Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Daniela Hacke bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2022/23 und im Sommersemester 2023 im Online-Format statt. Die Reihe wird im Jahr 2024 weitergeführt.
zeitgeschichte|online veröffentlicht alle Eingangsstatements der Veranstaltungen in einem Dossier. Die Vorträge wurden entweder von der Audioaufnahme transkribiert oder als Skript von den Vortragenden eingereicht und redaktionell überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Geschichtliche Grundfragen
Teil IX: Beschreiben, erzählen, argumentieren oder analysieren Historiker*innen?
Diskussion am 26. April 2024 (online)
Eingangsstatement von Daniela Hacke (Freie Universität Berlin)
Die Frage, die wir heute diskutieren, verstehe ich als das grundlegende geschichtsphilosophische – und theoretische Problem nach der „Bedeutung der Form“, wie sie der Literaturwissenschaftler und Historiker Hayden White in den 1970er Jahren adressierte.[1] White interessierte der Zusammenhang von Narrativität und Erkenntnis und damit die Nähe der Geschichtsschreibung zur Sinnstiftung durch und mit Sprache. Whites Thesen lösten zwar eine Welle der Kritik aus[2], auf die ich gleich zu sprechen komme, haben aber keinen narratologischen Forschungszweig begründet und – soweit ich das erkenne – auch keinen signifikanten Niederschlag in einer stärker praxisbezogenen Debatte gefunden, die darauf abzielte, zu klären, was Historiker*innen eigentlich tun, wenn sie beschreiben, erzählen und argumentieren und – auf diesem Weg – zur historischen Erkenntnis gelangen. Im ersten Teil meines Beitrags möchte ich die heutige Frage daher zunächst aus der Perspektive der geschichtstheoretischen Auseinandersetzung adressieren, wobei ich hervorheben werde, dass die Form der Darstellung entscheidend die Interpretation der Geschichte beeinflusst. Im zweiten und kürzeren Part versuche ich einige Konsequenzen zu reflektieren, die sich aus den geschichtstheoretischen Erkenntnissen ableiten lassen, insbesondere wie diese Erkenntnisse unsere Herangehensweise an die heutige/aktuelle Geschichtsschreibung in Praxis und Theorie prägen können.
Ich beginne ein weiteres Mal mit Hayden White und dessen Metahistory: The Historical Imagination in Nineteenth Century Europe (Baltimore [u. a.]: John Hopkins Univ. Press, 1973) , das erst 1991 ins Deutsche übersetzt wurde. In dieser Publikation ging White der Frage nach der sprachlichen Präsentation von Geschichte nach. White schreibt in seiner Einleitung, er werde „das Geschichtswerk in seinem offensichtlichsten Aspekt erschließen, nämlich als sprachliches Gebilde in der Form alltäglicher Rede, welches ein Modell oder Abbild vergangener Strukturen und Prozesse zu sein und auf dem Weg ihrer Darstellung das ‚wirkliche Geschehen‘ zu erklären beansprucht“ (kursiv im Original).[3] Für White ist Sprache nicht bloße Wiedergabe von Fakten; Sprache selbst sei erzählendes Gestalten. Das wird beispielsweise dadurch deutlich, dass dieselben Fakten unterschiedlich arrangiert und in verschiedenen Erzählungen immer neu präsentiert werden können. Nach Whites Verständnis gibt es daher kein unschuldiges Beschreiben oder Erzählen, das nicht zugleich auch eine sprachliche Formung von historischer Vergangenheit ist, durch die Sinn erzeugt wird. Darin würde ich ihm – und viele andere wahrscheinlich auch – durchaus folgen.
