„Wie sich die Spannungen lösen lassen, hängt letztlich von uns selbst ab“, schreibt der Rechts- und Politikwissenschaftler Ernst Fraenkel in seinem Buch Der Doppelstaat, das 1941 im US-Exil erschien.[1] Das Buch war eine der ersten Analysen des nationalsozialistischen Regimes und ist das bekannteste Werk Fraenkels. Hier soll es aber nicht um den Doppelstaat selbst gehen, dem ein anderer Beitrag in diesem Schwerpunkt gewidmet ist, und auch nicht um die Spannungen, die Fraenkel anspricht. Vielmehr liegt das Augenmerk auf der Handlungsfähigkeit der Menschen, die er ausmacht. Wer ist das „uns“, das er anspricht; ja, warum spricht er überhaupt „uns“ inmitten einer wissenschaftlichen Analyse an?
Die Antwort, die ich auf diese Ausgangsfrage geben möchte, versucht einen methodisch ideengeschichtlichen Ansatz der Politikwissenschaft für die Zeitgeschichte fruchtbar zu machen. Quentin Skinner hat vorgeschlagen, Worte – und somit auch politische Theorie – als Taten zu begreifen. So könnte hier angenommen werden, dass auch Fraenkel seine Analyse des nationalsozialistischen Staates nicht nur als Wissenschaft betrachtete, sondern auch als Positionierung in politischen Auseinandersetzungen und Herrschaftsverhältnissen. Ganz ähnliches trifft auf Emil Julius Gumbel und Franz L. Neumann zu. Ihre zeitgenössischen Analysen der Weimarer Republik und des NS-Regimes sind bis heute wegweisend. Auch sie begriffen ihre wissenschaftliche Arbeit als politisches Handeln und damit als Engagement gegen ein Regime, das sie verfolgte.
Über den Sinn illegaler Arbeit
Ernst Fraenkel war ein bekannter sozialdemokratischer und jüdischer Anwalt in der Weimarer Republik. Am Tag nach dem 1. Mai 1933 wurden die Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten aufgelöst. Fraenkel erlebte die Stürmung des Hauses des Metallarbeiterverbandes durch die SA. Dort hatte er zusammen mit Franz L. Neumann eine Kanzlei. Das Büro wurde durch die SA besetzt. Neumann floh nur wenige Tage später nach Großbritannien. Fraenkel war es durch Überwindung nationalsozialistisch-bürokratischer Hürden gelungen, weiterhin als Anwalt zugelassen zu sein.[2] Viele Betroffene von nationalsozialistischem Terror und politisch Aktive suchten ihn als Verteidiger auf. Einige der früheren Mitglieder des Metallarbeiterverbandes beteiligten sich an einem Widerstandsnetzwerk, das Verfolgten half, Aktionen plante und Kontakte ins Ausland hielt. Fraenkel verteidigte die Oppositionellen, wenn sie entdeckt und inhaftiert wurden.
Die Erfahrungen als Anwalt machten Fraenkel mehr und mehr auch zum illegalen Genossen. „Das Tempo, mit dem die deutsche Justizmaschine arbeitet, hat sich eher beschleunigt als verlangsamt. Im Zuchthaus in Brandenburg wurde ein neuer Flügel angebaut“, schrieb er 1935 einleitend in seinem unter einem Pseudonym veröffentlichten Artikel „Der Sinn illegaler Arbeit“[3]. Fraenkel rief in diesem Text zu politischer Untergrundarbeit auf und plädierte für durchdachte illegale, vor allem sichtbare Aktionen, um nicht „in dem Dunst, der auf Deutschland drückt [zu versacken]“.[4] Denn durch illegale Tätigkeit müsse das Regime den Ausnahmezustand aufrechterhalten und könne sich nicht normalisieren. So sollte es möglich werden, sowohl die Verbindung zwischen NSDAP und Bevölkerung zu trennen als auch die eigene Moral und die eigene Fähigkeit für den Aufbau des Sozialismus zu stärken. Es ging ihm um das „Aufleuchten der Augen“ derjenigen, die plötzlich heimliche Genoss*innen erkennen in einer Welt, in der sie sich bisher verlassen fühlten.[5]
Der Text erschien in der Sozialistischen Warte, dem Organ des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK). Der ISK existierte schon in der Weimarer Republik und entwickelte vor der nationalsozialistischen Machtübernahme eine für die Untergrundtätigkeit funktionierende Struktur. Neben dem Drucken von Flugblättern wurden zum Beispiel auch Parolen an Wände gemalt. Im Mai 1935 gelang es dem ISK, die propagandistische Einweihung des Autobahnabschnitts zwischen Frankfurt und Darmstadt zu stören: An Brücken und auf der Fahrbahn waren „Hitler = Krieg“ und „Nieder mit Hitler“ geschrieben worden, wie Fraenkel auch in seinem Text positiv hervorhebt.
