von Luisa Jabs, Rebecca Wegmann

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30. August 2019

Am morgigen Samstag findet in Berlin zum 39. Mal die Langen Nacht der Museen statt. Als eine der größten Veranstaltungen der Hauptstadt bietet die Lange Nacht ihren Besucher*innen in 75 Museen zwischen 18 und 2 Uhr eine Entdeckungsreise in die kulturelle Museumslandschaft Berlins. Ob treue*r Museumsnachtschwärmer*in oder Neuling, ob Senior*in oder Sechsjährige*r: Am Samstag, dem 31. August erfahren Berliner*innen und Gäste aus der ganzen Welt, was für ein reiches Kulturangebot hier allen offensteht. Die Langen Nacht der Museen verzeichnet nicht nur steigende Publikumszahlen, sondern zählt immer mehr Erst-Besucher*innen zu ihren Gästen: Im Jahr 2018 machte deren Anteil über die Hälfte der Besucher*innenzahlen aus.

In diesem Jahr sind zehn neue Spielstätten dabei, darunter die neu eröffnete James-Simon-Galerie, deren imposante Fronttreppe am Samstag vom Landesjugendballett betanzt wird. Einen der Themenschwerpunkte in diesem Jahr bildet das Bauhaus-Jubiläum; Besucher*innen sind unter anderem dazu eingeladen, sich auf eine virtuelle Multimediaführung durch das Bauhaus in Dessau zu begeben. 

Luisa Jabs und Rebecca Wegmann haben für zeitgeschichte |online mit Moritz van Dülmen, dem leitenden Geschäftsführer von Kulturprojekte Berlin, dem Veranstalter der Langen Nacht, über das Format der Wissensvermittlung, dessen diesjähriges Programm und das im nächsten Jahr anstehende Jubiläum gesprochen.

 

ZO: Warum sollen Zeithistoriker*innen zur Langen Nacht der Museen gehen?

 

Moritz van Dülmen: Um die Gegenwart kennenzulernen und das später einordnen zu können. Ich glaube, die Lange Nacht der Museen ist ein idealer Ort, eine ideale Veranstaltung oder ein ideales Event, um in Berlin die Kulturszene noch besser kennenzulernen. Einfach in der Gegenwart, auch in der unmittelbaren Konfrontation mit dem Publikum.

Hier begegnet sich das Publikum selbst, dem Publikum begegnen ganz unterschiedlichen Arten von Museen und damit ganz unterschiedlichen Arten von Kultur und auch Kulturgeschichte. Es sind nicht nur die geschichtlichen Museen wie das Deutsche Historische Museum, sondern es sind auch viele Kunstmuseen, Technikmuseen, Naturkundemuseen, bezirkliche Museen – es gibt also eine ganz große Mischung der Museumslandschaft Berlins und besser kann man es eigentlich nicht haben als an diesem einen Tag und dieser einen Nacht. So gesehen kann man da viele Eindrücke mit nach Hause nehmen beziehungsweise in den Studien berücksichtigen, weil man einfach einen authentischen Blick hat, wie im Moment Berlin so tickt.

 

ZO: Welche Rolle spielen Museen im digitalen Zeitalter? Während der Pressekonferenz wurden häufig virtuelle Installationen beziehungsweise Virtualität angesprochen, spielen die traditionellen Museen überhaupt noch eine Rolle?

 

Moritz van Dülmen: Interessant ist ja, dass die Besucherzahlen in vielen Museen eher zunehmen als abnehmen. Ich glaube, dass diese Magie der Authentizität und die Frage, dass ich auch Dinge im Original sehen kann, eher gewachsen sind, als dass sie nachlassen. Trotzdem muss man Schritt halten in der Vermittlung der Inhalte und da kommt gerade der Digitalisierung eine ganz wesentliche Rolle zu, weil man ganz andere Möglichkeiten hat und auch ein ganz anderes Publikum, eben die, die nicht auf die Idee kämen ins Museum zu gehen oder die darunter vielleicht andere Vorstellungen haben, zum Beispiel, das ist staubig oder für andere Leute oder Kultur ist etepetete. Denen gilt es zu sagen: „Hey, nein, das kann auch irgendwie cool und fancy sein!“ Da gibt es nicht nur das Computerspielemuseum, sondern auch ganz andere. Da sind natürlich die vielen neuen Vermittlungsarten und Präsentationsarten in Museen sehr hilfreich. So gesehen trifft dann natürlich Analoges und Authentizitäres, wirklich Wahrhaftiges eben die digitale Welt. So gibt es sukzessive immer mehr neue Formate, was insgesamt die Museumslandschaft und -kultur bereichert, aber auch natürlich den Besuchern mehr Spaß, mehr Möglichkeiten bietet, individuell auf die Vertiefungen einzugehen, wie man gerade Lust hat.

