auch wenn dieser unerkannt bleibt, da er immer noch eine Verfolgung durch israelische Agenten befürchtete. Diese beiden sich gegenüberstehenden persönlichen Geschichten werden in die streng chronologische Darstellung der Geiselnahme eingeflochten. Daneben kommen weitere Verantwortliche und Zeitzeugen zu Wort, vor allem von deutscher und israelischer Seite. Die Geiselnahme selbst wie auch der Schusswechsel und das blutige Ende auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck werden dabei immer unter Berücksichtigung einerseits der Taktierversuche durch Politik und Polizei wie andererseits der Reaktionen von Bevölkerung und Weltöffentlichkeit in einem zunehmenden Countdown erzählt. Dabei werden auch die Versäumnisse und der Dilettantismus der deutschen Behörden sowie der zunehmende Medienhype und Voyeurismus in der Öffentlichkeit nicht ausgespart.

Ein Tag im September funktioniert nicht nur als reportageartiger Dokumentarfilm, sondern entfaltet darüber hinaus eine besondere und packende Wirkung. Ohne in platte oder reißerische Fahrwasser abzugleiten oder Partei zu ergreifen (eine gewisse Dramatisierung und Emotionalisierung ist allerdings nicht zu übersehen), gelingt es den Machern, eine einem Thriller ähnliche Dynamik zu entwickeln. Nicht nur die narrative Struktur, die dem Zuschauer mit den Techniken des Thrillers keine Wissensvorsprünge gewährt, sondern auch der Einsatz der Musik und die Montage der Bilder tragen hierzu bei, wodurch der Film für eine Dokumentation, die nur Originalaufnahmen und keine nachgestellten Szenen inszeniert, auffallend viel Spannung und Tempo erhält. Damit demonstriert One Day in September auch, wie eng Geschichte und Inszenierung beieinander liegen – und gleichzeitig auch, dass diese sich keineswegs antagonistisch zueinander verhalten müssen. Indem der Film den Genre-Regeln eines Thriller-Dramas folgt, ergibt sich allerdings auch eine narrative Stringenz, die für widerstrebende Lesarten, Differenzierungen und Kontingenzen nicht mehr viel Raum lässt.

Der Film gewann unter anderem bei der Verleihung der Academy Awards 2000 den Oscar in der Kategorie bester Dokumentarfilm.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0230591/

Der Film auf Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ein_Tag_im_September

Filmkritik von Andreas Busche:
http://www.filmzentrale.com/rezis/eintagimseptemberab.htm

 

2000


Große Freiheit, kleine Freiheit

(Dokumentarfilm)
Regie: Kristina Konrad Drehbuch: Kristina Konrad Kamera: Andreas Bolm, Kristina Konrad Musik: Gato Leiras Wenczel Mitwirkende: Inge Viett, Maria Barhoum, Gisela Kuehl, Ralf Reinders, Ronald Fritzsch Produktion: D/Uruguay 2000 Länge: 83 min erhältliche Fassung: VHS (Handel, Medienwerkstatt Freiburg)

Mit diesem Dokumentarfilm hat die Schweizer Regisseurin eine Art vergleichendes Portrait oder auch Doppelportrait geschafft: Gemeinsames Moment von Inge Viett und María Barhoum ist, dass beide Frauen ab Ende der 1960er-Jahre den Weg des aktiven, kompromisslosen, militanten Kampfes wählten, um die von ihnen als erstrebenswert empfundenen Veränderungen innerhalb der Gesellschaft herbeizuführen. Darüber hinaus sind beide Frauen etwa gleichen Alters und führen ein Leben in der Legalität nach einem Dasein im Untergrund. Trennendes Moment ist dabei, dass Viett, Mitglied der Bewegung 2. Juni und ab deren Auflösung 1980 der RAF, in und von der Bundesrepublik aus agierte bis sie 1982 in die DDR floh und nach dem Mauerfall verhaftet wurde. Dagegen befand sich das Wirkungsfeld Barhoums in Uruguay im Kreis anarchistischer Aktivisten, bevor sie mehrere Jahre im europäischen Exil verbrachte.

Der Film dokumentiert den Werdegang der Frauen im Rahmen eines gegen Ende des Films stattfindenden Treffens beider 1999 auf Kuba, ein Jahrzehnt nach dem Zusammenbrechen der sozialistischen Welt. Die Wahl des Ortes scheint für die Macherin des Films insofern bedeutungsgenerierend zu sein, da Kuba für beide Protagonistinnen einerseits fremd sei, andererseits aber auch ein Spiegel ihrer Hoffnungen, Befürchtungen, Motivationen und Utopien. Indem der Film dieses Treffen nachzeichnet, spürt er vor allem auch den aufgrund der unterschiedlichen Umfelder verschiedenen Bedingungen und Entwicklungslinien ihrer gemeinsamen Utopie nach und zeigt, wie beide Frauen unter veränderten Konstellationen mit biographischen Brüchen umgehen. Darüber hinaus werden Stationen der jeweiligen Biographie nachgezeichnet. So werden Orte der beiden Kindheiten besucht und Äußerungen einzelner Weggefährten eingeflochten.

Die Stärke des Films entwickelt sich über weite Strecken daraus, dass die Filmemacherin aufgrund ihrer Schweizer Herkunft weitgehend unvoreingenommen wie unmoralisierend den beiden Frauenfiguren gegenübertritt und sich so zwischen Schwarz-Weiß-Deutungsmustern zu bewegen vermag. Eine positiv geladene Neugier bzw. ein Interesse an diesen beiden Figuren ist dabei jedoch nicht zu übersehen, wodurch manche Doppelbödigkeit ihrer Biographien in der Darstellung mitunter zu kurz gerät. Allerdings will dieser Film auch keine historisch-kritische Bestandsaufnahme liefern, sondern eher eine Bilanz und ein Vergleich dieser beiden politischen Biographien sein. Deutlich wird ebenfalls im Vergleich zu Volker Schlöndorffs Die Stille nach dem Schuss (1999, siehe Teil 2.), wie in Schlöndorffs Spielfilm eine narrative Stringenz hergestellt wird, in der Widersprüche zugunsten von klaren, positivistischen und idealisierenden Weltentwürfen aufgehoben werden und die mit der Biographie Vietts nur eingeschränkt in Verbindung gebracht werden kann.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0277724/

Der Film im Filmportal:
http://www.filmportal.de/df/f0/Credits,,,,,,,,0C2F080F91284D8B84C4A2D8296AD4C7credits,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html

 

Der Austausch – die vergessene Entführung des Peter Lorenz
(Dokumentation, SFB/SWR)
Regie: Klaus Stern, Klaus Salge Mitwirkende: Ralf Reinders, Roland Fritzsch, Gabriele Rollnik, Till Meyer, ‚Bommi’ Baumann, Helmut Schmidt, Hans Jochen Vogel, Klaus Schütz, Nils Nilsen, Manfred Kittlaus Produktion: D 2000 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

Dieser Film zeichnet die Entführung von Peter Lorenz am 27. Februar 1975 durch die Bewegung 2. Juni nach und will damit auch dieses oft von den Geschehnissen des „Deutschen Herbsts“ überlagerte Kapitel der Geschichte des bundesrepublikanischen Linksterrorismus wieder in Erinnerung rufen.