So gewinnt das eingangs zitierte „uns“ langsam an Kontur: Fraenkel verstand sich nicht „nur“ als Rechtsanwalt und auch nicht „nur“ als Wissenschaftler, der ein politisches System analysiert, sondern als aktiv politisch Handelnden gegen das NS-Regime. Er sprach Genoss*innen im Kampf gegen das Regime an. Und genauso können wir auch seine Bemerkung im Doppelstaat verstehen. Fraenkel sah die Schwierigkeiten und Konsequenzen, die die Widerstandstätigkeit haben konnte: Gefangenschaft, Konzentrationslager, Folter und Mord. Außerdem stabilisierte sich das NS-Regime. Doch einfach nur zusehen, erschien ihm keine Option: „kein Opfer [ist] vergebens!“[6]. Er hoffte auf ein baldiges Ende des NS-Regimes und versuchte, es auf verschiedenen Ebenen zu bekämpfen: „Seine Waffen waren sein Füllfederhalter und seine Rechtskenntnisse“, schreibt Simone Ladwig-Winter, in ihrer Biografie zu Ernst Fraenkel.[7]
Fraenkels bekanntestes Werk ist Ergebnis seiner bisherigen politischen Aktivität. Durch seine Anwaltstätigkeit konnte Fraenkel unter unmittelbarer Anschauung die Stabilisierung des Nationalsozialismus im Staat analysieren. Er wollte seine Erfahrungen mit der NS-Justiz einem breiten Publikum zugänglich machen und durch die theoretische Analyse auch selbst die Funktionsweise des Regimes besser verstehen. Dabei sollte die Arbeit „ihren Charakter als Kampfschrift neben dem einer wissenschaftlichen Analyse nicht ganz verleugnen“, interpretiert Simone Ladwig-Winter den letzten Satz des Doppelstaats.[8] Politische Kampfschrift und wissenschaftliche Analyse müssen hier nicht notwendiger Weise voneinander getrennt werden: Die Analyse des frühen NS-Regimes, verfasst von einem sozialdemokratischen und jüdischen Anwalt, der die Grausamkeit des Nationalsozialismus bei seinen Mandaten wie kaum ein anderer beobachten konnte und selbst antisemitischen Schikanen ausgesetzt ist, ist eine politische Schrift. Wie könnte sie es nicht sein?
Das schmälert nicht ihren wissenschaftlichen Wert. Im Gegenteil scheint Fraenkels wissenschaftliches Werk stark durch seine politische Aktivität inspiriert, beziehungsweise kann seine wissenschaftliche Auseinandersetzung selbst als politisches Handeln begriffen werden. Theoretische Arbeit ist nicht „kontemplative[s] Erfassen einer objektiven gesellschaftlichen Wahrheit, sondern die intellektuelle Seite des Kampfes“[9], wie es Sonja Buckel und Dirk Martin in einem Text über „gesellschaftskritische Theorie der Politik“ formuliert haben. So verstanden ist die Arbeit am Doppelstaat Ermächtigung durch Verstehen und Aufklären. Kritische Theorie zielt auf die Veränderung gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse – und mag dies manchmal auch eine vergebliche Bemühung sein.
Es ist kein Wort zurückzunehmen
Der Internationale Sozialistische Kampfbund veröffentlichte 1932 einen „Dringenden Appell“, der das linke Lager der Weimarer Republik zur Einheitsfront gegen den erstarkenden Nationalsozialismus aufrief. Ein Unterzeichner dieses Appells war Emil Julius Gumbel. Gumbel hatte ebenso wie Fraenkel im Ersten Weltkrieg gekämpft und sich aufgrund seiner Kriegserfahrungen zu einem engagierten Pazifisten entwickelt. Nach dem Krieg schloss er sich der USPD, später der SPD an.