Wie gelangen wir nun durch Sprache zur Erkenntnis? Dies ist eine Grundfrage für White. Bei der Beantwortung geht er formalistisch vor, denn er betrachtet zunächst die „Oberfläche“ des Textes. Hier lässt sich erkennen, welcher Strategien sich Historiker*innen bedienen, um ihren „Erzählungen das Aussehen von „Erklärungen“ zu verleihen“[4]. White nimmt also nicht die im Text vorhanden theoretischen Begriffe als Marker für den metahistorischen Unterbau, sondern schaut auf die semantische Struktur des Textes. Anhand der geschichtswissenschaftlichen Größen des 19. Jahrhunderts (Michelet, Ranke, Tocqueville und Burckhardt) zeigt White, dass diese, um eine „bestimmte Erklärungswirkung“ zu erzielen,[5] auf Erzählmittel und Erzählverläufe zugreifen, wie sie im Roman, in der Komödie, Tragödie und Satire verwendet werden. Zudem war, so der eigentliche Clou von Whites Metahistory, die Wahl des Erzähltypus von „geschichtsphilosophischen Annahmen geleitet“ wie sie auf einer strukturellen Ebene in den Texten der Geschichtsphilosophen Hegel, Marx, Nietzsche und Croce zum Ausdruck kamen.[6] Die Wahl des Erzähltypus war im 19. Jahrhundert demnach durch die Grundannahmen zeitgenössischer Geschichtsphilosophen beeinflusst; diese bildeten das ‚ideologische‘ Gerüst für den Erzähltypus.
Mit seiner Auffassung, dass Geschichtsschreibung stark durch narrative Faktoren geprägt sei, und dass sie Sprache nutze, um den „Anschein der Erklärung“ zu erzeugen, stellte White traditionelle Ansichten der Geschichtswissenschaft in Frage. Er löste eine Debatte über die Grenzen zwischen Geschichte und Literatur aus, da Kritiker befürchteten, dass seine Ansichten die Unterscheidung zwischen faktischer Geschichte und fiktionaler Erzählung verwischen und somit die Faktizität des Historischen untergraben könnten.[7] Von Kritiker*innen wurde White daher auch vorgeworfen, dass er das narrative Darstellungsvermögen der Autoren zu stark betone; ihm ginge es im Kern nicht um die Vergangenheit selbst, „sondern nur um die Art und Weise, wie über sie gesprochen wird“.[8] Die Mediävistin Gabrielle Spiegel kritisierte, „wenn Texte – Quellen, literarische Werke, was auch immer – nicht Wirklichkeit klar widerspiegeln, sondern bloß andere Texte, dann lässt sich die Geschichtswissenschaft kaum mehr von der Literaturwissenschaft unterscheiden, denn die Vergangenheit löst sich in Literatur auf“.[9] Und der englische Historiker Lawrence Stone stöhnte: „Wenn es außerhalb des Textes nichts gibt, dann bricht Geschichte, wie wir sie kennen, völlig zusammen, und Fakten und Fiktionen sind nicht mehr zu unterscheiden.“[10]
Die Pointe von White und dessen geschichtstheoretischen Publikationen lässt sich meiner Meinung nach darin sehen, dass er sehr grundlegend auf das „Verhältnis zwischen geschichtswissenschaftlicher Empirie und geschichtswissenschaftlicher Ästhetik“[11] hingewiesen hat – die Differenz von Fakten und Fiktionen hat er meines Wissens nach nie geleugnet. Für White ist Geschichtsschreibung eine Form der Erzählung, „auch wenn sie sich auf reale Personen und reale Ereignisse“ bezieht.[12] Die grundsätzliche Frage nach Fakten und Fiktionen war für White ohnehin irrelevant, da er vorrangig die Prinzipien und den Prozess der formalen und literarischen Gestaltung der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts entschlüsseln wollte. Damit behandelte er gleich zwei fundamentale Fragen, die unsere Arbeitspraxis berühren: die sogenannten präfigurativen (für White geschichtsphilosophischen) Grundannahmen der Historiker*innen und die Erzählstruktur bzw. der Erzähltypus, mit dem wir unseren Analysen und Interpretationen eine Form geben.