Lorenz, CDU-Spitzenkandidat für das Bürgermeisteramt in West-Berlin, war während des laufenden Wahlkampfes entführt worden. Nachdem die Bundesregierung auf die Forderungen der Entführer eingegangen war, wurden fünf Inhaftierte (Horst Mahler hatte das Angebot abgelehnt) in den Jemen ausgeflogen und Lorenz freigelassen. Damit gilt das Attentat sowohl als die spektakulärste Aktion der Bewegung 2. Juni als auch als der letzte erfolgreiche Gefangenenaustausch der „Stadtguerilla“ – in der Folgezeit zeigte sich der Staat unnachgiebig. So stellt der Film ein weiteres Mal die Kardinalfrage nach der Erpressbarkeit und Unnachgiebigkeit des Staates sowie nach dem Preis hierfür. In einer aufgrund des Schnitttempos spannend gehaltenen Montage aus dokumentarischem Material und Zeitzeugen-Interviews werden die Geschehnisse rund um die Entführung nachgezeichnet. Dabei kommen verschiedene Verantwortliche zu Wort (u.a. Helmut Schmidt, Hans Jochen Vogel und der Regierende Bürgermeister Berlins Klaus Schütz) sowie beteiligte Ex-Terroristen der Bewegung 2. Juni (u.a. Ralf Reinders, Roland Fritzsch und Gabriele Rollnik).

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0275946/

 

2001


Black Box BRD

(Dokumentarfilm)
Regie: Andres Veiel Drehbuch: Andres Veiel Kamera: Jörg Jeshel Musik: Jan Tilman Schade Redaktion: Esther Schapira, Liane Jesse, Gudrun Hanke-El Ghomri Mitwirkende: Traudl Herrhausen, Rainer Grams, Thomas Fischer, Hilmar Kopper, Rolf Breuer, Werner Grams, Ruth Grams, Wolfgang Grundmann, Albert Eisenach, Matthias Dittmer, Jürgen Schneider, Hugo Lang Produktion: D 2001 Länge: 102 min erhältliche Fassung: DVD, Filmkopie

In Black Box BRD hat der Regisseur Andres Veiel beispielhaft die Biographien eines Täters wie eines Opfers des bundesrepublikanischen Linksterrorismus filmisch gegenübergestellt. Auf der ersten narrativen Ebene zeichnet Veiel das Portrait des Terroristen Wolfgang Grams nach, Mitglied der dritten RAF-Generation, der 1993 unter bislang nicht völlig aufgeklärten Umständen in Bad Kleinen bei einem Schusswechsel mit einem GSG9-Beamten ums Leben gekommen war. Eine weitere Ebene erzählt die Geschichte Alfred Herrhausens, u.a. Vorstandssprecher der Deutschen Bank, der 1989 bei einem Attentat, für das sich die RAF verantwortlich erklärte, durch eine Autobombe getötet worden war. Dabei existiert keine nachweisbare direkte Verbindung zwischen beiden Biographien – bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob Grams an dem Anschlag auf Herrhausen beteiligt gewesen war. Eine derartige Verbindung versucht der Film auch nicht zu konstruieren, sondern blickt hinter die so genannten Fakten und lässt Raum für Kontingenzen bezüglich dieser exemplarisch für angeblich feindliche Lager stehenden Lebenswege, die dabei nur auf den ersten Blick als völlige Gegensätze erscheinen. So werden auch Umfeld und Entwicklung der beiden Personen seit der Jugend wie private Aspekte in den Blick genommen: Grams’ Herkunft aus einem kleinbürgerlichen Elternhaus in der Nähe der Wiesbadener US-Airbase, wo der Vater angesichts der Frage nach seiner Mitgliedschaft in der SS immer noch zu stocken beginnt, wie Herrhausens Erziehung in einer Eliteschule der NSDAP und rasantem Aufstieg in der Finanzwelt bis zur Verkörperung von Macht. Zeitgeschichte wird so mit privaten Werdegängen verwoben, dass das unterschiedliche Ende der beiden Biographien greifbarer wird. Auch werden diese zumindest teilweise aus dem übermächtigen Schatten ihres Endes hervorgeholt, der sie in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend überlagert. Sogar Parallelen tun sich hier auf – etwa ähnliche Charakterzüge wie Entschlossenheit, Konsequenz und Idealismus. Dabei fällt Veiel nur vereinzelt auf eine Klischeebildung von „elitärem Karrieristen“ einerseits und „romantischem Dropout“ andererseits zurück; die Stärke des Films besteht gerade darin, sich soweit als möglich einer Wertung und Erklärung zu enthalten. Eine klare Position bezieht der Film nur insofern, als er eine deutliche Annäherung an die menschliche Seite der Problematik vollzieht und die „Wunden“ in den Vordergrund rückt, die durch dieses Kapitel der bundesrepublikanischen Nachkriegsgeschichte entstanden sind.

Es kommen verschiedenste Gestaltungsmittel des dokumentarischen Films zum Einsatz: Aufnahmen von Originalschauplätzen, dokumentarisches Archivmaterial wie private Filmaufnahmen und Fotografien, Zeitzeugenberichte von Angehörigen (die Familie Grams, die zweite Ehefrau Herrhausens) wie von Arbeitskollegen, Freunden und Weggefährten. Veiel gelingt es, durch die in Schachtelmontage miteinander verwobene parallele Betrachtung der beiden Biographien wie durch die filmästhetische Umsetzung des Stoffes (Einsatz der Musik, Montage etc.) einen fesselnden dramaturgischen Bogen herzustellen. Mehrere nachgestellte Sequenzen, so etwa der „drei Herrhausen-Mercedesse“, wurden mitunter aufgrund ihrer Grobkorn-Ästhetik kritisiert, nehmen im Hinblick auf die Gesamtlaufzeit des Films wie auch narrativ jedoch einen denkbar geringen Stellenwert ein.

Der Film wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. 2001 mit dem Europäischen Filmpreis für die Beste Dokumentation und 2002 mit dem Deutschen Filmpreis in der Kategorie Bester Dokumentarfilm. Basierend auf den für den Film durchgeführten Recherchen schrieb Veiel ebenfalls ein Sachbuch, das unter demselben Titel bei Fischer erschienen ist. Als so genannte Schweizer Antwort auf die bundesdeutsche Thematisierung des Linksterrorismus im Dokumentarfilm und vor allem in Black Box BRD sei hier auf Do It verwiesen (2000, R: Marcel Zwingli, Sabine Gisigers). Dieser Film zeichnet unterhaltsam und selbstironisch den Werdegang des schweizerischen Linksterroristen und heutigen Wahrsagers Daniele von Arb nach, der in den 1970er-Jahren zusammen mit Freunden in einer revolutionären Zelle von Zürich aus maßgeblich den „bewaffneten Kampf“ in der Schweiz vorantrieb, dabei ebenfalls international Kontakt zu anderen terroristischen Organisationen – auch der RAF – aufbaute und 1977 verhaftet wurde.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0283941/

Der Film auf Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Box_BRD

Der Film im Filmportal:
http://www.filmportal.de/df/6d/Uebersicht,,,,,,,,F2833E4D0675428D945BA711ADFBA343,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html

Filmheft der Bundeszentrale für politische Bildung:
http://www.bpb.de/publikationen/V20FT5,0,Black_Box_BRD.html

Offizielle Homepage des Films:
http://www.black-box-brd.de

Filmkritik von Ekkehard Knörer:
http://www.filmzentrale.com/rezis/blackboxbrd.htm

Filmkritik von Jakob Hesler:
http://www.filmtext.com/start.jsp?mode=2&lett=b&archiv=59

 