Gumbel war studierter Mathematiker und widmete sich schon zu Beginn der Weimarer Republik statistischen Betrachtungen, um auf politische Missstände aufmerksam zu machen. Er veröffentlichte zwei Werke, in denen er die politischen Morde seit der Novemberrevolution und ihre strafrechtliche Verfolgung dokumentierte. Zwischen den Jahren 1918 und 1922 waren seiner Zählung nach 354 politische Morde von rechts und 22 von links begangen worden. Er machte dabei nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Aussagen zum Hintergrund der Täter und skandalisierte ihre mangelhafte Strafverfolgung.[10] Viele Morde von rechts blieben ungesühnt oder wurden nur milde bestraft, wohingegen die Strafverfolgung linker Morde deutlich drastischer ausfiel. In seinem 1929 erschienen Buch Verräter verfallen der Feme leistete er investigative antifaschistische Arbeit im besten Sinne. Hier untersuchte er die Hintergründe der rechten Taten und recherchierte zu Verbindungen der Täter ins Militär oder in Regierungskreise. Zudem bestätigte er seine früheren Recherchen aus Vier Jahre politischer Mord: „Von dem, was in den genannten Büchern steht, ist kein Wort zurückzunehmen“.[11]
Gumbel war habilitiert und Dozent für Statistik an der Universität Heidelberg. Im Jahr 1930 wurde er zum Professor ernannt. Er nutze seine wissenschaftliche Arbeit zur politischen Intervention. Von rechts wurde er deshalb massiv angefeindet. Auch an der Universität Heidelberg wurde er insbesondere von der nationalsozialistischen Studentenschaft, aber auch von der konservativen Professorenschaft angegangen.[12] Immer wieder musste er sich gegen Angriffe wehren und seine Aussagen verteidigen. Im Jahr 1932 entzog ihm die Universität sogar die Lehrbefugnis weil die „Struktur seiner Gesamtpersönlichkeit“ nicht der Würde der Universität entspräche.
Gumbel entschied sich schon 1932 zur Auswanderung und schrieb später, dass er es als große Ehre empfunden habe, aufgrund seiner Veröffentlichungen über die Schwarze Reichswehr und die politischen Morde auf die erste Ausbürgerungsliste der Nationalsozialisten gekommen zu sein.[13] Auch aus dem Exil ließ er immer wieder die Zahlen sprechen, zum Beispiel mit Blick auf die politische Entwicklung und Stellenbesetzungen der Universität Heidelberg.
Worte sind Taten
Durch einige methodische Bemerkungen können sich an dieser Stelle Zeitgeschichte und politikwissenschaftliche Ideengeschichte instruktiv verbinden. Politische Theorie kann durch zeitgeschichtliche Methoden Autor*innen als Akteur*innen ihrer Zeit verstehen und damit die Autor*innen und ihre Werke kontextualisieren. Die Zeitgeschichte kann demgegenüber ein theoretisches Verständnis des Kontextes gewinnen.
In der politischen Ideengeschichte hat Quentin Skinner vorgeschlagen, Texte als Handeln, Worte als Taten, eingebettet in ihre Zeit, zu verstehen.[14] Für die Zeitgeschichte ist das eine nahezu selbstverständliche Frage, nicht aber für die Politikwissenschaft. Politische Theorie scheint interpretativ, oft ihrem gesellschaftlichen und zeitgeschichtlichen Kontext enthoben. Das Verständnis der Werke ist dadurch ein anderes. An Skinner orientiert, kann auch in der politischen Ideengeschichte gefragt werden: Was tut eine Autorin, wenn sie etwas sagt? Ihm geht es wesentlich darum, wie Autor*innen ihre Aussagen verstanden wissen wollen, in welcher Sprechsituation sie sich befanden und wie der diskursive Kontext war.