In der heutigen Geschichtswissenschaft sind diese grundlegenden Fragen gewissermaßen verebbt, gleichwohl aber ungelöst. In der Auseinandersetzung der Sozialgeschichte mit Vertreter*innen der Alltags- und Kulturgeschichte der 70/80er Jahren wurden sie – verkürzt gesprochen – auf die Frage zugespitzt, ob eine erzählende auch eine erklärende Geschichtswissenschaft sein könne – dem Erzählen wurde gewissermaßen eine theoriegeleitete Analyse gegenübergestellt.[13] Im Zuge der kulturwissenschaftlichen Wende wurde der vermeintliche Antagonismus zwischen einer erzählend-literarischen und einer analytisch-interpretierenden Präsentationsweise eingeebnet, gleichwohl wurden die Interferenzen und gegenseitigen Anleihen beider Erzählformen kaum untersucht. Ich würde behaupten, dass wir (weiterhin) über keine festen Regeln verfügen „um aus den disparaten Stücken der Überlieferung eine Geschichte zu bauen“.[14] Selbstverständlich werden Historiker*innen in Quellenkunde und Quellenkritik geschult und bekommen Grundkenntnisse in der Hermeneutik und der Heuristik vermittelt, also der Frage, wie auf der Grundlage der Quellen neue Erkenntnisse gewonnen werden können. Was allerdings nicht angesprochen wird, ist, welche Bedeutung das historische Erzählen in der Geschichtswissenschaft hat. Zudem hat sich auch das Verständnis der Heuristik, und damit der Historik, grundlegend gewandelt. Das faktische Verständnis von Geschichte ist einer stärker konstruktivistischen Betrachtungsweise gewichen, die Probleme der Standortgebundenheit und der Perspektive miteinschließt. White bietet aus diesem Dilemma keinen Ausweg, da er mit seinem Fokus auf Narrativität wiederum andere Aspekte historischen Arbeitens vernachlässigt – wie die Arbeit mit Quellen sowie die Theorie- und Methodenbildung. In gewissem Sinne hat White somit die Realität der geschichtswissenschaftlichen Arbeitspraxis einschließlich der Notwendigkeit einer fundierten methodischen und theoretischen Untermauerung nicht adressiert.
Was bedeutet das für die Arbeitspraxis? Für mich als Kulturhistorikerin stehen geschichtswissenschaftliche Texte, als argumentierende Texte, weder außerhalb des Forschungsbereichs der Narratologie noch lässt sich die semantische Leistung geschichtswissenschaftlicher Texte „erschöpfend auf ihre Erzählmittel und -strukturen“ zurückführen, wie dies Hayden White tat.[15] Einfacher gesagt: Historiker*innen sind auch Erzähler*innen, aber eben nicht nur. Ihre Erzählungen stützen sich – darauf verweist schon das Setzen von Fußnoten – auf eine empirische Grundlage; wir gehen eine Art „Wahrhaftigkeitspakt“ (Stephan Jaeger) mit unseren Leser*innen ein. Die Frage nach der historischen Referenzialität von geschichtswissenschaftlichen Texten ist damit aus meiner Sicht entschieden und ich halte auch weiterhin am unterschiedlichen Aussagewert verschiedener Quellenarten fest, der durch den Linguistic turn eingeebnet wurde, da dieser eine Unterscheidung in Primär- oder Sekundärquellen für nicht relevant hielt. Dennoch ist und bleibt das Medium der Historiker*innen die Sprache, denn wir vermögen nicht, wie es der Mediävist Johannes Fried formulierte „historische Wahrheit pur zu schauen … Vergegenwärtigte Vergangenheit ist (somit) stets ein linguistisches Problem“.[16]
Sprache ordnet und gestaltet, sie gliedert und stiftet Sinn. Erst in der narrativen Präsentation wird aus einem kontingenten Geschehen eine Geschichte. Darin besteht Paul Riceur zufolge die Leistung von Erzählungen.[17] Dahinter verbergen sich eine Vielzahl von Entscheidungen, die Historiker*innen im Arbeitsprozess treffen, ohne dass sie diese transparent machen können, wenn sie eine lesbare Untersuchung vorlegen möchten. Dazu zählt nicht allein die Quellenauswahl, sondern bereits die Frage, was eine Quelle eigentlich ist, wie wir sie verstehen – denn sie spricht nicht von sich aus –, mit welchen anderen Quellen wir sie kombinieren, um narrativ unsere Argumentation zu stärken und selbstverständlich auch, in welchen Forschungszusammenhang wir die Quelle mit welcher Perspektive stellen. Die Wahl- und Selektionsmöglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, sind vielfältig. Zudem ist jede*r geschichtswissenschaftliche Autor*in auch ein*e Erzähler*in, die dem Text „Perspektive und Kohäsion verleiht“.[18] Eine historische Erzählung besteht daher im Regelfall aus der Verbindung „beschreibender, argumentierender und erzählender Textpassagen“.[19] Anders formuliert: Hinter jeder Darstellungsform verbirgt sich ein zugleich deutender, implizit argumentierender und damit auch interpretatorischer Vorgang.