Starbuck Holger Meins
(Dokumentarfilm, Biographie)
Regie: Gerd Conradt Drehbuch: Gerd Conradt, Hartmut Jahn Kamera: Armin Fausten u.a. Musik: Lars Löhn Mitwirkende: Michael Ballhaus, Manfred Blessmann, Suzanne Beyeler, Gretchen Dutschke-Klotz, Enzio Edschmid, Harun Farocki, Alfred Klaus, Thomas Giefer, Rainer Langhans, Peter Lilienthal, Wilhelm Meins, Wolfgang Petersen, Margit Schiller Produktion: D 2001 Länge: 92 min erhältliche Fassung: DVD, Filmkopie: kommerzielle Ausleihe

Starbuck Holger Meins ist ein Film über die Person Meins, dessen Biographie und Entwicklung von einem links orientierten Filmstudenten, der seit seiner aktiven Beteiligung innerhalb der Studenten- und Protestbewegung um 1968 eine Radikalisierung durchlief und schließlich als erstes der führenden Mitglieder der ersten RAF-Generation 1974 im Zuge eines Hungerstreiks in Untersuchungshaft starb. Das Bild des aufgebahrten, ausgezehrten und für viele symbolhaften Leichnams Meins’ hatte damals in der medialen Öffentlichkeit, vor allem aber in linken wie linksradikalen Kreisen weite Verbreitung gefunden und ist bis heute – neben dem mageren, in Unterhose bei der Verhaftung 1972 zusammen mit Baader abgeführten Meins – in eine schon fast standardisierte Ikonographie der RAF und des bundesdeutschen Linksterrorismus eingegangen. Der Titel des Films bezieht sich dabei auf den Namen des Steuermanns der „Pequod“ aus dem Roman Moby Dick von Hermann Melville, Starbuck, der Meins als Deckname gegeben worden war.

Neben dokumentarischen Aufnahmen, über die die Zeitgeschichte eingeflochten wird, wie der Verwendung verschiedener Fotografien oder von Meins’ Freunden und Wegbegleitern angefertigter Kunstwerke und Filme – so etwa während seiner Zeit an der DFFB entstandene Agitations- bzw. Agitprop-Filme – setzt Starbuck Holger Meins vor allem auf Interviews mit verschiedensten Menschen, die Meins persönlich kannten. Dabei kommen politische Weggefährten, Bekannte, Freunde, Geliebte und Studienkollegen zu Wort (so u.a. Michael Ballhaus, Enzio Edschmid, Harun Farocki, Thomas Giefer, Rainer Langhans und Margit Schiller) wie auch der Vater Wilhelm Meins, der unerschütterlich zu seinem Sohn hält und dem der Film im Abspann gewidmet ist. Dieser hatte sich bereits früher, ebenfalls gegenüber dem Regisseur Conradt, in Über Holger Meins – Ein Versuch (1982, siehe dort) ausführlich zur Vergangenheit seines Sohnes geäußert. So entsteht ein vor allem durch Mitmenschen aus Meins’ engerem privatem wie politischem Umfeld entworfenes collagehaftes Bild des RAF-Terroristen. Dadurch nähert sich dieses Bild oft auch mehr dem Künstler, Menschen und Filmemacher als dem radikalen Terroristen, für den der einzige Ausweg der „bewaffnete Kampf“ wurde. In diesem Kontext ist vor allem auch die Beziehung des Regisseurs Gerd Conradt zu Meins erwähnenswert, die die Perspektive des Film prägt: Beide hatten seit der Eröffnung der DFFB 1966 dem ersten Jahrgang der neu gegründeten und bald stark politisierten Filmhochschule angehört; Meins hatte sich jedoch im Laufe des Studiums bald von diesem Milieu entfernt und war schließlich mit anderen politisch aktiven Kommilitonen von der Hochschule entfernt worden. Aber auch Conradt wie viele andere damaligen Studenten der DFFB hatten eine tendenziell politisierte Grundhaltung, die ebenfalls in ihre Filmarbeit während und nach dem Studium einfloss.

So zeichnet der Film insgesamt das Bild eines nachdenklichen, sensiblen und eigensinnigen Menschen nach und versucht, dessen radikale Politisierung wie den Weg in den Untergrund zu ergründen. Dabei ist er unübersehbar durch die Perspektive seiner Macher geprägt, die zwar die notwendige historische Distanz wahren und keine Parteinahme vornehmen, jedoch politische, mitunter eindimensionale Deutungsmuster beibehalten – ein wehmütiger Unterton schwingt gelegentlich mit. Damit ist dies gleichzeitig implizit auch ein Film über das damalige Umfeld Meins’ wie des linken Milieus (bzw. darüber, wie sich dieses Milieu heute in der Retrospektive entwirft) und findet wenige Antworten auf die Frage, warum gerade Meins „die Kamera gegen die Knarre“ eintauschte. Auch werden die Widersprüche der Person und Entwicklung Meins’ weder weiter ausgeführt noch aufgehoben, sondern verlieren sich eher in der Logik linker Erklärungsmuster. Das Symbol und der machtvolle Mythos Meins wird so in seiner augenscheinlichen Diskrepanz zu dem Menschen dahinter kaum überwunden. Andererseits ist es ein Verdienst des Films, die oft unbekannten Schnittstellen zwischen Meins’ Werdegang und demjenigen von Zeitgenossen – besonders heute bekannter Filmemacher – ins Bewusstsein zu rufen, die sich in verschiedenste Richtungen entwickelten.

Auf der Basis des Films entstand das von Gerd Conradt geschriebene gleichnamige Buch Starbuck – Holger Meins. Ein Portrait als Zeitbild (Berlin 2001). Auf der DVD des Films befindet sich erstmals die einzige von Meins selbstständig umgesetzte Filmproduktion, der Kurzfilm Oskar Langenfeld (1967, siehe dort).

Der Film in der IMDb: http://german.imdb.com/title/tt0324067/

Der Film im Filmportal: http://www.filmportal.de/df/8e/Uebersicht,,,,,,,,B2CFD74A39F048D5B1B6BD5560D58CD0,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html

Offizielle Homepage des Films: http://www.starbuck-holger-meins.de

Filmkritik von Martin Schwickert: http://www.filmzentrale.com/rezis/starbuckholgermeins.htm

 

Die wilden Siebziger – Träume, Trotz und Terror
(Dokumentation, ZDF)
Regie: Ulrike Grunewald, Peter Hartl Redaktion: Stefan Brauburger, Dieter Zimmer Kamera: Ernst Brouwer, Manfred Zschieck Musik: verschiedene Mitwirkende: Daniel Cohn-Bendit, Matthias Wissmann, Helmut Schmidt, Wolfgang Kraushaar, Hans-Christian Ströbele, Günter Grass Produktion: D 2001 Länge: 45 min erhältliche Fassung: Fernsehmitschnitt

Diese informative ZDF-Dokumentation greift auf eine breite Basis an dokumentarischem Material wie Zeitzeugen-Interviews zurück und ist durch die schnelle Montage vieler verschiedener Dokumente wie den Einsatz der Musik relativ dynamisch gehalten. Der Einsatz von zeitgenössischer Popmusik und das Einspielen von Sequenzen der Neuen Deutschen Wochenschau tun ihr übriges, um ebenfalls Zeitkolorit und Lebensgefühl heraufzubeschwören.