Ein poststrukturalistischer Blick auf die von Skinner beschriebene Sprechsituation ermöglicht darüber hinaus auf die kommunikative Funktion und die Folgen, die das Sprechen haben kann, zu fokussieren. Judith Butler, hierzulande vor allem bekannt durch ihre gendertheoretischen Werke, hat sich auch mit diskriminierender Hate Speech beschäftigt. Sie hat in diesem Zusammenhang dargestellt, dass Sprechen Handeln ist. Aber zugleich hat sie deutlich gemacht, dass nicht alle Effekte dieses Handelns auch von der sprechenden Person intendiert sind und dass Sprache sich generell der Intention der Sprechenden entzieht.[15] Was gesagt wird, was die sprechende Person bezweckte und was die Folgen des Sprechens sind, stehen nicht in einem unmittelbar kausalen Verhältnis. Damit steht die Souveränität der Autor*innen ein stückweit in Frage, weist aber gleichzeitig über ihre Werke hinaus: „Autonomie im Sprechen ist, soweit sie existiert, durch eine radikale und ursprüngliche Abhängigkeit von der Sprache bedingt, deren Geschichtlichkeit die Geschichte des sprechenden Subjekts in alle Richtungen übersteigt“.[16]
Die brutalen Fakten des sozialen Lebens
Damit muss aber das autonom sprechende Subjekt nicht völlig verneint werden. Butler betonte, dass es um Sender*innen und Empfänger*innen des Sprechens geht. Zugleich aber sind beide – und das ist eine materialistische Färbung des Butlerschen Ansatzes – nicht unabhängig von gesellschaftlichen Macht- und Kräfteverhältnissen, in denen Sprache wirken kann und überhaupt auf Empfänger*innen trifft. Politische Theorie selbst ist gesellschaftlich eingebettet: Wer kann mit welchen Mitteln und in welcher gesellschaftlichen Position forschen und Ergebnisse präsentieren? Werden die Bücher gelesen?
Neumanns Analyse des NS-Regimes als Unstaat traf im US-amerikanischen Exil auf viele Leser*innen. Nachdem er 1933 nach der Stürmung seiner Kanzlei durch die SA im Metallgewerkschaftshaus nach Großbritannien geflohen war, studierte er Politikwissenschaft an der London School of Economics und ging 1936 in die USA. Dort veröffentlichte er 1942 sein Buch „Behemoth. The Structure and Practice of National Socialism“.[17] Es wurde ein Beststeller. Neumann lieferte außerdem Expertisen für den amerikanischen Geheimdienst und wirkte an den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen mit. Die von Butler betonte, kommunikative Kraft seiner Schriften könnte sich vielleicht mit seinen Intentionen gedeckt haben. Als Mitarbeiter in der Forschungsabteilung des Office of Strategic Services hatte Neumann zumindest die Möglichkeit, auf Regierungshandeln Einfluss zu nehmen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schrieb Neumann über die Schwierigkeiten der Verwirklichung politischer Freiheit.[18] Politische Macht dürfe nicht als feindlich angesehen werden, sondern als Instrument ihrer Verwirklichung. Er kritisiert damit liberale, lediglich negativ verstandene Freiheit als Abwesenheit von Zwang. Politische (hier auch staatliche) Macht könne gegen soziale und ökonomische Machtpositionen vorgehen und damit politische Freiheit, verstanden als Recht auf Entfaltung menschlicher Fähigkeiten, ermöglichen. Dies erfordere aber Aktivismus – und die Beeinflussung oder gar Übernahme politischer Macht bzw. die Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Der aufkommende Antikommunismus, die Wiederkehr der ehemaligen NS-Funktionselite in die staatlichen Behörden der Bundesrepublik, der wirtschaftliche Wiederaufbau, dessen Teilgrundlage frühere Enteignungen jüdischen Eigentums und Profite aus Krieg und Vernichtung waren, machte diese Forderung aus Neumanns Sicht nötig. „[D]ie Wissenschaft darf nicht rein theoretisch und historisch arbeiten; die Versöhnung von Theorie und Praxis, in der die Aufgabe des Sozialwissenschaftlers besteht, erfordert die Beschäftigung mit den brutalen Fakten des sozialen Lebens“, schrieb Neumann nur ein Jahr zuvor.[19] Das heißt, Wissenschaft muss ihren gesellschaftlichen Kontext verstehen und in die Theoriebildung einbeziehen.
Keine Freiheit ohne politische Aktivität
Gumbel wollte mit seiner Statistik die juristische Aufarbeitung rechter Morde anregen. Gelungen ist ihm das leider nicht, Weimars Strafjustiz war bis zum Ende der Republik stark antikommunistisch geprägt und verharmloste rechte Gewalt. Doch bis heute können Gumbels Analysen der rechten Morde, der Täter und der mangelnden Strafverfolgung in der Weimarer Republik gelesen werden. Nach ihrer Lektüre lässt sich fragen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede die von ihm analysierte historische Realität mit dem Nationalsozialistischen Untergrund, den rechten Netzwerken in Sicherheitsbehörden und bei der Bundeswehr heute haben könnten.
