Hg. von Annette Schuhmann, Rebecca Wegmann

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21. März 2023

Der Krieg ist seit langem in den Kinosälen präsent. Auf der diesjährigen Berlinale war es der Krieg in der Ukraine, der einen Schwerpunkt bildete. Nicht nur Superpower von Sean Penn und Aaron Kaufman, sondern auch It´s a Date von Nadia Parfan; Iron Butterflies von Roman Liubyi, W Ukrainie von Piotr Pawlus und Tomasz Wolski thematisieren den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Dieser jährte sich während des Festivals am 24. Februar 2023.
Auch andere Kriege wurden auf die Leinwände der Berliner Kinos projiziert: Der Erste Golfkrieg in La Sirène von Sepideh Farsi, der Jom-Kippur-Krieg in Golda des israelischen Regisseurs Guy Nattiv, der Bürgerkrieg in Syrien in Under the Sky of Damascus von Heba Khaled, Talal Derki, Ali Wajeeh oder Darvazeye royaha von Negin Ahmadi.

Angesichts der aktuellen Situation im Iran waren zudem Filme aus, von und über Frauen im Iran Schwerpunkt dieser Festivalausgabe: Khane-ye doust kojast von Abbas Kiarostami, Kiseye Berendj von Mohammad-Ali Talebi, Sieben Winter in Teheran von Steffi Niederzoll oder And, Towards Happy Alleys von Sreemoyee Singh, sowie die Veranstaltungen und das Filmgespräch mit dem Komponisten des Films Teheran Tabu Ali N. Askin sowie die Sonderveranstaltung The “Jin, Jiyan, Azadî” Effect – The Role of Cinema and the Arts in the Iranian Revolution.

Drittes zentrales Thema der Berlinale nach den Jahre der Pandemie, in der die Zuschauer:innen wieder ohne Maske zu hunderten in den Kinosälen saßen, waren Identitätsfragen zu Queerness,  Adoleszenz, Herkunft und Zugehörigkeit. Roter Himmel von Christian Petzold gehört in diesen Themenbereich und gewann den Silbernern Bären. Der Große Preis der Jury und der Silberne Bär für die Beste schauspielerische Leistung ging an die achtjährige Sofía Otero für ihre Hauptrolle als trans*mädchen in 20.000 especies de abejas von Estibaliz Urresola Solaguren.
Auch der Spezialpreis der jüngsten Sektion des Filmfestivals Encounters ging an den Film Orlando, ma biographie politique von Paul B. Preciado.

In den aktuell vierzehn Sektionen der 73. Berlinale liefen 287 Filme, eine jedes Jahr aufs Neue überwältigende Zahl. Der Wettbewerb galt diesmal als eher müde, was unsere Autor*innen bestätigen würden. Kennzeichnendes Merkmal vieler Wettbewerbsfilme war vor allem ihre Überlänge. Dagegen waren spannende und innovative Beiträge, wie sooft in den Reihen Shorts, Forum, Forum Expanded, Encounters oder Generation zu sehen. Hier fanden sich Filme, die Themen der Zeitgeschichte verhandeln: The Veiled City (Shorts) zeigte Originalaufnahmen der großen Umweltkatastrophe „The Great Smog“, die sich im Dezember 1952 in London ereignete. Die Künstlerin Fiona Tan remontiert in Dearest Fiona (Forum) Filmmaterial aus den Niederlanden zwischen 1900 und 1940.  Die dreistündige Dokumentation El Juicio ausschließlich Videoaufnahmen eines Prozesses gegen ranghohe Militärs der argentinischen Junta, die der massiven Menschenrechtsverletzungen in den Jahren der Militärdiktatur (1976-1983) angeklagt wurden.

Zudem gab es, für die Zeitgeschichte, sehr interessantes Archivmaterial. So wurden in der Reihe Forum Special Fiktionsbescheinigung zwei spannende (Diplom-)Filme indischer Studierender an der Filmhochschule Babelsberg aus den 1980er-Jahren gezeigt. Es gibt sie wirklich. Wer ebenso wenig wie wir, etwas mit dem Begriff „Fiktionsbescheinigung“ anfangen kann, kann sich auf der Seite des Flüchtlingsrates Niedersachsen damit vertraut machen.

Wir haben unser alljährliches Berlinale-Special mit einer Reihe sehr persönlicher Texte zu den Filmen Steven Spielbergs eröffnet. Anlass war die Verleihung des Ehren-Bären an Spielberg auf der diesjährigen Berlinale.
Es folgten und folgen weitere Kritiken unserer Autor*innen, für deren Texte wir uns an dieser Stelle bedanken.

Eine spannende Lektüre wünschen Euch,
Rebecca Wegmann, Annette Schuhmann, Janaina Ferreira dos Santos und Alina Müller.

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