Inhaltlich sollen vor allem verschiedene Ereignislinien und gesellschaftliche Strömungen der 1970er-Jahre sowie deren Ursprünge und Auswirkungen wie „Lehren“ nachgezeichnet werden. Dabei wird die Entwicklung von der Protestbewegung bis zum Linksterrorismus nachgezeichnet; nebenbei widmet sich ein Teil der Dokumentation dem Umfeld der Hausbesetzerszene in Frankfurt und deren Radikalisierung. In den letzten zehn Minuten kommt auch der Terrorismus der RAF zur Sprache. Die Dokumentation endet mit einem Ausblick auf die sich anschließenden Entwicklungslinien, namentlich der Bürgerinitiativen, der Ökologiebewegung und der Etablierung von Realpolitik statt Revolution (verkörpert durch Joschka Fischer). So werden viele Entwicklungslinien aufgegriffen und ebenso viele Zeitzeugen zu Wort gebeten – vom Politiker über den Experten bis zum aktiven Linken und Polizisten.

 

2002


Schleyer – Eine deutsche Geschichte

(Dokumentarfilm, NDR)
Regie: Lutz Hachmeister Drehbuch: Lutz Hachmeister Redaktion: Silvia Gutmann, Enno Hungerland Kamera: Thomas Schaefer, Hajo Schomerus Musik: Andreas Schäfer Produktion: D 2002 Länge: 90 min erhältliche Fassung: Fernsehmitschnitt

Der Dokumentarfilm von Lutz Hachmeister zeichnet erstmals Schleyers Werdegang vom Jahr 1933 und der Aufnahme eines Jurastudiums in Heidelberg bis zu seiner Entführung und Ermordung durch die RAF während des „Deutschen Herbsts“ 1977 nach. Dabei versucht Hachmeister, die Biographie Schleyers in die historischen Entwicklungen einzubetten und ihn damit zugleich als eine Person zu präsentieren, in der sich zentrale Bedingungen und Ereignislinien der deutschen Geschichte widerspiegeln – Schleyers Biographie als eine deutsche Geschichte.

Hachmeister zeigt die Prägung Schleyers durch das Umfeld der Burschenschaften, sein frühes Engagement als Studentenfunktionär der Nationalsozialisten und seinen Aufstieg im besetzten Prag, erst als Leiter des Studentenwerks und dann im Zentralverband der Industrie für Böhmen und Mähren. Nach 1945 folgte dann eine steile Karriere bei Daimler Benz und im Verbandswesen der Industrie, die Schleyer zu einem der wichtigsten Wirtschaftsmanager der Bundesrepublik machte. Dabei wird ebenfalls seine Exponiertheit in der Öffentlichkeit (Hachmeister bezeichnet ihn als „öffentliche Reizfigur“) und die Rolle insbesondere des Fernsehens in diesem Kontext dargestellt, wobei betont wird, dass das öffentliche „Image des bulligen Funktionärs“ für viele Weggefährten nur bedingt kompatibel war mit dem Menschen und Verhandlungspartner Schleyer. Für die aufkommende Studenten- und Protestbewegung stellte sich das Aufdecken der ungebrochenen Kontinuität zur Karriere im Nationalsozialismus jedoch als entscheidend dar. Wie der letzte Teil des Dokumentarfilms neben den Geschehnissen um die Entführung und Ermordung zeigt, übte der Arbeitgeberpräsident auf die RAF eine geradezu magnethafte Wirkung aus. So steht Schleyer auch prototypartig für eine – mitunter als „Funktionseliten“ bezeichnete – Generation, deren Karrieregrundsteine noch in den Anfangsjahren des Nationalsozialismus gelegt wurden und die in einer oft nur schwer nachvollziehbaren Kontinuität auch im Selbstbild und Selbstverständnis die frühe Bundesrepublik maßgeblich prägten.

Neben vielfältigem Dokumentarmaterial kommen verschiedene Zeitzeugen vor allem aus dem direkten Umfeld Schleyers zu Wort (Familienangehörige, Arbeitskollegen und Verhandlungspartner, Bekannte und Wegbegleiter), aber auch Kritiker Schleyers und ehemalige RAF-Angehörige. Dank der Breite des dargebotenen, erhellenden Materials wie auch der Anlage des Films (insbesondere die dichte Montage und der Einsatz der Musik) kann dabei ein Spannungsbogen aufrechterhalten werden.

Man kann es durchaus als ein Verdienst dieses Dokumentarfilms bezeichnen, die Geschichte dieser „öffentlichen Reizfigur“ genauer nachzuzeichnen, Schleyer aus seiner Ikonisierung herauszuholen und an die Entwicklungslinien der deutschen Zeitgeschichte rückzukoppeln. Dabei gelingt es weitgehend, auf Distanz zu einer singulären Deutung der Person zu bleiben und stattdessen auch Widersprüche herauszuarbeiten. Nachfragen und Kritik gab es bei der Besprechung des Films von einzelnen Seiten bezüglich der Rolle Schleyers während seiner Tätigkeiten für den Zentralverband der Industrie für Böhmen und Mähren in Prag wie seiner Mitgliedschaft in der SS, da dies vage bis verharmlosend dargestellt sei bzw. diesbezügliche Recherchen vernachlässigt worden seien.

Aufbauend auf den Recherchen zum Film schrieb Hachmeister anschließend ein gleichnamiges Buch über die Biographie Schleyers. Der Film selbst gewann 2004 unter anderem den Adolf- Grimme-Preis in der Kategorie Dokumentation/Kultur.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0373294/

Inhaltsangabe des Senders:
http://www.ndrtv.de/doku/20030820_schleyer.html

Filmkritik von Bendrik Muhs (fluter.de, Magazin der bpb): http://film.fluter.de/de/19/kino/2110/

Rezension des gleichnamigen Buches bei H-Soz-u-Kult (von Marica Tolomelli):
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2004-4-010

Rezension in sehepunkte (von Birgit Seiderer):
http://www.sehepunkte.de/2005/09/5345.html

 

Andreas Baader – Der Staatsfeind
(Dokumentation, NDR)
Regie: Klaus Stern Drehbuch: Klaus Stern Redaktion: Silvia Gutmann Kamera: Thomas Giefer Produktion: D 2002 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

Nach Christopher Roths kontrovers besprochenem Spielfilm Baader (2002, siehe ebd.) hat Klaus Stern mit Andreas Baader – der Staatsfeind die erste biographische Dokumentation vorgelegt, die sich ausschließlich Baader als Person und dessen Werdegang widmet. Inhaltlich ergibt sich hieraus ein vielschichtiges Bild des RAF-Terroristen, was im Hinblick auf die Mythen- und Legendenbildung um Baader nicht wirklich überraschend erscheint, gleichzeitig aber auch ein Verdienst der Dokumentation ist, da Mythen nicht selten zu narrativer Stringenz einladen. Dass dabei manchmal nichtsdestotrotz Mythen fortgeschrieben statt dekonstruiert werden, verwundert kaum. So erscheint Baader als charismatischer Stadtguerillero, als Frauenheld und Kleinkrimineller, als cholerischer, rücksichtsloser Psychopath und als sich selbst inszenierender, gewalttätiger Narzisst. Umso erstaunlicher erscheint – so die Dokumentation – diese Karriere zum „Staatsfeind Nr. 1“ im Hinblick auf die aus schlechten schulischen Leistungen, Gelegenheitsjobs und Autodiebstählen bestehende Biographie Baaders vor 1968. Darüber hinaus wollte Stern nach eigenen Aussagen nicht nur „die Zerrissenheit von Baader, sondern auch die – allemal aus heutiger Sicht – kaum verständliche hysterische Überreaktion des Staates“ herausstellen. Die Komplexität der Person und ihrer Bedeutung herauszuarbeiten kann als Verdienst dieser Dokumentation gewertet werden; ihr Neuheitswert hält sich allerdings in Grenzen.