 

ZO: Was sind Ihre diesjährigen Highlights? Was würden Sie unseren Leser*innen empfehlen?

 

Moritz van Dülmen: Es ist schwierig zu sagen, was ein Highlight ist. Das muss letztendlich jeder für sich selbst entdecken. Ich denke, das Highlight ist tatsächlich, sich acht Stunden am Stück treiben zu lassen. Ich würde mir nicht zu viel im Vorfeld vornehmen und sagen: „Ich will noch dies und jenes“, dann ist man so hektisch. Man beginnt besser einfach irgendwo und überlegt sich dann spontan, worauf habe ich jetzt Lust? Ich glaube, das ist wirklich eine schöne Entdeckungsreise. Und natürlich ist es immer schön zwischen großen Blockbustern, großen Highlights, ob ich jetzt die Nofretete, das Pergamonmuseum, die Museumsinsel oder das Kulturforum nehme, hin und her zu wechseln. Oder ich bin plötzlich im Schloss Biesdorf in Marzahn-Hellersdorf oder bin in der Stasi-Zentrale und gehe ins Archiv. Es gibt so viele unterschiedliche Dinge, auf die man eben stößt, wenn man sich mit dem Programm auseinandersetzt und deswegen ist das Highlight eigentlich das zufällige Entdecken.

 

ZO: Nächstes Jahr feiern wir die 40. Lange Nacht der Museen, das ist ein großes Jubiläum. Was können wir für das Jubiläumsjahr erwarten, worauf dürfen wir uns freuen?

 

Moritz van Dülmen: Es ist tatsächlich noch ein bisschen früh, das müssen wir uns noch überlegen, wie wir das ganze feiern wollen. Es gibt natürlich immer was zu feiern, aber das vierzigste Jubiläum der Langen Nacht ist ja schön rund, vielleicht aber noch nicht so rund wie dann das Fünfzigste wird. Welche Themen wir spielen werden, werden wir dann sehen. Das legen wir auch nicht so pauschal fest, da muss man gucken, welches Thema steht gerade an. Ist es das große Thema Europa nächstes Jahr? Ist es Deutschland hat die EU-Ratspräsidentschaft, die im Herbst ist? Ist es 100 Jahre Großberlin? Ist es der Zusammenschluss von Charlottenburg und Weißensee, und wir sehen, wie hat sich die Stadt eigentlich seitdem verändert, beziehungsweise wir feiern eigentlich Geburtstag von Berlin, nehmen wir das zum Thema? Das müssen wir im Prozess sehen und auch mit den Museen schauen. Was darüberstülpen und einfach nur sagen: „Das ist jetzt das Überthema, da müssen alle mitmachen“, das funktioniert nicht – ein Naturkundemuseum hat andere Möglichkeiten, auf ein Thema einzugehen, als vielleicht ein zeithistorisches Museum oder ein Kunstmuseum. Da muss man einfach ein bisschen gucken, aber da wird uns sicherlich was Gutes einfallen. Und sonst steht einfach drüber „40. Geburtstag“ und es geht um Orte und Konfetti und sonst noch schöne Dinge.

 

 

 


Für weitere Hintergründe zur Geschichte der Langen Nacht der Museen in Berlin hat zeitgeschichte |online letztes Jahr zur 38. Langen Nacht der Museen mit den Veranstalter*innen gesprochen:

Rebecca Wegmann und Niklas Poppe
38. Lange Nacht der Museen: „Das Publikum begegnet sich selbst.“
Ein Gespräch mit den Organisator*innen der Langen Nacht der Museen in Berlin über einen musealen Aktionstag als Berliner Erfolgsmodell

 

Das Programm der 39. Langen Nacht der Museen beinhaltet 75 Museen und Kulturstätten sowie über 750 Veranstaltungen.