Daraus folgt: Auch ein geschichtswissenschaftlicher Text, der erzählt, ist eine Form der historischen Argumentation, da dieser eine ordnende, kontingenzreduzierende Funktion übernimmt: Es sind die Historiker*innen, die entscheiden, welche Fakten ausgewählt und geordnet werden und wie die Darstellung geschildert und mit welchem Ziel sprachlich geformt wird. Zudem ist eine Erzählung immer auch eine verdichtende Darstellung, da sie verschiedene Zeitzonen zusammenfasst.[20] Damit ist ein grundsätzlich anderes Verständnis von Erzählung verbunden, als dies Jürgen Kocka 1984 in Abgrenzung zu einer argumentierenden, analytischen Geschichtsschreibung formulierte. Für ihn war das „zeitliche Nacheinander von beschreibbaren Ereignissen und verstehbaren Handlungen zentral“.[21] Die historische Argumentation kann jedoch, wie ich meine, Teil der narrativen Struktur eines geschichtswissenschaftlichen Textes sein; anders formuliert: eine Erzählung muss nicht per se durch „begriffsdefinitorische und begriffsstrategische Erwägungen“[22] unterbrochen werden, um argumentativ zu sein. Zudem werden im Arbeitsprozess der Historiker*innen, wie schon erwähnt, vielfach beschreibende, argumentierende, und erzählende Textpassagen zum Zweck der Erzeugung kohärenter und plausibler, „wahrhaftiger“ Erzählungen, bewusst eingesetzt, miteinander verbunden und kombiniert, je nachdem, mit welchen Quellen wir arbeiten, welche historiografische Gattung wir bedienen und in welchem akademischen Umfeld wir publizieren. Eine formale Analyse von geschichtswissenschaftlichen Texten, die nach den „textimmanenten Strukturprinzipien“ fragt, steht allerdings noch aus.[23]
Auch die Fragen, an welches Publikum wir uns wenden und welche narratologische Wirkung wir erzielen wollen, sind entscheidend dafür, in welche Form wir unsere wissenschaftliche Erzählung gießen. Es gibt prominente Beispiele einer Geschichtsschreibung, die durch den Erzählstil sowohl erklären wie auch verstören will (Saul Friedländer),[24] oder die sich als ein offenes fiktives Gespräch mit der Vergangenheit präsentiert (Natalie Zemon Davis),[25] oder die die konstruktiven Elemente, derer sich die historische Forschung bedient, im Schreibstil spiegelt und Techniken wie die der Montage verwendet, um die Bruchstückhaftigkeit der Quellen und des historischen Wissens zu verdeutlichen (Carlo Ginzburg).[26]
All dies geschieht meiner Überzeugung nach vor dem Hintergrund präfigurativer Annahmen und der Vorstellung, die sich Historiker*innen von der Vergangenheit machen und die entscheidend dafür sind, wie sie den Überfluss an geschichtswissenschaftlichen Daten und an Sekundärliteratur sichten, ordnen und selektiv verwerten, um die Vergangenheit sprachlich einzukleiden. D. h. bevor wir überhaupt beginnen, nach der richtigen sprachlichen Form zu suchen, müssen wir uns die Vergangenheit „gedanklich vor Augen führen“ (Fried), wir müssen mit ihr in Beziehung treten, ein Bild von ihr entwerfen, um als Historiker*innen – gerade der Vormoderne – die zeitliche und historische Differenz erklärend