Das verwendete Material an Zeitzeugen-Interviews (so kommt hier erstmals Ello Michel zu Wort, Mutter einer gemeinsamen Tochter mit Baader) wie an dokumentarischen Aufnahmen und Fotos ist reichhaltig und schafft es zumindest mitunter, die oft reproduzierte Ikonographie zur RAF und zu Baader zu durchbrechen. Die Reaktionen fielen hier im Gegensatz zu Christopher Roths umstrittenem Film Baader (ebenfalls 2002, siehe Teil 2.) weit weniger kontrovers aus. Im Jahr 2007 publizierte Klaus Stern in Zusammenarbeit mit Jörg Herrmann ein gleichnamiges Buch. Die Dokumentation erhielt unter anderem 2003 den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie Beste Dokumentation.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0432711/

Inhaltsangabe und Ankündigung des Senders:
http://www.ndrtv.de/doku/20021016.html

 

25 Jahre Deutscher Herbst – Ein Gespräch mit Peter-Jürgen Boock
(Dokumentation/Reportage, Reihe: Spiegel TV Spezial)
Regie und Drehbuch: Stefan Aust, Gunther Latsch, Matthias Ziemann Produktion: D 2002 Länge: 92 min erhältliche Fassung:

Diese aus der Spiegel-TV-Werkstatt um Stefan Aust stammende Dokumentation nimmt sich 25 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“ den damaligen Geschehnissen und ihrem zeitgenössischen Kontext an, in einer Verflechtung aus dokumentarischen Aufnahmen und Zeitzeugen-Interviews. Dabei wird ein weiteres Mal maßgeblich auf Aussagen des ehemaligen, 1998 aus der Haft entlassenen RAF-Terroristen Peter-Jürgen Boock zurückgegriffen, der anlässlich dieser Sendung einen ausführlichen Bericht gab. Der Fokus der Macher liegt dabei tendenziell stärker auf den Vorkommnissen innerhalb der Bundesrepublik – der Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers wie den Vorgängen in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim und den dortigen Suiziden der Protagonisten der ersten RAF-Generation – als auf der Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“.

 

GeschichtsNacht Terrorismus – Geschichte des Terrorismus
(Dokumentation u. Diskussion, WDR-Reihe: WDR-Dok/Studio)
Redaktion: Beate Schlanstein Moderation: Sabine Scholt, Andreas Ernst Produktion: D 2002 Länge: 120 min erhältliche Fassung:

In dieser Themensendung des WDR wird der bundesrepublikanische Linksterrorismus in einer historischen Gesamtschau auf das Phänomen Terrorismus dargestellt. Angestrebt werden verschiedene – zeitgenössische wie aktuelle – Perspektiven und eine Vielfalt an medialen Zugängen – Dokumentation, Spielfilm, Magazin und Diskussionen bzw. Gesprächsrunden. Ausgangspunkt sind dabei die Terroranschläge vom 11. September, von denen aus insbesondere auf die 25 Jahre zurückliegenden Ereignisse des „Deutschen Herbsts“ geblickt wird. Aber auch andere Formen und Ausprägungen des Terrorismus werden einbezogen, so dass eine aufschlussreiche und oft vernachlässigte vergleichende Perspektive auf ein Gesamtphänomen entsteht: Einerseits wird die Vielfalt der Gruppierungen und ihrer Motivationen erfassbar. Andererseits können Wechselwirkungen zwischen Terror und Gesellschaft, Staat und Medien und deren Auswirkungen so näher betrachtet und in ihren Besonderheiten wie Gemeinsamkeiten differenziert werden. Darüber hinaus kommen langfristige Entwicklungstendenzen und Veränderungen des Phänomens Terrorismus in den Blick (wie auch des Bildes von der Figur des Terroristen oder der Wahrnehmung dieser Bedrohung). Bekannte Ereignisse und Bedingungen werden in neuen Kontexten betrachtet.

Ankündung und Beschreibung des Senders:

 

Baader-Meinhof: In Love with Terror
(Dokumentation, BBC)
Regie: Ben Lewis Produktion: UK 2002 Länge: 69 min erhältliche Fassung:

Diese BBC-Produktion (BBD Four) bereitet das Thema des bundesrepublikanischen Linksterrorismus und der RAF für das britische Fernseh-Publikum auf. Dabei entsteht ein Blick, der einen Bogen für den weitgehend uninformierten Zuschauer schlagen will, sich der Thematik im Gegensatz zu bundesdeutschen Verhältnissen unbeschwert – für manch einen deutschen Betrachter möglicherweise auch populistisch – nähert und dabei einen besonderen Fokus auf die bekannten, führenden Gesichter der RAF legt (Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof). Die Fragen werden hier – kaum überraschend – grundlegender formuliert, als man es in der Bundesrepublik gewohnt ist. Wie kam es dazu, dass in einer der reichsten und modernsten Demokratien eine Gruppe von Terroristen durch Entführungen und Mord eine ganze Gesellschaft in Atem halten konnte? Daraus ergibt sich eine scharfsinnige und gleichzeitig leicht zugängliche Analyse der größeren Zusammenhänge. Die Perspektive, die RAF mit den Rolling Stones zu vergleichen und ihre erstaunliche (Medien-)Wirkung schlicht auch auf ihre „Coolness“ zurückzuführen, mag im ersten Moment befremden, ist aber bis zu einem gewissen Punkt auch erfrischend. Darüber hinaus betont Lewis vor allem den Schaden, der aus dem Linksterrorismus für die deutsche Linke entstanden ist, und will vor einer Überinterpretation der RAF wie deren Auswirkungen warnen – die RAF wird hier zur „sideshow“ der linken Bewegung in der Bundesrepublik.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0362429/

Ankündigung des Senders und Interview mit dem Regisseur:
http://www.bbc.co.uk/bbcfour/documentaries/features/baader-meinhof.shtml

 

2003


Stockholm 1975 / Stockholm 75 – The Story of a Former RAF Terrorist

(Dokumentarfilm)
Regie: David Aronowitsch Drehbuch: David Aronowitsch Kamera: Göran Olsson, Marek Wieser, Tomaz Blanc Musik: Jonas Bohlin Produktion: S 2003 Länge: 58 min erhältliche Fassung:

Dieser für das schwedische Fernsehen produzierte Dokumentarfilm nimmt sich des Anschlags auf die deutsche Botschaft in Stockholm 1975 durch Mitglieder der RAF an, des „Kommandos Holger Meins“. Dabei nahmen sechs RAF-Terroristen zwölf Geiseln und forderten die Freilassung von 26 Gesinnungsgenossen, darunter auch der in Stuttgart-Stammheim inhaftierten führenden Köpfe der ersten RAF-Generation. Nachdem die Terroristen zwei der Geiseln erschossen hatten, scheiterte das Attentat aufgrund eines frühzeitig detonierenden Sprengsatzes, der einer Stürmung der Botschaft durch schwedische Sicherheitskräfte zuvorkam. Unter Einflechtung von Interview-Passagen mit Karl-Heinz Dellwo und zeitgenössischen Fernsehbildern begleitet der Film den damals beteiligten Täter nach Stockholm, zu dessen Familie nach Südfrankreich sowie nach Celle, wo dieser bis zu seiner Entlassung 1995 inhaftiert war. Dabei zeichnet der Regisseur Aronowitsch weniger die damaligen Ereignisse nach, sondern versucht vielmehr in einem Portrait, das Leben und den Alltag Dellwos nach der Beteiligung an dem Attentat wie dessen reflektierenden, aber nicht gerade von Ambitionen der Rechtfertigung oder Reue geprägten Umgang mit der Vergangenheit einzufangen. Antworten auf das Warum der Taten Dellwos findet der Film kaum, vielmehr lässt er diese offen (wohl mehr oder weniger bewusst – der Regisseur selbst gab an mehreren Stellen zu, kaum Antworten auf die Fragen gefunden zu haben, die ihm die Person und Biographie Dellwos aufgegeben hätten). Die Filmsprache lässt sich, insbesondere aufgrund der Montage und Kameraführung, als eher ruhig und beobachtend beschreiben.