Auch das NS-Regime konnte durch die Widerstandstätigkeit, zu der Fraenkel anregte, nicht zu Fall gebracht werden. Die Kraft, die er nichtsdestotrotz einigen im Untergrund Tätigen spendete, darf nicht unterschätzt werden, entzieht sich aber meiner Kenntnis, was in der „Natur der Sache“ von politischer Untergrundarbeit liegt. Fraenkel hat aber etwas getan, als er vom Sinn illegaler Arbeit schrieb, nur hatte dies nicht die Effekte, die er sich erhofft haben mag: Die Verbindung zwischen Bevölkerung und nationalsozialistischer Herrschaftsclique zu zerstören und die Politik der NSDAP zu entlarven. Die kommunikative Kraft seines Sprechens hatte nicht die Reichweite, das Regime zu stürzen. Doch lag dies nicht an der Struktur der Sprache, sondern an den politischen und gesellschaftlichen Umständen.
„Keine Freiheit ohne politische Aktivität“[20], schrieb Neumann abschließend über den Begriff der politischen Freiheit. Die politischen und gesellschaftlichen Umstände können als menschengemachte verstanden werden, obwohl sie objektiv gegeben erscheinen. Kritische Theorie zeigt das auf und will gegen Herrschaftsverhältnisse, die die Menschen ohnmächtig vor ihnen stehen lassen, anschreiben. So wird an dieser Stelle auch das „uns“ aus Fraenkels eingangs zitiertem Satz deutlich: „Wir“ können mit politischer Theorie, die Entstehung und Funktion gesellschaftlicher Spannungen und Widersprüche verstehen; zugleich wirken „wir“ mit der Analyse auf sie zurück.
Die drei hier exemplarisch vorgestellten Autoren haben durch ihre wissenschaftliche und theoretische Arbeit vielleicht nicht unbedingt die Folgen erreicht, die sie im Kopf hatten. Doch geben sie uns bis heute die Möglichkeit, rechte Konterrevolution, nationalsozialistische Staatlichkeit und rechten Terror zu verstehen.
[1] Vgl. Ernst Fraenkel, Der Doppelstaat. Recht und Justiz im „Dritten Reich“ [1941], Frankfurt a. M. 1984.
[2] Vgl. Simone Ladwig-Winters, Ernst Fraenkel. Ein politisches Leben, Frankfurt a. M. New York 2009, S. 102f.
[3] Ernst Fraenkel, Der Sinn illegaler Arbeit [1935], Berlin 1979, S. 4.
[4] Ebd., S. 10.
[5] Vgl. ebd., S. 7.
[6] ebd., S. 10.
[7] Ladwig-Winters, Ernst Fraenkel. Ein politisches Leben, S. 117.
[8] Ebd., S. 149.
[9] Sonja Buckel, Dirk Martin, Aspekte einer gesellschaftskritischen Theorie der Politik, in: Ulf Bohmann, Paul Sörensen (Hg.): Kritische Theorie der Politik, Berlin 2019, 243–266, S. 261.
[10] Vgl. Emil Julius Gumbel, Vier Jahre politischer Mord, Berlin 1922.
[11] Emil Julius Gumbel, Verräter verfallen der Feme. Opfer / Mörder / Richter 1919-1929, Berlin 1929, S. 8.
[12] Vgl. Dietrich Heither, Ich wusste, was ich tat: Emil Julius Gumbel und der rechte Terror in der Weimarer Republik, Köln 2016.
[13] Emil Julius Gumbel, Auf der Suche nach Wahrheit. Ausgewählte Schriften, Hg.: Annette Vogt, Berlin 1991, S. 232.
[14] Vgl. Quentin Skinner, Visionen des Politischen, Frankfurt a. M. 2009.
[15] Vgl. Judith Butler, Haß spricht. Zur Politik des Performativen, Frankfurt a. M. 2006.
[16] Ebd., S. 51.
[17] Vgl. Franz Neumann, Behemoth: Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933-1944 [1942], Hamburg 2018.
[18] Vgl. Franz Neumann, Zum Begriff der politischen Freiheit, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 109/ 1 (1953), S. 25-53.
[19] Franz Neumann, Intellektuelle Emigration und Sozialwissenschaft [1952], in: Alfons Söllner (Hg.): Wirtschaft, Staat, Demokratie. Aufsätze 1930-1954, Frankfurt a. M. 1978, 402-423, S. 421.
[20] Neumann, Zum Begriff der politischen Freiheit, S. 50.