zu überwinden. Dies können geschichtsphilosophische Annahmen über die Verfasstheit von Welt sein, ideologische Grundannahmen (die Kultur der ‚kleinen Leute‘), oder eine bestimmte Überzeugung über das Verhältnis der Geschlechter in der Frühneuzeit. Sie sind zu einem großen Teil der Quellenlektüre, aber dort, wo es um das interpretative Moment geht, auch den präfigurativen Annahmen der Historiker*innen geschuldet, die im gestalterischen Akt der Geschichtsschreibung Form annehmen. Johannes Fried spricht davon, dass der Gebrauch der Sprache uns in die Gefilde der Phantasie führe – Wissenschaft und Fantasie, das ist selbstverständlich nicht ganz unproblematisch, das betont auch Fried.[27] Aber ich gebe ihm insofern recht, dass sich keine Geschichte von allein schreibt, sondern sie „Wachs in den Händen“ von Historiker*innen ist, trotz des Imperativs der Quellen.[28] Diese Überlegungen führen scheinbar von der eigentlichen Eingangsfrage weg und könnten den Stoff für eine weitere Runde Geschichtliche Grundfragen bilden. In meinem Verständnis gehören die präfigurativen Annahmen und die Frage nach der Bedeutung der Form aber unbedingt zusammen.
[1] Ich beziehe mich hier auf Hayden White, The content of the form: narrative discourse and historical representation, Baltimore: Johns Hopkins Univ. Press, 1987.
[2] White entwickelte eine poetische Geschichtsschreibung, die die Grenzen der Geschichtswissenschaft verrückte und die Gemüter erhitzte: Hayden White wird „the most damaging undertaking ever performed by a historian of his profession“ vorgeworfen (zit. nach Hans-Jürgen Goertz, Unsichere Geschichte. Zur Theorie historischer Referentialität, Stuttgart: Philipp Reclam, 2001, 11).
[3] Hayden White, Metahistory: Die historische Einbildungskraft im 19. Jahrhundert in Europa, Frankfurt: S. Fischer, 1991, 16.
[4] White, Metahistory, 10.
[5] White, Metahistory, 10.
[6] Kansteiner, Wulf (2015). 53. Hayden White, Metahistory. In: Claus Leggewie/Darius Zifonun/Anne-Katrin Lang/Marcel Siepmann/Johanna Hoppen, Schlüsselwerke der Kulturwissenschaften (168-172). Bielefeld: transcript Verlag.
[7] Diese Debatte ist nachgezeichnet in: Richard Evans, Fakten und Fiktionen. Über die Grundlagen historischer Erkenntnis. Frankfurt (u.a.): Campus Verlag, 1998.
[8] Goertz, Unsichere Geschichte, 33.
[9] Zit. nach Evans, Fakten und Fiktionen, 97. Gabrielle M. Spiegel befürchtete, dass „Geschichte, die Vergangenheit, (…) zu einem Subsystem sprachlicher Zeichen (werden ließe), zu einem Sprachspiel nach den Regeln einer Sprachgemeinschaft, der die Historiker angehören.“ Ebenda.
[10] Zit. nach Evans, Fakten und Fiktionen, 97.
[11] Kantsteiner, Hayden White, 171.
[12] Kantsteiner, Hayden White, 169. Oder, wie Hans-Jürgen Goertz formulierte: „Ontologisch wird durchaus eine Realität vorausgesetzt, erkenntnistheoretisch erscheint sie in sprachlicher Gestalt“, vgl. Goertz, Unsichere Geschichte, 17.
[13] Vgl. u.a. Jürgen Kocka, Zurück zur Erzählung? Plädoyer für historische Argumentation, in: Geschichte und Gesellschaft 10 (1984), 395-408.