Offenbar aus politischen Gründen bzw. aufgrund der Haltung Dellwos wurde der Dokumentarfilm, der in Schweden mit Erfolg gesendet wurde, bislang von keiner deutschen Fernsehanstalt gezeigt und lief nur auf einigen kleineren, unabhängigen Festivals.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0488898/

Der Film auf Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stockholm_75

Filmkritik von Wilfried Hippen in die tageszeitung:
http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2004/10/12/a0318

Filmkritik von Oliver Tolmein in konkret (02/2005):
http://www.konkret-verlage.de/kvv/txt.php?text=wasmachtdennderlutztaufer&jahr=2005&mon=02

 

2005


Folter in Stammheim? Die Propaganda der RAF

(Dokumentation, ARD)
Regie: Florian Hartung, Annette Baumeister Drehbuch: Florian Hartung, Annette Baumeister Redaktion: Heribert Schwan Produktion: D 2005 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

Diese Dokumentation hat sich einer Dekonstruktion des „Mythos Stammheim“ und einer Darstellung der Inszenierung der RAF verschrieben. Ausgangspunkt ist der die Nation beschäftigende Fund der drei tot aufgefundenen RAF-Terroristen Baader, Ensslin und Raspe am 18. Oktober 1977 – sie hatten sich in ihren Zellen das Leben genommen.

Der Film hinterfragt bis heute wirkungsmächtige Deutungsmuster von „Isolationshaft“ und „geistiger Folter“. Dabei werden auf der Grundlage von Berichten, Notizen und Fotos des Justizvollzugsbeamten Horst Bubeck die Konstellationen und der Alltag der RAF-Häftlinge auf dem so genannten siebten Stock in Stammheim rekonstruiert. Gefragt wird nach der Kommunikation der RAF-Häftlinge mit RAF-Terroristen der so genannten zweiten Generation draußen und mit ihren Anwälten. Das Taktieren zwischen den Häftlingen, der Öffentlichkeit, dem Staat und der Justiz wird neu verortet. Dies ist auch die Stärke der Dokumentation: Ausgehend von der These einer „Propaganda“ oder auch „PR-Maschine“ der RAF mit ihren ausgefeilten Kommunikationsstrategien wird hier eine Neukontextualisierung der bekannten Umstände vorgenommen und eine „Divergenz zwischen drinnen und draußen“ aufgezeigt. Aber auch die Perspektive der Opfer wird berücksichtigt: So kommt hier u.a. die Witwe des während des Anschlags auf die deutsche Botschaft in Stockholm 1975 ums Leben gekommenen Militärattachés Andreas Baron zum Wort. Neben Zeitzeugen-Interviews werden auch dokumentarisches Archiv-Material und aktuelle Aufnahmen des „siebten Stocks“ verwendet.

Ankündigung und Inhaltsangabe des Senders:
http://www.wdr.de/tv/dokumentation/folter_in_stammheim.html

 

2006


Ulrike Meinhof – Wege in den Terror

(Dokumentation, RBB)
Regie: Johannes Unger, Sacha Adamek Produktion: D 2006 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

Pünktlich zum 30. Todestag Ulrike Meinhofs am 9. April 1976 versucht diese Dokumentation den Werdegang eines der prominentesten Mitglieder der ersten Generation der RAF nachzuzeichnen und dabei zu ergründen, wie aus der renommierten Kolumnistin und Journalistin, Pazifistin, Sprecherin der Linken und APO und nicht zuletzt der Mutter eine gewaltbereite Terroristin wurde, die für eine militante Terrorgruppierung wie die RAF in den Untergrund ging. Dieser Bruch in der Biographie einer engagierten Bürgerin auf dem Weg zur Aktivistin des „bewaffneten Kampfes“ und „Staatsfeindin Nr. 1“ erscheint den Filmemachern bei Meinhof besonders augenfällig. So werden auch Überlegungen angestellt, welche Rolle möglichen privaten oder gesundheitlichen Gründen bei diesem Bruch zukommen könnte. Besonders diese Spekulationen sowie auch manche Verwendung von Zitaten, Bildern und Zeitzeugen-Berichten, die aus ihrem Kontext herausgenommen eine verzerrende Wirkung entfalten könnten, brachten den Filmemachern von einigen Seiten Kritik ein, die Ulrike Meinhof als politischen Menschen mit politischen Motivationen verstanden wissen wollten. Auch wurde kritisiert, dass das bereits bekannte Narrativ von dem schönen, christlichen Bürgerkind, das in die Militanz abdrifte, ein weiteres Mal in gewohnten Bildern erzählt werde.

Neben der Verwendung von dokumentarischem Material werden vor allem Interviews mit verschiedenen Bekannten, Freunden und Wegbegleitern Meinhofs gezeigt, so u.a. mit Klaus Wagenbach, den Freundinnen Peggy Parnass und Erika Runge, den ehemaligen RAF-Mitgliedern Monika Berberich und Manfred Grashof sowie der Journalistin und Tochter Bettina Röhl. Auf der Grundlage dieser verschiedenen Zeitzeugenaussagen bemüht sich der Film um eine Mehrfachperspektive auf die Person und Biographie Meinhofs.

Die Dokumentation lief ebenfalls in der Reihe und unter dem Titel „Deutsche Lebensläufe: Ulrike Meinhof“.

Ankündigung und Inhaltsangabe des Senders:
http://www.daserste.de/doku/beitrag_dyn~uid,n0hwtlvixpflnruw~cm.asp

Filmkritik von Jörg Sundermeier in die tageszeitung:
http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2006/05/08/a0208

 

Mein Leben als Terrorist: Hans-Joachim Klein (De Terrorist Hans-Joachim Klein)
(Dokumentarfilm)
Regie: Alexander Oey Drehbuch: Alexander Oey Kamera: Jackó van’t Hof Mitwirkende: Daniel Cohn-Bendit, Hans-Joachim Klein, Heinrich Gehrke, Tillmann Schulz Produktion: NL 2006 Länge: 71 min Sprache: deutsch, Untertitel: engl./nl. erhältliche Fassung: DVD

In diesem Dokumentarfilm hält der niederländische Fernsehjournalist Alexander Oey sein Treffen mit dem ehemaligen „Revolutionäre Zellen“-Terroristen Hans-Joachim Klein fest und versucht sich dessen Biographie zu nähern. Oey besucht Klein in einem normannischen Dorf, in dem Klein über Jahre untergetaucht war und heute wieder lebt; darüber hinaus werden gemeinsam verschiedene Stationen aus Kleins Vergangenheit in Frankfurt a.M. aufgesucht. Nach seiner Beteiligung am Anschlag auf die OPEC-Konferenz im Jahr 1975, bei dem drei Menschen starben und er durch eine Schusswunde verletzt worden war, hatte sich Klein, nach gelungener Flucht nach Algerien bzw. in den Jemen, von den RZ und dem „bewaffneten Kampf“ losgesagt. 1998 wurde er in seinem Stammlokal in Frankreich verhaftet, wurde nach sechs Jahren Haft jedoch mithilfe der Kronzeugenregelung begnadigt (hierzu äußert sich Klein nicht näher).

Im Film spricht der gelernte Kfz-Schlosser und ehemalige Terrorist offen und ernst, aber auch humorvoll über seine Vergangenheit, von seiner Mittäterschaft über die wachsende Distanz zur terroristischen Szene und den anschließenden Ausstieg, nachdem ihm der Irrsinn vieler linksradikalen Aktionen und Argumentationen wie der Motive und Werdegänge mancher Wegbegleiter immer deutlicher geworden sei. Ob Klein in seiner im Film zum Ausdruck kommenden Selbstdarstellung reflektierende Reue zum Ausdruck zu bringen oder sich schlicht als Opfer zu stilisieren versucht, wurde unterschiedlich gewertet. Und für eine Selbstdarstellung welcher Art auch immer lässt ihm Oey breiten Raum; oft lässt er Klein erzählen, ohne aufdringlich nachzufragen. Auch wenn diese Herangehensweise ihre Gefahren bergen kann, kommen so verschiedene Perspektiven auf Kleins Umgang mit der Vergangenheit und auf Motive wie manchmal fast schizophrene Einstellungen des linksradikalen Milieus zum Ausdruck. Darüber hinaus trifft Klein auf die ehemaligen Mitstreiter Daniel Cohn-Bendit und Tillmann Schulz. Schließlich kommt auch Heinrich Gehrke zu Wort, Vorsitzender im gegen Klein 2000 geführten Prozess.

In seinem Artikel Nicht alle waren Bürgerkinder (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 21.10.2007, S. 30) zieht Nils Minkmar bezüglich Kleins Werdegang Parallelen zu der Biographie Karl-Heinz Dellwos, der nicht nur zur selben Zeit im terroristischen Milieu aktiv gewesen war, sondern mit dem Klein auch das Herkunftsmilieu in der armen, ländlich geprägten Provinz Baden-Württembergs gemein hat – und damit in eher einfachen, gewaltgeprägten und gar nicht heilen, bürgerlichen Verhältnissen.

Der Film in der IMDb:
http://german.imdb.com/title/tt0841179/

Filmkritik von Dietrich Kuhlbrodt:
http://www.filmzentrale.com/rezis/meinlebenalsterroristdk.htm

Filmkritik von Oliver Baumgarten in Schnitt:
http://www.schnitt.de/231,1050,1

 

2007


Die RAF

(Dokumentation, NDR, 2 Teile)

Diese zweiteilige, von Spiegel TV im Auftrag des NDR produzierte Dokumentation mit dem schlichten und zugleich schlagwortartig einprägsamen Titel Die RAF stellte einen medialen Höhepunkt in der öffentlichen Präsenz der 30-jährigen Wiederkehr des „Deutschen Herbsts“ dar. Sie greift weiter zurück und versucht, die Ereignisse im Kontext der gesamten Geschichte des RAF-Terrorismus darzustellen. Dabei orientiert sie sich weitgehend entlang der Biographien von Baader, Ensslin und Meinhof und erzählt deren Entwicklung wie die Prägung des deutschen Staates, seiner politisch-justitiellen Verfasstheit und seiner Gesellschaft durch den RAF-Terrorismus in bereits bekannten Mustern: So entsteht das Bild eines kollektiven Dramas, das die Nation von der Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers über die „Nacht von Stammheim“ bis zur Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu in Atem hielt. Die Perspektive auf die in Stammheim inhaftierten RAF-Mitglieder bemüht dabei ein weiteres Mal die Vorstellung eines Kampfes der „sechs gegen sechs Millionen“. Im Vorfeld und in der Ankündigung durch die Macher wurde besonders hervorgehoben, dass hier erstmals von Stefan Aust, dem seit dem Buch Der Baader-Meinhof-Komplex (1985) mit der Reputation des RAF-Spezialisten belegten Regisseur der Dokumentation, recherchiertes bislang unbekanntes Material verarbeitet worden sei, das auch neue Perspektiven auf das Thema eröffne. Die tatsächliche Neuartigkeit des in Die RAF präsentierten Materials ist dabei umstritten. Versucht wird, weiter in die „oft trostlose Binnenrealität“ der terroristischen Gruppierung einzudringen und Momente der zweifelhaften Zusammenarbeit zwischen Polizei, Justiz und Geheimdiensten aufzudecken. Angeblich neue Erkenntnisse wie z.B. eine möglicherweise geplante Entführung Helmut Schmidts sind keine irrealen Szenarien, jedoch auch nicht erwiesen – und bringen so immer spekulative Momente mit sich. Neben der maßgeblichen Unterstützung Austs durch seinen ebenfalls umstrittenen und „offenbarungsfreudigen Kronzeugen“ Peter-Jürgen Boock wurden für die Dokumentation über 60 Zeitzeugen interviewt, die auch nur bedingt Neues zu berichten wissen, aber doch den Kreis des bislang Gehörten und der bislang gesehenen Personen erweitern. Alles in allem wirkt Die RAF vor dem Hintergrund bereits vorhandener filmischer Aufbereitungen des Themas nur bedingt neu, sondern scheint vielmehr als Spätwerk Austs die bisher gesehenen Bilder zu einer Art Meistererzählung der „Baader-Meinhof-Gruppe“ zu verarbeiten, was jedoch durchaus aufschlussreich und informativ sein kann.

Teil 1: Der Krieg der Bürgerkinder
Regie und Drehbuch: Stefan Aust, Helmar Büchel unter Mitarbeit von Katrin Klocke Redaktion: Thomas Schreiber, Eric Friedler Kamera: Jan Kerhart, Rainer März, Till Sündermann, Bernd Zühlke Produktion: D 2007 Länge: 90 min erhältliche Fassung:

Im ersten Teil der Dokumentation wird die Vorgeschichte der RAF nachgezeichnet. Dabei wird der Bogen vom Entstehungsumfeld in den Studentenunruhen und der Protestbewegung über die Taten und Konstellationen in der frühen Terror-Gruppe, die Festnahmen der führenden Mitglieder der so genannten ersten Generation 1972 bis zu den weiteren Ereignissen während der Haft in Stammheim und parallel einsetzenden Aktivitäten der zweiten Generation außerhalb des Gefängnisses gespannt. Der Film endet mit der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer.

Teil 2: Der Herbst des Terrors
Regie und Drehbuch: Stefan Aust, Helmar Büchel unter Mitarbeit von Katrin Klocke Redaktion: Thomas Schreiber, Eric Friedler Kamera: Jan Kerhart, Rainer März, Till Sündermann, Bernd Zühlke Produktion: D 2007 Länge: 90 min erhältliche Fassung:

Im zweiten Teil werden ausgehend von der vormals präsentierten Vorgeschichte die mittlerweile bekannten Geschehnisse des „Deutschen Herbsts“ dargestellt: von der Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers über die Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu durch ein Terror-Kommando der PFLP und der anschließenden erfolgreichen Stürmung der Maschine durch ein Sonderkommando der GSG9 bis zu den Vorgängen im so genannten siebten Stock der JVA Stuttgart-Stammheim und zur anschließenden „Nacht von Stammheim“. Dabei werden diese Ereignislinien miteinander verwoben; eine gewisse Dramatisierung der Ereignisse lässt sich kaum übersehen. Wie auch schon in vorhergegangenen Dokumentationen (vgl. hierzu insb. Baader-Meinhof, 1986) kommt dabei ein besonderes Interesse Austs an den Vorgängen im „Terror-Trakt“ in Stammheim zum Ausdruck, wobei der „Lauschangriff“ von staatlichen Stellen auf die dort inhaftierten Terroristen und ihre Anwälte aufgrund der Funde der damals aufgefundenen Tonbänder nun besonders betont wird und Aust auch hier seine These von einer Mitwisserschaft des Staates in Bezug auf die Suizide von Baader, Ensslin und Raspe vertreten kann.