[14] Evans, Fakten und Fiktionen, 70.
[15] Wulf Kantsteiner, Argumentation, Beschreibung und Erzählung in der wissenschaftlichen Historiographie, in: Historisierung der Historik. Jörn Rüsen zum 80. Geburtstag, hg. von Thomas Sandkühler, Horst Walter Blanke, Köln et.al.: Böhlau Verlag, 2018, 150-168, hier 155.
[16] Johannes Fried, Wissenschaft und Phantasie. Das Beispiel von Geschichte, in: Historische Zeitschrift 264 (1996), 291-316, hier 295-296.
[17] Vgl. Achim Saupe, Felix Wiedemann, Narration und Narratologie. Erzähltheorien in der Geschichtswissenschaft, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 28.01.2015.
[18] Kantsteiner, Argumentation, Beschreibung und Erzählung, 153.
[19] Kantsteiner, Argumentation, Beschreibung und Erzählung, 154.
[20] Jörn Rüsen, Zeit und Sinn. Strategien historischen Denkens, Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag, 1990.
[21] Kocka, Zurück zur Erzählung?,397.
[22] Kocka, Zurück zur Erzählung?, 401.
[23] Kantsteiner, Argumentation, Beschreibung und Erzählung, 155.
[24] Saul Friedländer, The Years of Extermination. Nazi Germany and the Jews, 1939-1945, New York: Harper Collins Publishers, 2007. Kantsteiner formulierte, dass Friedländer durch den Erzählstil das “Gefühl der Unfassbarkeit der Holocaust-Opfer im Angesicht ihrer Verfolgung zum Ausdruck“ bringen wolle, vgl. Kantsteiner, Argumentation, Beschreibung und Erzählung, 156.
[25] Natalie Zemon Davis, Drei Frauenleben: Glikl, Marie de l’Incarnation, Maria Sibylla Merian, Berlin: Wagenbach 1996.
[26] Der italienische Mikrohistoriker Carlo Ginzburg, der sich als Detektiv, Fährtenleser und Spurensucher begreift, hat die konstruktiven Elemente, derer sich die historische Forschung bedient, auch in seinem Schreibstil gespiegelt, denn Ginzburg verwendet Techniken wie die Montage, um die Bruchstückhaftigkeit der Quellen und des historischen Wissens zu verdeutlichen. Dieses Vorgehen bezeichne Ginzburg zufolge eine demokratische Geschichtsschreibung, da sie durch ihre Transparenz die Überprüfbarkeit der Schlussfolgerung ermögliche: „Die Montage entspricht für mich dem konstruktiven Element in der historischen Forschung: sie verdeutlicht, daß unser Wissen bruchstückhaft ist und einem offenen Prozeß entspringt. Ich wollte immer, daß die Unsicherheiten des Forschungsprozesses auch von meiner Art zu schreiben widergespiegelt werden – ich versuche gewissermaßen mein eigenes Zögern zum Ausdruck zu bringen und dem Leser ein eigenes Urteil zu ermöglichen. Die Geschichtsschreibung sollte demokratisch sein, womit ich sagen möchte, daß man unsere Aussagen von außen überprüfen können soll und daß der Leser nicht nur an den Schlußfolgerungen, sondern auch an dem Vorgang, der zu ihnen führt, teilnehmen kann“, vgl. Carlo Ginzburg: über die dunkle Seite der Geschichte, in: Eurozine, (Letzter Zugriff 25. April 2024).
[27] „Der notwendige Gebrauch der Sprache aber führt den Historiker – in die Gefilde der Phantasie, verlangt nämlich die Befähigung, Abwesendes sich gedanklich vor Augen zu führen, somit zu vergegenwärtigen, erinnernd mit Dritten zu verknüpfen, in ein Raum-Zeit-System, in ein soziales Beziehungsgeflecht und in ein Begriffsschema einzupassen, es zu versprachlichen und anderen mitzuteilen“, vgl. Fried, Wissenschaft und Phantasie, 297.
[28] Fried, Wissenschaft und Phantasie, 305.