Inhaltsangabe des Senders:
http://daserste.ndr.de/pages/std/t_cid-4175674_.html

Filmkritik von Willi Winkler in der Süddeutschen Zeitung (12.9.2007):
http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/737/132496/print.html

 

Das Wunder von Mogadischu
(Fernseh-Doku/Doku-Drama, ZDF, Reihe: History)
Regie: Oliver Halmburger u.a., Ltg. Guido Knopp Mitwirkende: Samir Fuchs, Daniela Voß, Genoveva Mayer, Thomas Peters, Armin Berger Produktion: D 2007 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

Die Produktion der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte zeichnet die direkten Ereignisse rund um die Entführung der „Landshut“ durch Terroristen der palästinensischen Terrororganisation PFLP im Oktober 1977, die Vorgänge im Flugzeug und die Verhandlungen hinter den Kulissen sowie die anschließende Befreiung der sich darin befindenden Geiseln durch ein GSG9-Kommando nach. Mit einer Mixtur aus Zeitzeugeninterviews und fiktiv nachgespielten Szenen bewegt sie sich zwischen Fernseh-Doku und Doku-Drama und sorgt in ihrer Gesamtkomposition für einen mindestens so packenden Entführungs-Thriller, angereichert mit Einzelschicksalen, wie für informative Einblicke. Inhaltlich betont der Film besonders Momente der Kooperation zwischen Ost und West hinter den Kulissen – Momente, in denen der Kalte Krieg zumindest kurzzeitig in den Hintergrund rückte.

 

Mogadischu 1977 – Hinter den Kulissen
(Dokumentation, ZDF, Reihe: History)
Regie: Guido Knopp u.a. Moderation: Guido Knopp Produktion: D 2007 Länge: 25 min erhältliche Fassung:

Im Rahmen der ZDF-Reihe History unter der Leitung von Guido Knopp befasst sich diese Dokumentation mit den Ereignissen und Vorgängen rund um die Entführung der „Landshut“ durch Terroristen der palästinensischen Terrororganisation PFLP im Oktober 1977 sowie die anschließende Befreiung der Geiseln durch ein GSG9-Kommando. Dabei setzen die Macher in Knoppscher Manier insbesondere auf die Präsentation von Zeitzeugen und Einzelschicksalen verschiedener Beteiligter. Am verwendeten Filmmaterial fällt auf, dass ein nicht unerheblicher Teil der Sequenzen aus Heinrich Breloers zweiteiligem Dokudrama Todesspiel stammen (1997, siehe dort).

Weiterführend sei hier auf ebenfalls 2007 vom ZDF und der Zeitgeschichte-Redaktion von History produzierte Sendungen unter der Leitung Guido Knopps hingewiesen:

Gnade ohne Wahrheit? Warum die Akte RAF nicht geschlossen werden darf
(Dokumentation, ZDF, Reihe: History, 45 min)

RAF – Tödliche Illusion. Die erste Generation des Terrors
(Dokumentation, ZDF, Reihe: History, 45 min)

RAF – Phantom ohne Gnade. Die zweite und dritte Generation des Terrors
(Dokumentation, ZDF, Reihe: History, 50 min)

 

30 Jahre danach… Der Deutsche Herbst in Stuttgart
(Dokumentation, SWR)
Regie: Goggo Gensch Kamera: Eva Gensch Produktion: D 2007 Länge: 45 min erhältliche Fassung:

Die Dokumentation nimmt die 30-jährige Wiederkehr des „Deutschen Herbsts“ von 1977 zum Anlass, die damaligen Ereignisse und ihre Hintergründe aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten, wobei die Vorgeschichte bis ins Jahr 1972 einbezogen wird. Im Mittelpunkt stehen die Kernmitglieder der RAF, deren Argumentationen und Selbstmorde in der JVA Stammheim sowie deren Wahrnehmung durch die Gesellschaft und das direkte Umfeld (u.a. der Vater von Gudrun Ensslin sowie der ehemalige Terrorist Karl-Heinz Dellwo, Mitglied der Terrorgruppe, die die deutsche Botschaft in Stockholm überfiel). Dabei werden auch die Rechtsanwälte der Hauptakteure der RAF näher beleuchtet. Ebenso kommen in zeitgenössischen Dokumenten und Zeitzeugenaussagen direkt sowie indirekt involvierte Publizisten, Politiker und Staatsvertreter zu Wort (u.a. der frühere Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel, der damalige „Spiegel“-Redakteur Felix Huby, der ehemalige Anwalt Rupert von Plottnitz, der damalige CDU-Politiker Lothar Späth und Hans Nusser, damals Leiter des Gefängnisses Stammheim). Eingefangen werden Stimmungslagen in der Bevölkerung und Öffentlichkeit im Zuge der verschärft einsetzenden Rasterfahndung und Ermittlungstätigkeit der Polizei.

 

„Wer gab Euch das Recht zu morden?“ – Die Geschichte der RAF-Opfer
(Dokumentation, NDR/RBB)
Regie: Anne Siemens, Henning Rütten Redaktion: Christoph Mestmacher, Rolf Bergmann Kamera: Frank Groth, Ronald Schütze Musik: Stefan Döring Produktion: D 2007 Länge: 123 min erhältliche Fassung:

Diese Dokumentation der Politikwissenschaftlerin und Journalistin Anne Siemens in Zusammenarbeit mit Henning Rütten nimmt sich dezidiert einer Opfer-Perspektive auf das Thema RAF an. Dabei kommen ausschließlich Angehörige von RAF-Opfern und Überlebende des RAF-Terrorismus zu Wort – so etwa Annemarie Eckhardt, Witwe des 1972 durch die RAF ermordeten Polizisten Hans Eckhardt. Der Film will damit auch in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Opfer und deren Angehörige in Erinnerung rufen sowie Opfer, die eher „beiläufig“ ihr Leben ließen und nicht eigentliches Ziel der Terroristen waren. Neben der Erweiterung der Perspektive reiht sich die Produktion auch in die seit einigen Jahren zu beobachtende Tendenz zu einem Opfer-Diskurs ein. RAF-Terroristen bzw. Täter werden (hier) nicht interviewt.

Die Regisseurin Anne Siemens war 15 Jahre alt, als ihr Vater, Alfred Herrhausen, 1989 bei einem RAF-Anschlag durch eine Autobombe getötet wurde. Ebenfalls im Jahr 2007 erschien Siemens’ Buch Für die RAF war er das System, für mich der Vater.

Inhaltsangabe des Senders:
http://daserste.ndr.de/reportageunddokumentation/t_cid-4175238_.html

 

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

APO - Außerparlamentarische Opposition

BKA - Bundeskriminalamt

bpb - Bundeszentrale für politische Bildung

DFFB - Deutsche Film- und Fernsehhochschule Berlin

DIF - Deutsches Filminstitut

IMDb - International Movie Database

JVA - Justizvollzugsanstalt

PFLP - Popular Front for the Liberation of Palestine

RAF - Rote Armee Fraktion

RZ - Revolutionäre Zellen

SDS - Sozialistischer Deutscher Studentenbund